Wie wehre ich mich gegen Diskriminierung?


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Diskriminierung hat viele Gesichter – der Zeitgeist ist für Betroffene günstig, um sich zu wehren. Welche Rechte haben Betroffene und was können sie tun?

Die Zeiten sind vorbei, in denen Diskriminierung am Arbeitsplatz achselzuckend hingenommen wurde. Mit dem 2006 in Kraft getretenem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG), welches das vorherige Beschäftigtenschutzgesetz ablöste, hat der Gesetzgeber Fakten geschaffen und eine Rechtsgrundlage hergestellt, auf deren Basis sich Betroffene gegen Diskriminierung wehren können.

Wie wird Diskriminierung definiert?

Eine Diskriminierung ist eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung aufgrund bestimmter Persönlichkeitsmerkmale. Das AGG, das auch als Antidiskriminierungsgesetz bekannt ist, erhebt den Anspruch, dass niemand aufgrund seiner ethnischen Herkunft, seines Geschlechtes, Alters, seiner sexuellen Identität, Behinderung, Weltanschauung und Religion benachteiligt werden darf.

Die Chancen- und Entfaltungsfreiheit im Berufsleben gilt damit uneingeschränkt.

Eine Erweiterung des AGG wurde Anfang 2019 verabschiedet. Stellenanzeigen müssen jetzt so gestaltet sein, dass sie sich in ihrer Ansprache gleichermaßen an männliche, weibliche und diverse Personen (m/w/d) richten.

Anwälte helfen

Betroffene von Diskriminierung am Arbeitsplatz profitieren von einer erleichterten Beweisführung, die es ihnen ermöglicht, sich gegen Ungleichbehandlung zu wehren. So können schon Indizien wie die Einladung einer einzigen Frau in der zweiten Bewerbungsrunde, die Ablehnung eines Vorstellungsgesprächs bei einer Behinderung oder ein deutlich geringeres Gehalt für eine Frau gegenüber einem Mann in derselben Position dazu führen, dass man Recht erhält.

Hinzu kommt, dass Kanzleien wie rightmart längst für das Thema sensibilisiert sind und ihre Expertise als Rechtsbeistand gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz erheblich erweitern konnten. Betroffene sollten sich nicht scheuen, sich professionelle Unterstützung zu holen, wenn sich das Problem sonst nicht lösen lässt.

Ansprüche von Betroffenen

Durch das AGG sind Arbeitgeber in der Pflicht, jegliche Diskriminierung im Betrieb sofort zu unterbinden und bei Kenntnisnahme gegen diese vorzugehen. Betroffene können erwirken, dass Diskriminierung, zu der im Betriebsalltag ebenso Mobbing gehört, sofort aufgehoben wird.

Ferner haben sie in begründeten Fällen Anspruch auf Schadensersatz und Abfindungen, zum Beispiel, wenn sie aufgrund einer Diskriminierung die gewünschte Stelle nicht erhalten haben oder wenn Personen mit Migrationshintergrund das Nachsehen haben, weil nur Muttersprachler erwünscht sind. Eine solche Einschränkung ist nach dem AGG in der Stellenausschreibung inzwischen verboten.

Der Gender Gap bleibt Realität

Dass Frauen und Männer im Arbeitsleben gleichgestellt sind, ist heute selbstverständlich. Nicht selbstverständlich sind hingegen die Auswirkungen tradierter Vorurteile, denn noch immer liegt der Gender Pay Gap in Deutschland bei 18 %, wenngleich sich die Schere von Jahrzehnt zu Jahrzehnt weiter schließt.

Oft sind sich Arbeitgeber einer geschlechtsbezogenen Diskriminierung gar nicht bewusst, was sich mit Erkenntnissen moderner Hirnforschung deckt, nach denen 90 % aller menschlichen Entscheidungen auf unbewussten Faktoren basieren.

Welche Rechte haben Frauen?

Frauen, die gegenüber ihren männlichen Kollegen deutlich weniger verdienen, obwohl sie dieselbe Position bekleiden, haben laut dem Experten-Team der Kanzlei rightmart gute Aussicht auf Erfolg. So gab das Bundesarbeitsgesetz der Klage einer Betroffenen statt und entschied, dass sich nach $ 22 AGG die gleiche Qualifikation und dasselbe Aufgabenfeld in der Bezahlung widerspiegeln müssen.

Schwangere Frauen dürfen des Weiteren nicht aufgrund ihrer Schwangerschaft benachteiligt werden. Eine entsprechende Frage im Vorstellungsgespräch ist unzulässig und bei einer Schwangerschaft genießen Beschäftigte einen erweiterten Kündigungsschutz sowie einen Schutz vor Einkommensminderung.

Eine Einstellung nach Geschlecht ist ferner nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig, wenn „das Geschlecht aufgrund der Art der Tätigkeit eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung” darstellt ($ 8 AGG). Typische Beispiele sind Erzieherinnen im Mädchenpensionat und die Anstellung als Frauenärztin in einer Praxis für Frauen.

Gescheitert war ein Mädchen nach einer von ihrer Mutter unterstützten Anzeige mit ihrem Gesuch, in einem Knabenchor Aufnahme zu finden.

Der Zeitgeist ist günstig für Diskriminierungsopfer

Das AGG ist mit Blick auf den Rechtsschutz bei Diskriminierung sehr weitgehend und auch äußerst fortschrittlich, wenn man sich die dem Menschen innewohnende Neigung zur Homogenität und Konformität vergegenwärtigt. Diese Tendenz weist zugleich auf das Problem eines starken Beharrungsvermögens von patriarchalischen und anderen atavistischen Strukturen hin, zumal eine reaktionäre Gegenbewegung viele Fortschritte wieder zunichtemachen könnte.

Überwunden werden können unterdrückerische Strukturen nur, wenn sich Betroffene bei solchen Konflikten konsequent wehren, um eine Kultur zu schaffen, in der die Gleichberechtigung für alle uneingeschränkte Realität ist.

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Gericht, Verträge, Haftung: Die wichtigsten rechtlichen Grundlagen für Start-ups

Innovation und Unternehmergeist prägen viele junge Firmen, doch rechtliche Themen geraten leicht in den Hintergrund. Dabei können Haftungsrisiken, unklare Verträge oder Streitigkeiten vor Gericht schnell zum Existenzproblem werden. Eine vorausschauende Strategie schafft Vertrauen bei Investor*innen und Geschäftspartner*innen, sichert das Unternehmen gegen unerwartete Gefahren ab und legt die Basis für professionelles Wachstum.

Elementare Schritte zur rechtlichen Absicherung

Eine solide Rechtsstruktur beginnt bereits bei der Wahl der passenden Rechtsform. Ob GmbH, UG oder eine andere Variante, jede Gesellschaftsform hat eigene Haftungs- und Steueraspekte. Wer im Vorfeld klärt, wie Gesellschafter*innen entlohnt werden und welche Kontroll- oder Mitspracherechte bestehen, verhindert spätere Konflikte.

Ebenfalls wichtig ist ein umfassendes Risikomanagement, das mögliche Streitfälle frühzeitig einkalkuliert. Gemeinsam mit juristischen Fachpersonen lassen sich Verträge entwickeln, die Interessen aller Beteiligten klar definieren. Dabei lohnt es sich, den aktuellen Status quo abzubilden und zukünftige Entwicklungen wie Kapitalerhöhungen oder den Einstieg neuer Investorinnen zu berücksichtigen. Fehlende oder lückenhafte Regelungen sorgen im Eifer des Geschäftsalltags sonst für Unsicherheit.

Gerichtsprozesse und mögliche Stolpersteine

Kein junges Unternehmen plant, direkt vor Gericht zu landen. Dennoch entsteht gerade bei innovativen Geschäftsmodellen ein erhöhtes Konfliktpotenzial, beispielsweise durch Patentrechte, Markenstreitigkeiten oder Datenschutzvorwürfe. Ein Gerichtsverfahren bindet finanzielle Mittel und Kapazitäten des gesamten Teams. Somit empfiehlt sich eine klare Strategie für den Fall rechtlicher Auseinandersetzungen.

In diesem Kontext spielen Rechtsmittel wie Berufung oder Beschwerde eine Rolle, wenn ein Urteil nicht akzeptiert wird. Ergänzend besteht in seltenen Fällen die Möglichkeit zur Wiederaufnahme des Verfahrens, etwa bei neu aufgetauchten Beweisen oder gravierenden Verfahrensfehlern. Dieser Schritt wird häufig unterschätzt, da er komplexe Voraussetzungen hat und keineswegs immer zum Erfolg führt. Deshalb wird in den meisten Fällen auf gütliche Einigungen gesetzt oder eine möglichst rasche Beilegung angestrebt, bevor sich die Auseinandersetzung weiter zuspitzt.

Gerade bei Konflikten mit Kund*innen oder Geschäftspartner*innen können alternative Streitbeilegungsmechanismen wie Mediation oder Schiedsverfahren eine sinnvolle Ergänzung sein. Solche Verfahren gelten als schneller und weniger belastend für die Geschäftsbeziehung. Eine entsprechende Klausel in den Verträgen erleichtert später den Zugriff auf diese Methoden.

Vertragliche Grundlagen im Start-up

Grundlegende Dokumente wie Gesellschaftsverträge, Geschäftsordnungen und Investitionsvereinbarungen verdienen besondere Aufmerksamkeit. Jede Passage sollte praxisnah formuliert werden, damit keine Unklarheiten entstehen, etwa zu Stimmrechten oder Gewinnverteilung. Selbst wenn sich Gründer*innen gut kennen oder ein Vertrauensverhältnis zu Investor*innen besteht, ist Verbindlichkeit erforderlich.

Um ungewollte Interpretationsspielräume zu vermeiden, empfiehlt sich eine Dokumentation aller Vereinbarungen in schriftlicher Form. Besonders wichtig ist, bereits vor dem Markteintritt Regelungen zum Schutz geistigen Eigentums zu treffen. Ebenso helfen Geheimhaltungsvereinbarungen (NDAs), sensible Geschäftsdaten zu schützen. Wer standardisierte Vorlagen nutzt, riskiert jedoch, spezifische Risiken zu übersehen. Individuell zugeschnittene Verträge tragen maßgeblich zum Erfolg eines Unternehmens bei und verhindern, dass Ärgernisse erst in der Wachstumsphase auffallen.

Haftung und Risikoanalyse

Nicht nur die Gesellschaft als juristische Person kann in Haftung genommen werden, sondern unter Umständen auch einzelne Geschäftsführer*innen oder Gesellschafter*innen. Zu den häufigsten Problemfeldern zählt die Verletzung von Informations- und Aufklärungspflichten, die zu Schadensersatzansprüchen führt. Darüber hinaus setzt eine mangelhafte Buchführung das Team unkalkulierbaren Risiken aus.

Um Schieflagen vorzubeugen, empfiehlt sich eine gründliche Risikoanalyse, die potenzielle Gefährdungen beleuchtet. Datenschutzverstöße können beispielsweise hohe Bußgelder nach sich ziehen, während fehlerhafte Produktangaben zu Produktrückrufen führen können. Spezifische Branchenanforderungen sind zu beachten, etwa im Gesundheitssektor oder in hoch regulierten Bereichen wie FinTech.

Mit einer D&O-Versicherung lassen sich Schadensersatzansprüche gegen leitende Personen abfedern. Diese Police deckt allerdings nicht jede erdenkliche Situation ab. Im Vorfeld ist zu prüfen, welche Ausschlüsse gelten und in welchen Fällen die Versicherung tatsächlich greift. Auch eine allgemeine Betriebshaftpflicht ist ratsam, um bei Schäden gegenüber Dritten gewappnet zu sein.

Schutz des geistigen Eigentums und Datenschutz

Start-ups basieren oft auf innovativen Ideen, neuen Technologien und kreativen Marken. Daher sind Patente, Urheberrechte und Markenrechte wesentlich, um das eigene geistige Eigentum zu schützen. Die Anmeldung von Patenten oder Marken ist jedoch mit gewissen Kosten und formalen Anforderungen verbunden. Wer frühzeitig in diesen Schutz investiert, kann sich gegebenenfalls gegen Nachahmerinnen wehren und behält eine starke Position im Wettbewerb.

Daneben gewinnt der Datenschutz mit jedem Schritt in Richtung Digitalisierung an Bedeutung. Persönliche Daten von Kund*innen, Mitarbeiter*innen oder Nutzer*innen zu sammeln, ist an strenge Anforderungen gebunden. Bei einem Verstoß drohen empfindliche Strafen durch die Datenschutzaufsichtsbehörden. Zudem schadet schon ein Imageschaden dem Vertrauen der Öffentlichkeit und potenziellen Geschäftspartner*innen. Eine professionelle Datenschutz-Compliance schafft nicht nur Rechtssicherheit, sondern wird zunehmend zum Qualitätsmerkmal am Markt.

Strategische Absicherung und Versicherungen

Neben den bereits genannten Policen für Geschäftsführer*innen und den allgemeinen Betrieb lohnt sich eine Auseinandersetzung mit branchen- oder projektspezifischen Versicherungen. Cyber-Versicherungen etwa gewinnen an Bedeutung, da Angriffe auf IT-Infrastrukturen erhebliche finanzielle Verluste auslösen können. Warenkreditversicherungen werden ebenfalls relevant, wenn mit großen Liefermengen gearbeitet wird und Ausfälle die Liquidität bedrohen.

Eine gründliche Prüfung einzelner Versicherungsprodukte hilft dabei, den jeweils passenden Schutz zu finden. Pauschale Empfehlungen greifen selten, denn Umfang und Kosten variieren stark. Oftmals lässt sich aber ein individuelles Paket zusammenstellen, das zentrale Risikobereiche abdeckt, ohne das Budget über Gebühr zu belasten. Solche Maßnahmen fördern die Stabilität des Geschäftsmodells und signalisieren Stakeholder*innen, dass das Management verantwortungsbewusst handelt.

Praxisnahe Tipps für den Start-up-Alltag

Rechtliche Sorgfalt beginnt nicht erst bei formellen Verträgen oder Gerichtsstreitereien. Der tägliche Umgang mit E-Mails, Geschäftsgeheimnissen oder Kund*innendaten erfordert ebenso Aufmerksamkeit. Eine transparente Unternehmenskultur, in der rechtliche Belange offen diskutiert werden, senkt das Risiko teurer Fehler. Schulungen und Workshops können die Belegschaft für Themen wie Compliance, Geheimhaltung oder Datenschutz sensibilisieren.

Zusätzlich ist sinnvoll, Rechts- und Steuerberatung nicht nur punktuell, sondern als festen Bestandteil in Entscheidungsprozesse einzubinden. Regelmäßige Updates zu Gesetzesänderungen oder neuen Vorschriften verhindern böse Überraschungen. Außerdem entsteht durch enge Zusammenarbeit mit Expert*innen ein Netzwerk, das im Ernstfall rasch weiterhelfen kann. Dieser ganzheitliche Ansatz beschleunigt das Unternehmenswachstum, weil er Raum für strategische Überlegungen freihält und Streitfälle minimiert.

Schlussfolgerung

Zukünftige Erfolgschancen hängen stark von einer soliden und vorausschauenden Rechtsstrategie ab. Zwar sorgen neue Technologien und internationale Märkte für enorme Expansionsmöglichkeiten, bringen jedoch auch weitergehende Verpflichtungen, etwa im Bereich Datenschutz oder E-Commerce. Zusätzlich spielen Kooperationen mit etablierten Unternehmen eine immer größere Rolle, was harmonisierte Verträge und gegenseitiges Vertrauen voraussetzt.

Wer frühzeitig in die Qualität der eigenen Rechtsgrundlagen investiert, schafft damit die Basis für Stabilität und langfristige Chancen. Bei sorgfältiger Planung bleiben Start-ups flexibel, können Innovationen zügig vorantreiben und sind zugleich gewappnet für die Herausforderungen eines sich rasant wandelnden Wirtschaftsumfelds.

Endgültiges Aus für die e-Privacy-Verordnung?

Anfang November hat die Bundesregierung einen Entwurf für eine neue ePrivacy-Verordnung in den Rat der Europäischen Union eingebracht. Da sich der Entwurf nicht als konsensfähig erwiesen hat, droht das Aus der Neuregelung.

Ziel der ePrivacy-Verordnung ist die Neuregelung der Nutzung und Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste. Eine neue ePrivacy-Verordnung hätte erhebliche Auswirkungen auf digitale Geschäftsmodelle. Da sich der Entwurf der Bundesregierung nicht als konsensfähig erwiesen hat, hat das lange Ringen um eine Neuregelung allerdings vorerst kein Ende. Unternehmen sollten sich darauf einstellen, dass die bisherigen Regelungen womöglich noch etliche Jahre gelten werden.

ePrivacy-Verordnung: Neue Regeln für digitale Geschäftsmodelle

Parallel zur Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sollte am 25. Mai 2018 eigentlich eine weitere europäische Verordnung zum Thema Datenschutz in Kraft treten. Die „Verordnung über Privatsphäre und elektronische Kommunikation“ (kurz: ePrivacy-Verordnung) soll die Privatsphäre der Nutzer im Rahmen elektronischer Kommunikation schützen und die veraltete ePrivacy-Richtlinie ablösen. Als Ergänzung der DSGVO soll die ePrivacy-Verordnung unter anderem die Kommunikation über Messengerdienste und E-Mail regeln. Zudem sollen Anrufe und Nachrichten über internetbasiert Kommunikationsdienste gleichermaßen geschützt werden wie Telefonanrufe und SMS.

Für viele Start-ups ist das Thema ePrivacy relevant, weil die Verordnung neben der Werbung mittels elektronischer Nachrichten (E-Mail, SMS, Messenger) auch das Online-Marketing, einschließlich Tracking, neu regeln soll.

Wirtschaftsverbände warnen bereits seit 2017 vor restriktiven Neuregelungen

Die EU-Kommission und das Europäische Parlament haben bereits im Jahr 2017 eigene Entwürfe für eine ePrivacy-Verordnung vorgelegt. Vor allem der Entwurf des Parlaments fiel vergleichsweise nutzer- und datenschutzfreundlich aus und stieß in der Wirtschaft daher auf heftige Kritik. So sah der Entwurf des Parlaments zum Beispiel eine „Do Not Track“-Einstellung als zwingendes Default-Setting für Browser vor.

Neben den großen Technologie- und Telekommunikationskonzernen warnen auch Verlage und die Werbewirtschaft bereits seit Längerem vor derart restriktiven Neuregelungen. Sie befürchten irreparable Schäden für digitale Geschäftsmodelle – unter anderem weil weitere Einschränkungen beim Tracking die Werbefinanzierung im Internet zerstören könnten. Angesichts der erheblichen Kritik aus der Wirtschaft konnten sich die Mitgliedstaaten im Rat der Europäischen Union bislang nicht auf einen eigenen Entwurf einigen. In diesem Rat sitzen die Fachminister der EU-Mitgliedstaaten. Ein (Gegen-)Entwurf des Rats ist aber erforderlich, damit der Rat mit der EU Kommission und dem Europäischen Parlament in das weitere Gesetzgebungsverfahren eintreten kann (sogenanntes Trilog-Verfahren).

Seit Dezember 2017 hat der Rat unter der Führung von Estland, Bulgarien, Österreich, Rumänien, Finnland und Kroatien im Halbjahresturnus jeweils unterschiedliche Entwurfsfassungen veröffentlicht, von denen allerdings keine konsensfähig war. Wechselseitig wurden die Entwürfe von Beobachtern entweder als zu restriktiv für digitale Geschäftsmodelle oder als zu wirtschaftsfreundlich kritisiert.  

Aktueller deutscher Kompromissvorschlag scheitert ebenfalls

Angesichts dieser festgefahrenen Situation hatte sich die seit dem 1. Juli 2020 amtierende deutsche Ratspräsidentschaft vorgenommen, mit ihrem Entwurf vom 4. November 2020 endlich einen zustimmungsfähigen Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Interessen von Verbraucherschützern und digitaler Wirtschaft zu finden. Etliche Beobachter bezeichneten den deutschen Entwurf im Vorfeld als letzte Chance für eine Einigung.

Mit seinem Vorschlag wich Deutschland von dem eher wirtschaftsfreundlichen Entwurf der kroatischen Präsidentschaft ab und kam den Bedenken der Verbraucherverbände und Daten-schützer entgegen. Vor allem schlug Deutschland vor, das sogenannte berechtigte Interesse als Rechtsgrundlage für Online-Tracking zu Werbezwecken aus dem Entwurf zu streichen. Dies hätte zur Folge gehabt, dass Tracking und Retargeting – also die gezielte werbliche Wiederansprache der Nutzer in den Online-Angeboten Dritter – auch in Zukunft nur mit einer ausdrücklichen Einwilligung der Nutzer möglich gewesen wären. Eine Ausnahme von dieser Grundregel sollte laut Entwurf lediglich für Presseverlage gelten.

Diverse Verbraucherverbände hatten vor dem Treffen der entscheidungsbefugten Arbeits-gruppe für Telekommunikation signalisiert, mit dem deutschen Vorschlag leben zu können. Bei den Vertretern der Werbe-, Verlags- und Technologie-Unternehmen stieß der Entwurf – und insbesondere die Streichung des berechtigten Interesses als Rechtsgrundlage für Tracking zu Werbezwecken – dagegen auf wenig Gegenliebe. Diese Kritik fand in einigen Mitgliedstaaten Gehör. Und so gelang es letztlich auch der deutschen Ratspräsidentschaft nicht, die so gegensätzlichen Interessen miteinander zu versöhnen.  

Unternehmen sollten sich auf Fortgeltung der aktuellen Regeln einstellen

Nach dem Scheitern des deutschen Entwurfs liegt der sprichwörtliche Ball ab dem 1. Januar 2021 bei der neuen portugiesischen Ratspräsidentschaft. Dass noch ein Kompromiss zwischen den Mitgliedstaaten erzielt werden kann, erscheint allerdings fraglich. Derzeit ist nicht ersichtlich, warum den Portugiesen gelingen sollte, woran bereits ein gutes Dutzend anderer Länder gescheitert ist. Selbst wenn der Rat unter der portugiesischen Präsidentschaft einen gemeinsamen Entwurf verabschieden sollte, bedarf es zudem viel Fantasie, um sich einen sowohl für das Parlament als auch für den Rat zustimmungsfähigen Gesamtkompromiss auszumalen. Die Zeichen sprechen also eher für ein endgültiges Aus der ePrivacy-Verordnung.

Welche Folgen hätte ein solches Scheitern für digitale Unternehmen?

Ohne Neuregelung würden bis auf Weiteres die aktuellen Bestimmungen der ePrivacy-Richtlinie anwendbar bleiben. Diese sind in Deutschland vor allem im Telemediengesetz (TMG) und im Telekommunikationsgesetz (TKG) umgesetzt. Danach ist das Setzen und Auslesen von Cookies zu Werbezwecken ohnehin nur mit vorheriger Einwilligung der Nutzer zulässig. Dies hat der Bundesgerichtshof vor Kurzem bestätigt. Dasselbe gilt, nach Auffassung der Datenschutzbehörden, auch für den Einsatz bekannter Analysetools wie Google Analytics.

Aus Unternehmenssicht ist das Scheitern der ePrivacy-Verordnung daher nicht nur Anlass zur Freude. Es bestand zumindest die Hoffnung, das vergleichsweise starre aktuelle Regelungskorsett durch einen progressiven Entwurf stärker an die Bedürfnisse der digitalen Wirtschaft anpassen zu können. Diese Hoffnung hat sich nun zerschlagen. Anderseits kann die Werbewirtschaft nach der flächendeckenden Implementierung der bekannten Cookie-Banner mit dem Status quo sicher deutlich besser leben als mit den restriktiven Vorschlägen des Europäischen Parlaments. Insofern bleibt der Trost, dass der Rat der Europäischen Union bis auf Weiteres größeres Unheil verhindert hat.

Der Autor, Dr. Lukas Stelten, ist Rechtsanwalt bei der Wirtschaftskanzlei CMS in Deutschland. Er berät deutsche und internationale Unternehmen zu sämtlichen datenschutzrechtlichen Fragestellungen, einschließlich internationalen Datentransfers, der Verwendung von Beschäftigten- und Sozialdaten sowie der Nutzung von Kundendaten.

Plattformen rechtssicher gestalten: Neue rechtliche Vorgaben aus Brüssel

Was Unternehmer bei Aufbau und Gestaltung von Plattformen rechtlich beachten sollten, damit sie EU-rechtskonform bleiben.

Die EU hat den Digital-Markt für sich „entdeckt“: Schlag auf Schlag kommen neue Richtlinien und Verordnungen – also „EU-Gesetzestexte“ – mit spezifischen Anforderungen, die von Plattformen und anderen digitalen Produkten und Dienstleistungen erfüllt werden müssen. Das Ziel ist ein Europa, das „fit“ ist für das digitale Zeitalter. Gerade bei Aufbau und Gestaltung von Plattformen hat es jüngst einige Neuerungen gegeben, die Du beachten solltest.

Wer ein neues Produkt oder eine neue Dienstleistung entwickelt, muss auch etliche rechtliche Vorgaben beachten. Digitale Plattformen bergen dabei rechtlich einige besondere Hindernisse. Denn eine Plattform bringt nicht nur dein Unternehmen mit Endkunden zusammen, sondern eröffnet eine Interaktionsmöglichkeit zwischen den verschiedenen Playern auf deiner Plattform. Die großen Plattformen stehen deshalb gerade auch unter besonderer Beobachtung der Wettbewerbshüter. Dafür ist aber schon eine ganz starke Marktdurchdringung erforderlich.

Bei der Entwicklung einer Plattform ist es ratsam, die rechtskonforme Gestaltung möglichst früh in die Planungen einzubeziehen. Dies verhindert böse Überraschungen zu einem Zeitpunkt, zu dem die Entwicklung bereits weit vorangeschritten ist. Oft wäre es zu Beginn sogar ein Leichtes gewesen, die rechtlich benötigten Buttons, Checkboxen und „Klicks“ einzubauen. Dies nachträglich zu tun, bindet (eigentlich nicht vorhandene) Ressourcen und verzögert im Worst Case den Launch der Plattform.

Besonders wichtig ist dabei:

1. Datenflüsse bestimmen und rechtskonform gestalten: Für jede Verarbeitung personenbezogener Daten muss eine Erlaubnisgrundlage gefunden werden. Das kann die Nutzungsvereinbarung sein, eine Einwilligung oder auch dein überwiegendes unternehmerisches Interesse. Das Ganze muss transparent in der Datenschutzerklärung beschrieben werden.

2. Nutzungsvereinbarung aufsetzen: Was kann und will ich verbindlich zusagen? Und welche Klauseln muss ich von Rechtswegen aufnehmen? Hier gibt es ganz aktuell neue Vorgaben aus der EU, wenn auf deiner Plattform Verträge geschlossen werden können zwischen Unternehmen und Verbrauchern.

3. Registrierungsprozess rechtskonform gestalten: Was muss ich tun, um die Nutzungsvereinbarung wirksam einzubeziehen? Und wie weise ich auf die Datenschutzerklärung hin? Benötige ich noch zusätzliche Einwilligungen? Muss ein Double Opt-In implementiert werden? Mit welchem Text?

4. Pflichtangaben beachten: Was muss ich auf meiner Plattform wie angeben, z.B. das Impressum oder Hinweise auf Streitschlichtung?

Datenflüsse gestalten und beschreiben

Plattformen leben von der Verarbeitung (auch) personenbezogener Daten. Sie stehen damit im Kreuzfeuer von EU-Datenschutzgrundverordnung und ePrivacy-Recht. Da hier bei Verstößen hohe Bußgelder drohen, ist es besonders wichtig, die Anforderungen von Anfang an eng im Blick zu halten. Das verschärfte EU-Recht im Datenschutz gilt inzwischen schon seit über zwei Jahren. Viele Einzelfragen sind trotzdem noch nicht geklärt und im Fluss, die datenschutzkonforme Gestaltung ist damit in jedem Einzelfall eine große Herausforderung. Mit transparent aufbereiteten Datenflüssen und einem frühzeitigen Abgleich, was zulässig ist, ist diese Herausforderung in der Praxis aber zumeist gut zu managen. Ressourcen sollten dafür aber unbedingt eingeplant werden.

Dies gilt gerade auch deshalb, weil das Datenschutzrecht umfassende Dokumentationen fordert: Die Prozesse müssen in sog. Verarbeitungsverzeichnissen beschrieben werden, die Risiken sind zu analysieren und womöglich in einer Datenschutzfolgenabschätzung umfassend aufzubereiten, den Plattformnutzern muss die Datenverarbeitung transparent in einer Datenschutzerklärung erläutert werden u.v.m.
Und auch für nicht personenbezogene Daten sind einige Spezialvorgaben der EU zu berücksichtigen, allen voran die Geoblocking-Verordnung (EU) 2018/302. Ihr Ziel ist es, dass alle EU-Bürger von überall her „like-a-local“ shoppen können. Der Online-Zugang zu einem Angebot darf deshalb nicht durch technische Mittel gesperrt werden, weil der Besucher von einem anderen Ort aus zugreifen möchte. In eine ähnliche Richtung zielt die Verordnung (EU) 2018/1807 über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der EU, die Datenlokalisierungsauflagen grundsätzlich ebenso verbietet.

Nutzungsvereinbarungen im Einklang mit den EU-Vorgaben: die neue Platform-to-Business-Verordnung

Bevor die Plattform den Nutzern geöffnet wird, sollten zudem passende Nutzungsbedingungen geschrieben werden. Hierbei sind zwei Elemente ganz zentral:

  • Du musst sehr klar festlegen, was du versprechen kannst und möchtest. Daran bist du nämlich gebunden und die wesentlichen Versprechen können nachträglich nicht mehr einseitig geändert werden. Was muss ich außerdem wegen der von mir genutzten Vorprodukte aufnehmen? Wenn ich Plattformen etwa auf Azure aufbaue, verpflichtet mich Microsoft, für eine ordnungsgemäße Nutzung zu sorgen und meinen Kunden bestimmte Pflichten aufzuerlegen, z.B. mit Passwörtern sorgfältig umzugehen. Und welche Open Source Elemente habe ich in meiner App integriert, für die ich die Lizenzbedingungen einhalten muss?
  • Außerdem ist auf eine Reihe rechtlicher Vorgaben zu achten. Das deutsche AGB-Recht ist dabei sicherlich vielen geläufig. Anlass dieses Artikels ist dagegen ein anderer Rechtskreis: Die EU ist gerade sehr aktiv mit neuen Vorschriften für digitale Angebote. Das bringt neue Herausforderungen mit sich, da zunächst einmal identifiziert werden muss, welche Texte aus Brüssel nun für das eigene Produkt, die eigene Dienstleistung überhaupt relevant sind. Zahlenmäßig werden es immer mehr. Allerdings ist dies auch mit einer großen Chance verbunden, denn die Vorgaben der EU gelten regelmäßig auch gleichermaßen in der ganzen EU: Der Rollout über verschiedene Länder hinweg wird so (rechtlich) deutlich einfacher.

Für Plattformen gilt nun seit dem 12. Juli 2020 die sog. „P2B-Verordnung“. Mit vollem Namen heißt sie Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten. Als EU-Verordnung müssen sich Unternehmen direkt an ihre Vorgaben halten. Anders, als bei EU-Richtlinien, können wir also nicht erst auf ein nationales Umsetzungsgesetz warten.

Die P2B-Verordnung richtet sich an alle Betreiber von Plattformen, auf denen Verträge zwischen gewerblichen und privaten Nutzern vermittelt werden oder die bei der Suche helfen. Paradebeispiele sind eBay, Amazon oder auch etsy. Die Größe ist der P2B-Verordnung egal: Auch Startups sind vom ersten Tag an erfasst, wenn sie auf ihrer Plattform Unternehmer und Verbraucher zusammenbringen.

Inhaltlich schreibt die P2B-Verordnung vor, wie der Plattformbetreiber seine Nutzungsbedingungen zu gestalten hat. Gerade bei jungen Projekten sticht hier etwa heraus, dass eine 30tägige Kündigungsfrist vorgesehen werden muss, um gewerbliche Nutzer von der Plattformnutzung ausschließen zu dürfen (mit Begründung). Das kann bei kurzen Entwicklungszyklen erheblich ausbremsen und sollte frühzeitig bedacht werden. Auch ist ein Beschwerdemanagement einzurichten. Bei Suchen oder Rankings muss erklärt werden, nach welchen Parametern gelistet wird.

Geschützt werden sollen durch diese Verordnung vor allem die gewerblichen Anbieter: Plattformbetreibern soll es nicht (mehr) möglich sein, durch undurchsichtige Listings oder intransparente Regelungen manche Anbieter zu befördern, andere dagegen auszubremsen. Das ist für große Plattformanbieter nachvollziehbar, für kleinere dagegen weniger.

Im Wesentlichen ist die Umsetzung der P2B-Verordnung mehr Fleißarbeit denn Hexenwerk. Gerade bei Neuentwicklungen kann sie hemmend wirken, jedenfalls in der trial and error-Phase. Wird sie nicht eingehalten, droht die Nichtigkeit der einzelnen Nutzungsbestimmung.

Wenn der Wald vor lauter Bäumen verschwindet

Bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass eine rechtskonforme Plattformgestaltung durchaus kein leichtes Unterfangen ist. Gerade von der EU sind in den letzten Monaten etliche Vorgaben gekommen, die sich in vielen verschiedenen Texten finden. Bei einer systematischen Herangehensweise ist aber auch dieser Herausforderung mit etwas Fleißarbeit und Liebe zum Detail gut zu meistern. Die vorstehende Übersicht möge hier dem ersten Zugang dienen.

Für das 4. Quartal 2020 hat die EU-Kommission übrigens noch einen neuen Digital Services Act angekündigt, der sich insbesondere mit Haftungsthemen und Verantwortlichkeiten bei illegalen Inhalten beschäftigen soll, erneut ein Plattformthema. Die Reise ist mithin noch nicht zu Ende und wird es wohl auch noch lange nicht sein. Dies kennen Sie vermutlich schon bestens vom Datenschutzrecht, das seit Inkrafttreten der Datenschutzgrundverordnung im Mai 2018 auch fortlaufend mit neuen Erkenntnissen „Prozessoptimierungen“ erfordert. Es gilt daher: Wachsam bleiben. Die wirklich relevanten Anforderungen werden kommuniziert. Wer diese mit offenen Augen und Ohren aufnimmt, wird selten ins offene Messer laufen.

Die Autorin Dr. Kristina Schreiber ist auf die rechtliche Begleitung von Digitalisierungsprojekten spezialisiert und Partnerin bei Loschelder Rechtsanwälte

Werbe-E-Mails rechtssicher versenden

Wer potenzielle Kunden per E-Mail anspricht, sollte die Rechtslage kennen. In bestimmten Fällen ist der Versand von Werbe-E-Mails nämlich nur bedingt erlaubt oder sogar verboten.

Wenn Unternehmen Kunden akquirieren und Kontakt zu diesen aufnehmen, nutzen sie dafür oft das Internet, um an die entsprechenden Daten - vorzugsweise E-Mail-Adressen - zu gelangen. Doch statt einen Marketing- oder Vertriebsmitarbeiter einzusetzen, der sich um professionelle Kundenakquise kümmert und dafür ein bestimmtes Budget benötigt, werden in vielen Fällen selbst Adressdaten recherchiert und potenzielle Kunden mittels Werbe-E-Mails angeschrieben.

Diese kurzsichtige Vorgehensweise ist aus rechtlicher Sicht gefährlich, denn wann solche E-Mails überhaupt versendet werden dürfen, wann nur bedingt und in welchen Fällen überhaupt nicht, wissen in der Regel nur die wenigsten Unternehmen beziehungsweise deren Marketing-Abteilungen. Die Problematik dabei: Werbe-E-Mails können in bestimmten Fällen unzulässige Werbung sein.

Wann Werbe-E-Mails erlaubt sind

Folgende Voraussetzungen müssen für den rechtmäßigen Versand von Werbe-E-Mails vorliegen:

Erfolgte Einwilligung und Double-Opt-In-Verfahren

Der Empfänger hat dem Empfang von Werbe-E-Mails zugestimmt und der Inhalt der Werbe-E-Mail passt zur Produktkategorie, für die er Werbung erhalten möchte. Handelt es sich um einen Newsletter, muss dafür eine Anmeldung vorliegen. Der Empfänger hat seine E-Mail-Adresse per Double-Opt-In-Verfahren über ein Anmeldeformular auf der Webseite des Unternehmens bestätigt. Um die Einwilligung zu beweisen, müssen dem Unternehmen sowohl die Einwilligung (Text und Klick auf "Bestätigen") als auch die positive Bestätigung der E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren vorliegen (jeweils Datum und Uhrzeit in der Datenbank).

Werbung im Internet und Vertragsabschluss

Viele halten das Internet für einen rechtsfreien Raum. Dieser Irrtum kann teuer werden. Hier erfahren Sie, was Sie beachten sollten, wenn Sie eine Internet-Präsenz aufbauen und betreiben wollen.

Betreiber geschäftlicher Internetpräsenzen werden immer wieder zu Adressaten kostspieliger Abmahnungen und einstweiliger Verfügungen, veranlasst durch Konkurrenten und Dritte. Denn viele Anbieter von Homepages und Webshops sind aufgrund der vergleichbar jungen Materie „Internetrecht“ verunsichert, wenn es um die rechtliche Bewertung ihres eigenen Handelns im Netz geht. Hier bringen wir Licht ins Dunkel.

Werbung im Internet

Wer zu geschäftlichen Zwecken eine Homepage oder einen Webshop betreibt, möchte auch durch Werbung im Internet auf seine Angebote aufmerksam machen. Vorsicht ist hier geboten, da ansonsten rechtliche Konsequenzen drohen können. Weit verbreitet ist etwa das Versenden von Werbemails. Diese Form der Werbung erscheint besonders vorteilhaft, da E-Mails sich für die massenhafte Versendung von Werbebotschaften gut eignen. E-Mail-Werbung ist kostengünstiger, arbeitssparender, schneller und gezielter einsetzbar als andere Werbemittel.

Bereits im Jahr 2004 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Zulässigkeit unverlangter E-Mail-Werbung auseinandergesetzt und entschieden, dass die Zusendung solcher E-Mails grundsätzlich gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt und nur ausnahmsweise zulässig ist. Und zwar dann, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent (d.h. ohne ausdrückliche Willenserklärung, aber dennoch rechtlich relevant) sein Einverständnis erklärt hat bzw. wenn bei Gewerbetreibenden ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.

Unverlangte E-Mail-Werbung ist gerichtlich verfolgbar und kann für den Versender teuer werden. Verschärft wurde dieser Umstand auch durch eine Änderung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das in § 7 Abs. 2 Nr. 3 dieses Verbot jetzt ausdrücklich regelt und gleichzeitig die Rechtsprechung des BGH insofern verschärft, als eine vorherige ausdrückliche Einwilligung (nicht mehr nur die sog. konkludente Einwilligung) des Adressaten vorliegen muss.

Schutzschirm gegen Haftungssturm

Unter welchen Umständen Sie persönlich für Ihre Kapitalgesellschaft haften und wie Sie sich und Ihr Unternehmen – schon vor der Gründung – bestmöglich schützen.

 

Kapitalgesellschaften sind auf einem Gesellschaftsvertrag be­ruhende Körperschaften des privaten Rechts. Als juristische Personen mit eigener Rechtsfähigkeit, Grundbuchfähigkeit und Parteifähigkeit in Prozessen sowie Insolvenzfähigkeit können sie zu jedem gesetzlich zugelassenen Zweck betrieben werden.

Wenn der Gründer alle rechtlichen Bestimmungen zur wirksamen Errichtung der Kapitalgesellschaft er­füllt hat und die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, kann er seine Geschäftstätigkeit auf der Grundlage dieses „Sondervermögens“ ausüben, ohne grundsätzlich be­fürchten zu müssen, bei einem Misserfolg mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Unternehmens gerade stehen zu müssen.

Gründerhaftung

Der oder die Gründer einer Kapitalgesellschaft unterliegen der sogenannten Gründerhaftung, bis die Vorstufe – verkörpert durch einen Einzelunternehmer oder eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – abgeschlossen ist und das Unternehmen als GmbH, UG (haftungsbeschränkt) oder AG in das Handelsregister eingetragen ist. Der oder die Gründer haften dabei gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen neben einem etwaigen schon bestehendem Vermögen der Vorgesellschaft.

Wirken bei der Gründung einer AG nicht nur Aktionäre, sondern auch der Vorstand oder der Aufsichtsrat mit oder gibt es Sacheinlagen, ist eine Gründungsprüfung im Sinne der §§ 33 ff AktG gesetzlich vorgeschrieben. Stellt sich dabei heraus, dass die Gesellschaft von Gründern durch Einlagen, Sachübernahmen oder den Gründungsaufwand vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit geschädigt wurde, so sind der AG alle Gründer als Gesamtschuldner zum Ersatz persönlich verpflichtet. Bei der GmbH gibt es nach § 11 II GmbHG die Handelndenhaftung mit dem Privatvermögen.

Klug verhandelt ist die halbe Miete

Was ist bei der Anmietung von Räumen für das eigene Unternehmen zu beachten? Was sollte im Mietvertrag auf jeden Fall geregelt sein? Was muss man akzeptieren?

Geschäftsraummiete, Wohnraummiete und Pacht

Geschäftsraummiete liegt immer dann vor, wenn Räume nach dem vertraglichen Zweck zur gewerblichen oder freiberuflichen Nutzung angemietet werden. Bei Mischmietverhältnissen mit Wohn- und Gewerberaum gilt das Geschäftsraummietrecht, wenn mehr als die Hälfte der Gesamtfläche der Räume gewerblich genutzt wird. Die Rechtsvorschriften zur Pacht gelten, wenn ein komplett betriebsbereites Objekt, wie z.B. eine Gaststätte, zur Verfügung gestellt wird.

Mündlich oder schriftlich?

Um einen wirksamen Mietvertrag abzuschließen, müssen sich die Vertragsparteien über die „Gebrauchsüberlassung einer Mietsache gegen Entgelt für eine bestimmte Mietdauer“ verständigen. Ein Mietvertrag über Geschäftsräume kann auch mündlich geschlossen werden. Allerdings bedürfen Mietverträge, die für einen längeren Zeitraum als ein Jahr abgeschlossen werden, der Schriftform. Es empfiehlt sich aus Beweisgründen auf jeden Fall der Abschluss eines schriftlichen Mietvertrags. 

Der inhaltlichen Gestaltung des Geschäftsraummietvertrags kommt besondere Bedeutung zu, denn der gesetzliche Schutz des Geschäftsraummieters ist nicht vergleichbar mit den gesetzlichen Schutzbestimmungen des Wohnraummieters. So gelten insbesondere weder Kündigungs- und Bestandsschutz noch die Sozialklausel noch die Vorschriften zur Regelung der Miethöhe und zum Räumungsschutz. Um sicher zu gehen, dass man als gewerblicher Mieter seine Rechtsposition sinnvoll absichert, empfiehlt es sich, anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen und den Geschäftraummietvertrag sorgfältig zu verhandeln.

Mietgegenstand und Nutzungsbestimmung

Das Gewerberaummietobjekt muss nach Anschrift, Lage und Umfang genau im Vertrag beschrieben sein. Ein Gewerberaummietvertrag enthält häufig auch eine Nutzungsbestimmung, die man aus Mietersicht möglichst weit formulieren sollte, z.B. "zur gewerblichen Nutzung".

Mietzins, Nebenkosten und Kaution

Die Miethöhe kann bei Vertragsabschluss zwischen den Vertragsparteien frei vereinbart werden, wobei ortsübliche Vergleichsmieten ein Maßstab für den geforderten Mietzins sein sollten. Mietwucher ist verboten. Gezahlt wird der Mietzins in monatlichen Beträgen, jeweils zu Beginn eines Monats im Voraus. Grundsätzlich sind nach dem Gesetz mit dem Mietzins alle Nebenkosten (also die Betriebskosten) abgegolten. In der Praxis der Geschäftsraummietverträge werden die Betriebskosten allerdings meist unter Bezugnahme auf die Betriebskosten-Verordnung ganz oder teilweise auf den Mieter umgelegt. Es ist ratsam, die Nebenkostenbestimmungen im Vertrag sehr sorgfältig zu verhandeln.

Mietzeit – am besten mit Verlängerungsoption

Die Laufzeit des Vertrags kann frei vereinbart werden. Es empfiehlt sich, im Fall eines befristeten Mietverhältnisses, eine Verlängerungsklausel vorzusehen, wonach sich das Mietverhältnis über die feste Vertragsdauer hinaus automatisch um eine bestimmte Zeitspanne verlängert, wenn es nicht zum Ablauf der Mietzeit von einer der Vertragsparteien gekündigt wird. Aus wichtigem Grund ist das Mietvertragsverhältnis für beide Parteien jederzeit kündbar.

Die Beendigung einer gewerblichen Tätigkeit oder wirtschaftliche Schwierigkeiten stellen jedoch grundsätzlich keinen wichtigen Grund dar, um das Mietverhältnis zu kündigen, es sei denn, im Vertrag ist ein Sonderkündigungsrecht für den Mieter vorgesehen für den Fall des Nichterreichens konkret genannter Mindestumsatzerwartungen über einen bestimmten Zeitraum. Insgesamt empfiehlt sich ein sehr gut verhandelter individueller Mietvertrag, um das eigene Unternehmen am gewählten Standort viele Jahrzehnte erfolgreich mit überschaubaren Mietkosten etablieren zu können.

Fair, professionell und sicher verkaufen

Welche Möglichkeiten gibt es, sich als Verkäufer von Waren durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) klug gegen allzu viele Gewährleistungs- und Haftungswünsche der Kunden abzusichern? Und was sollte in den AGB auf jeden Fall geregelt sein?

 

Diese und viele Fragen mehr stellen sich allen Unternehmern, die Waren an ihre Endkunden verkaufen. Der Verkauf der Ware kann auf der Grundlage einer sog. Mindesteinigung über Ware und Preis mündlich erfolgen.

Dann gelten die gesetzlichen Regelungen. Sinnvoll ist es jedoch, die Spielräume, die der Gesetzgeber und die Rechtsprechung zum Vorteil des Verkäufers vorsehen, über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zum eigenen Vorteil zu nutzen.

Einbeziehung von AGB

Unter welchen Umständen werden AGB wirksam Bestandteile des Verkaufsvertrags? Dies richtet sich in erster Linie danach, ob der Kunde ein Verbraucher (entsprechend § 13 BGB) oder ein Unternehmer (im Sinne von § 14 BGB) ist. Gegenüber Verbrauchern gilt: Die AGB des Verkäufers werden nur Bestandteil des Vertrags zwischen den Vertragsparteien, wenn der Verkäufer vor Vertragsschluss ausdrücklich darauf hinweist oder – wenn dieser Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist – es durch einen deutlichen sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses kundtut.

Außerdem muss dem (gegebenenfalls auch körperlich behinderten) Kunden in zumutbarer Weise die Möglichkeit verschafft werden, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Dritte Voraussetzung ist, dass der Kunde sich mit den AGB einverstanden erklärt. Für AGB zwischen zwei Unternehmern gilt dies jedoch nicht. Es bedarf hier lediglich einer sog. rechtsgeschäftlichen Einbeziehung, d.h. es gelten die üblichen Voraussetzungen für das Zustandekommen von Verträgen. Zur wirksamen Einbeziehung reicht hier jede auch nur stillschweigende Willensübereinstimmung.

Dies geschieht durch Übersendung der AGB und das stillschweigende Einverständnis des unternehmerischen Kunden, indem dieser der Geltung der AGB nicht widerspricht. Aus Beweissicherheitsgründen empfiehlt sich jedoch auch bei unternehmerischen Kunden, ein ausdrückliches Einverständnis durch Unterschrift oder „Häkchen setzen“ bei einem Online-Geschäft einzuholen. Ferner gilt: Individuelle Absprachen mit dem Kunden zum Vertrag haben immer Vorrang vor der Geltung von AGB.

Spar-Tipp: gebrauchte Software-Lizenzen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen grünes Licht gegeben. Hersteller können nun auch den Download ihrer Software übers Internet nicht mehr verhindern. Was Sie bei der Anschaffung und Nutzung gebrauchter Software rechtlich beachten sollten.

Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, seine Rechner alle paar Jahre mit der neuesten Software, wie beispielsweise CRM-Systemen oder Datenverarbeitungsprogrammen, auszustatten. Dann stellt sich die Frage, ob es nicht auch gebrauchte Software tut. Dies kann eine lohnende Alternative sein, da oftmals auch ältere Programme den angestrebten Zweck erfüllen.

Wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)

Gebrauchte Software-Lizenzen stammen meist aus Umstrukturierungsmaßnahmen in Unternehmen, Insolvenzen oder Geschäftsaufgaben. Aufgrund schneller werdender Datenverbindungen im Internet werden mittlerweile auch komplexe Softwaresysteme immer häufiger als Download vertrieben. Die klassische Kopie auf physischen Datenträgern tritt damit immer stärker in den Hintergrund. Klingt nach einer einfachen und vor allem kostengünstigen Lösung.
Die Frage, ob der Handel mit gebrauchter Software zulässig ist oder nicht, beschäftigt deutsche und europäische Gerichte schon seit Jahren. Berechtigte ökonomische Interessen der Softwarehersteller, einen Markt für gebrauchte Software zu verhindern, stehen denen von Softwarehändlern gegenüber. Ein erstes wegweisendes Urteil fällte 2012 der EuGH, als er zahlreiche bis dahin offene Fragen des Handels mit gebrauchten Softwarelizenzen beantwortete.
2013 entschied der BGH über die Klage des Softwareherstellers Oracle gegen Händler für Gebrauchtsoftware UsedSoft. Hintergrund: UsedSoft hatte zahlreiche Lizenzen von Oracle-Software gekauft und weiterveräußert. Das Unternehmen rief seine Kunden dazu auf, die entsprechende Software von der Webseite des Herstellers herunterzuladen. Daraufhin klagte Oracle mit dem Argument der unzulässigen Vervielfältigung und Verbreitung seiner Programme.

EXIST und Hochschul-IP

Recht für Gründer*innen: Wer ein EXIST-Gründungs­stipendium in Aussicht hat, sollte sich rechtzeitig mit den Themen geistiges Eigentum (IP) und Lizensierung von Hochschul-IP auseinandersetzen. Wir klären auf.

Alljährlich werden über 100 EXIST-Gründungsstipendien (im Folgenden nur „Stipendien“) zur Förderung innovativer Spinn-offs aus Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen (im Folgenden nur „Hochschulen“) vergeben. In der aktuellen Förderrichtlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) vom 18. April 2023 wird von den Hochschulen auch die Überlassung von IP an die Unternehmensgründungen erwartet. „IP“ – kurz für Intellectual Property (geistiges Eigentum) – umfasst Immaterialgüter wie z.B. Erfindungen, Software und Designs sowie die für diese erhältlichen Schutzrechte, z.B. Patente, Urheberrechte und Gemeinschaftsgeschmacksmuster.

Warum IP-Abgrenzung gegenüber Hochschulen?

Konkret sollen die Hochschulen während der Projektlaufzeiten u.a. „der Unternehmensgründung einen Zugriff auf das notwendige geistige Eigentum zu marktüblichen Konditionen gewähren“. Marktübliche Konditionen beinhalten oft Lizenzgebühren. Die Aussicht auf Lizenzeinnahmen kann bei Hochschulen Begehrlichkeiten wecken und dazu führen, auch IP für sich zu beanspruchen, das originär den EXIST-Stipen­diat*innen (im Folgenden nur „Stipendiat*innen“) zusteht. Daher sollten Stipendiat*innen ihre IP-Position kennen. Diese ist stark und wird im Folgenden zusammengefasst.

Hintergrund: EXIST-Stipendien

Die EXIST-Programme des BMWK fördern innovative Gründungsprojekte aus der Wissenschaft in deren Frühphase. Förderfähige Mitglieder eines Gründungsteams können insbesondere Absolvent*innen, Wissenschaftler*innen und Studierende sein, die im Rahmen von Vorarbeiten bereits Grund­lagen des Gründungsprojekts erarbeitet haben. Um die Förderung zu erhalten, muss noch kein Businessplan ausgearbeitet sein und es darf weder eine Geschäftstätigkeit aufgenommen noch eine Kapitalgesellschaft gegründet worden sein.

Die Stipendien werden auf Antrag von Hochschulen gewährt. Diese müssen die Gründungsteams während der Projektlaufzeit unter anderem durch Mentoring und Bereitstellung von Arbeitsmöglichkeiten (z.B. Laboreinrichtungen) unterstützen und die Fördermittel verwalten. Die Fördermittel umfassen nicht nur die zur Finanzierung der Stipendien erforderlichen Beträge – abhängig von der jeweiligen Qualifikation je Teammitglieder ein Jahr lang zwischen 1000 und 3000 Euro monatlich zuzüglich Zuschläge für unterhaltsberechtigte Kinder. Auf Antrag der Hochschulen kommen bis zu 30.000 Euro für Sachmittel und 5000 Euro für Coaching/Beratung des Gründungsteams hinzu. Zur Umsetzung schließen die Hochschulen mit den Mitgliedern der Gründungsteams Stipendiatenverträge. IP-rechtlich besonders relevant ist dabei:

Dass Hochschulen Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und Geld an die Stipendiat*innen auszahlen, macht die Stipen­diat*innen nicht zu Arbeitnehmer*innen der Hochschulen. Stipendiat*innen sind keine Arbeitnehmer*innen, sondern „Begünstigte“. Sie müssen nicht für die Hochschule arbeiten, sondern nur für sich selbst. Das wird von Hochschulverwaltungen gelegentlich missverstanden. Aber für die IP-Zuordnung ist dieser Status der Stipendiat*innen entscheidend.

Basics der IP-Zuordnung: Schutzfähiges gehört den Kreativen

Sowohl im deutschen als auch im EU-Recht gilt ein wichtiger Grundsatz: Die schutzfähigen Ergebnisse kreativer menschlicher Tätigkeiten stehen grundsätzlich der/dem Kreativen zu, also der/dem Schöpfer*in, Urheber*in, Entwerfer*in, Erfinder*in oder Züchter*in. Dies folgt unmittelbar aus den jeweiligen gesetzlichen Bestimmungen in §§ 7, 15 Urheberrechtsgesetz (UrhG), § 7 Abs. 1 Satz 1 Designgesetz (DesignG), § 6 Patentgesetz (PatG), § 13 Abs. 3 Gebrauchsmustergesetz (GebrMG), § 8 Abs. 1 Satz 1 Sortenschutzgesetz (SortSchG), § 2 Abs. 1 Satz 1 Halb­leiterschutzgesetz (HalblSchG) und §§ 4, 14 Markengesetz sowie aus Art. 14 Abs. 1 EU-Gemeinschafts­geschmacksmuster-VO (GGV) und Art. 11 Abs. 1 EU-Sortenschutz-VO (siehe dazu auch die Tabelle „IP-Zuordnung“).

Keine Geltung arbeitsrechtlicher Bestimmungen für Stipendiat*innen

Ausnahmen von diesem Grundsatz gelten in Arbeitsverhältnissen und bei Herstellung von Software auch im Rahmen sonstiger Dienstverhältnisse. Entwickeln Arbeitnehmer*innen in Erfüllung ihres Arbeitsvertrags schutzfähige Immaterialgüter, z.B. eine neue technische Lehre (Erfindung) oder eine Software, dann stehen diese der/dem Arbeitgeber*in zu. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 HalblSchG, § 7 Abs. 2 DesignG, 43, § 69b UrhG (in Abs. 2 auch für sonstige Dienstverhältnisse), Art. 14 Abs. 3 GGV, Art. 11 Abs. 3 EU-Sortenschutz-VO und aus dem Arbeitnehmererfindungsgesetz (ArbnErfG). Da Stipendiat*innen als solche aber gerade keine Arbeitnehmer*innen sind, wird das IP, das sie im Rahmen ihrer Gründungsvorbereitungen generieren, nicht von diesen Regelungen erfasst. Deshalb erwerben Stipendiat*innen, die

  • technische Lehren (Erfindungen), Topografien oder Designs entwickeln,
  • Sorten züchten,
  • Datenbanken erstellen,
  • Software oder andere Werke (z.B. Filmwerke) herstellen,
  • Marken mit Unterscheidungskraft entwickeln sowie anmelden und/oder
  • Geschäftsgeheimnisse entwickeln und kontrollieren, unmittelbar selbst die Rechte an diesen Immaterialgütern.

Diese können die Stipendiat*innen ohne Mitspracherechte und Lizenzansprüche der Hochschule nutzen. Die Stipen­diat*innen können auch allein entscheiden, ob dafür Schutzrechte beantragt werden sollen (Urheberrechts- und kurzfristiger EU-Geschmacksmusterschutz entsteht auch ohne Antrag automatisch). Wichtig ist, dass den Stipendiat*innen bewusst ist, dass ihnen nach den gesetzlichen Bestimmungen das IP zusteht, das sie während des EXIST-Förderzeitraums als Stipendiat*innen generieren. Denn vor diesem Hintergrund bleibt oft kein oder zumindest nur wenig IP übrig, für das sie eine Lizenz der Hochschule benötigen.

Welches Hochschul-IP bleibt relevant?

Die IP- und Transfer-Strategien deutscher Hochschulen sind primär auf Wissens- und Technologietransfer sowie die Verwertung von Erfindungen ausgerichtet. Deshalb verfügen die wenigsten Hochschulen über Design-, Marken- oder Softwareportfolios, die für Gründer*innen interessant sind. In der Praxis verengt sich das für Stipendiat*innen relevante Hochschul-IP daher im Wesentlichen auf folgende zwei Gruppen:

  • Erfindungen, für die die Hochschule ein Patent hält oder beanspruchen kann (sowie, in seltenen Fällen, von Hochschulen geschützte Sorten);
  • IP, das Stipendiat*innen bereits vor Beginn der Förderung noch als Arbeitnehmer*innen der Hochschule in Erfüllung ihrer Dienstpflichten generiert haben und nunmehr selbst unternehmerisch nutzen wollen. Denn solches IP steht der Hochschule als (zu diesem Zeitpunkt noch) Arbeitgeberin zu (siehe oben) – wobei für Diensterfindungen gemäß § 42 ArbnErfG bestimmte Besonderheiten gelten.

Die Schnittmenge der beiden Gruppen bilden von Hochschulen nach dem ArbnErfG in Anspruch genommene Dienst­erfindungen, die Mitglieder eines Gründungsteams zuvor (noch) als Hochschulbeschäftigte gemacht haben und anschließend EXIST-gefördert auf eigene Rechnung verwerten wollen. Wenn Stipendiat*innen ihre IP-Position vor diesem Hintergrund optimieren wollen, sollten sie Folgendes nicht vergessen:

Woran Stipendiat*innen bei Lizensierung von Hochschul-IP denken sollten

Wenn Hochschulen entsprechend der Förderrichtlinie Lizenzgebühren für die Nutzung von Hochschul-IP verlangen, sollten die Stipendiat*innen versuchen, absatzabhängige Lizenzgebühren auszuhandeln. Auch absatzabhängige Lizenzgebühren sind marktüblich. Diese fallen aber nur dann an, wenn das Start-up durch die Nutzung des Hochschul-IP auch tatsächlich selbst Einnahmen erzielt. Das ist für die Stipen­diat*innen liquiditätsschonend und risikoärmer.

Und wenn Stipendiat*innen Lizenzgebühren für eine frühere Diensterfindung (Schnittmenge oben) eines Mitglieds ihres Gründungsteams an die Hochschule zahlen, gilt § 42 Nr. 4 ArbnErfG. Danach muss die Hochschule 30 Prozent der vereinnahmten Lizenzgebühren direkt wieder an dasjenige Mitglied des Gründungsteams auskehren, das die Diensterfindung gemacht hat.

Der Autor Prof. Dr. Nicolai Schädel ist Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule der Medien Stuttgart (HdM) und of Counsel bei der Rechtsanwaltssozietät Kurz Pfitzer Wolf & Partner (KPW) in Stuttgart

Darknet Deals: Identitätshandel im Darknet

Datenkriminalität im Schatten: Wie ein Anruf zu Identitätshandel im Darknet führt.

Die Sicherheit und der Schutz von sensiblen Daten sind in einer wachsenden digitalen Welt von größter Bedeutung. Denn leider sind Betrüger*innen ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, an diese persönlichen Informationen zu gelangen. Dabei hat sich das Darknet zu einer der Hauptschnittstellen für den illegalen Handel mit gestohlenen Daten etabliert. Auch die Methoden der Betrüger zur Datenbeschaffung werden immer dreister und ausgeklügelter. Im Folgenden erfährst du, wie unsere Daten ins Darknet gelangen und wie sich Besorgte davor schützen können.

Die dunkle Seite des Internets und kriminellen Handlungen

Das Darknet ist ein abgeschotteter Bereich im Internet, der nicht über herkömmliche Suchmaschinen zugänglich ist. Hier können Nutzende ihre Identität verschleiern und anonym kommunizieren. Es wird für verschiedenste Zwecke genutzt, darunter illegale Aktivitäten wie der Austausch gestohlener Daten. Normalerweise gibt es verantwortliche Stellen bzw. spezielle Aufsichtsbehörden, die kontaktiert werden können, um gegen Datenschutzverletzungen im World Wide Web vorzugehen. Doch in diesem abgeschirmten Bereich des Internets wird alles dafür getan, um vor den entsprechenden Zuständigkeiten ungesehen zu bleiben. So befinden sich die Betreiber*innen der Server in der Regel außerhalb Europas, was es für Strafverfolgungsbehörden äußerst schwierig macht, einmal gestohlene Daten zu löschen oder Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Erst im Darknet veröffentlicht, können solche Datensätze mehrfach betrügerisch genutzt oder verkauft werden, was die Sicherheit und Privatsphäre der Betroffenen langfristig gefährdet. Auch können die Personen schwerer ausfindig gemacht werden, da sie die entwendeten Informationen nicht selbst nutzen und ihre rechtswidrigen Aktivitäten schwer auf sie zurückzuführen sind. Auf dem digitalen Schwarzmarkt zahlen Käufer*innen für solche gestohlene Daten und damit verbundene Dienstleistungen in Kryptowährungen wie Bitcoin. Diese Währungen führen auch dazu, dass die Bezahlvorgänge kaum nachvollziehbar sind.

Von Phishing bis Europol-Masche: Wie Betrüger*innen an die Daten kommen

Zu den bekanntesten Methoden, um an die begehrten Informationen zu kommen, zählt Phishing. Diese Masche ist vor allem für ihre Spam-Mails bekannt, bei denen die Betroffenen dazu verleitet werden, auf einen Link zu klicken und vertrauliche Daten preiszugeben. Jedoch findet diese Methode inzwischen auch über das Telefon statt. Die Betrüger*innen tarnen sich beispielsweise als Europol-Mitarbeitende und fordern ihre Gesprächspartner*innen dazu auf, ihre IBAN-Nummer zu nennen. Mittlerweile ist selbst die Suche nach einer Wohnung oder einem Job nicht mehr sicher. So verwenden Trickser gefälschte Angebote und stellen ein vorgetäuschtes Identitätsverfahren vor, um Suchende dazu zu bringen, Fotos ihrer Ausweise zu übermitteln.

Eine weitere dreiste Masche besteht darin, Leidtragende während eines Gesprächs schnell zu einem eindeutigen „Ja“ zu animieren. Wenn die Person zum Beispiel zustimmt, dass das Telefonat aufgezeichnet wird, haben die Betrüger bereits fast alles erreicht, was sie wollten. Danach stellen sie einige harmlose Fragen, und schon haben sie genug Material gesammelt, um das Gespräch beliebig zusammenschneiden zu können. Dann scheint es, als hätten die Betroffenen mit ihrem „Ja“ einem Kaufvertrag oder einem Abonnement zugestimmt.

Finanzielle Ausbeute: So viel bis du wert

Im Darknet existiert bereits ein florierender Handel mit gestohlenen Identitäten, die es Käufer*innen ermöglichen, verschiedene kriminelle Aktivitäten durchzuführen. Doch wie viel Gewinn können die Betrüger*innen damit überhaupt erreichen? Im Report des auf Antiviren-Programme spezialisierten Herstellers Bitdefender wird deutlich, dass eine gestohlene Identität in Form eines biometrischen EU-Passes auf dem Schwarzmarkt bis zu 4.500 Euro bringen kann. Die McAfee-Studie „The Hidden Data Economy“ von 2018 enthüllte wiederum, dass Darknet-Händler*innen in der Europäischen Union bis zu 40 Euro für vollständige Kreditkartendaten verlangen können. Auch Konten von Online-Zahlungsdiensten werden hier gehandelt. Dabei ist jedoch der Preis abhängig vom Guthaben des gehackten Kontos und variiert zwischen 20 und 300 Euro. Um also Betrüger*innen nicht auf den Leim zu gehen und sich den Ärger mit geklauten Daten zu ersparen, ist der Datenschutz im digitalen Zeitalter auch für Privatpersonen wichtiger denn je!

Praktische Maßnahmen: Wie entgehe ich der Täuschung?

Identitätsklau per Telefon ist nach wie vor eine weitverbreitete Methode für Datenhändler*innen, über die jede(r) informiert sein sollte. Um die persönlichen Daten zu schützen, ist es wichtig, bei der Weitergabe sensibler Informationen generell vorsichtig zu sein. Hier sind einige wichtige Maßnahmen, die ergriffen werden können, um einem möglichen Betrugsversuch vorzubeugen: Wenn ein Anruf verdächtig erscheint oder eine unbekannte Person Geld verlangt, handelt es sich in den meisten Fällen um einen Schwindel. Die größte Sicherheit besteht darin, das Gespräch sofort zu beenden. Um Datenverluste und finanzielle Schäden zu vermeiden, sollten niemals persönliche Informationen wie Anschrift, E-Mail-Adresse, Geburtstag, Passwörter oder Bankdaten an Fremde weitergegeben werden. Seriöse Behörden oder Unternehmen werden am Telefon unter keinen Umständen nach solchen Angaben fragen.

Ist der Schaden bereits entstanden und die Daten wurden preisgegeben, sollte die Bundesnetzagentur eingeschaltet werden. Auch die Polizei sollte unter der Rufnummer 110 kontaktiert werden. Wurde beispielsweise Geld illegal vom eigenen Konto abgebucht, kann die Bank dieses innerhalb von vier Wochen zurückholen. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass dies nur funktioniert, wenn die Überweisung nicht von der betroffenen Person selbst getätigt wurde. Daher sollten niemals Zahlungen an eine unbekannte Person getätigt werden. Häufig kommen betrügerische Anrufe aus dem Ausland. Daher ist besondere Vorsicht bei folgenden Vorwahlen geboten: +88 (Globales Navigationssatellitensystem), +225 (Elfenbeinküste), +231 (Liberia), +252 (Somalia), +257 (Burundi), +261 (Madagaskar) oder +370 (Litauen). Schließlich kann es auch helfen, sich regelmäßig über die neuesten Betrugsmaschen zu informieren und somit im Falle eines entsprechenden Anrufs sensibilisiert zu sein.

Der Autor Thomas Wrobel ist Spam-Schutz-Experte, CTO der Müller Medien-Tochter validio und Gründer von Clever Dialer. Die App liefert verlässliche Anrufinformationen und schützt Verbraucher*innen vor Spam-Telefonaten.

Die Co-Founder-Beteiligung

Recht für Gründer*innen: Was aus steuerrechtlicher Sicht zu beachten ist, wenn das Gründungsteam durch eine weitere Person verstärkt wird.

Ein für Gründer*innen regelmäßig relevantes Thema ist die Beteiligung eines/einer später hinzutretenden Co-Founder*in zu dem als UG/GmbH organisierten Start-up. Klassischerweise soll der/die hinzutretende Gründer*in dabei kein Cash Investment mitbringen, sondern das Start-up durch seine künftige Tätigkeit unterstützen. Das Ziel ist mithin regelmäßig, dass der/die hinzutretende Co-Founder*in lediglich den Nominalbetrag der Anteile (in der Regel ein Euro je Anteil) leistet, nicht aber den ggf. weit höheren Verkehrswert. Dies ist etwa beabsichtigt, wenn das Gründungsteam nachträglich erweitert werden soll, auf Betreiben eines/einer beteiligten Investor*in oder wenn in einer Nachfolgekonstellation ein(e) neue(r) Co-Founder*in für ein ausgeschiedenes Teammitglied nachrückt.

Das Problem besteht nun darin, dass die Gewährung der Anteile in diesen Szenarien nach deutschem Steuerrecht grundsätzlich der Einkommensteuer unterliegen kann. Ein für die Einkommensbesteuerung relevanter Zufluss liegt bei der Gewährung einer Beteiligung grundsätzlich schon vor, wenn „echte“ Anteile (im Gegensatz zu virtuellen Anteilen) rechtlich wirksam übernommen werden.

Je nach konkreter Situation dürfte dann der/die beitretende Co-Founder*in, der/die für die Einräumung lediglich den Nominalbetrag leistet, im Hinblick auf den Differenzbetrag bis zum Verkehrswert der eingeräumten Anteile einkommensteuerpflichtig sein. Es erfolgt mithin eine Besteuerung auf Grundlage des Werts der Anteile, obgleich dem/der Co-Founder*in kein Cash-Betrag zufließt (sog. Dry Income). Dies ist ein ganz erhebliches Steuerrisiko, das den/die beitretende(n) Co-Founder*in direkt betrifft. Es ist wegen der Pflicht der Gesellschaft zur ordnungsgemäßen Abführung entsprechender Lohnsteuer auch ein Thema für die Geschäftsführung der Gesellschaft.

Fondsstandort- und  Einkommensteuergesetz

Der Gesetzgeber hatte an sich im Jahr 2021 die Intention, dieses Thema zu regeln, und als Folge sollte auch der/die beitretende Co-Founder*in entlastet werden. Der in diesem Zusammenhang im Rahmen des sog. Fondsstandortgesetzes (2021) neu gefasste § 19a Einkommensteuergesetz (EStG) hilft an dieser Stelle allerdings nur bedingt. Nach § 19a Abs. 1 EStG unterliegen die Anteile bei Einräumung zwar zunächst nicht der Einkommensbesteuerung, sondern gemäß § 19 Abs. 4 Nr. 1 EStG erst bei der späteren Übertragung im Exit-Fall. Dies würde für sich gesehen dem/der Co-Founder*in zur Risikominimierung steuerrechtlich entgegenkommen, da eine Besteuerung dann erst erfolgt, wenn tatsächlich der Exit-Erlös erzielt wird.

Allerdings wird die Einkommensteuer nach den weiteren Varianten des § 19 Abs. 4 EStG auch dann fällig, wenn seit der Übertragung der Vermögensbeteiligung zwölf Jahre vergangen sind oder das Dienstverhältnis des/der Gründer*in beendet wird.

Nach § 19a Abs. 5 EStG hat das Betriebsstättenfinanzamt den nicht besteuerten Vorteil im Rahmen einer Anrufungsauskunft gemäß § 42e EStG bei Einräumung der Anteile zu bestätigen. Im Falle des späteren Exits wird dann für die Bewertung des zu besteuernden geldwerten Vorteils auf diese Feststellungen Bezug genommen.

Aus Sicht des/der beitretenden Co-Founder*in besteht damit auch bei Anwendung des § 19a EStG weiterhin die Gefahr, dass sich das Steuerrisiko zu einem Zeitpunkt realisiert, in dem er/sie aus dem Beitritt noch keine Erlöse erzielt hat. Auch wird die Steuerlast nicht abhängig von der Wertentwicklung der eingeräumten Anteile reduziert, sondern lediglich auf einen späteren Zeitpunkt verlagert.

Hurdle Shares und Growth Shares

Dieses Thema wird im Rahmen einer Finanzierungsrunde aktuell anderweitig über die Gewährung von sog. Hurdle Shares oder auch Growth Shares gelöst. Hierbei handelt es sich um Anteile (in der Regel Common Shares mit Stimmrechten etc.), deren Wert im Ergebnis im Zeitpunkt der Übertragung bei einer späteren Erlösverteilung als negativer Rechnungsposten zum Abzug gebracht wird (sog. negative Liquidationsprä­ferenz). Deren Anerkennung durch die Finanzverwaltung setzt dabei voraus, dass sämtliche Erlöse, also Liquidations-, Gewinn- und sonstige Erlöse, erfasst werden. Im Zeitpunkt der Einräumung wird so der Wert der Anteile und damit der zu besteuernde geldwerte Vorteil neutralisiert.

Wesentlich bei der Einräumung dieser Anteile ist damit die Festlegung eines sog. Hurdle Amount je Anteil, der definiert, welcher Abzug von künftigen Erlösen erfolgen soll. Dieser Wert entspricht regelmäßig dem Verkehrswert des jeweiligen Anteils zum Zeitpunkt der Einräumung abzüglich des tatsächlich gezahlten Anteilspreises (in der Regel Nominalbetrag). Vereinfacht ist der/die hinzutretende Co-Founder*in bei einem künftigen Exit mithin nur mit der Wertsteigerung ab seinem/ihrem Beitritt beteiligt. In der Folge erzielt der/die Co-Founder*in, anders als in den Fällen der Dry-Income-Besteuerung, keinen unmittelbaren Lohnzufluss, der bereits bei Einräumung zu versteuern wäre. Dies gilt allerdings nur insoweit, als der Hurdle Amount der tatsächlichen Differenz zwischen dem gezahltem Anteilspreis und dem Verkehrswert entspricht. Bei Abweichungen zugunsten des/der Co-Founder*in führt die Differenz zu einem sog. geldwerten Vorteil, der als Teil des Arbeitslohns im Zeitpunkt des Zuflusses zu versteuern ist.

Neben der Vermeidung der Anfangsbesteuerung bei Einräumung der Anteile erzielen die Hurdle Shares auch eine reduzierte Steuerlast im Exit-Fall. Aufgrund der Gestaltung als echte Beteiligung (im Gegensatz etwa zu einer virtuellen Beteiligung, hier Besteuerung mit dem persönlichen Steuersatz – also unter Umständen bis zu 45 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag), werden aus der Beteiligung Kapitaleinkünfte erzielt, die dem sog. Abgeltungssteuersatz (25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag) unterliegen oder (bei Beteiligungen von mindestens einem Prozent) im Teileinkünfteverfahren zu 40 Prozent steuerfrei gestellt sind. Bei Zwischenschaltung einer Holding-UG kann die Steuerlast unter Umständen noch weiter reduziert werden (bis zu 95 Prozent der Einkünfte steuerfrei).

Zur Vermeidung von steuerlichen Risiken empfiehlt es sich, die Strukturierung der Co-Founder-Beteiligung über Hurdle Shares im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft (denkbar, aber aufwendiger ist auch eine verbindliche Auskunft oder eine Kombination) mit der Finanzverwaltung abzustimmen. Die diesbezügliche Rückmeldung hat zwar nur Bindungswirkung für die Gesellschaft und nimmt zudem einige Monate in Anspruch – während dieser Zeit kann die Beteiligung noch nicht final umgesetzt werden –, sollte aber insbesondere wegen der Bewertungsunsicherheiten bei Start-ups als Absicherung erwogen werden.

Diese Wartezeit bedeutet jedoch nicht, dass der Beitritt der/des Co-Founder*in (etwa im Rahmen einer Finanzierungsrunde) bis zur positiven Auskunft des Finanzamts aufgeschoben werden muss. Dieser Umstand kann im Rahmen der Erstellung der Beteiligungsdokumentation entsprechend abgebildet werden und die finale Einräumung der Beteiligung vom Eingang einer positiven Rückmeldung abhängig gemacht werden. Auch für den Fall einer negativen Rückmeldung werden in der Regel bereits Vorkehrungen getroffen, etwa durch die alternative Einräumung von virtuellen Anteilen (dann allerdings mit höherer Besteuerung; s.o.).

Zukunftsfinanzierungsgesetz

Aktuell bestehen Diskussionen über weitere gesetzgeberische Maßnahmen, die für das hier beschriebene Thema relevant sind. Insbesondere durch den aktuell vorliegenden Referenten­entwurf des Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (kurz: Zukunftsfinanzierungsgesetz) werden verschiedene Maßnahmen vorgesehen, durch die unter anderem die o.g. Punkte an den bestehenden Regelungen aufgegriffen werden.

Bezüglich der Beteiligung eines/einer Co-Founder*in sind die rechtlichen und insbesondere steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu beachten. Hier wird der Gesetzgeber seit einiger Zeit tätig; es ist jedoch noch nicht absehbar, mit welchen Änderungen zu rechnen ist. Bis dahin wird es in den meisten Fällen einer nachträglichen Beteiligung naheliegen, eine Gestaltung von Hurdle Shares vorzusehen und den Vorgang steuerrechtlich mit der Finanzverwaltung entsprechend vorab zu klären.

Die Autoren: Alexander Weber, LL.M. (Victoria University of Wellington) ist Partner und Roman Ettl-Steger, LL.M. (King’s College London) Salaried Partner, beide am Münchner Standort der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek im Bereich Venture Capital, www.heuking.de

Problemfall - Betrug im Unternehmen

Wie Unternehmer*innen im Fall eines Betrugsverdachts gegen eine(n) Mitarbeitende(n) dezent, effizient und effektiv vorgehen können.

Es ist ein Thema, über das Unternehmer*innen und Geschäftsführer*innen zumeist ungern sprechen, doch das ihnen gleichfalls ebenso Sorgen bereitet. Was tun, wenn Mitarbeitende betrügen? Leider kommt es vor, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen ihren Arbeitgebenden beispielsweise bestehlen, bei den Arbeitszeiten betrügen oder sich gar in eine Bestechung verwickeln lassen. Unternehmensbetrug kann so facettenreich sein, dass man die Art und Weise mitunter lange nicht durchschaut oder sich überhaupt ausmalen kann.

Der Schaden kann vielfältig sein

Nicht immer fällt der Betrug am Arbeitgebenden durch fehlende Gewinne auf. Es gibt durchaus Fälle, in denen der finanzielle Aspekt gar nicht relevant ist. Bei diesen Fällen geht es um entwendete Gegenstände, die den Unternehmer bzw. die Unternehmerin nicht viel gekostet haben. Konkret können dies beispielsweise Gadgets für Kunden sein, die in Einzelfällen nicht funktionieren und somit ein Imageproblem darstellen.

Es gibt aber auch Fälle, bei denen innerhalb eines Unternehmens Dinge passieren, die auffällig sind, aber noch keine klare Absicht erkennen lassen. Besonders hohe Strom- oder Wasserrechnungen, starker Mehrverbrauch von Materialien, aber auch Vorkommnisse, die die Sicherheit von Mitarbeitenden oder Arbeitsabläufe betreffen. Ebenso wenn Vermutungen hinsichtlich eines Arbeitszeitbetrugs, unerlaubter Nebenbeschäftigungen oder Zweifel bei Spesenabrechnungen bestehen, sollten Arbeitgebende aktiv nachforschen.

Manche Betrugsfälle fallen zunächst auch gar nicht auf. Hier werden nur kleinste Diebstähle begangen oder minimale Veränderungen vorgenommen oder es kommt über einen längeren Zeitraum zu unregelmäßigen, aber insgesamt vielen kleinen Aktionen. Das können aktive sein, aber auch passive wie das Nichtbeachten von Verpflichtungen oder Zuständigkeiten. Insbesondere Wirtschafts- oder Versicherungsbetrug gehören hier zu Gefahren, die oft erst nach Jahren oder gar Jahrzehnten auffallen und zu einer Katastrophe, ja sogar zum Untergang eines Unternehmens führen können.

Nicht gleich wie die Axt im Walde

Die Herausforderung innerhalb eines Unternehmens ist die Vielzahl von Personen, die potenziell infrage kommen. Sei es durch unterschiedliche Arbeits- oder Prozessstationen oder große Abteilungen. Was Geschäftsführer*innen also auf jeden Fall vermeiden sollten, ist gleich wie die Axt im Walde zuzuschlagen und ein Exempel zu statuieren. Denn nichts ist für Arbeitgebende schlechter, als durch vorschnelle Verdächtigungen im schlimmsten Fall das Vertrauen eines ganzen Teams zu verlieren. Und es gilt zu bedenken: Mitarbeitende reden auch abteilungsübergreifend miteinander. Ein vertrauensvolles Arbeitgebende-Arbeitnehmende-Verhältnis sollte immer oberste Priorität haben. In der Regel wird ein Betrug nur von einer Person oder einer kleinen Personengruppe begangen. Dabei muss nicht immer das Offensichtlichste auch richtig sein. Bei zu schneller Verurteilung kann es sogar passieren, dass die falsche Person verantwortlich gemacht wird und die tatsächlichen Verantwortlichen durch diese Vorwarnung ihre Spuren verwischen können.

Spuren nachverfolgen bis zur Quelle

Die Verantwortlichen bei Unternehmensbetrug können an den unterschiedlichsten Stellen sitzen. Für eine erfolgreiche und vor allem richtige Aufklärung gilt es mit viel Feingefühl und Geduld vorzugehen. Neben der Gefahr falscher Verdächtigungen muss auch bedacht werden, dass die ausführenden Personen nicht unbedingt auch die Drahtzieher sein müssen. So kann die kriminelle Intention von jemandem ausgehen, der außerhalb des Unternehmens agiert, ein Wettbewerber oder eine kriminelle Organisation zum Beispiel. Es ist aber auch möglich, dass Personen mit höheren Positionen im Unternehmen persönliche verdeckte Ziele verfolgen.

Maßnahmen wie offene Bestechungen, Drohungen, Erpressungen oder wesentlich perfideres „Einweben“ von Strohmännern, um diese anschließend „gefügig“ zu machen, sind im Bereich der Möglichkeiten. Wenn in solchen Fällen ein Detektiv engagiert wird, ist dessen erster Schritt: Informationen sammeln. Hier geht der Detektiv je nach Herausforderung unterschiedlich vor. Alles, was man aus Kriminalfilmen kennt, ist theoretisch auch in der Realität möglich. Auftreten als Lieferant, Handwerker, Techniker, das Nutzen von versteckten Kameras, Mikrophonen oder Drohnen. Ein hoch technologisiertes Equipment allein macht aber noch keinen guten Detektiv. Viel wichtiger sind Anerkennungen durch den Bund der internationalen Detektive, BID, und die DGFK, Deutsche Gesellschaft für Kriminalistik. Diese Mitgliedschaften werden nur an Detekteien vergeben, die sich als professionell und vertrauenswürdig auf ihrem Gebiet erwiesen haben.

Der Autor Michael Günther ist Detektiv und Gründer der Detektei Günther in Bremen.