Building Bridges: So funktioniert die Zusammenarbeit zwischen Corporates und Start-ups


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Interview mit Katrin Bacic, Head of Venture Development bei Wayra Deutschland. Wayra, Telefónicas Start-up Accelerator, ist mit elf Akademien in zehn Ländern weltweit vertreten. Das Ziel des Accelerators ist die Förderung von Innovationen und Talenten im Bereich der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien.

Die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Start-ups wird immer populärer. Wie sinnvoll sind vor diesem Hintergrund Corporate Acceleratoren und was können sie bewerkstelligen?

Eine Zusammenarbeit zwischen Corporates und Start-ups ist durchaus sinnig, weil sich beide komplementär zueinander verhalten. Unternehmen verfügen meist über einen breiten Marktzugang und haben das Know-how, um Prozesse zu skalieren. Start-ups hingegen sind in ihren Arbeitsprozessen sehr agil und innovativ, können aber aufgrund unzureichender Ressourcen nur langsam wachsen.

Um agil und wettbewerbsfähig zu bleiben, holen sich Unternehmen deshalb immer öfter Start-ups ins eigene Ökosystem. Doch in der Vergangenheit sind viele solcher Innovation Hubs gescheitert, weil keine konkreten Ziele für die Zusammenarbeit vereinbart wurden. Das Prinzip “Einfach mal machen” kann auf beiden Seiten schnell zu Frustration führen. Deshalb sollten Start-ups genau hinschauen, selbst wenn Vorteile wie frisches Kapital, ein etabliertes Netzwerk und langjährige Marktkenntnisse natürlich auf der Hand liegen.

Und was haben die etablierten Unternehmen davon?

Für etablierte Unternehmen kann solch eine Zusammenarbeit diverse Vorteile bringen. Sie profitieren einerseits von dem direkten Zugang zu neuen Technologien, die im besten Fall zum Bedarf des Unternehmens passen. Außerdem sind Start-ups für ihre innovativen Arbeitsweisen bekannt, die durchaus Einfluss auf die Unternehmenskultur nehmen können. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass Unternehmen offen dafür sind, neue Arbeitsmethoden zu erproben. Das kann dann zu neuen Impulsen im Unternehmen führen.

Eine Kooperation zwischen Corporate und Start-up schafft aber auch ein attraktives Arbeitsumfeld, das nicht nur bestehende Mitarbeiter motiviert und ermutigt, ihre Komfortzone zu verlassen, sondern auch neue Talente und somit potenzielle Mitarbeiter anlockt.

Was sollten Start-ups bei der Wahl eines Corporate Accelerators beachten?

Start-ups sollten zunächst auf die eigenen Bedürfnisse schauen. In der Regel versprechen sie sich von einer Zusammenarbeit – neben der finanziellen Spritze – von der langjährigen Expertise, einem großen Netzwerk und der Markenbekanntheit des Unternehmens zu profitieren. Damit es aber zu einer erfolgversprechenden Kooperation führt, müssen die Ziele und Erwartungen auf beiden Seiten geklärt werden. Kommt man nicht auf einen Nenner, sollte man auch Nein sagen können.

Des Weiteren sollten sich Start-ups ihren Corporate Accelerator strategisch sinnvoll und branchenspezifisch wählen. Denn das Start-up will das Unternehmen als Kunden gewinnen und eine langfristige kommerzielle Partnerschaft aufbauen. Da ist es sinnvoll, dass der Corporate Accelerator auch Produkte anbietet, die zur Strategie des Zielmarktes bzw. der Zielgruppe des Start-ups passen.

Wie sehen sinnvolle Ziele für eine erfolgreiche Zusammenarbeit aus?

Ziele sind natürlich immer abhängig von konkreten Situationen und Bedürfnissen. Für alle Start-ups gilt aber: Beginnt mit einem strukturierten Ansatz! Schaut euch den technologischen Bedarf des Unternehmens an und prüft, ob ihr mit eurem Geschäftsmodell die Bedürfnisse auch wirklich erfüllen könnt. Eine hilfreiche Maßnahme hierfür ist es, zum Start der Zusammenarbeit Pilotprojekte oder einen Proof of Concept durchzuführen. So kann man relativ schnell erkennen, ob die Zusammenarbeit funktioniert.

Schaut euch auch die Bedürfnisse der Kunden des Partnerunternehmens an. Gerade die lang etablierten Unternehmen und Konzerne haben oft keinen richtigen Zugang mehr zu ihren eigenen Kunden. Es kann also durchaus sinnvoll sein, sich Gedanken über die Kundenbedürfnisse des Unternehmens zu machen, ehe man sich in eine Zusammenarbeit stürzt oder sich gar schon in der Projektentwicklung befindet.

Wayra verfolgt ein sogenanntes Client-Venture-Modell. Was hat es damit auf sich?

Ziel des Client-Venture-Modell ist es, belastbare Kundenbeziehungen zwischen Start-up und dem fördernden Unternehmen aufzubauen, um für beide Parteien den größtmöglichen Mehrwert zu generieren. Echte Kundenbeziehungen stellen sicher, dass das Start-up an einem konkreten Bedarf arbeitet.

Daran wachsen beide: Das Unternehmen profitiert unmittelbar von der neuen Technologie oder einer Dienstleistung. Und die Start-ups erproben den Ernstfall, indem sie echte Kunden in realen Anwendungsfällen zufriedenstellen müssen. So verdienen Start-ups Geld durch Leistung – was sie wesentlich schneller aufbaut, als sie lediglich zu finanzieren.

Welchen Tipp gibst du Gründern und Acceleratoren mit auf den gemeinsamen Weg?

Konzentriert euch auf eure Stärken und setzt zu Anfang klare KPIs! Nur so stellt ihr eine sinnstiftende Zusammenarbeit sicher, von der alle profitieren. Gleichzeitig solltet ihr als Start-up schauen, dass ihr konkrete Kundenbedürfnisse erfüllen könnt.

Eine große Finanzierungsrunde mag zu Beginn attraktiv ausschauen, bringt aber oft wenig, wenn keine echte Zusammenarbeit stattfindet oder Anwendungsfälle mehr oder weniger Forschungsprojekte darstellen. Der Sprung in die Praxis ist der schnellste Weg, um zu überprüfen, ob das Geschäftsmodell den Marktanforderungen standhält.

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Der Anspruch an das Einfamilienhaus hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute zählen nicht nur Größe und Lage, sondern auch:

  • Energieeffizienz: Häuser sollen den Energieverbrauch minimieren und gleichzeitig den Wohnkomfort maximieren.
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Wer heute baut oder kauft, achtet darauf, dass das Haus nicht nur den aktuellen Bedürfnissen entspricht, sondern auch zukünftige Anforderungen abdeckt.

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Der Weg zum Einfamilienhaus beginnt mit einer gründlichen Planung. Wichtige Schritte sind:

1. Bedarfsanalyse: Wie viele Räume werden benötigt? Welche Flächen sind gewünscht? Welche Zukunftsszenarien sollen berücksichtigt werden?

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3. Grundstückssuche: Lage, Größe, Erschließung und Umfeld sind entscheidende Faktoren für den späteren Wert und die Lebensqualität.

4. Partnerwahl: Ob Architekt*in, Bauträger oder Fertighausanbieter – die Wahl der richtigen Partner*innen beeinflusst Zeitplan, Qualität und Kosten erheblich.


Viele Bauinteressierte setzen dabei auf erfahrene Anbieter, die nicht nur Bauleistungen liefern, sondern auch Unterstützung bei der Finanzierung, Fördermittelberatung und Bauabwicklung bieten.

Zukunftsfähiges Bauen: Nachhaltigkeit, Technik, Individualität

Das Einfamilienhaus von heute muss mehr können als nur Schutz bieten. Gefragt sind zukunftssichere Konzepte, die ökologisches Bauen, moderne Technik und persönliche Wünsche in Einklang bringen.

Wichtige Trends:

  • Effizienzhaus-Standards: Wer heute baut, orientiert sich oft an Standards wie KfW-40 oder KfW-55, um von Förderprogrammen zu profitieren und Energiekosten dauerhaft zu senken.
  • Smart Home: Intelligente Heizungs-, Licht- und Sicherheitssysteme sorgen für Komfort und optimieren den Energieverbrauch.
  • Nachhaltige Materialien: Holz, Naturdämmstoffe und ressourcenschonende Bauweisen stehen hoch im Kurs.
  • Flexible Nutzungskonzepte: Häuser mit Homeoffice-Möglichkeiten, Einliegerwohnungen oder variablen Grundrissen passen sich wandelnden Lebenssituationen an.
     

Besonders zukunftsorientierte Anbieter kombinieren diese Trends zu Gesamtkonzepten, die sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte berücksichtigen.

Herausforderungen und Chancen

Natürlich bringt der Bau eines Einfamilienhauses auch Herausforderungen mit sich:

  • Baurechtliche Vorgaben können die Gestaltungsspielräume beeinflussen.
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Doch die Chancen überwiegen: Wer sich intensiv vorbereitet, kluge Entscheidungen trifft und auf erfahrene Partner setzt, schafft Werte, die über Generationen Bestand haben können.

Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten bietet ein selbstgenutztes Einfamilienhaus eine stabile Grundlage und eröffnet neue Möglichkeiten – von familiärer Geborgenheit bis hin zur flexiblen Nutzung als Arbeitsplatz.

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Die Wirtschaft der Zukunft wird zwangsläufig eine andere sein: Angesichts der Klimakrise bzw. der massiven Überbeanspruchung fast aller Ressourcen genügt es längst nicht mehr, nur weniger umweltschädlich zu handeln. Jan Schmirmund, Experte für regenerative Transformation und Innovation, will mit seinem neuen Buch „Regenerative Wirtschaft – Wie Pioniere eine lebenswerte Ökonomie gestalten“ (Murrmann Verlag) Mut machen, neue Wege zu gehen. Mehr dazu im Interview mit Jan.

Als Startup Advisor begleitest du auch junge Unternehmen auf ihrem Weg zu einer regenerativen Wirtschaftsweise. Was genau meint regeneratives Wirtschaften?

Regeneratives Wirtschaften bedeutet zunächst einmal, die Erkenntnis zuzulassen, dass wir als Menschen mitsamt unseren Organisationen untrennbar mit dem ökologischen System dieses Planeten verbunden und damit von ihm abhängig sind. Daraus folgt zwangsläufig, dass wir uns selbst schaden, wenn wir das System weiter zerstören – und dabei reicht es eben nicht aus, die Zerstörung nur etwas langsamer zu betreiben. Sprich: etwas weniger CO auszustoßen, weniger Müll zu produzieren oder – um es mal pointiert zu sagen – die Kinder, die in deiner Lieferkette Produkte herstellen, nur noch bis zu den Knöcheln in der giftigen Chemiesuppe stehen zu lassen, statt vorher bis zu den Knien.

Der zweite Schritt ist dann, das eigene Handeln nach dieser Erkenntnis auszurichten. Mit reinen Optimierungsmaßnahmen im Sinne von „Do less harm“ wird man das Ziel nicht erreichen. Insbesondere dann nicht, wenn wir für ein Produkt zwar weniger Ressourcen benötigen, dafür aber umso mehr dieser Produkte herstellen. Am Ende wird der Schaden größer statt kleiner sein. Regeneratives Wirtschaften basiert daher auf einem anderen Ansatz: nämlich die Dinge von Grund auf anders zu machen – so, dass sie für den Planeten nützlich sind.

Ein Ansatz, der dieses Prinzip perfekt illustriert, ist Cradle to Cradle – also „von der Wiege zur Wiege“. Es geht dabei da­rum, Produkte so zu designen, dass die dort verwendeten Rohstoffe in perfekten Kreisläufen – biologischen oder technischen – unendlich oft wiederverwertet werden können. Das heißt: Jedes Material, das verbaut wurde, wird zum Rohstoff für neue Produkte. So soll ein ewiger Kreislauf ohne Müll entstehen.

In meinem Buch nutzt Michael Braungart, der Erfinder des Cradle-to-Cradle-Ansatzes und Professor an der Leuphana Universität in Lüneburg, das Beispiel eines Kirschbaums: Ein Kirschbaum reduziert nichts. Er spart auch nichts ein. Im Gegenteil: Er wuchert sogar mit Blüten und Früchten. Der Unterschied ist, dass diese nützlich für das ökologische System sind. Nach diesem Prinzip würde man auch nicht versuchen, Autoreifen zu produzieren, die weniger Mikroplastik abgeben, sondern der Abrieb wäre eben Rohstoff für die Natur. Das ist der Grundgedanke des gesamten regenerativen Wirtschaftens: ein nützlicher Teil des Gesamtsystems sein, der mit, vom und für das System wirkt – wie ein Baum im Wald.

Was dabei noch wichtig ist: Wachstum ist nichts Schlechtes, aber eben nicht unbegrenzt, so wie es gerade noch das Paradigma der degenerativen Wirtschaft ist. Wir sprechen in unserer Community daher auch lieber von Gedeihen als von Wachsen. Eine gedeihende regenerative Wirtschaft blüht wie ein Kirschbaum und bleibt dabei innerhalb der planetaren Grenzen und oberhalb der sozialen Fundamente, wie es Kate Raworth eindrucksvoll in ihrem Werk „Doughnut Economics“ beschreibt.

Gibt es Branchen, die für eine regenerative Transformation besonders gut geeignet sind?

Nicht in allen Branchen oder allen Unternehmen ist es gleich leicht. In der Landwirtschaft gibt es schon viele Betriebe, die regenerativ wirtschaften und Böden sowie Humus aufbauen, statt sie auszulaugen, oder zu einer Verbesserung der Bio­diversität beitragen, statt nur weniger Arten auszurotten. Für andere Unternehmen, die beispielsweise Pflastersteine herstellen, liegen die Lösungen nicht direkt auf der Hand. Dennoch kann man sich auf den Weg machen. So zeigt etwa Luisa Rinn mit ihrem Unternehmen Rinn Betonsteine aus Gießen, dass auch hier vieles möglich ist.

Ja, es dauert vielleicht länger und ist mit Anstrengung verbunden. Das gilt für alle Branchen. Am Ende kommt es auf die individuelle Situation des Unternehmens an, wie leicht oder schwer es ist.

Wie können Start-ups als Innovationsträger aktiv zur regenerativen Transformation beitragen?

Da gibt es wirklich viele Wege. Start-ups haben es leichter als etablierte Unternehmen, weil sie die Chance haben, die Dinge von Grund auf richtig zu machen. Man kann sich als Start-up zum Beispiel direkt einen gemeinwohlorientierten und regenerativ ausgerichteten Purpose geben und das Unternehmen danach ausrichten. Und/oder man kann Leistungen anbieten, die es anderen Unternehmen erleichtern, regenerativ zu wirtschaften. In meinem Buch gibt es das Beispiel von Torsten ­Becker und seinem Start-up carbonauten aus Eberswalde. Torsten und sein Team produzieren über einen Pflanzenkohle-Ansatz Rohstoffe für Branchen wie Landwirtschaft, Bau oder Chemie, die es ermöglichen, CO-negative Produkte zu ent­wickeln. Oder nehmen wir das von Alma Spribille, Andreas Schmucker und Nico Tucher gegründete WEtell, einem Anbieter von Mobilfunkleistungen aus Freiburg, der regenerativ agiert, da durch das ­Design des Geschäftsmodells unter anderem mehr grüne Energie erzeugt wird, als durch die Nutzung der Mobilfunk-Infrastruktur entsteht.

Welche Schritte können Start-ups konkret gehen, um eine regenerative Wirtschaftsweise zu implementieren?

In einem vom BMWK geförderten Inkubatorprogramm, in dem ich mitwirke, zu finden unter www.reconnect-inkubator.org, helfen wir gemeinwohlorientierten Start-ups und KMU dabei, die drei wesentlichen Hebel für regeneratives Wirtschaften zu stärken. Dazu gehören neben der Kultur und dem Organisationsdesign auch das Geschäftsmodell und drittens – und ganz besonders – der Aufbau eines regenerativ ausgerichteten Business-Ökosystems, das ein Netzwerk bildet, das insgesamt regenerativ auf unsere ökologischen und sozialen Systeme wirkt.

Außer der Teilnahme an einem Inkubatorprogramm (und davon gibt es aktuell mehrere) kann man sich auch einen erfahrenen Berater ins Boot holen, sich um einen Platz in einem der Impact Hubs weltweit bemühen oder man startet erstmal ganz niederschwellig mit einem Buch. Das kann meines sein, wenn man ganz am Anfang steht, oder auch ein so tolles Werk wie „The Stellar Approach“ von TheDive in Berlin. Insbesondere als größeres Unternehmen sollte man sich aus meiner Sicht an eine erfahrene Transformationsberatung wenden.

Hast du Beispiele von jungen Unternehmen, die erfolgreich regenerative Ansätze verfolgen?

Oben habe ich ja schon ein paar Beispiele genannt. Weitere wären der Interior-Designer Sven Urselmann, der Zukunftsort „Wir Bauen Zukunft“ in Mecklenburg-Vorpommern, der Landwirtschaftsbetrieb Jucker Farm aus der Schweiz oder auch das Franz!Werk in Tübingen, das nach dem Prinzip gemeinschaftsbasierten Wirtschaftens, ähnlich dem bekannten Prinzip der solidarischen Landwirtschaft, arbeitet.

Weitere bekannte Beispiele sind die von Anna und Ran Yona gegründete Schuhmanufaktur Wildling aus Engels­kirchen, die Suchmaschine Ecosia, die Firma hinter der Zeitschrift Neue Narrative (NN Publishing GmbH), der Verein Reinventing Society e.V. oder auch das 2021 von Dr. Joel Eichmann und Felix Wollenhaupt in Gießen gegründete Green Elephant Biotech. Es gäbe noch viel mehr Beispiele aufzuzählen; sie sind dabei alle unterschiedlich im Ansatz und auch im Fokus. Dennoch ist ihnen ­gemeinsam, dass sie als Vorbilder für eine neue Art des Wirtschaftens agieren und zeigen, dass es eben auch anders geht.

Umfragen zeigen, dass mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen die Umsetzung ethischer und nachhaltiger Ausgaben für zu kostspielig hält bzw. sich sorgt, dabei die finanzielle Stabilität aufs Spiel zu setzen. Was muss sich ändern, damit regenerative Transformation als wichtiger Schlüssel zu einer zukunftsfähigen und prosperierenden Wirtschaft erkannt und gelebt wird?

Puh. Komplexe Frage. Katrina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltiges Wirtschaften, vertritt die Auffassung, dass das Prinzip Freiwilligkeit bei Unternehmen gescheitert ist. Ich würde dem insofern zustimmen, als es ohne Leitplanken aus der Politik sehr schwer wird. Was wir aber vor allem auch brauchen, sind viele positive Beispiele, die anderen Unternehmer*innen zurufen: „Seht her, es geht. Auch für dich, denn die regenerative Wirtschaft ist keine verrückte Utopie aus ferner Zukunft, sondern sie ist schon da. Klein zwar, aber kraftvoll und deutlich anschlussfähiger an das Bestehende, als viele denken.“

Und, ganz wichtig: Regenerativ zu wirtschaften bedeutet nicht, auf irgendetwas zu verzichten. Im Gegenteil. Man tauscht vielmehr einen Haufen negativer Dinge gegen genauso viele positive ein. Und Geld darf man auch weiterhin verdienen. Viele der hier genannten Protagonisten zeigen das sehr deutlich und dokumentieren damit eindrucksvoll: Regeneratives Wirtschaften ist möglich.

Danke, Jan, für deine Insights

Den technologischen Wandel stemmen

Wie wir unsere Zukunft durch gezielte Fachausbildung in der Region sichern können.

Die Welt steht mitten in einem rasanten technologischen Wandel. Künstliche Intelligenz, Automatisierung und digitale Transformation prägen unsere Arbeitswelt und unseren Alltag. Die Frage, wie wir junge Menschen zu fähigen Fachkräften ausbilden können, wird immer drängender. Die technologischen Entwicklungen eröffnen auch für die Region und ihre Umgebung große Chancen, erfordern jedoch auch gezielte Bildungsangebote und ethisches Bewusstsein.

Regionale Perspektiven

Technologien wie maschinelles Lernen, Big Data, Robotik und das Internet der Dinge (IoT) eröffnen neue Möglichkeiten in der Industrie, im Dienstleistungssektor und darüber hinaus. Gleichzeitig verändern sie Berufsbilder grundlegend. Es ist daher von großer Bedeutung, die Weichen für eine zukunftsorientierte Ausbildung zu stellen.

In Kamen selbst gibt es keine eigenständige Hochschule, doch die Nähe zu Bildungseinrichtungen wie der Hochschule Hamm-Lippstadt (HSHL) und der Technischen Universität Dortmund bietet jungen Menschen Zugang zu innovativen Studiengängen mit technischem Fokus. Die HSHL bietet praxisnahe Studiengänge wie "Mechatronik" und "Angewandte Informatik", die auf die Anforderungen moderner Arbeitsmärkte abgestimmt sind. Die TU Dortmund hingegen überzeugt mit Studiengängen wie "Elektrotechnik und Informationstechnik" und "Maschinenbau". Diese Ausbildungen kombinieren theoretische Grundlagen mit praktischen Anwendungen und sind damit ein entscheidender Schlüssel zur Förderung von Fachkräften in der Region.

Ethische Fragen im neuen Zeitalter

Neben den Chancen, die der technologische Fortschritt bietet, werfen diese Entwicklungen auch ethische Fragen auf. Themen wie Datenschutz, digitale Regulierung und der Schutz vor einem “gläsernen Menschen“ werden immer wichtiger.

Ein Großteil der Datenerhebung findet bereits im alltäglichen Freizeitverhalten statt – oft, ohne dass sich die Nutzer dessen bewusst sind. Jede Interaktion im Internet hinterlässt Spuren: Beim Surfen akzeptieren viele Nutzer Cookies, die ihre Aktivitäten auf Webseiten verfolgen, um gezielte Werbung auszuspielen. Nur wenige bemühen sich, individuelle Einstellungen vorzunehmen, denn in Zeiten sofortiger Verfügbarkeit erwarten die meisten, dass alles im Handumdrehen geschehen soll.

Nicht zuletzt deswegen sind auch Registrierungsvorgänge bei Online-Diensten oder in Apps häufig unbeliebt. Dienstleister mit beschleunigten Verfahren, wie zum Beispiel Casinos ohne Anmeldung für schnelles Spielen, gewinnen an Beliebtheit. Außerdem sind hier umfassende Datenangaben nicht erforderlich und viele Nutzer fühlen sich dadurch wohler.

Auch in anderen Sektoren erfordern Anmeldeprozesse häufig die Preisgabe von persönlichen Daten wie Name, Geburtsdatum, Interessen und manchmal sogar Standortinformationen. Hinzu kommt die massive Datenerhebung durch mobile Geräte, die Bewegungsprofile aufzeichnen, Apps, die Zugriff auf Kontakte und Kameras fordern, und Sprachassistenten wie Alexa oder Google Assistant, die rund um die Uhr Sprachdaten sammeln können.

Solche Datenströme werden nicht nur für individuelle Dienste genutzt, sondern unter Umständen auch an Drittanbieter weitergegeben, was die Kontrolle über die eigenen Informationen erschwert. Mit der zunehmenden Nutzung von Daten zur Personalisierung von Dienstleistungen oder zur Effizienzsteigerung in Unternehmen wächst auch die Gefahr des Missbrauchs.

Ein weiterer bedenklicher Aspekt ist die gesellschaftliche Ungleichheit. Die digitale Transformation birgt die Gefahr, dass jene, die keinen Zugang zu moderner Technologie oder entsprechender Ausbildung haben, zurückgelassen werden. Daher müssen Ausbildungseinrichtungen nicht nur technische Kompetenzen vermitteln, sondern auch kritisches Denken und ethisches Bewusstsein fördern.

Lösungsansätze durch Bildung schaffen

Die Hochschulen der Region gehen hier mit gutem Beispiel voran: Die TU Dortmund bietet interdisziplinäre Ansätze, die ethische und gesellschaftliche Aspekte der Technologieentwicklung in den Fokus rücken. Die TU Dortmund legt großen Wert auf die Integration ethischer Reflexion in die Forschungspraxis. Auf Initiative von Prof. Dr. Christian Neuhäuser wird derzeit ein gemeinsamer Ethikrat für die Universitätsallianz Ruhr (UA Ruhr) vorbereitet, der die ethische Reflexion der Forschungspraxis fördern soll.

Zudem bietet die TU Dortmund Studiengänge und Projekte an, die über Fachgrenzen hinausgehen und ein Verständnis für komplexe Zusammenhänge fördern. Ein Beispiel hierfür ist das “studium oecologicum", ein Zertifikatsprogramm, das es Studierenden ermöglicht, sich intensiv und interdisziplinär mit Fragen der Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen.

Studiengänge wie Soziologie oder Gesellschaftslehre an der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum ermöglichen es, gesellschaftliche Veränderungen zu verstehen und aktiv mitzugestalten.

Diese Bildungsangebote sind von großer Bedeutung, da sie Studierenden nicht nur technisches Wissen, sondern auch ein tiefes Verständnis für die gesellschaftlichen und ethischen Implikationen der Technologieentwicklung vermitteln. Durch die Kombination von technischen und sozialwissenschaftlichen Studieninhalten werden zukünftige Fachkräfte darauf vorbereitet, technologische Innovationen verantwortungsbewusst zu gestalten und die gesellschaftlichen Auswirkungen ihrer Arbeit zu berücksichtigen.

Zukunft bewusst gestalten

Die jungen Menschen von heute stehen im Mittelpunkt dieses Wandels. Es ist unbedingt erforderlich, ihnen die Werkzeuge an die Hand zu geben, die sie benötigen, um nicht nur kompetente Fachkräfte, sondern auch verantwortungsbewusste Gestalterinnen und Gestalter der Zukunft zu werden.

Es bleibt die Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, diese Bemühungen zu unterstützen und den jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten, die sowohl technologisch als auch ethisch nachhaltig ist.

Beobachten statt Berechnen

Rechnerische Planspiele und das Wissen um aktuelle Trends bringen Gründern erste Erkenntnisse über die Zukunft. Wichtiger ist das systematische Beobachten des konkreten Marktes, um ihn zu verstehen und aktiv mitzugestalten.

Natürlich gehört das Glänzen auf dem Theorie-Parkett und das Schreiben von zahlenbasierten Businessplänen für Gründer zum Pflichtprogramm, um beispielsweise der Hausbank zu zeigen, wie man am Markt einsteigen und bestehen will; aber es kann und darf nicht zum Selbstzweck werden und vollständig das überlagern, weswegen der ganze Aufwand eigentlich betrieben wird: Nämlich mit vollem Einsatz ein unternehmerisches Konzept zu erarbeiten, es umzusetzen und unermüdlich weiterzuentwickeln.

Denn nicht nur für aus der Not heraus geborene Gründungen gilt, dass sie stets ein Wagnis darstellen; und zwar eben nicht nur ein betriebswirtschaftliches. Dass sie mit der Person des Gründers oder der Gründerin untrennbar zusammenhängen. Und dass sie entscheidend darauf beruhen, dass die Neu-Unternehmer den Einsatz und Willen haben, etwas zu gestalten!

Wie geht das, ein spezielles Markt-Umfeld – in der Regel eine Nische, ein Regionalmarkt oder ein enger Zielgruppen-Fokus – langsam und stetig (erstens) entlang klarer, konkreter, auf das eigene Unternehmen zugeschnittener Marktqualitätskriterien zu entwickeln und (zweitens) anhand von Indikatoren für eine Marktdynamik auch in der Richtung, in die man selber will, zu lenken? Dieser Kernfrage wollen wir uns im Folgenden widmen.

Strategic Foresight

Im angelsächsischen Kulturkreis ist für derlei Fragestellungen bereits seit Jahrzehnten eine Profession zuständig – und bestens etabliert –, die sich ausschließlich um genau solche Markt-Taktik und Business-Manöver kümmert: Strategic Foresight, die Zukunftsforschung. Hierzulande ist allerdings, wenn überhaupt, eher der Ableger der Trendforschung bekannt. Und das auch fast nur in Großunternehmen oder einigen Lifestyle-Branchen, die sich’s leisten können. Ansonsten stößt Zukunftsforschung auf Skepsis – nicht zuletzt dank einiger Trend-Gurus, die unverdrossen am eigenen Ruf basteln und lustige Trend-Labels und vielerlei Spielchen erfinden. Mit durchaus hohem Unterhaltungs-, aber allem Anschein nach wenig Gebrauchswert. Zukunftsforschung rangiert daher in der Einschätzung vieler gleich hinter „Astrologie 2.0“. Was aber ist wirklich dran an dieser scheinbar exotischen Disziplin?

From free to fee

Die Monetarisierung einer Internet-Plattform ist eine der schwierigsten und zugleich faszinierendsten Aufgaben für Gründer.

Der einem Plattformunternehmen zugrunde liegende Wert besteht zunächst aus den Netzwerkeffekten, die es erzeugt. Die daraus resultierende Notwendigkeit, Netzwerkeffekte zu erzeugen und zu fördern, veranlasst die Plattformbetreiber, ihre Dienste zunächst einmal kostenlos anzubieten.

Den Usern einen Mehrwert bereitzustellen, ohne eine Gegenleistung dafür zu fordern, ist oft eine gute Methode, um Mitglieder anzuziehen und zur Teilnahme zu bewegen. Das Motto lautet: Erst die User, dann die Monetarisierung. Oder wie es der Plattformstratege des chinesischen Fertigungsunternehmens Haier Group ausgedrückt hat: „Man verlangt niemals zuallerst Geld.“

Soll heißen: Erst nachdem Werteinheiten erzeugt und ausgetauscht worden sind und das Ergebnis sowohl den Anbieter als auch den Kunden zufriedenstellt, sollte das Plattformunternehmen versuchen, einen Teile dieses Wertes einzubehalten. Es sind schon einige äußerst vielversprechende Plattformen erfolglos geblieben, weil sie diese Regel missachtet und stattdessen versucht haben, ihr Angebot verfrüht zu monetarsisieren.

Kosten sind Killerfaktoren

Die Monetarisierung stellt allerdings eine besondere Herausforderung für sich dar. Netzwerkeffekte beschreiben die Attraktivität einer Plattform, indem sie selbstverstärkende sog. Feedbackschleifen erzeugen, die die Userbasis vergrößern, häufig sogar ohne nennenswerten Aufwand auf Seiten des Betreibers. Eine umfassendere Wertschöpfung durch die Anbieter auf einer Plattform zieht weitere Kunden an, die ihrerseits neue Anbieter anlocken und so wiederum für zusätzliche Wertschöpfung sorgen. Dennoch gestaltet diese außerordentlich positive Wachstumsdynamik die Monetarisierung paradoxerweise sehr knifflig.

Jede Form von Kosten, die den Usern auferlegt werden, trägt dazu bei, dass diese möglicherweise ganz von einer Teilnahme an der Plattform absehen: Eine Gebühr für den Zugang zu einer Plattform zu erheben, könnte dazu führen, dass die User sie ganz meiden, während eine Nutzungsgebühr eine häufigere Teilnahme verhindern könnte. Gebührenzahlungen von Anbietern zu fordern, reduziert die Wertschöpfung und macht die Plattform für Kunden weniger attraktiv – und die Berechnung von Nutzungsgebühren wirkt sich nachteilig auf den Konsum aus und macht die Plattform folglich auch für Anbieter weniger attraktiv. Hierbei handelt es sich um genau das Dilemma, mit dem viele E-Commerce-Gründer heftig zu kämpfen haben.

From free to fee

Wie also monetarisiert man eine Plattform, ohne die Netzwerkeffekte, deren Aufbau so mühsam war, zu beeinträchtigen oder sogar zunichte zu machen? Manche Beobachter des Plattform-Business kommen zu dem Schluss, dass online vertriebene Waren und Dienstleistungen aufgrund der von Zusammenarbeit geprägten Art der Wertschöpfung im Internet naturgemäß kostenlos zu haben sein sollten. Allerdings wird ein Unternehmen, das für die Vorteile, die es bietet, kein Geld verlangt, natürlich kaum sehr lange überleben, da es keine für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Geschäftstätigkeit erforderlichen Ressourcen generiert. Und für Investoren besteht kein Anreiz, das für ein Wachstum der Plattform benötigte Kapital bereitzustellen.

Razor-and-Blade

Manche Elemente einer solchen Gratiskultur können beim Aufbau von Netzwerkeffekten für ein Plattformunternehmen durchaus nützlich sein. Man sollte jedoch die verschiedenen Modelle kennen, in deren Kontext eine teilweise kostenlose Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen das Wachstum vorantreiben kann. Jeder Student der Betriebswirtschaft kennt das Verkaufsmodell für Rasierapparate, das 1901 von dem Unternehmer King Gillette begründet wurde: Die Rasierapparate selbst werden verschenkt – oder zu einem sehr geringen, subventionierten Preis abgegeben –, die Rasierklingen kosten hingegen Geld.

Eine Untersuchung von Randal C. Picker, Rechtsprofessor an der University of Chicago Law School, stellt die wohlbekannte Geschichte von Gillettes Preisgestaltung für Rasierapparate und -klingen übrigens infrage: Picker konstatierte, dass weder die Zeitpunkte der Preisänderungen für Gillette-Rasierapparate und -Rasierklingen, noch das Ablaufdatum des Patents für Gillettes Sicherheitsrasierer die These belegen, dass sein Unternehmen das sog. Köder-und-Haken-Geschäftsmodell (auch Razor-and-Blade genannt) tatsächlich in der Form angewandt hat, wie man bislang annahm. Dessen ungeachtet symbolisiert die vertraute Geschichte jedoch in anschaulicher Weise eine Strategie, die in einer Reihe von Märkten verfolgt wird, beispielsweise auch im Druckersegment: Die Verkäufe der kostspieligen Tonerkartuschen erzielen höhere Gewinne als die im Verhältnis dazu preiswerten Drucker.

Freemium-Varianten

Eine andere Variante dieser Strategie ist das Freemium-Modell, bei dem die Grundausführung eines Dienstes bzw. Produkts zunächst einmal kostenlos zur Verfügung gestellt wird, um User anzulocken, während die vollumfängliche Nutzung sowie Erweiterungen kostenpflichtig sind. Viele Plattformen für Online-Dienste gehen auf diese Weise vor, z.B. Dropbox und MailChimp. Sowohl das Razor-and-Blade-Modell als auch das Freemium-Modell monetarisieren dieselbe Userbasis (oder Teile davon). Mitunter verhält es sich auch so, dass Plattformen einer bestimmten Usergruppe kostenlose oder subventionierte Dienste und Produkte anbieten, für die sie einem völlig anders zusammengesetzten Userkreis den vollen Preis berechnen. Durch diese Verfahrensweise wird die Gestaltung von Monetarisierungsmodellen allerdings verkompliziert, denn hierbei muss die Plattform gewährleisten, dass die auf der einen Seite verschenkten Werte auf der anderen Seite gewinnbringend einsetzbar sind.

Auf diesem Gebiet wurde bis heute beträchtliche wissenschaftliche Arbeit geleistet. Geoff Parker und Marshall Van Alstyne gehörten zu den Ersten, die eine Theorie der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten entwickelten. Diese Theorie führte unter anderem auch zu der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises 2014 an Jean Tirole, einen weiteren Wegbereiter auf dem Gebiet der Ökonomie zweiseitiger Märkte. Ein ausgewogenes Verhältnis für all die komplizierten Faktoren zu finden, die bei der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten eine Rolle spielen, ist nicht ganz einfach. Netscape, einer der Pioniere des Internetzeitalters, „verschenkte“ seine Browser in der Hoffnung, dadurch die hauseigenen Webserver zu verkaufen. Leider gab es jedoch keine proprietäre Verknüpfung zwischen Browsern und Servern, die das Unternehmen verlässlich hätte steuern können.

Stattdessen konnten die User genauso gut den Webserver von Microsoft oder den kostenlosen Apache-Webserver einsetzen – und deshalb ist es Netscape auch nie gelungen, die andere Seite des Browsergeschäfts zu monetarisieren. Wie dieses Beispiel zeigt, müssen Plattformunternehmen, deren Strategie eine teilweise kostenlose Bereitstellung ihrer Waren und Dienstleistungen vorsieht, gewährleisten können, dass die geschaffenen Werte, die sie zu monetarisieren hoffen, auch tatsächlich vollständig unter der Kontrolle der Plattform stehen.

Welche Werte bietest du?

Um die Herausforderung, welche die Monetarisierung einer Plattform darstellt, annehmen zu können, muss zuallererst eine Analyse der von der Plattform erzeugten Werte erstellt werden. Traditionelle Geschäftsmodelle ohne Plattformkonzept – sprich sog. Pipelines – liefern den Kunden Werte in Form von Produkten oder Dienstleistungen, das heißt, sie verlangen zum Beispiel für die Ware selbst Geld, wie es etwa die Firma Whirlpool tut, wenn sie einen Geschirrspüler verkauft, oder aber für den Gebrauch des Produkts, wie beispielsweise GE Aviations, die sich die Montage und regelmäßige Wartung ihrer Flugzeugtriebwerke bezahlen lässt. Ebenso wie Whirlpool und GE sind auch Plattformunternehmen mit der Gestaltung und Entwicklung von Technologie befasst. Doch statt die Technologie kostenpflichtig anzubieten, fordern sie die User auf, der Plattform beizutreten – und versuchen dann, Letztere zu monetarisieren, indem sie für die Werte, die die Plattformtechnologie den Usern bietet, eine Bezahlung verlangen. 

(Mehr-)Wert-Quellen

Diese Werte lassen sich in vier umfassende Kategorien unterteilen:

Für User: Zugang zu den auf der Plattform erzeugten Werten. Für die Zuschauer sind die Videos auf YouTube von Wert. Android-User finden Gefallen an den verschiedenen Aktivitäten, die Apps ihnen ermöglichen. Und für Schüler stellen die bei Skillshare angebotenen Kurse einen Wert dar.

Für Anbieter oder Drittanbieter: Zugang zu einer Community oder einem Markt. Airbnb ist für Gastgeber von Wert, weil es den Zugang zu einem globalen Markt von Reisenden bereitstellt. LinkedIn ist für Personalvermittler wertvoll, weil es ihnen ermöglicht, mit potenziellen Arbeitskräften in Kontakt zu treten. Und Alibaba bringt Händlern einen Mehrwert, weil sie ihre Waren mithilfe dieser Plattform an Kunden in der ganzen Welt verkaufen können. 


Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Tools und Dienstleistungen, die Interaktionen ermöglichen. Plattformen erzeugen Werte, indem sie Reibungspunkte und Hürden abbauen, die Anbieter und User an der wechselseitigen Interaktion hindern. Kickstarter hilft kreativen Firmengründern dabei, Kapital für neue Projekte zu sammeln. eBay ermöglicht in Kombination mit PayPal jedem Interessierten, einen Online-Shop zu eröffnen, auf den User weltweit zugreifen können. YouTube gestattet es Musikern, ihre Fans mit Videos von ihren Auftritten zu versorgen, ohne physische Produkte (CDs oder DVDs) produzieren und über Zwischenhändler verkaufen zu müssen.

Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Kuratierungsverfahren zur Qualitätsverbesserung von Interaktionen. Die User wissen den Zugang zu hochwertigen Waren und Dienstleistungen zu schätzen, die ihre persönlichen Bedürfnisse und Interessen bedienen. Für Anbieter ist wiederum der Zugang zu Usern von Wert, die auf ihre Angebote zugreifen möchten und bereit sind, dafür faire Preise zu bezahlen. Intelligent betriebene Plattformen entwickeln und pflegen sog. Kuratierungssysteme, die User schnell und einfach mit geeigneten Anbietern zusammenbringen.

Diese vier Wertarten könnten auch als die Quellen des außerordentlichen Mehrwerts beschrieben werden, den die Plattform generiert. Die meisten vernünftig gestalteten Plattformen erzeugen viel mehr Werte, als sie unmittelbar erfassen – und ziehen so eine große Zahl von Usern an, die sich darüber freuen, die Vorteile dieser „kostenlos“ dargebotenen Werte nutzen zu können. Eine clevere Strategie zur Monetarisierung berücksichtigt zunächst alle Wertarten und ermittelt dann, welche Quellen des außerordentlichen Mehrwerts von der Plattform genutzt werden können, ohne dass das kontinuierliche Wachstum der Netzwerkeffekte behindert wird. 

Die Autoren dieses Beitrags – Geoffrey G. Parker, Marshall W. Van Alstyne und Sangeet P. Choudary – haben das Buch verfasst: Die Plattform Revolution – Methoden und Strategien für Start-ups und Unternehmen, ISBN: 978-3-958455-19-1, mitp 2017, 28 EUR

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Wie Start-ups aus der Circular Economy zur nachhaltigen Wertschöpfung beitragen und so eine Alternative zur Linear Economy darstellen können.

Vor einigen Jahren sorgte ein Commerzbank-Fernsehspot mit einer durch das morgendliche Frankfurt joggenden Filialleiterin für Aufsehen. Er beginnt mit der Frage: „Woran liegt das, dass man den Banken nicht mehr vertraut?“ Die Antwort kommt aus dem Off: Spekulation mit Grundnahrungsmitteln wird es mit der Commerzbank nicht geben. Stattdessen wolle man erneuerbare Energien und mittelständische Unternehmen fördern, so das Kreditinstitut. Der Spot stellt dabei die Gretchenfrage der Nachhaltigkeit: Dürfen – und können – Unternehmen mit Werbespots überhaupt um Vertrauen werben?

Vertrauensvorschuss gibt es nicht

Im Rahmen eines von der Deutschen Handelsbank in Auftrag gegebenen Whitepapers „Nachhaltigkeit & Start-ups“ der Macromedia Hochschule Stuttgart wurden 263 Verbraucher befragt, ob sie stärkeres Vertrauen in jene Unternehmen haben, die mit Nachhaltigkeit werben. Die Befragung ergab: Einen Vertrauensvorschuss gibt es nicht. Das Ergebnis zeigt eine Gaußsche Glockenverteilung mit einer überwiegenden neutralen Haltung von 45 Prozent der Befragten, während je 29 bzw. 24 Prozent angaben, dass sie viel bzw. wenig Vertrauen in Unternehmen hätten, die mit Nachhaltigkeit werben. Für die beiden extremsten Möglichkeiten „sehr viel Vertrauen“ bzw. „kein Vertrauen“ entschied sich nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Befragten.

Abgesehen von moralischen und juristischen Gesichtspunkten, kann diese Form der Werbung aus unternehmerischer Sicht getrost als wirkungslos bezeichnet werden. Weitaus wirkungsvoller ist es, Nachhaltigkeit in den Unternehmensprozess zu integrieren. Gerade für Start-up-Unternehmen bietet sich dadurch eine einmalige Chance, an etablierten Unternehmen vorbeizuziehen, deren Legacy-Systeme oft als starr und verkrustet wahrgenommen werden. Ein Beispiel dafür liefert die Circular Economy (CE).

Strategiearbeit in Start-ups

Damit dein Start-up kein „Go-down“ wird. Worauf du bei deiner Strategiearbeit achten musst.

Start-ups sind innovativ, jung, experimentierfreudig und risikobereit. Das braucht es, um erfolgreich zu sein – zum einen. Zum anderen braucht es strukturiertes Vorgehen und Organisation. Start-ups stehen jedoch unter dem Druck, mit begrenzten Ressourcen schnell wachsen zu müssen. Die strategische Arbeit fällt dabei schnell hinten runter. Viele Jungunternehmen, die weitgehend blind starten, landen dabei schnell im Sand oder gar im Desaster. Wo liegen die größten Hindernisse und wo führt der Weg zu nachhaltigem Erfolg?

Bürokratie, unausgereifte Geschäftsmodelle mit nebligen Vorstellungen über künftige Kunden, unausgereifte Produkte und überhöhte Umsatzerwartungen sind häufig die Ursachen, dass Unternehmensgründungen schon bei der Planung scheitern oder Start-ups bereits in der Frühphase lautlos untergehen. Der DIHK-Gründerreport 2019 titelte aufgrund dessen: "Trotz regen Gründungsinteresses – der Funke zündet nicht".

367.000 Existenzgründungen zählte das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) letztes Jahr. Mehr als die Hälfte der Unternehmen geben jedoch laut Statistik innerhalb der ersten drei bis fünf Jahre nach ihrer Gründung erschöpft auf. Die Gründe für das Scheitern mögen ganz unterschiedlich sein – dennoch gibt es durchaus Gemeinsamkeiten. Das konnte nicht nur ich als langjähriger strategischer Berater beobachten, sondern davon ist auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer überzeugt.

„Ich habe eine tolle Idee“, reicht nicht

So macht fast die Hälfte der Gründer den Fehler, vor lauter Euphorie über die eigene Idee den Kunden zu vergessen. Braucht er das Produkt überhaupt und wenn ja, wer ist „der Kunde“? Wie groß ist die Zielgruppe und wo ist sie? Was unterscheidet das Produkt von der Konkurrenz? „Ich habe eine tolle Idee“, reicht nicht.

Wiederum knapp die Hälfte ist nach DHIK-Angaben nicht in der Lage, ihre Zielgruppe genau einzugrenzen, über ein Drittel der Gründer arbeiten mit einem zu kurzen Planungshorizont. Weitere Fehler in der Strategiearbeit sind Fehlinvestitionen, nicht kostendeckende Preise und ein riskantes Wachstum. Viele Start-ups verfolgen keine konsistente Strategie.

Schon mal Schach gespielt?

Der Erfolg deines Unternehmens hängt jedoch stark von deinen strategischen Entscheidungen ab. Schon mal Schach gespielt? Wie beim Schach ist es nicht genug, das Ziel zu benennen. „Ich will gewinnen“, braucht strategisches Denken.

Genauso wie beim Schachspiel nie das Ziel (den König zu schlagen) aus den Augen verloren wird, sollte der Unternehmer seine Vision stets im Blick behalten. Dabei ist ein vollständiger Überblick über die strategischen Optionen notwendig, um sich für den besten Schritt entscheiden zu können. Das gilt für den Schachspieler genauso wie für den Gründer bzw. Manager. Damit du nicht plötzlich überrascht im Schachmatt sitzt, solltest du deinen nächsten Zug also immer sorgfältig planen.

Merkmale erfolgreicher Strategiearbeit

Strategien gestalten die Zukunft deines Unternehmens. Die eine Strategie, die dich erfolgreich gründen lässt, gibt es nicht. Unternehmen sind so individuell wie die Menschen, die sie gründen. Aber es gibt typische Fehler, die für ein Scheitern verantwortlich sind und es gibt Merkmale erfolgreicher Strategiearbeit.

Deine Strategiearbeit sollte:

  1. die Vision deines Unternehmens in den Vordergrund stellen. Produkte und Strategie können sich häufig ändern. Die Vision deines Unternehmens jedoch nicht. Sie bildet das Entwicklungsfundament. Daher sollte die Frage nach der angestrebten einzigartigen strategischen Position deines Start-ups gründlich durchdacht und klar beantwortet sein;
  2. ambidextriefähig sein. Ambidextrie klingt zwar eher nach einer Krankheit, steht aber für eine Fähigkeit, die nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt. Jemand mit Ambidextrie, ist weder links- noch rechts-, sondern beidhändig. In der Wirtschaft soll der Begriff Ambidextrie darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass Unternehmen sowohl Exploration (Innovation / Erkundung von Neuem) als auch Exploitation (Effizienz / Ausnutzung von Bestehendem) integrieren. Diese unterschiedlichen Modi solltest du in deiner Strategiearbeit zulassen;
  3. in kurzen Zeitabschnitten (kurzfristige Strategieschleifen) stattfinden. Nur so kannst du agil reagieren und die Strategie ggf. an sich verändernde Umstände anpassen;
  4. sich auf Business Model Innovation konzentrieren. Du solltest dein Geschäftsmodell beständig infrage stellen und verbessern. Negativbeispiele zahlreicher global agierender Unternehmen wie AirBerlin, Kodak oder Nokia zeigen, wie Marktanteile an Konkurrenten mit innovativeren Geschäftsmodellen abgegeben werden mussten. Die Fähigkeit, ein innovatives Geschäftsmodell zu entwickeln und das bestehende Modell an die Umstände anzupassen, ist der Schlüssel für die erfolgreiche nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit;
  5. kontinuierlich Aufmerksamkeit erhalten. Ein jährliches Strategiemeeting reicht in der sich schnell wandelnden Geschäftswelt nicht aus – Start-ups sollten daher routinemäßig in Meetings und Gesprächen immer wieder ihre Strategie überprüfen;
  6. in Geschichten erzählt werden können. Eine Strategie erarbeitet zu haben, ist das eine, das andere ist, sie „rüberzubringen“, um sie umzusetzen. „Rüber“  z. B. zu den Investoren (wenn Geld benötigt wird) und vor allem zu den Mitarbeitern. Das funktioniert nicht mit Power Point, sondern über Storytelling. Mit Geschichten, die mitreißen, überzeugen und involvieren;
  7. die für die Strategiearbeit nötigen Tools kontinuierlich nutzen. Als Gründer brauchst du das richtige strategische Gespür, das notwendige Wissen und die passenden methodischen Werkzeuge für deine Strategiearbeit.

Zu allen Punkten, die dich verunsichern, solltest du dir Wissen einholen oder dich beraten lassen. Mehr als neunzig Prozent der Existenzgründer starten ohne jegliche Beratung in die Selbständigkeit – „und tappt in typische Fallen“, heißt es im „Liquidationsreport Existenzgründung 2019“ des Instituts für Unternehmenserfolg. Unternehmen, die eine Beratungsleistung in Anspruch genommen haben, sind zu 80 Prozent erfolgreich. Je strategischer du vorgehst, desto sicherer wird dein Handeln – und desto mehr Spaß macht dir die Entwicklung deines Unternehmens!

Der Autor Claudio Catrini ist strategischer Berater und einer der führenden Verhandlungs- und Verkaufsexperten innerhalb der D-A-CH-Region.

Nichts zu verzollen?

Zollberatung für Start-ups? Warum das? Oder: Was dir ein Steuerberater dazu meist nicht sagen kann.

Wer Handel über die Grenzen der EU hinaus betreibt oder Waren importiert, die zwar innerhalb der EU gefertigt wurden, aber dennoch den außenwirtschaftlich relevanten deutschen Bestimmungen unterliegen, sollte den Rat eines Zoll- und Außenwirtschaftsrechtsexperten einholen. Tust du dies nicht und handelst stattdessen nach bestem Wissen und Gewissen, schützt dich das nicht vor Nachzahlungen, Ordnungswidrigkeiten und Strafen.

Als Unternehmer wirst du es früher oder später auf jeden Fall mit Zollämtern und anderen Kontrollbehörden zu tun bekommen. Im ersten Moment scheint die Beratung durch einen Zollexperten teuer zu sein und passt eine solche nicht in das meist knappe Start-up-Budget. „Mir passiert schon nichts.“ Mit dieser Floskel versuchen viele, sich zu beruhigen. Wir zeigen dir stattdessen lieber einige teure Stolperfallen auf.

Was, woher, wohin und zu welchem Preis?

Führst du Waren nach Deutschland ein, die außerhalb der EU gefertigt oder abgebaut wurden, müssen diese mit einer Anmeldung beim Zoll bekannt gegeben werden. Waren, die in der EU gefertigt oder abgebaut wurden, müssen ebenfalls dem Zoll gemeldet werden, wenn du diese in Drittländer exportierst. Mit den Angaben in deiner Zollanmeldung meldest du den zuständigen Behörden, was du woher beziehst und was es gekostet hat, bzw. was du wohin versendest und was es kostet. Auch wenn du die Anmeldung beim Zoll einem Dienstleister überlässt, z.B. einer Spedi­tion oder einem Paketdienstleister, bist du allein für den Inhalt verantwortlich und haftest für fehlerhafte Zollanmeldungen. Die Punkte „Wohin/Woher?“ und „Zu welchem Preis?“ kannst du in der Regel benennen. Für den Punkt „Was?“ stellt dir der deutsche Zoll den elektronischer Zolltarif (EZT) zur Verfügung. Mithilfe des EZT können deine Waren in den europä­ischen Zolltarif eingereiht werden.

Fehlerhafte Einreihung in den Zolltarif

Selbst mithilfe des EZT ist es für Laien schwierig, die richtige Zolltarifnummer zu benennen. Importierst du z.B. Drohnen, können diese als Spielzeug oder als zivile Luftfahrzeuge deklariert werden. Der Einfuhrzoll für Spielzeugdrohnen liegt derzeit bei 4,7 Prozent. Für Drohnen der Kategorie zivile Luftfahrzeuge liegt er hingegen bei null Prozent Einfuhrzoll. Sind deine Drohnen also für eine bestimmte Aufgabe gedacht, z.B. zur Beförderung von Lasten, oder überschreiten sie eine gewisse Leistung, handelt es sich nicht mehr um Spielzeug, dessen Hauptmerkmale die kindliche Unterhaltung ist, sondern um ein ziviles Luftfahrzeug. Importierst du also jeden Monat zehn Drohnen für je 1000 Euro, kannst du dabei 470 Euro sparen. Viele Dienstleister kennen diese Unterscheidung gar nicht. Deklarierst du deine Drohne jedoch als ziviles Luftfahrzeug und nicht als Spielzeug, obwohl es sich rechtlich betrachtet um Spielzeug handelt, musst du den so gesparten Einfuhrzoll nachzahlen. Weitere Konsequenzen können ein Ordnungswidrigkeiten- oder sogar Strafverfahren sein.

Besondere Bestimmungen

Nur die richtige Einreihung in den Zolltarif reicht für einen reibungslosen Im- und Export leider nicht aus. Einige Waren unterliegen besonderen Bestimmungen. Beispielhaft dafür sind Waren aus Papier: Um einen rechtlich einwandfreien Import zu gewährleisten, benötigst du im Vorfeld ein Zertifikat, welches bestätigt, dass für die Herstellung deiner Waren keine tropischen Hölzer genutzt wurden. Auch beim Export begegnen dir besondere Bestimmungen, die du einhalten musst. Verkaufst du beispielsweise technische Bauteile für Fahrzeuge oder Maschinen, unterliegt deine Ware der sogenannten Dual-­Use-Verordnung. Für diese Warengruppe benötigst du zwingend eine Ausfuhrgenehmigung. Das ist immer dann der Fall, wenn deine Komponenten sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten. Um deine Ausfuhr also rechtssicher versenden zu können, musst du vorher prüfen, ob das Bestimmungsland ein sogenanntes Embargoland und dein Kunde Mitglied in einer terroristischen Vereinigung ist. Um diese Prüfung vornehmen zu können, gibt es spezielle Softwareprogramme, die von den deutschen Behörden als Prüfsoftware anerkannt sind.

Nationale Besonderheiten

In keinem anderen EU-Land, außer in Deutschland und Polen, wird eine Steuer auf Kaffee oder kaffeehaltige Produkte erhoben. Importierst du Waren, die Kaffee enthalten, musst du dies stets vor dem Import anmelden. Dies gilt auch, wenn du dieses Produkt innerhalb der EU beziehst. Verkaufst du deine Ware mit deutschem Ursprung, musst du dabei ebenfalls ein paar Dinge beachten. Denn auch mit Bestandteilen aus Drittländern kann deine Ware noch deutschen Ursprungs sein, sofern der Bearbeitungs- bzw. Veredelungsbestandteil 51 Prozent des Warenwerts ausmacht.

Elektronische Daten

Auch elektronische Daten unterliegen den Außenwirtschaftsbestimmungen des Im- und Exports. Beziehst du also deine Website aus Indien oder verkaufst deine Software nach Amerika, ist eine Anmeldung beim Zoll Pflicht.

Kosten sparen leicht gemacht

Durch sogenannte Präferenzabkommen sparst du bares Geld. Bei der Einfuhr von Kleidung zahlst du in der Regel 12 Prozent Einfuhrzoll. Beziehst du deine Ware jedoch in Pakistan, sinkt der Zollsatz auf null Prozent, da mit Pakistan ein Präferenzabkommen geschlossen wurde. Auch wenn der Preis pro Stück in einem Präferenzland etwas höher ist, lohnt sich das Geschäft aufgrund niedrigerer Zollabgaben trotzdem. Der größte Posten in den Unternehmen ist zumeist das Personal. Durch verschiedene Bewilligungen und die Zertifizierung, wie bspw. zum zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO), können die internen Abläufe in deinem Unternehmen optimiert und Arbeitszeit eingespart werden. Die Anträge dafür können kostenlos bei dem für dich zuständigen Hauptzollamt eingereicht werden.

Exportkontrolle

Exportierst du deine Waren in das Nicht-EU-Ausland, z.B. nach China, Kanada oder in die USA, bist du dazu verpflichtet, für jede Sendung eine Exportkontrolle durchzuführen. Darunter fällt die Prüfung von Sanktions- und Embargolisten sowie das Checken, ob deine Waren der Dual-Use-Verordnung unterliegt. Handelst du hier widerrechtlich, sprich, führst du keine Exportkontrolle durch, wird nach einer Zollprüfung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen dich eröffnet. Wurde dir mehrfach nachgewiesen, keine Exportkontrolle durchgeführt zu haben, musst du sogar mit einem Strafverfahren rechnen.

Paketdienstleister

Viele Paketdienstleister übernehmen für dich die Zollanmeldung. Hast du ihnen keine Zoll­tarifnummern für deine Waren aufgegeben, werden diese oft willkürlich aus dem Pool der Warentarifnummern ausgewählt. Einige Paketdienstleister neigen dazu, die Zolltarifnummern mit den geringsten Zollabgaben auszuwählen. Erhältst du nach einigen Jahren eine Prüfungsanordnung des Hauptzollamts, werden diese Fehler garantiert aufgedeckt. Neben einem Ordnungswidrigkeitsverfahren wirst du dann dazu verpflichtet, alle Vorgänge innerhalb des Prüfzeitraums zu berichtigen und die korrekten Zollabgaben nachzuzahlen. Die Kosten dafür können rasch auf vier- bis sechsstellige Beträge wachsen.

Fazit

Der Welthandel unterliegt gewissen Regularien und Vorschriften. Ein junges Unternehmen kann diese natürlich nicht umfassend kennen. Um rechtssicher zu agieren, benötigst du für einige Bereiche Experten, die dich und dein Unternehmen unterstützen. Klar ist: Für den Bereich Zoll- und Außenwirtschaft kann dir ein spezialisierter Zoll­berater mehr und vor allem rechtssichere Hilfestellung bieten als ein Steuer- oder Unternehmensberater.

Der Autor Michael Rosinski ist Speditions­kaufmann, Zollberater und Gründer des Außenwirtschaftsbüro Rosinski KG in Hamburg.

Arbeitnehmer im Ausland einstellen

Remote Hiring: Freelancer, Firmengründung oder Employer of Record?

Fachkräftemangel, Expansion in neue Märkte, Flexibilitäts-Ansprüche junger Arbeitnehmer – es gibt viele Gründe, warum Unternehmen immer häufiger Remote Teams einsetzen. Ein weiterer ist im Jahr 2020 hinzugekommen: Das Corona-Virus schränkt die Flexibilität und Reisefreiheit neuer Arbeitskräfte ein, weshalb die Anstellung von Mitarbeitern im Ausland in vielen Fällen zur einfacheren Option geworden ist.

Anstatt Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben und diese nach Deutschland zu bringen, können ebendiese Mitarbeiter im jeweiligen Heimatland von zu Hause aus arbeiten. Welche Optionen deutschen Arbeitgebern Rund um die Thematik Remote Hiring zur Verfügung stehen, vergleichen wir im folgenden Gastbeitrag.

Beschäftigung der Mitarbeiter als Freelancer

Besonders bei projektbezogenen Anstellungen von Mitarbeitern im Ausland greifen Unternehmen gerne auf die Freelancer-Variante zurück. Vor Projektstart werden in einem flexiblen Service-Vertrag grundsätzlich sämtliche Konditionen festgelegt sowie Vergütung, Leistungen und Zeitplanung geregelt.

Schwierigkeiten, welche bei der langfristigen Anstellung von Freelancer jedoch vermehrt auftreten, sind unter anderem:

  • Kein Arbeitsvertrag vorhanden, da lediglich ein Servicevertrag unterzeichnet wird
  • Schwierigkeit der Personalsuche, vor allem nach hoch-qualifizierten Mitarbeitern
  • Fehlende Sicherheit der Mitarbeiter, da kein arbeitsrechtlicher Schutz vor Kündigungen besteht
  • Verpflichtung der Mitarbeiter, sich selbstständig um Sozialversicherungsabgaben und Einkommenssteuer zu kümmern

Die hohe Flexibilität, auch auf Seite der Unternehmen, kann jedoch trotzdem für diese Form des Remote Hirings sprechen. Fachkräfte werden je nach Bedarf hinzugezogen und punktgenau eingesetzt. Zudem kann der Verwaltungsaufwand verhältnismäßig gering ausfallen. Allerdings können sich auch rechtliche Schwierigkeiten auftun. In manchen Ländern ist die langfristige Anstellung von Freelancern illegal (z.B. in Indien und China), da faktisch eine Betriebsstätte errichtet wird, welche den lokalen Steuerbehörden zu melden ist.

Für längere Anstellungsverhältnisse gibt es demnach bessere Möglichkeiten, als Mitarbeiter durch einen Freelancer-Vertrag zu beschäftigen.

Firmengründung im Ausland

Tritt ein Unternehmen in einen neuen Markt ein, kann die Gründung einer Tochterfirma sinnvoll sein. Sollen jedoch nur eine Handvoll Mitarbeiter im Ausland angestellt werden, sind Aufwand und Kosten für die Gründung womöglich zu hoch und können auch bereits für mittelgroße Unternehmen ein enormer Aufwand darstellen. Denn der Prozess erfordert viel Planung und neben administrativem Aufwand muss sich das Unternehmen mit den kulturellen, rechtlichen und technischen Gegebenheiten im Zielland auseinandersetzen. Zudem besteht immer ein gewisses unternehmerisches Risiko, falls die Tochtergesellschaft wieder schließen muss.

Ist der Prozess jedoch einmal abgeschlossen und wenn ein größerer Markteintritt die Gründung rechtfertigt, kann die interne Personalverwaltung der Arbeitnehmer im Ausland im Vergleich recht kostengünstig ausfallen.

Anstellung der Mitarbeiter durch Employer of Record

Eine Möglichkeit, nicht nur die Verwaltung, sondern auch das gesamte Anstellungsverhältnis auszulagern, ist ein sogenannter Employer of Record (EoR), oft auch Professional Employer Organization (PEO)  genannt. Dabei handelt es sich um eine Agentur, die den Arbeitnehmer im Auftrag eines Unternehmens im jeweiligen Land anstellt. Werden zum Beispiel Fachkräfte aus unterschiedlichen Ländern benötigt, kümmert sich der Employer of Record um alle rechtlichen und formellen Belange in jedem dieser drei Länder:

Wesentliche Vorteile der Zusammenarbeit mit einem Employer of Record sind:

  • Unterzeichnung eines vollwertigen Arbeitsvertrags
  • Garantierter Schutz des Arbeitnehmers dank Kündigungsfrist im Einklang mit lokalem Arbeitsrecht
  • Hohe Mitarbeiterbindung ans Unternehmen, da direkt angestellt
  • Sozialversicherungsabgaben und Einkommenssteuerzahlungen werden vom Employer of Record als Arbeitgeber angeführt
  • Vollständiger Schutz des geistigen Eigentums der deutschen Firmen
  • Mitarbeiter hat lokalen Kontaktpunkt in seinem Land zu sämtlichen administrativen Fragen
  • Transparente Einsicht aller tatsächlich stattfindenden Zahlungen an örtliche Behörden

Diese Konstellation ermöglich Unternehmen vollkommene Rechtssicherheit, da der Employer of Record als lokaler Arbeitgeber für ein konformes Arbeitsverhältnis sorgt. Wichtig zu verstehen ist jedoch, dass weiterhin alle wichtigen Entscheidungen beim deutschen Arbeitgeber liegen, also dem Unternehmen, mit dem das Arbeitsverhältnis in der Praxis besteht. So hat dieser weiterhin die volle Kontrolle über Lohnverhandlungen, zu erbringende Leistungen und über das Management des gesamten Teams. Das ermöglicht folgendermaßen, dass sich sowohl das Team in Deutschland als auch das Remote Team voll auf das operativen Geschäft oder auch auf die Markterschließung im Ausland konzentrieren können.

Nicht zu verwechseln ist ein Employer of Record mit einem reinen Payroll-Anbieter oder einer Recruitment-Agentur, da sich ein EOR lediglich um das Anstellungsverhältnis und die damit zusammenhängenden Aufgaben und Pflichten beschäftigt. Die Suche nach Arbeitnehmern bleibt meist dem Unternehmen selbst überlassen.

Auch die deutsche Außenhandelskammer, kurz AHK, bietet mit Ihrem Office-in-Office Konzept in Ländern wie China, Vietnam, Iran und Brasilien eine fast identische Lösung zum Employer of Record, schreckt jedoch mit den vergleichsweise hohen Kosten vor allem mittelständische Unternehmen und Startups ab.

Fazit

Fachkräfte aus dem Ausland anzustellen ist in verschiedenen Formen schon heute weit verbreitet und Remote Hiring wird in Zukunft sicher nur an Bedeutung gewinnen. Welche Form der Beschäftigung die geeignetste ist, muss selbstverständlich jedes Unternehmen individuell entscheiden. Allgemein zeigt sich aber, dass die Beschäftigung von Freelancern niedrigschwellig und unkompliziert sein kann, manchmal aber zu Rechtsunsicherheiten führt und die Qualität der Arbeit bei längeren Projekten unter der mangelnden Bindung an das Unternehmen leiden kann.

Die Gründung einer Tochtergesellschaft ist gewissermaßen das andere Extrem: Volle Kontrolle über jegliche Prozesse, aber auch volle Verantwortung und eine Menge Aufwand. Ein geeigneter und bequemer Mittelweg bei der Internationalisierung kann ein Employer of Record sein. Diese Variante ermöglicht die rechtskonforme Einstellung von potentiellen Mitarbeitern im jeweiligen Land ohne Vorlaufzeiten oder Kosten zur Gründung einer eigenen Repräsentanz einschließlich aller Vorteile einer Festanstellung an den Auftraggeber weiter.

Der Autor Tom Kussmann ist Co-Founder und COO des Employer of Record Anbieters Horizons. Das Unternehmen unterstützt beim HR-Management und ermöglicht die schnelle und rechtskonforme Einstellung von Mitarbeitern im Ausland – ganz ohne aufwändige und teure Firmengründung.

Digitale Lösungen - So können Start-ups überzeugen

Besonders im Bereich der digitalen Unterstützung können Start-ups in diesen Tagen überzeugen. Immer wieder kommen Gründer*innen auf praktische Ideen, die zur Grundlage für einen soliden Businessplan werden. Doch welche Faktoren sind wirklich wichtig, damit der unternehmerische Erfolg nur noch eine Frage der Zeit ist? Die wichtigsten Aspekte für die Beantwortung dieser Frage wollen wir uns hier in diesem Artikel etwas genauer ansehen.

Einfache Integration in den Alltag

Wenn wir uns mit Ideen auf dem Gebiet der Digitalisierung befassen, haben wir in der Regel komplexe Software vor Augen, die großen Firmen zur Verfügung gestellt wird. Doch die weit größere Zielgruppe mit einem hohen finanziellen Potenzial sind private Nutzer. Wer bspw. wie dieser digitale Vorreiter dazu in der Lage ist, über die Veröffentlichung einer einfachen App für einen Mehrwert zu sorgen, sichert sich auf diese Weise ein großes Publikum. 

Eine entscheidende Rolle spielt die Hemmschwelle, die wir beim Zugriff auf die neue Technik verspüren. Je leichter es uns fällt, diesen Schritt in Richtung der digitalen Zukunft zu gehen, desto schneller werden wir das Produkt eines bestimmten Unternehmens in Anspruch nehmen. Je eher es einer Firma gelingt, diesen Anspruch zu erfüllen, desto größer ist die Chance auf weitere wirtschaftliche Erfolge.

Mehrwert für den Endnutzer

Dass auch einfache Ideen dazu in der Lage sind, einen hohen Mehrwert zu liefern, zeigte zuletzt der E-Presseausweis. Die typische Akkreditierung spielt für Journalisten nach vor eine wichtige Rolle. Inzwischen sind digitale Angebote dazu in der Lage, den klassischen Ausweis umfänglich zu ersetzen. Auf diese Weise kann der Alltag in der Branche deutlich einfacher gestaltet werden. Weitere Infos zum digitalen Presseausweis sind hier auf dieser Seite zu finden.

Nach einem ähnlichen Prinzip haben in diesen Tagen auch Privatpersonen die Möglichkeit, ihr Portemonnaie etwas simpler zu gestalten. Start-ups haben in den letzten Jahren Möglichkeiten geschaffen, um zum Beispiel Bonuskarten im digitalen Format auf dem Smartphone mit sich zu führen. Damit sind die Zeiten vorbei, in denen das Volumen des Geldbeutels aufgrund dieser vielen Karten schier endlos zuzunehmen schein. Passende Apps sind gratis in den Stores zu finden.

Die Konkurrenz übertreffen

Gerade diese Beispiele stellen eindrücklich unter Beweis, dass es nicht immer die komplexen Entwicklungen sind, welche die Digitalisierung wieder einen Schritt nach vorn bringen und zur Grundlage für ein Start-up werden. Dies bedeutet auch, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit bereits Konkurrenz auf der Strecke herrscht. Die Frage ist nun, welcher der unterschiedlichen Anbieter sich auf lange Sicht durchsetzen wird.

Per se haben Gründer zwei Möglichkeiten, um auf die Vorteile ihres eigenen Projekts aufmerksam zu machen. Zum einen sind dies finanzielle Aspekte, die den Endnutzer überzeugen. Je günstiger eine bestimmte Leistung an den Start gebracht werden kann, desto eher erreicht sie ihre Zielgruppe. Wer dazu bereit ist, das Ziel der Profitabilität erst einmal wieder in den Hintergrund zu rücken, kann auf diese Weise den eigenen Marktanteil beträchtlich vergrößern.

Eine zweite Möglichkeit, die für das Erreichen des Zieles in Betracht gezogen werden kann, betrifft die Qualität der Arbeit. Wer durch den enormen Mehrwert des eigenen Produkts dazu in der Lage ist, die Konkurrenz ein deutliches Stück hinter sich zu lassen, verfügt über ein wesentliches Argument. Ohne an der Preisschraube drehen zu müssen ist es in diesem Fall möglich, einen ganzen Markt für sich zu erobern und womöglich zu dem Anbieter zu werden, der in einigen Jahren dieses Feld für sich besetzt hält.

Agiles Performance-Management

Das traditionelle Performance-Management hat ausgedient. So nutzt und förderst du das Potenzial deiner Leute.

Menschen wollen Leistung erbringen. Aber nur, wenn im Unternehmen die persönliche Entwicklung im Mittelpunkt steht, wird auch das Engagement der Mitarbeitenden wachsen. Nur wenn Befähigung statt Überforderung die Prämisse ist, steigen die Motivation und Arbeitsmoral. Nur wenn das Thema Leistung nicht nur einmal im Jahr besprochen wird, sondern ein kontinuierlicher Prozess ist, können Unternehmen ihr Potenzial tatsächlich voll ausschöpfen, ohne dass das Fass irgendwann leer ist. Wichtig dafür ist die Erkenntnis, wie eng das Prinzip des Performance-Managements mit der Selbstbestimmungstheorie verbunden ist.

Die Theorie von Deci und Ryan beschreibt die grundlegenden psychologischen Bedürfnisse, die beim Menschen eine hohe Motivation und ein hohes Wohlbefinden bewirken, und wie diese in verschiedenen sozialen Kontexten gefördert werden können. Kompetenz, Autonomie und Verbundenheit stehen dabei an erster Stelle. Ein wesentlicher Treiber des Menschen ist von Natur aus sein Bedürfnis nach Kompetenz – die positive Erfahrung, eine Tätigkeit zu beherrschen und effektiv zu sein. Am Arbeitsplatz drückt sich dies meistens als grundlegender Wunsch nach (guter) Leistung aus. In anderen Bereichen ist es manchmal auch der Reiz der Herausforderung.

Ein selbstwirksames Umfeld schaffen

Dabei unterscheidet die Selbstbestimmungstheorie zwischen Verhaltensweisen, die dem eigenen Selbstverständnis entspringen, also selbstbestimmt sind, und solchen, die nicht repräsentativ für das eigene Selbst sind. Während es sich bei ersteren um freiwillige Verhaltensweisen handelt, die mit der Erfahrung von Autonomie einhergehen, werden letztere stattdessen oft mit Kontrolle und Druck assoziiert. Den damit zusammenhängenden Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation kennen wir alle. Für Unternehmen und deren Performance-­Management ist es demzufolge entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, das die psychologischen Bedürfnisse des Menschen unterstützt, um die richtige Motivation zu nähren.

Keine Diskussion über Motivation wäre vollständig, ohne das Thema der Selbstwirksamkeit angesprochen zu haben. Dabei handelt es sich weniger um ein Bedürfnis, ondern vielmehr um eine Eigenschaft, die die Leistung und zugleich das Wohlbefinden jedes Menschen ganz entscheidend beeinflusst. Sind Mitarbeitende von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt, setzen sie sich erfahrungsgemäß höhere Ziele, sind in der Lage, größere Mühen auf sich zu nehmen, um diese zu erreichen und halten auch bei Schwierigkeiten länger durch. Zudem stecken sie – sollte der Fall eintreten – Misserfolge leichter weg. Auch deshalb, weil sie ebenfalls davon überzeugt sind, Leistung erbringen und damit ihr Leben beeinflussen zu können.

Das traditionelle Performance-Management hat ausgedient

Im heutigen Arbeitsumfeld ist eine Kultur gefragt, die veränderungsfähig und experimentierfreudig ist, die durch kontinuierliches Lernen eine persönliche Entwicklung des Einzelnen sowie die kollektive Entwicklung eines Teams ermöglicht. Eben jene Anreize, die durch ein traditionelles Performance-Management nicht mehr gegeben sind oder sogar zunichtegemacht werden. Der Tayloristische Ansatz der industriellen Effizienzsteigerung sowie alles und jeden einzeln messbar zu machen, widerspricht der zunehmenden Autonomie und dem wachsenden Teamgefüge, inklusive Projektarbeit, Netzwerkstrukturen und Solidarität.

Die Probleme mit aktuell gängigen Methoden im Performance-Management-Review-Prozess lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Die Bewertung von Menschen für vergangene Leistungen steht möglichen Verbesserungen in „Echtzeit“ gegenüber.
  • Jährliche Leistungsbewertungen sind nachweislich nicht hilfreich, weil Menschen sich gedanklich meist auf die letzten Ereignisse (4 bis 6 Wochen) beziehen und nicht auf die Entwicklungen und Leistungen davor.
  • Welche Ziele vom Anfang des Jahres ergeben im letzten Quartal überhaupt noch Sinn, um darauf hinzuarbeiten?
  • Der Prozess ist für alle Beteiligten (insbesondere Führungskräfte) sehr zeitaufwändig.
  • Allerdings gilt auch: Performance-Bewertungen sind kein Performance-Management.

All das half in der Vergangenheit zu kontrollieren (ursprünglich der Sinn und Zweck), ist inzwischen aber wenig hilfreich, wenn es darum geht, das tatsächliche und so wertvolle Poten­zial von Mitarbeitenden zu entfalten. Agile Prinzipien sind also auch im Performance-Management gefragt. Der Bedarf verändert sich von Produktivität und Output hin zu Kreativität, Innovation und sog. Knowledge Working. Demzufolge braucht es mehr Raum für die eigene Autonomie, den Sinn und dafür, in bestimmten Dingen eine Meisterschaft zu erreichen, die uns als Menschen, als Führungskräfte und als Mitarbeitende sowie als Leistungsträger*innen voll und ganz erfüllt.

Mitarbeitende befähigen, ohne zu überfordern

Wenn heutzutage von Agilität, Selbstorganisation oder Teal die Rede ist, scheint Empowerment der Kern vieler Konzepte zu sein, die in Unternehmen verwendet werden – und doch scheinen viele noch immer mit „echter Befähigung“ zu kämpfen. Betrachtet man die Oxford-Definition, so sollte es recht einfach sein: Die Menschen übernehmen in ihrem Arbeitsbereich die Kontrolle und entscheiden über alles, was damit zusammenhängt. Klingt doch leicht, oder? Ist allerdings einfacher gesagt als getan! Weil viele Führungskräfte „ihre“ Mitarbeitenden nicht wirklich als Erwachsene mit bestimmten Fähigkeiten sehen und behandeln. Dabei wäre genau das wichtig, und heißt übrigens nicht, dass sie alles können (müssen), sondern Erfahrung in bestimmten Fertigkeiten haben und in der Lage sind, weiter zu lernen. Im Kern bedeutet das vielbesagte Empowerment also nichts anderes, als ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem sich die Menschen ermutigt fühlen, neue Dinge auszuprobieren, Entscheidungen zu treffen und keine Angst zu haben, dafür verantwortlich gemacht zu werden, wenn etwas nicht funktioniert.

Wichtig ist dabei: Der Aufbau und die Pflege dieses Umfelds sind keine einmalige Angelegenheit, sondern ein fortlaufender Prozess, der nie endet. Führungskräfte sind also immer gefordert und können sicher sein: Probiert ein mutiges Teammitglied etwas aus und bekommt keine Unterstützung, hält dies höchstwahrscheinlich andere davon ab, es überhaupt zu versuchen. Hier ist Verantwortung gefragt! Also die Situation erkunden, in der sich der/die Mitarbeitende gerade befindet und gemeinsam schauen, wo sich das Hindernis befindet. Führungskräfte sind dann aber nicht dazu da, das Problem für den/die Mitarbeitende(n) zu lösen, sondern allenfalls Hinweise zu geben, wie er oder sie es selbst überwinden kann. Sind Dinge gut gelaufen, spricht übrigens nichts gegen eine Bestätigung – gern öffentlich und bei besonderen Erfolgen vielleicht sogar im Rahmen einer kleinen Feier, um auch dem Rest des Teams zu zeigen, dass gute Arbeit anerkannt wird.

Sieben kleine Dinge, die du sofort tun kannst

Bei jeder Interaktion mit dem Team können und sollten Führungskräfte beweisen, dass ihnen die Befähigung der Mitarbeitenden wirklich am Herzen liegt – beispielsweise mit folgenden sieben kleinen Anregungen:

1. Hör deinem Team zu und mach dich zum Teil der Lösung

Gib regelmäßig Feedback und zeig deinen Mitarbeitenden, dass dir ihr Einfluss wichtig ist und du ihre Meinung schätzt. Aber Vorsicht: Eine zu hohe Taktzahl beim Feedback kann auch den Druck erhöhen und einen gegenteiligen Effekt erzielen. Die Kultur bei Amazon mit ständigem Feedback führte über einen bestimmten Zeitraum dazu, dass Mitarbeitendenzufriedenheit und -produktivität negativ beeinflusst wurden. Außerdem ist Feedback eben nur Feedback und kann demzufolge auch ignoriert oder nicht umgesetzt werden. Du musst also in jeder Hinsicht loslassen können von den eigenen Ideen. Die Verantwortung ist und bleibt beim Team.

2. Sei dir bewusst, dass deine Emotionen Auswirkungen auf dein Team haben

Es kann sein, dass etwas schief geht – das ist ein natürlicher Bestandteil der Schaffung von Neuem und Großem. Angenommen, etwas klappt nicht wie geplant oder erwartet: Bleib positiv und optimistisch – aber bitte nicht nur um des Optimismus willen. Deine Emotionen und die Bedeutung, die du den Dingen beimisst, spiegeln wider, wie dein Team danach über die Dinge denkt. Trotzdem darfst und sollst du natürlich auch sachlich analysieren, was schiefging. Wichtig aus Sicht der Führungskraft sind Fragen wie bspw.: Wie hätte ich besser unterstützen können? Welche Einblicke oder Skills haben allenfalls gefehlt?

3. Sei dankbar und zeige Wertschätzung

Es ist nur ein kleines Wort, aber es kann den großen Unterschied machen: Danke. Wenn du deinem Team zeigen willst, dass du ihm vertraust und es wertschätzt, sag Danke. Im Idealfall mit einer kurzen Begründung, wofür du sich bedankst – je spezifischer, desto besser. Übrigens ist ein Dankeschön manchmal gerade dann angebracht, wenn etwas schiefgegangen ist. Solange dein Team etwas daraus gelernt hat. Zeig jedem/jeder, dass du den individuellen Beitrag anerkennst. Dies wird langfristig dazu beitragen, Vertrauen aufzubauen, weil deine Leute sehen und spüren, dass sie Teil von etwas sind.

4. Unterstütze dein Team dabei, seine Leidenschaft zu finden

Jeder Mensch hat Stärken, und wenn er oder sie sich dieser Stärken bewusst ist und bereit ist, diese zu entfalten, unterstütze ihn oder sie dabei, sich zugehörig und erfolgreich zu fühlen. Unterstütze dein Team dabei, seine individuellen Stärken zu erkunden, und gib ihm am Arbeitsplatz die Möglichkeit, diese auch zu nutzen. Das wird die Motivation steigern und das Wohlbefinden fördern.

5. Sei ein Vorbild für das Verhalten, das du in deinem Team sehen willst

Es kommt darauf an, dass du es vorlebst, also sei ein lebendiges Vorbild für das Verhalten, das du von deinem Team erwartest.

6. Gib deinem Team Freiheiten – ermutige es, seinen Weg zu finden

Auch, wenn dieser Weg nicht deinem Weg oder deinen Erfahrungen entspricht. Nur so entsteht Innovation! Das ist besonders wichtig in einer Zeit, in der immer mehr aus der Ferne und in virtuellen Teams, gearbeitet wird. Das ist eine großartige Gelegenheit für dich, deinem Team zu zeigen, dass du ihm vertraust. Es kann frustrierend sein, nicht immer den Überblick zu haben, aber Mikromanagement ist das Gegenteil von Befähigung der Mitarbeitenden. Zeig ihnen, dass du ihnen zutraust, die Arbeit rechtzeitig zu erledigen, und dass sie sich an dich wenden können, wenn sie nicht weiterkommen oder Hilfe benötigen.

7. Schaffe unterstützende Strukturen

Klarheit, Transparenz und Leitplanken helfen den Mitarbeitenden, sich einen Überblick zu verschaffen, und unterstützen sie dabei, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Ein definierter Prozess, in dem ausdrücklich erklärt wird, wer wozu befugt ist, ist für Menschen von großer Bedeutung. Nicht wichtig ist hingegen ein Konsens über den Entscheidungs­findungsprozess an sich. Probier verschiedene Strukturen aus und finde heraus, welche am besten zu dir und deinem Team passen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es ist gerade jetzt sinnvoll, den Review-Prozess zu überdenken und erste Schritte in Richtung agiles Performance-Management zu gehen. Auf klassische Leistungsbewertungen zu verzichten, sollte den Effekt erzielen, von „die Vergangenheit rechtfertigen“ hin zu „über aktuelles Wachstum und zukünftige Entwicklung nachdenken“ zu gelangen. Die Mitarbeitenden sollten sich befähigt und bestärkt fühlen, die Führungskräfte mehr Zeit haben, um sich auf die Kultur und Verhaltensweisen sowie Werte zu fokussieren statt nur auf strategische Ziele. Pilotprojekte helfen, um experimentierfreudig zu werden und gezielt vorwärtszukommen anstatt überall auf einmal zu sein. Davon profitieren sowohl die Leistung jedes einzelnen Mitarbeitenden als auch die Gesamt-Performance deines Unternehmens.

Der Autor Timm Urschinger ist Mitgründer und CEO von LIVEsciences, einem experimentierfreudigen Beraterteam, dessen Vision es ist, den Erfolg von Unternehmen und Organisationen zu katalysieren.

Expandieren bzw. Skalieren via Franchise

Für wen lohnt sich der Aufbau eines Franchise­systems und wie lassen sich geeignete Franchisenehmer finden?

Wenn ein Unternehmen schwarze Zahlen schreibt und sich als feste Größe am Markt etabliert hat, ziehen Geschäftsführer häufig eine Expansion in Betracht. Dabei stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können beispielsweise Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Lizenznehmern eingehen, die den Vertrieb des eigenen Produktes übernehmen. Auch eine Suche nach Investoren, die die Expansion finanzieren, kommt oftmals infrage.

Eine kostengünstige und effiziente Art der Unternehmenserweiterung stellt außerdem der Aufbau eines Franchisings dar − allein in Deutschland gibt es bis zu 1000 verschiedene Franchisesysteme. Hierbei gewähren Gründer ihren Partnern mit der Zahlung einer Lizenzgebühr das Recht zur Ausübung einer Geschäftstätigkeit auf Basis des eigenen Franchisekonzeptes. Doch für wen lohnt sich eine Franchisegründung, was sind die Vor- und Nachteile und wie lassen sich geeignete Franchisenehmer finden?

Auf einen Blick: Was ist Franchise?

  • Franchise ist ein Expansionsmodell für Unternehmen (Franchisegeber), die mit lokalen, selbständigen Unternehmen (den Franchisenehmern) einen oder mehrere nationale Märkte erschließen wollen.
  • Dazu übergibt der Franchisegeber dem Franchisenehmer für einen bestimmten Standort ein erprobtes und vielfach erfolgreiches Unternehmenskonzept.
  • Der Franchisenehmer übernimmt dieses Unternehmenskonzept und verpflichtet sich, dieses mit seiner Kapital- und Arbeitskraft sowie auf eigenes Risiko in dem ihm überlassenen Markt durch Expansion zur vereinbarten Marktposition zu entwickeln.
  • Der Franchisegeber verzichtet bei vertragsgerechtem Verlauf an diesem Standort in der Regel auf eine eigene Marktbearbeitung.
  • Im Gegenzug verzichtet der Franchisenehmer auf die aktive Marktbearbeitung außerhalb des ihm überlassenen Marktausschnitts.
  • Die Fülle der damit für den Franchisenehmer und -geber verbundenen Rechte und Pflichten wird
  • in einem Franchisevertrag und einem Handbuch dargestellt sowie für alle Parteien einheitlich und verbindlich geregelt.

Andere (digitale) Märkte, andere Sitten

Internationalisierung: Warum in der digitalen Welt globaler Erfolg nur durch regionale Anpassung gelingt.

Jedes Unternehmen, egal ob etablierter Mittelstand oder junges Start-up, möchte seinen Kundenstamm langfristig erweitern und seine Wettbewerbsfähigkeit sowie seinen Unternehmenserfolg sichern. „Internationalisierung“ heißt es dann in vielen Fällen. Doch bei diesem Prozess ist gute Planung gefragt.

Denn eine Website, ein Online-Shop oder eine App einfach eins zu eins in eine andere Sprache zu übersetzen, ist oftmals nicht sinnvoll oder gar möglich. Warum der internationale Erfolg eines Unternehmens nur durch regionale Anpassung der digitalen Produkte gelingen kann, erfährtst du in diesem Beitrag.
 
Andere Länder, andere Sitten

Dieses Sprichwort gilt nicht nur für die analoge, sondern auch für die digitale Welt. Wer in einem neuen Markt mit Website, Online-Shop oder App erfolgreich sein will, muss die User dort optimal ansprechen. Dazu ist es zwingend erforderlich, sich mit den kulturellen Besonderheiten und der Erwartungshaltung der potenziellen Kunden auseinanderzusetzen. Kaum ein digitales Produkt lässt sich 1:1 für einen anderen Markt nutzen. Eine Lokalisierung ist unerlässlich, um das Vertrauen von Kunden zu gewinnen und sie in ihrer Muttersprache „abzuholen“.

Ansonsten ist die Gefahr groß, dass Kunden nicht im Shop verweilen und sich umschauen, sondern gleich wieder wegklicken. Die Übersetzung ist damit der erste richtige Schritt, um ein digitales Produkt in einem neuen Land einzuführen. Damit die Übersetzer einen guten Job machen können, ist es wichtig, ihnen bei Bedarf Experten an die Seite zu stellen, die den dortigen Markt und vor allem die Nutzungsgewohnheiten der potenziellen Kunden genau kennen.
 
Die Sprache der Kunden sprechen

Gemäß der Studie von Common Sense Advisory ist es für 56 Prozent der Verbraucher wichtiger, Informationen über Produkte in der eigenen Sprache zu finden, als der Produktpreis. Dementsprechend sollte auf eine hohe sprachliche Qualität der Übersetzung geachtet werden. Diese ist nur möglich, wenn der Übersetzer mit den landesspezifischen Besonderheiten vertraut ist.

Wie wichtig in diesem kontext die Sprach-Technologie-Branche ist, zeigt die Größe des Marktes mit geschätzten 29 Mrd. Euro (Quelle: Globalization & Localization Association). Idealerweise wird schon zu Beginn der Entwicklung einer Website oder einer App das Thema Vielsprachigkeit für eine mögliche zukünftige Expansion in andere Märkte berücksichtigt. Starre Platzvorgaben sind bei der Internationalisierung einer Website oft schwierig – die Länge von übersetzten Inhalten kann z.B. von Sprache zu Sprache deutlich variieren. Legen Entwickler und Webdesigner eine Website oder App gleich mit dem Gedanken an Internationalisierung an, sparen sie sich unnötige Programmierarbeiten.
 
Überzeugen mit dem ersten Klick

Gleich beim ersten Besuch von Website, Shop oder App gilt es, den Kunden zu überzeugen. Es gibt keine zweite Chance. Design und Produktpräsentation müssen den Kunden ansprechen und zu seinen Sehgewohnheiten passen. Diese können sich von Markt zu Markt deutlich unterschieden – bei einem amerikanischen Nutzer können diese ganz anders sein als bei einem asiatischen. Wie es in der analogen Welt eine Spannbreite bei der Art des Einkaufens vom Tante-Emma-Laden über das cleane Einkaufszentrum bis zum trubeligen Basar oder der XXL-Shopping-Mall gibt, sind die Erwartungshaltungen der Kunden auch in der digitalen Welt sehr unterschiedlich.

Während ein asiatischer Online-Shop hierzulande als überfrachtet und kitschig angesehen werden könnte, würde ein deutscher Online-Shop in China möglicherweise überhaupt keine Zustimmung der dortigen Kunden finden. Es gilt, Produkte entsprechend der Erwartungshaltung der Kunden zu präsentieren und Bild- und Bewegtbildmaterial gemäß dieser Sehgewohnheiten zu erstellen und auszutauschen. Möglicherweise haben auch einige Textinhalte keine Relevanz in anderen Märkten, so dass diese ebenfalls geändert werden sollten. Eine Seite fällt unter Umständen ganz weg, eine andere müsste dafür aber vielleicht unbedingt dazu genommen werden.
 
„Gewohnheitstier Kunde“: Der Service muss stimmen

Auch hinsichtlich der Services bei Kauf-, Bestell- und Bezahlabwicklungen müssen Anpassungen bei digitalen Produkten vorgenommen werden. Zum Beispiel: Welche Bezahlmethoden sind im neuen Markt gängig und werden daher von den potenziellen Kunden erwartet? Welche rechtlichen Besonderheiten der jeweiligen Länder sind zu berücksichtigen, um hier in keinen juristischen Fettnapf zu treten. Und wie sieht es mit den technischen Anforderungen aus? Wie muss die Website oder der Shop optimiert werden, damit sie von den Suchmaschinen, die im neuen Mark am häufigsten verwendet werden, gefunden und hoch gerankt wird? Schließlich bringt auch das perfekt angepasste Produkt nichts, wenn es nicht aufgefunden wird.

Der Autor Wolfram Grätz ist Mitgründer und CEO der Translation Management Plattform Phrase, die für schnelle und überschaubare Arbeitsprozesse bei Übersetzungsprojekten sorgt.


Wie innovativ sind deutsche Gründer?

Gründer als Katalysatoren für Innovation made in Germany: Wo wir stehen und was noch zu leisten ist, um das Potenzial zu nutzen!

Deutschland ist auf die Innovationskraft talentierter Unternehmer angewiesen. Entrepreneure sind heute die Katalysatoren für Innovation made in Germany – nicht mehr nur die Autoindustrie. Leider wählen noch zu wenig talentierte Menschen den Weg in die Selbständigkeit. Und das liegt vor allem an fehlender Förderung. Die nächsten Elon Musks, Dr. Anne-Marie Imafidons und Innovationen scheitern hierzulande häufig, noch bevor sie die Chance hatten, sich am Markt zu beweisen.

Warum – und wie lösen wir das Problem?

16 Prozent der neu gegründeten Start-ups in Deutschland bieten nicht nur innovative Produkte, die es vorher schon in den USA zu sehen gab, sondern absolute Marktneuheiten. Diese Zahl aus dem KfW-Gründungsmonitor zeigt: Deutschlands Gründer arbeiten nicht nur in ihrer Digital-Blase. Während in den vergangenen vierzehn Jahren der deutsche Mittelstand als Entwicklungsmotor unserer Volkswirtschaft gesehen wurde, ist dessen Innovationskraft von 43 Prozent auf heutzutage gerade mal 19 Prozent gesunken (KfW-Mittelstandspanel).

Die neuen Patentanmeldungen stagnieren ebenfalls seit Jahren auf dem selben Niveau (DPMA). Doch Neugründungen leisten einen erheblichen Beitrag zur Innovationsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft. Die Start-ups agieren flexibler und schneller auf technische und soziale Entwicklungen wie neue Antriebsmöglichkeiten, Energiespeicher, verändertes Konsumentenverhalten oder Herausforderungen im Gesundheits- und Bildungsbereich durch COVID-19. Nur leider wird dies hierzulande nach wie vor nicht genug gefördert.

Seitdem die Welle der Copy-Cat-Gründungen mit lokalen Company Buildern abgeflacht ist, fehlt es an privatwirtschaftlicher Förderung für die nächste Gründer-Generation, die trotz noch fehlendem Netzwerk aber mit Talent an einer eigenen Idee und Firma bauen möchte. Und das obwohl es seltener mehr Bedarf und mehr Kapital im Markt gab. Viele Talente mit dem Potenzial neue Technologien in Innovationen zu verwandeln – und gegebenenfalls sogar ganze Märkte zu bauen – scheitern noch bevor sie Zugang zu den Netzwerken rund um das Kapital für Wachstum haben.

Und obwohl der Bedarf an Gründern selten größer war, sind die Gründe für das Scheitern von innovativen Unternehmensgründungen nach wie vor dieselben:

1. Ideenfindung: Ideen sind an sich zarte Konstrukte, die in den seltensten Fällen ab Stunde Null die harte Realität der freien Märkte überleben. Innovationen entstehen häufig aus ambitionierten, problem- und lösungsorientierten Ansätzen – sofern wir nicht über Copy Cats von amerikanischen Modellen sprechen. 42 Prozent aller Start-ups scheitern, da es für das eigene Produkt keinen Product-Market-Fit gegeben hat, betont ein Report der Venture-Capital-Datenbank (CB Insights).

Inkubatoren mit ihren Mentorship Programmen können hier helfen Ideen zu iterieren und bei der Marktanalyse sowie der Validierung zu unterstützen und in einem relativ geschützten Bereich zu entwickeln. Doch hier hinkt Deutschland erheblich hinterher. Hierzulande gibt es lediglich knapp über 50 Inkubatoren. Die Zahl der Innovation Hubs ist mit 78 nur ungleich höher (Bundeswirtschaftsministerium).

Zum Vergleich: Allein die National Business Incubation Association in den USA umfasst 1.400 Inkubatoren.

2. Kapitalbedarf: Ohne Moos nix los! Unabhängig davon, wie „lean” das Startup ist, es entstehen immer Kosten. Etwa für Mitarbeiter, Service Dienstleister, Office Desks; selbst, um nur die eigenen elementaren oder familiären Ausgaben zu decken. Gemäß dem KfW-Gründungsmonitor 2020 betrugen die Kosten für eine Neugründung im vergangenen Jahr 16.700 Euro, im Vollerwerb gar 36.400 Euro. Dementsprechend wichtig ist ausreichend Early-Stage-Kapital. Doch während US-Angel-Investoren Frühphasen-Start-ups 2017 mit glatt 24 Milliarden US-Dollar unterstützten (The American Angel), floss in Europa 2018 laut dem State of European Tech „lediglich” knapp ein Drittel dieser Summe an Angel-Investments.

Auch die Kreditvergabe ist nicht besonders Gründer-freundlich: In den USA kommen Gründer schnell und unkompliziert an sogenannte Small Business Loans; staatlich gestützte Unternehmensdarlehen zur Abmilderung ihrer finanziellen Sorgen. In Deutschland scheuen Banken hingegen reguläre Start-up-Kredite. Das Ausfallrisiko ist angesichts der risikoreichen Geschäftsmodelle der Jungunternehmen zu groß. In Deutschland finanzieren daher mehr als die Hälfte aller Gründerinnen und Gründer ihr Frühphasen-Unternehmen aus Privaten Mitteln, die auch erstmal erwirtschaftet werden müssen (KfW-Gründungsmonitor).

3. Ungeteilte Aufmerksamkeit: Der Kapitalbedarf und das hohe Risiko in der Ideengenerierung und Validierung führen häufig zu einem naheliegenden Gedanken: Gründen im Nebenerwerb, finanziert von dem Full-time Job. Leider bleiben die erhofften Vorteile und vor allem der Erfolg häufig aus. Die Autoren der Studie Beweggründe und Erfolgsfaktoren bei Gründungen im Nebenerwerb des Instituts für Mittelstandsökonomie der Universität Trier betonen: 42,6 Prozent der Gründer klagen über die Doppelbelastung durch die erste Erwerbstätigkeit und die Nebenerwerbstätigkeit. Die Experten des Reports führen weiterhin aus, dass Gründer und Gründerinnen im Nebenerwerb die Arbeitszeit – etwa für die Akquise, das Rechnungswesen, Analysen – unterschätzen.

4. Mitgründer und Netzwerke: Vitamin B und Netzwerke spielen häufig eine entscheidende Rolle für den frühen Erfolg von Gründern. Sei es, um die richtigen Mitarbeiter zu finden, den richtigen Rat zu bekommen oder die ersten Kunden und Investoren zu finden. Und vor allem, um eine/n Mitstreiter/in zu finden: Gerade für potenzielle Erstgründer ist ein/e Mitgründer/in mit ergänzendem Skillset entscheidend. Auch wenn viele Gründer/innen Role Models von Elon Musk, Arianna Huffington, Sheryl Sandberg und Co folgen, vereinen sich doch nur in den absoluten Ausnahmefällen alle relevanten Fähigkeiten in einer Person.

Nicht umsonst werden laut dem Deutschen Startup Monitor drei Viertel aller Start-ups im Team gegründet. Entsprechend wichtig sind ausreichende Netzwerk-Möglichkeiten, um den passenden Co-Founder zu finden. Ein Beispiel: 2018 trafen sich Entwickler in London auf über 29.000 Meetups, gründeten 2.287 Start-ups. In Deutschland kommt Spitzenreiter Berlin auf 13.291 Meetups. Die deutschen Entwickler-Hauptstädte Köln und Frankfurt am Main auf lediglich knapp 1.800.

5. Unternehmerisches Know-how: Gemäß dem Deutschen Startup Monitor haben 43,1 Prozent der Gründer einen Abschluss in MINT-Studiengängen. Technische Fähigkeiten alleine skalieren jedoch kein Start-up. Doch leider erhalten Gründer am Ausbildungsstandort Deutschland das unternehmerische Know-how nur in schwachen Dosen. Die VC-Datenbank PitchBook untersuchte die Alumnis der Top-Universitäten weltweit: wie viele haben gegründet, wie viel Wagniskapital sammelten sie ein? Keine einzige deutsche Universität schaffte es in die Top 50. Stattdessen dominieren die USA das Ranking.

Wir brauchen neue Start-up-Fördermodelle – Talent Investing als Ausweg?

Ein Report des Bundeswirtschaftsministeriums sieht das ähnlich: Start-ups brauchen in Deutschland in jeder Gründungsphase größere Unterstützung. Für die verhältnismäßig fortgeschrittenen Start-ups – also diejenigen mit bereits ausgearbeiteten Business Plänen, (Gründer-)Teams oder Prototypen – gibt es mit Wagniskapitalgebern, Acceleratoren oder Inkubatoren bereits Förderprogramme, die wir weiter ausbauen können und müssen. In der absoluten Frühphase, dem Startschuss des Projektes Gründung – also praktisch der Ideation-Phase, noch vor dem Teambuilding – sind Hilfestellungen noch zu stark limitiert. Und gerade hier brauchen Gründer-Talente nicht nur Kapital, sondern vor allem Know-how, Mentorings und Netzwerke.

Eine entscheidende Fördermethode ist das Talent Investing. Talent Investoren setzen am absoluten Anfang der Wertschöpfungskette an und investieren nicht in existierende Start-ups, Teams, Prototypen und Businesspläne, sondern in Individuen. Diese Talente – aus der Forschung, der Wirtschaft oder Builder-/Maker-Netzwerken – werden bereits vor der Ideenfindung oder dem Team-Building gescoutet und fortan in allen wichtigen Fragen der Start-up-Gründung und Ideation unterstützt.

Diese Talente sind in großen Teilen Experten mit jahrelanger Führungserfahrung in Industrie oder Forschung. Sie besitzen außerordentlich starke Profile, teils fehlt ihnen allerdings die unternehmerische Basis, die Erfahrung in der Start-up-Wirtschaft oder der technische Co-Founder. Jene Kriterien, die, wie eingangs gezeigt, auch innovative Konzepte in der Gründungsphase scheitern lassen.

Talent Investoren sind somit keine reinen Finanziers. Sie sind Plattformen, Netzwerker und Mentoren. Sie setzen die Teilnehmer ihrer Kohorten miteinander in Kontakt, vermitteln unternehmerische Expertise, unterstützen bei der Test-Phase, der Validierung der Idee, den ersten Schritten am Markt. Und sie stellen auch erste Pre-Seed-Finanzierungen und Gründer-Stipendien zur Verfügung, um ausreichend Kapital in der Startphase zu gewährleisten und schließen somit die Finanzierungslücke am Anfang der unternehmerischen Laufbahn. Stellen sich erste Erfolge ein bauen sie die Brücken zu Wagniskapitalgebern für Anschlussfinanzierungen.

Gerade das Matching von Mitgründern aus den jeweiligen Kohorten der Talent Investoren ist in der frühen Ideation- und Team-Building-Phase wichtig und damit eine entscheidende Kernkompetenz der Talent Investoren. Die Talent Investoren bringen komplementäre Gründer-Profile an einen Tisch und kombinieren auf diese Weise Ideenfindung und Co-Founder-Suche. Denn während des Matchmakings diskutieren und iterieren die Talente ihre Ideen, bringen Verbesserungen ein, verfeinern sie. Schnell zeigt sich, ob hieraus ein funktionierendes Team entstehen kann – oder zwei unbewegliche Objekte aufeinanderprallen.

Durch den gezielten Einsatz von Mentoring, Netzwerken und Kapital überbrücken Talent Investoren die offensichtliche Lücke zwischen Gründung und erster Finanzierungsrunde. Auch erleichtern sie Innovatoren mit frischen Ideen von außerhalb der Start-up-Szene den Zugang zur Gründer-Welt. Innovationen werden somit nicht mehr von Eintrittsbarrieren in die Start-up-Wirtschaft ausgebremst – sondern erhalten eine faire Chance sich am Markt zu beweisen und somit potenziell zur Innovationsfähigkeit Deutschlands beizutragen. Denn das Land braucht mehr Gründer mit dem Mut zum Risiko.

Der Autor Philipp Herkelmann ist General Manager (Germany) des Talent Investors Entrepreneur First. Gemeinsam investieren sie in hoch talentierte und ambitionierte Einzelpersonen und unterstützen sie bei der Startup-Gründung. Zuvor sammelte er Erfahrung in der Start-up- und Tech-Branche u.a. als Gründer und CEO der Crowdfunding-Plattform GiftMe.