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Merger - aus 2 wird mehr als 1
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Die gemeinsame Strategie und die daraus abgeleiteten Synergie-Effekte sind mitentscheidend für einen erfolgreichen Zusammenschluss zweier Firmen (engl. Merger).
Im Interview: Timo Abid, CEO und Gesellschafter der detailM, einer führenden Agentur-Gruppe im Performance-Marketing sowie CEO der SEO-Agentur seo2b. Als gelernter Fachinformatiker gründete Timo bereits im Alter von 20 Jahren mit seinem Partner die Agentur seo2b und begleitete als CEO die Entwicklung zur führenden und international agierenden SEO/Content-Seeding-Agentur. Die unmittelbare M&A-Erfahrung sammelte Timo 2018 im Merger mit belboon zur späteren detailM Gruppe und weiß somit aus erster Hand, worauf bei einem Merger ankommt.
Ein kurzer Blick zurück. Wann und wie bist du auf die Idee zu seo2b gekommen und wie sah zum Zeitpunkt der Gründung das SEO-Business aus?
Ich habe mich im Alter von 20, gemeinsam mit meinem Partner Valentin, selbstständig gemacht. Das war 2007. Anfangs haben wir auch noch programmiert und Websites sowie Online-Shop-Lösungen angeboten und da war die Gewinnung von Traffic sehr schnell sehr naheliegend. So sind wir dann zur Suchmaschinenoptimierung gekommen. Damals war die gesamte Branche bei Weitem nicht so professionalisiert. Es gab zum Beispiel viel weniger Literatur oder Events. Auch war SEO zu dieser Zeit noch deutlich „einfacher“ und einhergehend kostengünstiger. Damals haben auch noch sehr viele, sehr leichte Optimierungen einen großen Value erzeugt.
Und welche Herausforderungen habt ihr euch heute zu stellen? Was verlangt der Markt bzw. die Kunden?
Im Vergleich zu „damals“ ist SEO viel facettenreicher geworden. Heute spielen deutlich mehr Faktoren eine Rolle. User-Intention, RankBrain, KI, Data und auch Mobile – all dies war früher kaum ein Thema. Ungeachtet des Kanals „SEO“ wird Traffic heute immer fragmentierter generiert. Der Spezialisierungsgrad der Agentur muss also entsprechend hoch sein.
Aus welchen Gründen haben sich seo2b und belboon zu dem Zusammenschluss bzw. Merger entschlossen?
Beide Unternehmen sind langjährig und erfolgreich am Markt und sehr gut in dem, was sie tun. Unsere Kunden stehen jedoch vor der Herausforderung, dass Reichweite bzw. Traffic immer fragmentierter generiert wird. Größere e-Commerce-Player, sprich unsere Kunden, bedienen häufig alle oder viele der relevanten Kanäle innerhalb der Onlinemarketing-Klaviatur. Daher hat der Merger – und dies war uns besonders wichtig – das Dienstleistungsspektrum für unsere Kunden deutlich erhöht, auch in Hinblick auf zukünftige Kanäle und Märkte.
Welche Vorteile ergeben sich dadurch aus deiner Sicht?
Beide Unternehmen konnten ihr Dienstleistungsspektrum signifikant erweitern. Somit können wir unseren Kunden entlang der Customer Journey ein noch breiteres Produktportfolio anbieten. Zudem profitierten beide Unternehmen von der Bündelung von Ressourcen, Know-how und dem Heben diverser Synergien.
Von anderen Gründern bzw. Unternehmern wissen wir, dass eine Transaktion sehr intensiv ist. Wie hast du dies wahrgenommen?
Das stimmt. Wir sind in den letzten Jahren stark gewachsen, so auch 2018, dem Jahr in welchem auch das sogenannte Closing war. Somit hatten wir im operativen Geschäft „alle Hände voll zu tun.“ Da waren die Management-Präsentationen, Q&A-Sessions, Meetings – all das was eine Transaktion so mit sich bringt - schon sehr intensiv. Rückblickend betrachte ich diese Zeit jedoch als sehr lehrreich und spannend.
Was waren dann die größten Herausforderungen bis zum sog. Closing?
Wie bei vielen anderen Unternehmern auch lief der Prozess neben dem operativen Geschäft. Dies parallel zu bewältigen sehe ich rückblickend als große Herausforderung. Darüber hinaus musste eine gemeinsame Strategie erarbeitet und Synergien abgeleitet werden und natürlich gehören in einer Endphase zum Closing auch Gespräche zu diversen Verträgen dazu. All dies unter einem „sportlichen“ Zeitplan.
Hat dich der Merger ggf. auch als Unternehmer verändert bzw. geprägt?
Dies würde ich mit einem klaren „Ja“ beantworten. Ich habe wahnsinnig viel, insbesondere Neues, dazu gelernt. Es kamen viele neue Themenfelder und Herausforderungen dazu, der unternehmerische Blick wurde deutlich erweitert und gleichzeitig auch geschärft.
Was würdest du anderen Unternehmern bzw. auch jungen Start-ups raten, die sich für diesen Schritt interessieren?
So trivial es klingt: Es muss passen und Sinn ergeben. Inhaltlich, also insbesondere auf Produktebene, muss das Unternehmen zukünftig profitieren. Wie sind die Prozesse beschaffen und wie können diese orchestriert werden? Gelingt die Integration? Stimmen Chemie und Kultur? Dies sind entscheidenden Fragen, die im Vorfeld klar sein müssen.
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Mit Vision zum Ziel: die Bedeutung einer klaren Strategie für jedes Unternehmen
Warum eine klare Unternehmensstrategie das Fundament für Wachstum, effiziente Entscheidungen und motivierte Mitarbeiter ist.
In der heutigen Geschäftswelt, die von schnellem Wandel und ständigem Wettbewerb geprägt ist, ist es leicht, den Fokus zu verlieren. Viele Unternehmen sind sehr beschäftigt und arbeiten hart, aber ohne eine klare Richtung, in die sie sich bewegen. Sie ähneln einem Schiff, das ohne Kompass aufs Meer sticht: Es mag viel Energie investieren, um voranzukommen, doch ohne einen festen Kurs wird es sein Ziel womöglich nie erreichen.
Genau hier kommt die Unternehmensstrategie ins Spiel. Sie ist wie ein Kompass und eine Landkarte zugleich. Sie definiert nicht nur, wohin das Unternehmen will, sondern auch, wie es dorthin gelangen kann. Eine gut durchdachte Strategie gibt allen Beteiligten Orientierung und stellt sicher, dass alle Anstrengungen in die gleiche Richtung zielen.
In diesem Artikel erfahren Sie, warum eine klare Strategie nicht nur ein nettes Beiwerk, sondern der entscheidende Grundpfeiler für den langfristigen Erfolg eines jeden Unternehmens ist.
Strategie als Kompass: Ziele klar definieren
Eine Unternehmensstrategie ist der Kompass, der sicherstellt, dass alle Anstrengungen in die richtige Richtung gehen. Sie hilft, eine klare Richtung und ein festes Ziel zu definieren. Ohne diese Orientierung laufen Unternehmen Gefahr, sich in Alltagsaufgaben zu verzetteln und den Blick für das Wesentliche zu verlieren. Es ist nicht genug, einfach nur hart zu arbeiten; man muss auch intelligent arbeiten. Die strategische Planung zwingt dazu, sich zu fragen: Was wollen wir in den nächsten fünf Jahren erreichen? Wer sind unsere Kunden? Was macht uns besser als die Konkurrenz?
Sobald diese Fragen beantwortet sind, kann man die Vision in messbare Ziele umwandeln. Ein hilfreiches Instrument dafür ist die Balanced Score Card. Sie übersetzt die übergeordnete Strategie in konkrete Kennzahlen, die alle Bereiche des Unternehmens – von den Finanzen über die Kunden bis hin zu den internen Prozessen – miteinander verbinden. So wird sichergestellt, dass beispielsweise eine Steigerung des Umsatzes nicht zu Lasten der Kundenzufriedenheit geht. Die Balanced Score Card hilft, das große Ganze im Blick zu behalten und die Strategie für alle Mitarbeiter verständlich zu machen. Sie dient als eine Art Checkliste, um zu überprüfen, ob alle Aktivitäten wirklich zur Erreichung der gesetzten Ziele beitragen.
Entscheidungsfindung und Ressourcenallokation
Ohne eine klare Unternehmensstrategie gleichen Entscheidungen oft einem Schuss ins Blaue. Manager und Mitarbeiter sind gezwungen, aus dem Bauch heraus zu handeln, was zu widersprüchlichen Ergebnissen und Ineffizienz führen kann. Eine gut definierte Strategie hingegen dient als Filter für alle Entscheidungen. Jede Idee, jedes Projekt und jede Investition kann danach bewertet werden, ob es die Unternehmensziele unterstützt. Das vereinfacht und beschleunigt den Entscheidungsprozess erheblich.
Eine Strategie hilft auch, Ressourcen – seien es finanzielle Mittel, Arbeitskraft oder Zeit – effizient zu verteilen. Anstatt Budget für verschiedene Projekte zu verschwenden, die möglicherweise nicht zum Erfolg beitragen, ermöglicht eine klare Strategie die Konzentration auf die wichtigsten Bereiche. Sie gibt den Rahmen vor, welche Prioritäten gesetzt werden müssen und wo Investitionen den größten Nutzen bringen. So wird sichergestellt, dass die knappen Mittel dort eingesetzt werden, wo sie die größte Wirkung entfalten.
Motivation und Mitarbeiterengagement
Eine klar kommunizierte Unternehmensstrategie ist ein starker Motivationsfaktor. Wenn Mitarbeiter die übergeordneten Ziele kennen, verstehen sie auch den Sinn ihrer eigenen Arbeit. Es ist ein großer Unterschied, ob man einfach nur Aufgaben abarbeitet oder weiß, wie der eigene Beitrag zum Gesamterfolg des Unternehmens beiträgt. Dieses Gefühl der Wichtigkeit und des Zusammenhalts stärkt das Engagement und die Loyalität.
Wenn alle im Team auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, entsteht eine starke Gemeinschaft. Es beugt auch internen Konflikten vor, da alle Entscheidungen im Lichte der Strategie getroffen werden können. Eine Belegschaft, die sich mit der Vision des Unternehmens identifiziert, ist nicht nur produktiver, sondern auch kreativer und widerstandsfähiger gegenüber Herausforderungen.
Fazit: der Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum
Eine klare Unternehmensstrategie ist das Herzstück für nachhaltigen Erfolg. Sie ist weitaus mehr als ein bloßes Dokument – sie ist der entscheidende Kompass, der dem Unternehmen eine Richtung gibt und sicherstellt, dass alle Anstrengungen in eine gemeinsame Richtung gehen. Eine Strategie schafft Fokus, vereinfacht die tägliche Entscheidungsfindung und ermöglicht es, die knappen Ressourcen effizient einzusetzen.
Vor allem aber ist eine Strategie ein starkes Werkzeug für die Mitarbeiter. Sie motiviert, stärkt das Engagement und schafft ein Gefühl der gemeinsamen Mission. Ohne diese klare Vision läuft ein Unternehmen Gefahr, sich in den Turbulenzen des Marktes zu verlieren. Eine strategische Planung mag anfangs aufwändig erscheinen, aber die Investition in eine klare Strategie ist letztlich die beste Investition in die Zukunft eines jeden Unternehmens.
Mit wenig Geld groß denken
Wie Substanz statt Show zum Skalierungs-Booster werden kann, schildert Mladen Milicevic, Gründer und CEO von Unchained Robotics, aus eigener Start-up-Erfahrung.
In der Start-up-Welt gilt Venture Capital als der einzig wahre Wachstumsmotor. Doch ist das wirklich so? Die Entwicklung von Unchained Robotics zeigt etwas anderes: fünf Jahre, über 300 Kund*innen, zweistelliger Millionenumsatz – und das mit nur 7,7 Millionen Euro Funding. Schnelles Wachstum ist also auch ohne VC-Millionen möglich – mit Fokus auf Substanz statt Show und auf organisches Wachstum.
Mit wenig Geld skaliert es sich oft besser
Wenn ich eines in den vergangenen fünf Jahren gelernt habe, dann das: Mit wenig Geld skaliert es sich oft besser. Wer wenig hat, denkt schärfer und hinterfragt strenger, ob eine Investition wirklich langfristig trägt. Ob sie dem Produkt dient – oder nur dem Pitchdeck. Bei uns war von Anfang an klar: Jeder Euro muss in Richtung Vision fließen. Und die heißt in unserem Fall: Roboter sollen so einfach bedienbar sein wie Smartphones.
Zudem können Start-ups, die sich zu früh dem VC-Spiel hingeben, schnell in eine Tretmühle geraten: nächste Runde, nächste Bewertung, nächste Targets. Wer diese nicht erreicht, fällt durchs Raster, egal wie gut das Produkt ist. Das liegt in der Natur der VCs: Sie möchten durch einen Exit eine möglichst hohe Rendite auf ihr Investment erzielen. Für die geldwerte Unterstützung bekommt der VC ein Mitspracherecht am Kurs des Unternehmens. Kurz gesagt: Es muss skaliert werden. Und das möglichst schnell.
Die Robotikbranche ist für sich direkt hoch kapitalintensiv. Dagegen steht unser selbst gesetztes Ziel: ein skalierbares Produkt mit Marktreife entwickeln, bevor wir überhaupt über große Finanzierungsrunden sprechen. Und dabei ging es nicht um ein Minimal Viable Product, also die erste minimal funktionsfähige Iteration eines Produkts, die vielleicht für drei Kund*innen am Markt einsetzbar ist. Es ging um einen echten Product Market Fit. Wir haben also mit vergleichsweise wenig Kapital Produkte entwickelt, die das Marktproblem „fehlende Automatisierung in der Fertigung“ lösen, gleichzeitig unsere Zielgruppen analysiert und systematische Kund*innengewinnung betrieben. Das gestaltete den Einstieg in die Branche vielleicht zeitintensiver, aber gleichzeitig nachhaltiger.
Ganz bewusst haben wir uns in der Skalierung mehr Zeit gelassen als andere Unternehmen in der Branche, auf ein marktreifes Produkt und einen Kund*innenstamm gesetzt, der organisch wächst, statt auf schnelles VC-Wachstum.
Damit wir als Gründer das größte Mitspracherecht an der Richtung unseres Unternehmens behalten – und unsere Produkte nicht aufgrund von VC-Dynamiken langfristig vom Markt verschwinden. Um das generell zu vermeiden, müsste die Erfolgsformel für Start-ups „erst Substanz, dann Wachstum“ heißen, statt sich von Venture Capital als einzig wahrem Wachstumsmotor abhängig zu machen.
Wachstumskapital, aber richtig
Ich sehe Wachstumskapital nicht als Selbstzweck, sondern als ein gezieltes Werkzeug. Die entscheidende Frage ist nicht wie viel, sondern wann und wofür. In der Frühphase haben wir mit Family Offices und Fördermitteln gearbeitet, um unser Fundament zu legen: Technologie entwickeln, den Product Market Fit validieren, echte Kund*innenprobleme lösen. Erst als klar war, dass jeder in das Marketing investierte Euro einen mehrfachen Return bringt, waren wir bereit für Venture Capital – zu unseren Bedingungen.
Drei Entwicklungen prägen unsere Reise
- 2020: Launch unserer Plattform unchainedrobotics.de – der erste Online-Marktplatz für Automatisierung in Europa.
- 2023: Markteinführung des MalocherBots mit unserer eigenen Software LUNA – ein entscheidender technologischer Durchbruch.
- 2024: Der Sprung in die USA – mit mittlerweile fast 20 aktiven Robotersystemen in Tennessee und Umgebung.
Diese Meilensteine markieren mehr als nur Wachstum. Sie zeigen, dass unsere Strategie aufgeht: organisches Wachstum, technologische Unabhängigkeit, internationaler Relevanzgewinn.
Eine Software für alle Roboter
Das Herzstück unseres USP ist LUNA – unsere eigens entwickelte Roboter-Software. Sie ermöglicht es, Roboter herstellerunabhängig mit derselben Benutzeroberfläche zu steuern – ohne Programmierkenntnisse und lange Einarbeitung.
Gerade in Zeiten, in denen kein Unternehmen mehr langfristig planen kann, ist Flexibilität das höchste Gut. Ein besonders prägnanter Anwendungsfall für den praktischen Einsatz ist das Projekt mit der ELHA Maschinenbau Liemke KG. Das mittelständische familiengeführte Unternehmen aus Ostwestfalen ist spezialisiert auf hochpräzise Werkzeugmaschinen für die metallverarbeitende Industrie. Schon während der Corona-Pandemie wurde dort deutlich, dass Automatisierung nicht länger ein Nice-to-have, sondern ein Muss für die Zukunftsfähigkeit des Betriebs ist. Der akute Fachkräftemangel machte es unmöglich, alle Produktionsprozesse durchgängig personell zu besetzen.
Gemeinsam haben wir eine automatisierte Anlage entwickelt, die mit dem MalocherBot und der Software LUNA einen zentralen in Schritt Richtung mannlose Fertigung ermöglichte.
Mit dem German Accelerator haben wir im Februar nun unser US-Netzwerk ausgebaut. In einem nächsten Schritt wollen wir lokale Supply Chains schaffen, Partnerschaften etablieren und Produktion ins Land holen. Denn während die USA ihre Industriepolitik neu ausrichten, entsteht ein Riesenbedarf an Automatisierung. Robotik wird dort zur Schlüsseltechnologie. Zugleich investieren wir massiv in KI – damit Roboter künftig nicht nur Befehle ausführen, sondern auch Entscheidungen treffen. Von der Teileerkennung bis hin zum Greifverhalten: für maximale Autonomie bei maximaler Einfachheit.
Substanz schlägt Show – wenn man es richtig macht
Unser Weg zeigt: Es geht auch ohne frühes Venture Capital. Wir sind kein klassisches VC-gepushtes Start-up. Und genau das ist unsere Stärke. Wir haben gelernt, mit wenig viel zu erreichen – weil wir den Fokus behalten haben: auf das Produkt, auf die Kund*innen – und auf nachhaltige Skalierung.
Gleichzeitig haben wir ein Netzwerk aufgebaut – ebenfalls ein wichtiges Learning: Netzwerken ist alles. Die richtigen Menschen zur richtigen Zeit können ein ganzes Unternehmen transformieren. Oft kam der entscheidende Kontakt auf einem Event zustande, zu dem ich eigentlich gar nicht gehen wollte. Ob Gründer*innen, Mentor*innen oder Kund*innen – ohne diese Menschen wären wir heute nicht da, wo wir sind.
Eine verrückte Utopie aus der Zukunft?
Die Wirtschaft der Zukunft wird zwangsläufig eine andere sein: Angesichts der Klimakrise bzw. der massiven Überbeanspruchung fast aller Ressourcen genügt es längst nicht mehr, nur weniger umweltschädlich zu handeln. Jan Schmirmund, Experte für regenerative Transformation und Innovation, will mit seinem neuen Buch „Regenerative Wirtschaft – Wie Pioniere eine lebenswerte Ökonomie gestalten“ (Murrmann Verlag) Mut machen, neue Wege zu gehen. Mehr dazu im Interview mit Jan.
Als Startup Advisor begleitest du auch junge Unternehmen auf ihrem Weg zu einer regenerativen Wirtschaftsweise. Was genau meint regeneratives Wirtschaften?
Regeneratives Wirtschaften bedeutet zunächst einmal, die Erkenntnis zuzulassen, dass wir als Menschen mitsamt unseren Organisationen untrennbar mit dem ökologischen System dieses Planeten verbunden und damit von ihm abhängig sind. Daraus folgt zwangsläufig, dass wir uns selbst schaden, wenn wir das System weiter zerstören – und dabei reicht es eben nicht aus, die Zerstörung nur etwas langsamer zu betreiben. Sprich: etwas weniger CO₂ auszustoßen, weniger Müll zu produzieren oder – um es mal pointiert zu sagen – die Kinder, die in deiner Lieferkette Produkte herstellen, nur noch bis zu den Knöcheln in der giftigen Chemiesuppe stehen zu lassen, statt vorher bis zu den Knien.
Der zweite Schritt ist dann, das eigene Handeln nach dieser Erkenntnis auszurichten. Mit reinen Optimierungsmaßnahmen im Sinne von „Do less harm“ wird man das Ziel nicht erreichen. Insbesondere dann nicht, wenn wir für ein Produkt zwar weniger Ressourcen benötigen, dafür aber umso mehr dieser Produkte herstellen. Am Ende wird der Schaden größer statt kleiner sein. Regeneratives Wirtschaften basiert daher auf einem anderen Ansatz: nämlich die Dinge von Grund auf anders zu machen – so, dass sie für den Planeten nützlich sind.
Ein Ansatz, der dieses Prinzip perfekt illustriert, ist Cradle to Cradle – also „von der Wiege zur Wiege“. Es geht dabei darum, Produkte so zu designen, dass die dort verwendeten Rohstoffe in perfekten Kreisläufen – biologischen oder technischen – unendlich oft wiederverwertet werden können. Das heißt: Jedes Material, das verbaut wurde, wird zum Rohstoff für neue Produkte. So soll ein ewiger Kreislauf ohne Müll entstehen.
In meinem Buch nutzt Michael Braungart, der Erfinder des Cradle-to-Cradle-Ansatzes und Professor an der Leuphana Universität in Lüneburg, das Beispiel eines Kirschbaums: Ein Kirschbaum reduziert nichts. Er spart auch nichts ein. Im Gegenteil: Er wuchert sogar mit Blüten und Früchten. Der Unterschied ist, dass diese nützlich für das ökologische System sind. Nach diesem Prinzip würde man auch nicht versuchen, Autoreifen zu produzieren, die weniger Mikroplastik abgeben, sondern der Abrieb wäre eben Rohstoff für die Natur. Das ist der Grundgedanke des gesamten regenerativen Wirtschaftens: ein nützlicher Teil des Gesamtsystems sein, der mit, vom und für das System wirkt – wie ein Baum im Wald.
Was dabei noch wichtig ist: Wachstum ist nichts Schlechtes, aber eben nicht unbegrenzt, so wie es gerade noch das Paradigma der degenerativen Wirtschaft ist. Wir sprechen in unserer Community daher auch lieber von Gedeihen als von Wachsen. Eine gedeihende regenerative Wirtschaft blüht wie ein Kirschbaum und bleibt dabei innerhalb der planetaren Grenzen und oberhalb der sozialen Fundamente, wie es Kate Raworth eindrucksvoll in ihrem Werk „Doughnut Economics“ beschreibt.
Gibt es Branchen, die für eine regenerative Transformation besonders gut geeignet sind?
Nicht in allen Branchen oder allen Unternehmen ist es gleich leicht. In der Landwirtschaft gibt es schon viele Betriebe, die regenerativ wirtschaften und Böden sowie Humus aufbauen, statt sie auszulaugen, oder zu einer Verbesserung der Biodiversität beitragen, statt nur weniger Arten auszurotten. Für andere Unternehmen, die beispielsweise Pflastersteine herstellen, liegen die Lösungen nicht direkt auf der Hand. Dennoch kann man sich auf den Weg machen. So zeigt etwa Luisa Rinn mit ihrem Unternehmen Rinn Betonsteine aus Gießen, dass auch hier vieles möglich ist.
Ja, es dauert vielleicht länger und ist mit Anstrengung verbunden. Das gilt für alle Branchen. Am Ende kommt es auf die individuelle Situation des Unternehmens an, wie leicht oder schwer es ist.
Wie können Start-ups als Innovationsträger aktiv zur regenerativen Transformation beitragen?
Da gibt es wirklich viele Wege. Start-ups haben es leichter als etablierte Unternehmen, weil sie die Chance haben, die Dinge von Grund auf richtig zu machen. Man kann sich als Start-up zum Beispiel direkt einen gemeinwohlorientierten und regenerativ ausgerichteten Purpose geben und das Unternehmen danach ausrichten. Und/oder man kann Leistungen anbieten, die es anderen Unternehmen erleichtern, regenerativ zu wirtschaften. In meinem Buch gibt es das Beispiel von Torsten Becker und seinem Start-up carbonauten aus Eberswalde. Torsten und sein Team produzieren über einen Pflanzenkohle-Ansatz Rohstoffe für Branchen wie Landwirtschaft, Bau oder Chemie, die es ermöglichen, CO₂-negative Produkte zu entwickeln. Oder nehmen wir das von Alma Spribille, Andreas Schmucker und Nico Tucher gegründete WEtell, einem Anbieter von Mobilfunkleistungen aus Freiburg, der regenerativ agiert, da durch das Design des Geschäftsmodells unter anderem mehr grüne Energie erzeugt wird, als durch die Nutzung der Mobilfunk-Infrastruktur entsteht.
Welche Schritte können Start-ups konkret gehen, um eine regenerative Wirtschaftsweise zu implementieren?
In einem vom BMWK geförderten Inkubatorprogramm, in dem ich mitwirke, zu finden unter www.reconnect-inkubator.org, helfen wir gemeinwohlorientierten Start-ups und KMU dabei, die drei wesentlichen Hebel für regeneratives Wirtschaften zu stärken. Dazu gehören neben der Kultur und dem Organisationsdesign auch das Geschäftsmodell und drittens – und ganz besonders – der Aufbau eines regenerativ ausgerichteten Business-Ökosystems, das ein Netzwerk bildet, das insgesamt regenerativ auf unsere ökologischen und sozialen Systeme wirkt.
Außer der Teilnahme an einem Inkubatorprogramm (und davon gibt es aktuell mehrere) kann man sich auch einen erfahrenen Berater ins Boot holen, sich um einen Platz in einem der Impact Hubs weltweit bemühen oder man startet erstmal ganz niederschwellig mit einem Buch. Das kann meines sein, wenn man ganz am Anfang steht, oder auch ein so tolles Werk wie „The Stellar Approach“ von TheDive in Berlin. Insbesondere als größeres Unternehmen sollte man sich aus meiner Sicht an eine erfahrene Transformationsberatung wenden.
Hast du Beispiele von jungen Unternehmen, die erfolgreich regenerative Ansätze verfolgen?
Oben habe ich ja schon ein paar Beispiele genannt. Weitere wären der Interior-Designer Sven Urselmann, der Zukunftsort „Wir Bauen Zukunft“ in Mecklenburg-Vorpommern, der Landwirtschaftsbetrieb Jucker Farm aus der Schweiz oder auch das Franz!Werk in Tübingen, das nach dem Prinzip gemeinschaftsbasierten Wirtschaftens, ähnlich dem bekannten Prinzip der solidarischen Landwirtschaft, arbeitet.
Weitere bekannte Beispiele sind die von Anna und Ran Yona gegründete Schuhmanufaktur Wildling aus Engelskirchen, die Suchmaschine Ecosia, die Firma hinter der Zeitschrift Neue Narrative (NN Publishing GmbH), der Verein Reinventing Society e.V. oder auch das 2021 von Dr. Joel Eichmann und Felix Wollenhaupt in Gießen gegründete Green Elephant Biotech. Es gäbe noch viel mehr Beispiele aufzuzählen; sie sind dabei alle unterschiedlich im Ansatz und auch im Fokus. Dennoch ist ihnen gemeinsam, dass sie als Vorbilder für eine neue Art des Wirtschaftens agieren und zeigen, dass es eben auch anders geht.
Umfragen zeigen, dass mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen die Umsetzung ethischer und nachhaltiger Ausgaben für zu kostspielig hält bzw. sich sorgt, dabei die finanzielle Stabilität aufs Spiel zu setzen. Was muss sich ändern, damit regenerative Transformation als wichtiger Schlüssel zu einer zukunftsfähigen und prosperierenden Wirtschaft erkannt und gelebt wird?
Puh. Komplexe Frage. Katrina Reuter, Geschäftsführerin des Bundesverbands Nachhaltiges Wirtschaften, vertritt die Auffassung, dass das Prinzip Freiwilligkeit bei Unternehmen gescheitert ist. Ich würde dem insofern zustimmen, als es ohne Leitplanken aus der Politik sehr schwer wird. Was wir aber vor allem auch brauchen, sind viele positive Beispiele, die anderen Unternehmer*innen zurufen: „Seht her, es geht. Auch für dich, denn die regenerative Wirtschaft ist keine verrückte Utopie aus ferner Zukunft, sondern sie ist schon da. Klein zwar, aber kraftvoll und deutlich anschlussfähiger an das Bestehende, als viele denken.“
Und, ganz wichtig: Regenerativ zu wirtschaften bedeutet nicht, auf irgendetwas zu verzichten. Im Gegenteil. Man tauscht vielmehr einen Haufen negativer Dinge gegen genauso viele positive ein. Und Geld darf man auch weiterhin verdienen. Viele der hier genannten Protagonisten zeigen das sehr deutlich und dokumentieren damit eindrucksvoll: Regeneratives Wirtschaften ist möglich.
Danke, Jan, für deine Insights
Die Kunst der Ideenfindung: Wie Gründer*innen Kreativität entfachen können
Wie Gründer*innen mit der richtigen Kombination aus Strategie, Umfeld und persönlichem Engagement den kreativen Prozess der Ideenfindung erfolgreich meistern können.
Für Gründer*innen und Start-ups ist die Fähigkeit, innovative Geschäftsideen zu entwickeln, entscheidend für den langfristigen Erfolg. Doch die Suche nach einer zündenden Idee erweist sich häufig als herausfordernd. Kreativität ist kein Zustand, den man einfach aktivieren kann. Stattdessen erfordert es eine Kombination aus Techniken, Inspirationen und einem geeigneten Umfeld, um die besten Ergebnisse zu erzielen. In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, wie Gründer ihre kreative Energie freisetzen und effektiv nutzen können. Es gibt zahlreiche Strategien, um die persönliche Kreativität anzuregen und dabei auch langfristig ein inspirierendes Arbeitsumfeld zu schaffen.
Die richtigen Rahmenbedingungen für Kreativität schaffen
Der erste Schritt, um Kreativität zu fördern, besteht darin, das richtige Umfeld zu schaffen. Eine entspannte Atmosphäre und ausreichend Zeit sind Schlüsselfaktoren, um gedankliche Blockaden zu lösen. Offene Räume, inspirierende Designs oder bewusst eingeplante Pausen können dabei hilfreich sein, den Fokus zu schärfen und neue Perspektiven zu eröffnen. So können auch vermeintlich festgefahrene Situationen überwunden werden. Besonders die Gestaltung des Arbeitsumfeldes, sei es durch Pflanzen, angenehme Beleuchtung oder kreative Rückzugsorte, trägt dazu bei, das Wohlbefinden zu steigern und die Gedanken zu beflügeln.
Ein hilfreicher Ansatz ist zudem die Anwendung von Kreativitätstechniken. Ob Brainstorming, Mind-Mapping oder Design Thinking – der strukturierte Einsatz solcher Methoden kann den Weg zu innovativen Ideen ebnen. Diese Techniken fördern nicht nur den Ideenfluss, sondern helfen auch, bereits entwickelte Konzepte miteinander zu kombinieren und weiterzuentwickeln. Zusätzlich sollten Gründer*innen sich bewusst machen, dass es nicht nur um Masse geht, sondern die Qualität der Ideen ebenfalls entscheidend ist – dies lässt sich durch die richtige Priorisierung der Techniken verbessern. Es lohnt sich dabei, verschiedene Ansätze auszuprobieren, um den jeweils passendsten für das eigene Team oder die jeweilige Situation zu finden.
Darüber hinaus profitieren Gründer*innen von Netzwerken und Communities, um ihre Ideen auf die Probe zu stellen. Plattformen speziell für Gründer*innen bieten Raum, um sich über Herausforderungen und Lösungen auszutauschen. Kreative Impulse können oft auch aus der Interaktion mit anderen Gleichgesinnten erwachsen. Die richtige Balance zwischen ruhigem Nachdenken und aktivem Austausch ist entscheidend, um strategisch wertvolle Innovationen zu entwickeln. Ein gut gepflegtes Netzwerk kann zudem als wertvolle Ressource bei der Suche nach Experten oder Kooperationspartnern dienen. Besonders Mentoring-Programme oder Events, wie Start-up-Wettbewerbe, können dabei helfen, wertvolle Kontakte zu knüpfen und gegenseitig voneinander zu lernen.
Strategien zur Inspiration: Der Blick über den Tellerrand
Inspiration ist ein wesentlicher Treiber für neue Geschäftsideen. Allerdings funktioniert sie nicht auf Knopfdruck. Eine interessante Möglichkeit, frischen Wind in den Denkprozess zu bringen, besteht beispielsweise im Einsatz einer speziellen Werbeagentur für Social Media, die kreative Werbelösungen liefert. Sie öffnen Türen zu innovativen Ansätzen, die für Gründer besonders wertvoll sein können – sei es bei der Markenbildung oder der Kundenansprache. Kreativität kann nämlich auch stark von Außenstehenden profitieren, die einen Blick auf die Ideen werfen und neue Aspekte einbringen.
Auch die Nutzung moderner Technologien wie einem effektiven Facebook Ads Tool kann neue Perspektiven eröffnen. Die Analyse von Nutzerverhalten und Trends liefert oft wertvolle Daten, die zur Entwicklung kreativer Ideen beitragen. Moderne Tools und Plattformen erleichtern es Gründern, relevante Zielgruppen zu identifizieren, die individuelle Bedürfnisse und Wünsche haben, auf die sich eine Geschäftsidee stützen kann. Besonders datenbasierte Ansätze können helfen, Ideen stärker an den realen Bedürfnissen der Zielgruppe auszurichten und so langfristigen Erfolg zu sichern. Dabei profitieren Gründer*innen nicht nur von Effizienz, sondern auch von frischen Daten, die regelmäßig aktualisiert werden können, um Anpassungen vorzunehmen.
Ein weiterer Schlüssel zur Inspiration liegt in der Analyse bestehender Branchen. Das Studium alternativer Geschäftsfelder, aktueller Innovationen und sogar historischer Erfolge anderer Startups kann frische Denkanstöße bieten. Auch hier hilft ein analytischer Blick, um etwa Nischen zu entdecken oder bestehende Lösungen mit neuer Raffinesse weiterzuentwickeln. Wer offen für neue Impulse ist, profitiert oft entscheidend bei der Ideenfindung und kann unter Umständen völlig neue Märkte erschließen. Dazu gehört auch das bewusste Hinterfragen von bestehenden Prozessen, um neue Ansätze zu testen. Ein wenig Mut zur Veränderung sowie kontinuierliches Experimentieren sind hierbei genauso wichtig wie analytische Fähigkeiten, die helfen, Risiken zu minimieren.
Last but not least: die Praxis der Innovation. Besonders in Bereichen wie dem Innovationsmanagement finden sich zahlreiche Anregungen, wie kreative Herangehensweisen systematisch entwickelt und optimiert werden können. Kreativität und Innovation sind entscheidende Pfeiler, um sich langfristig von Konkurrenz abzuheben. Besonders im Innovationsmanagement gibt es viele Fallstudien und Best Practices, die inspirierend wirken können.
Doch nicht nur über den eigenen Tellerrand zu blicken, sondern auch ungewöhnliche Verknüpfungen herzustellen, führt häufig zu bahnbrechenden Ergebnissen. Ein bekannter Ansatz hierbei ist das „Laterale Denken“, bei dem logische Lösungswege verlassen werden, um kreative Assoziationen zu fördern. Unternehmer*innen können durch diesen Perspektivwechsel neue Verbindungen entdecken und scheinbar unvereinbare Ideen miteinander verknüpfen. Besonders bei scheinbaren Sackgassen können solche Denkmethoden sehr wertvoll sein. Es lohnt sich, diese Methode auch in Teams zu integrieren, um unterschiedliche Perspektiven und Denkweisen zu kombinieren – oft entstehen auf diese Weise besonders innovative Ergebnisse.
Zuletzt sei erwähnt, wie wichtig es für Gründer*innen ist, sich beim Prozess der Ideenfindung Feedback von außen zu holen. Feedback von potenziellen Kund*innen oder die gezielte Diskussion der Ideen in Gründungsforen kann sowohl wertvolle Erkenntnisse liefern als auch ein Gefühl dafür geben, wo die größte Begeisterung liegt. Die Verwendung offener Plattformen, wie speziell für Geschäftsideen, ist hierbei ein guter Anfang. Weitere Anregungen und Beispiele finden sich bei verschiedenen Ideen, die bereits erfolgreich umgesetzt wurden. Auch der direkte Kontakt zu potenziellen Investor*innen, die möglicherweise andere Sichtweisen einbringen, kann ein entscheidender Faktor sein. Austausch mit solchen externen Partner*innen erweitert den Horizont und hilft oft, die eigenen Ideen weiter zu verfeinern.
Zusätzlich bieten sich gezielte Workshops oder Veranstaltungen an, insbesondere in den Gründungsphasen. Wer sich mit Gleichgesinnten austauscht, gemeinsam Probleme analysiert und erarbeitet, kann ebenfalls eine solide Basis finden. Die Wahl der passenden Ressourcen, ob Mentor*innen oder spezialisierte Plattformen für das Gründen, erweitert schließlich den Spielraum für Inspiration und wissensbasierte Entscheidungen. Mit der richtigen Kombination aus Strategie, Umfeld und persönlichem Engagement können Gründer*innen den Prozess der Ideenfindung erfolgreich meistern. Abschließend ist es wichtig, sich stets Raum für Reflexion und Weiterentwicklung zu geben, um langfristig erfolgreich zu sein.
7 Dinge, die Wachstums-Champions erfolgreicher machen als andere
Wer schneller wächst, signalisiert, dass er etwas besser kann als andere. Doch wie gelingt es manchen Unternehmen, dies regelmäßig, über Jahre hinweg, besser zu schaffen als andere aus der Branche? Was zeichnet diese Wachstums-Champions aus und worin sind sie exzellent? Wir haben 7 Faktoren herausgearbeitet. Diese können Sie als Gründer und Unternehmen in der Startphase nutzen, um ein schlagkräftiges Marktkonzept auf die Beine zu stellen und Ihre eigene Wachstumsstrategie zu entwickeln.
Das macht die Wachstums-Champions erfolgreicher als andere:
1. Stärken stärken und perfektionieren
Wachstums-Champions sind reflektiert. Sie wissen, welche Stärken ihnen dabei helfen, am Markt Erfolg zu haben, und versuchen, diese zu perfektionieren. Ob Tempo und Durchsetzungsvermögen, Innovationskraft, Qualität oder Beziehungsfähigkeit: Wachstums-Champions beherrschen jede dieser Eigenschaften nahezu perfekt und arbeiten regelmäßig daran, sich auch in Kleinigkeiten zu verbessern, sofern es in ihrem Marktumfeld von Bedeutung ist. Dabei kennen sie ihre Wettbewerber sie und unternehmen viel, um ihnen immer einen Schritt voraus zu sein.
2. Marktanteile hinzugewinnen
In einem Punkt sind sich die Wachstums-Champions einig: Sie wollen ständig Marktanteile hinzugewinnen. Dieses Ziel treibt sie an. Und sie wissen, dass dies nur mit klaren Kompetenzen sowie segmentierten und eindeutig definierten Märkten gelingt. Die Wachstums-Champions kennen ihren Markt, ihr „Spielfeld“, auf dem sie sich bewegen, genau.
3. Aktionsradius ausdehnen
Wachstums-Champions wissen, dass ihre Produkte und Leistungen sehr gut sind. Aus diesem Grund sehen sie die räumliche Ausdehnung als einen logischen Weg, um selbst zu wachsen und andererseits Mitbewerbern keine Freiräume zu überlassen, in denen sich diese entwickeln können. Sie sind sehr kundenorientiert und haben deshalb im Lauf der Zeit ihre ursprüngliche Problemlösung um eine Fülle an Leistungen und Komponenten erweitert.
4. Kommunikation mit Wachstums-Turbos
Wachstums-Champions führen ihr Unternehmen sehr behutsam als Marke. Sie haben eine klare Vorstellung davon, wie sie von Mitarbeitern, Kunden und externen Partnern gesehen werden wollen. Modische Trends sind ihnen fremd, sie setzen auf Langfristigkeit und Authentizität. Ein großer Teil der Wachstums-Champions nutzt das Instrument der Wachstums-Turbos als „Slogans“, die als Handlungsmaxime dienen, nach innen und außen umgesetzt werden und so dem authentischen Aufbau der Unternehmensmarke eine klare Richtung geben.
5. Unkonventionelle Wege zum Kunden
Die meisten Wachstums-Champions sind in ihrem Markt bekannt und pflegen sehr enge Kontakte zu ihren Stammkunden. Ein Teil der Wachstums-Champions wächst vor allem über seine Stammkunden, ein Teil durch die Gewinnung von Neukunden. In beiden Gruppen gibt es Wachstums-Champions, die dabei auch unkonventionelle Wege nutzen, sog. Guerilla-Wachstumswege. Dies sind Wege, auf denen sie mit Stammkunden noch besser ins Geschäft kommen oder mit Neukunden von Anfang an in einen engen Kontakt treten. Wachstums-Champions lassen nichts unversucht, um sich ständig weiterzuentwickeln.
6. Balance zwischen Vertrieb und Produkt
Wachstums-Champions kennen die Bedeutung einer ausgewogenen Situation in der Ressourcenverteilung zwischen Vertrieb und Produkt. Sie wissen, dass eine zu einseitige Produktorientierung zur Gefahr werden kann, wenn der Vertrieb vernachlässigt wird, und dass der Vertrieb andererseits ohne attraktive Problemlösungen einen schweren Stand hat. Im Streben um kontinuierliche Verbesserungen spielt diese Balance eine wichtige Rolle.
7. Hürden erkennen und meistern
Wachstums-Champions beschäftigen sich frühzeitig mit den Themen, die ihnen das Geschäft heute, morgen oder übermorgen erschweren könnten. Die Unternehmenslenker und ihre Teams sind es gewohnt, die Probleme in die Hand zu nehmen, die Initiative zu ergreifen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten diese Hürden zu meistern, bspw. mithilfe einer digitalen Beschaffungsstrategie.
Es ist auffällig, dass die ersten drei Erfolgsfaktoren bei allen Wachstums-Champions gleichermaßen vorhanden und ausgeprägt sind. Deshalb ist anzunehmen, dass in ihnen der Schlüssel zur Nachhaltigkeit im Wachstum der Unternehmen liegt.
Der Autor Christian Kalkbrenner ist Fachbuchautor, Berater, Speaker und Experte für Unternehmenswachstum, www.ub-kalkbrenner.de
From free to fee
Die Monetarisierung einer Internet-Plattform ist eine der schwierigsten und zugleich faszinierendsten Aufgaben für Gründer.
Der einem Plattformunternehmen zugrunde liegende Wert besteht zunächst aus den Netzwerkeffekten, die es erzeugt. Die daraus resultierende Notwendigkeit, Netzwerkeffekte zu erzeugen und zu fördern, veranlasst die Plattformbetreiber, ihre Dienste zunächst einmal kostenlos anzubieten.
Den Usern einen Mehrwert bereitzustellen, ohne eine Gegenleistung dafür zu fordern, ist oft eine gute Methode, um Mitglieder anzuziehen und zur Teilnahme zu bewegen. Das Motto lautet: Erst die User, dann die Monetarisierung. Oder wie es der Plattformstratege des chinesischen Fertigungsunternehmens Haier Group ausgedrückt hat: „Man verlangt niemals zuallerst Geld.“
Soll heißen: Erst nachdem Werteinheiten erzeugt und ausgetauscht worden sind und das Ergebnis sowohl den Anbieter als auch den Kunden zufriedenstellt, sollte das Plattformunternehmen versuchen, einen Teile dieses Wertes einzubehalten. Es sind schon einige äußerst vielversprechende Plattformen erfolglos geblieben, weil sie diese Regel missachtet und stattdessen versucht haben, ihr Angebot verfrüht zu monetarsisieren.
Kosten sind Killerfaktoren
Die Monetarisierung stellt allerdings eine besondere Herausforderung für sich dar. Netzwerkeffekte beschreiben die Attraktivität einer Plattform, indem sie selbstverstärkende sog. Feedbackschleifen erzeugen, die die Userbasis vergrößern, häufig sogar ohne nennenswerten Aufwand auf Seiten des Betreibers. Eine umfassendere Wertschöpfung durch die Anbieter auf einer Plattform zieht weitere Kunden an, die ihrerseits neue Anbieter anlocken und so wiederum für zusätzliche Wertschöpfung sorgen. Dennoch gestaltet diese außerordentlich positive Wachstumsdynamik die Monetarisierung paradoxerweise sehr knifflig.
Jede Form von Kosten, die den Usern auferlegt werden, trägt dazu bei, dass diese möglicherweise ganz von einer Teilnahme an der Plattform absehen: Eine Gebühr für den Zugang zu einer Plattform zu erheben, könnte dazu führen, dass die User sie ganz meiden, während eine Nutzungsgebühr eine häufigere Teilnahme verhindern könnte. Gebührenzahlungen von Anbietern zu fordern, reduziert die Wertschöpfung und macht die Plattform für Kunden weniger attraktiv – und die Berechnung von Nutzungsgebühren wirkt sich nachteilig auf den Konsum aus und macht die Plattform folglich auch für Anbieter weniger attraktiv. Hierbei handelt es sich um genau das Dilemma, mit dem viele E-Commerce-Gründer heftig zu kämpfen haben.
From free to fee
Wie also monetarisiert man eine Plattform, ohne die Netzwerkeffekte, deren Aufbau so mühsam war, zu beeinträchtigen oder sogar zunichte zu machen? Manche Beobachter des Plattform-Business kommen zu dem Schluss, dass online vertriebene Waren und Dienstleistungen aufgrund der von Zusammenarbeit geprägten Art der Wertschöpfung im Internet naturgemäß kostenlos zu haben sein sollten. Allerdings wird ein Unternehmen, das für die Vorteile, die es bietet, kein Geld verlangt, natürlich kaum sehr lange überleben, da es keine für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Geschäftstätigkeit erforderlichen Ressourcen generiert. Und für Investoren besteht kein Anreiz, das für ein Wachstum der Plattform benötigte Kapital bereitzustellen.
Razor-and-Blade
Manche Elemente einer solchen Gratiskultur können beim Aufbau von Netzwerkeffekten für ein Plattformunternehmen durchaus nützlich sein. Man sollte jedoch die verschiedenen Modelle kennen, in deren Kontext eine teilweise kostenlose Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen das Wachstum vorantreiben kann. Jeder Student der Betriebswirtschaft kennt das Verkaufsmodell für Rasierapparate, das 1901 von dem Unternehmer King Gillette begründet wurde: Die Rasierapparate selbst werden verschenkt – oder zu einem sehr geringen, subventionierten Preis abgegeben –, die Rasierklingen kosten hingegen Geld.
Eine Untersuchung von Randal C. Picker, Rechtsprofessor an der University of Chicago Law School, stellt die wohlbekannte Geschichte von Gillettes Preisgestaltung für Rasierapparate und -klingen übrigens infrage: Picker konstatierte, dass weder die Zeitpunkte der Preisänderungen für Gillette-Rasierapparate und -Rasierklingen, noch das Ablaufdatum des Patents für Gillettes Sicherheitsrasierer die These belegen, dass sein Unternehmen das sog. Köder-und-Haken-Geschäftsmodell (auch Razor-and-Blade genannt) tatsächlich in der Form angewandt hat, wie man bislang annahm. Dessen ungeachtet symbolisiert die vertraute Geschichte jedoch in anschaulicher Weise eine Strategie, die in einer Reihe von Märkten verfolgt wird, beispielsweise auch im Druckersegment: Die Verkäufe der kostspieligen Tonerkartuschen erzielen höhere Gewinne als die im Verhältnis dazu preiswerten Drucker.
Freemium-Varianten
Eine andere Variante dieser Strategie ist das Freemium-Modell, bei dem die Grundausführung eines Dienstes bzw. Produkts zunächst einmal kostenlos zur Verfügung gestellt wird, um User anzulocken, während die vollumfängliche Nutzung sowie Erweiterungen kostenpflichtig sind. Viele Plattformen für Online-Dienste gehen auf diese Weise vor, z.B. Dropbox und MailChimp. Sowohl das Razor-and-Blade-Modell als auch das Freemium-Modell monetarisieren dieselbe Userbasis (oder Teile davon). Mitunter verhält es sich auch so, dass Plattformen einer bestimmten Usergruppe kostenlose oder subventionierte Dienste und Produkte anbieten, für die sie einem völlig anders zusammengesetzten Userkreis den vollen Preis berechnen. Durch diese Verfahrensweise wird die Gestaltung von Monetarisierungsmodellen allerdings verkompliziert, denn hierbei muss die Plattform gewährleisten, dass die auf der einen Seite verschenkten Werte auf der anderen Seite gewinnbringend einsetzbar sind.
Auf diesem Gebiet wurde bis heute beträchtliche wissenschaftliche Arbeit geleistet. Geoff Parker und Marshall Van Alstyne gehörten zu den Ersten, die eine Theorie der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten entwickelten. Diese Theorie führte unter anderem auch zu der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises 2014 an Jean Tirole, einen weiteren Wegbereiter auf dem Gebiet der Ökonomie zweiseitiger Märkte. Ein ausgewogenes Verhältnis für all die komplizierten Faktoren zu finden, die bei der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten eine Rolle spielen, ist nicht ganz einfach. Netscape, einer der Pioniere des Internetzeitalters, „verschenkte“ seine Browser in der Hoffnung, dadurch die hauseigenen Webserver zu verkaufen. Leider gab es jedoch keine proprietäre Verknüpfung zwischen Browsern und Servern, die das Unternehmen verlässlich hätte steuern können.
Stattdessen konnten die User genauso gut den Webserver von Microsoft oder den kostenlosen Apache-Webserver einsetzen – und deshalb ist es Netscape auch nie gelungen, die andere Seite des Browsergeschäfts zu monetarisieren. Wie dieses Beispiel zeigt, müssen Plattformunternehmen, deren Strategie eine teilweise kostenlose Bereitstellung ihrer Waren und Dienstleistungen vorsieht, gewährleisten können, dass die geschaffenen Werte, die sie zu monetarisieren hoffen, auch tatsächlich vollständig unter der Kontrolle der Plattform stehen.
Welche Werte bietest du?
Um die Herausforderung, welche die Monetarisierung einer Plattform darstellt, annehmen zu können, muss zuallererst eine Analyse der von der Plattform erzeugten Werte erstellt werden. Traditionelle Geschäftsmodelle ohne Plattformkonzept – sprich sog. Pipelines – liefern den Kunden Werte in Form von Produkten oder Dienstleistungen, das heißt, sie verlangen zum Beispiel für die Ware selbst Geld, wie es etwa die Firma Whirlpool tut, wenn sie einen Geschirrspüler verkauft, oder aber für den Gebrauch des Produkts, wie beispielsweise GE Aviations, die sich die Montage und regelmäßige Wartung ihrer Flugzeugtriebwerke bezahlen lässt. Ebenso wie Whirlpool und GE sind auch Plattformunternehmen mit der Gestaltung und Entwicklung von Technologie befasst. Doch statt die Technologie kostenpflichtig anzubieten, fordern sie die User auf, der Plattform beizutreten – und versuchen dann, Letztere zu monetarisieren, indem sie für die Werte, die die Plattformtechnologie den Usern bietet, eine Bezahlung verlangen.
(Mehr-)Wert-Quellen
Diese Werte lassen sich in vier umfassende Kategorien unterteilen:
Für User: Zugang zu den auf der Plattform erzeugten Werten. Für die Zuschauer sind die Videos auf YouTube von Wert. Android-User finden Gefallen an den verschiedenen Aktivitäten, die Apps ihnen ermöglichen. Und für Schüler stellen die bei Skillshare angebotenen Kurse einen Wert dar.
Für Anbieter oder Drittanbieter: Zugang zu einer Community oder einem Markt. Airbnb ist für Gastgeber von Wert, weil es den Zugang zu einem globalen Markt von Reisenden bereitstellt. LinkedIn ist für Personalvermittler wertvoll, weil es ihnen ermöglicht, mit potenziellen Arbeitskräften in Kontakt zu treten. Und Alibaba bringt Händlern einen Mehrwert, weil sie ihre Waren mithilfe dieser Plattform an Kunden in der ganzen Welt verkaufen können.
Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Tools und Dienstleistungen, die Interaktionen ermöglichen. Plattformen erzeugen Werte, indem sie Reibungspunkte und Hürden abbauen, die Anbieter und User an der wechselseitigen Interaktion hindern. Kickstarter hilft kreativen Firmengründern dabei, Kapital für neue Projekte zu sammeln. eBay ermöglicht in Kombination mit PayPal jedem Interessierten, einen Online-Shop zu eröffnen, auf den User weltweit zugreifen können. YouTube gestattet es Musikern, ihre Fans mit Videos von ihren Auftritten zu versorgen, ohne physische Produkte (CDs oder DVDs) produzieren und über Zwischenhändler verkaufen zu müssen.
Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Kuratierungsverfahren zur Qualitätsverbesserung von Interaktionen. Die User wissen den Zugang zu hochwertigen Waren und Dienstleistungen zu schätzen, die ihre persönlichen Bedürfnisse und Interessen bedienen. Für Anbieter ist wiederum der Zugang zu Usern von Wert, die auf ihre Angebote zugreifen möchten und bereit sind, dafür faire Preise zu bezahlen. Intelligent betriebene Plattformen entwickeln und pflegen sog. Kuratierungssysteme, die User schnell und einfach mit geeigneten Anbietern zusammenbringen.
Diese vier Wertarten könnten auch als die Quellen des außerordentlichen Mehrwerts beschrieben werden, den die Plattform generiert. Die meisten vernünftig gestalteten Plattformen erzeugen viel mehr Werte, als sie unmittelbar erfassen – und ziehen so eine große Zahl von Usern an, die sich darüber freuen, die Vorteile dieser „kostenlos“ dargebotenen Werte nutzen zu können. Eine clevere Strategie zur Monetarisierung berücksichtigt zunächst alle Wertarten und ermittelt dann, welche Quellen des außerordentlichen Mehrwerts von der Plattform genutzt werden können, ohne dass das kontinuierliche Wachstum der Netzwerkeffekte behindert wird.
Die Autoren dieses Beitrags – Geoffrey G. Parker, Marshall W. Van Alstyne und Sangeet P. Choudary – haben das Buch verfasst: Die Plattform Revolution – Methoden und Strategien für Start-ups und Unternehmen, ISBN: 978-3-958455-19-1, mitp 2017, 28 EUR
Waren-Einfuhr aus Fernost
7 Tipps, die E-Commerce-Start-ups beim Direktimport von Waren aus China beachten sollten.
Die Produktionskosten in China sind niedrig, die Gewinnspanne beim Verkauf der in Fernost hergestellten Ware in Europa entsprechend hoch. Wer erfolgreich mit seinem E-Commerce durchstarten will, tut das durch den Direktimport aus China. Doch Importbedingungen, Zollverfahren und Vorschriften beschränken den Handel, und die Auswahl von Lieferanten und Produkten gestaltet sich oft schwieriger als gedacht. Was ist bei der Einfuhr von Waren aus China also zu beachten? Wir haben die wichtigsten Tipps zusammengestellt.
1. So findest du Lieferanten aus China
Tradeshows sind die mit Abstand beste Quelle, um Lieferanten zu finden. Es lohnt sich nicht nur die größte chinesische Handelsmesse Canton Fair zu besuchen, sondern auch branchenspezifische Tradeshows. So besteht die Möglichkeit, auf aus- und inländischen Fachmessen direkt mit potenziellen Lieferanten persönlich zu sprechen. Eine Faustregel besagt: Wenn das entsprechende Unternehmen sich mit einem Messestand präsentieren kann, hat es eine bestimmte Größe erreicht und kann damit im angemessenen europäischen Standard produzieren. Allerdings sollte beachtet werden, dass keinesfalls immer der ideale Lieferant den größten Messestand besitzt. Oft stellen auf den Fachmessen ebenso Agenten aus. Dabei handelt es sich um Zwischenhändler, welche beim tatsächlichen Hersteller dropshippen oder einkaufen. Daher ist beim Aufbau eines Auditverfahrens eine saubere Firmen- und Warenprüfung notwendig.
Zwar machen es B2B-Plattformen wie Globalsources.com oder Alibaba.com leicht, ohne viel Aufwand Produkte zu finden. Aber: Hier kann sich jeder registrieren. Es erfolgt keine Qualitätskontrolle der Waren oder der Unternehmen. Auf Alibaba sind auch Allround-Firmen stark verbreitet, die nahezu alles anbieten. Tatsächlich eignen sich diese Händler lediglich dafür, um eine Übersicht über Produktpaletten und potenzielle Preise zu erhalten. Allerdings sollte man dort nicht kaufen, da umso breit gefächerter und größer das Sortiment, desto höher ist die Chance, dass die meisten Produkte zugekauft werden. Dabei sind Kontinuität und Qualität nicht zu garantieren.
2. Bei der Lieferantenauswahl auf die Details achten
Was weist auf einen hervorragenden Lieferanten hin? Dabei empfiehlt es sich, die Details zu beachten. Renommierte Lieferanten bieten gute Dokumente wie Typenschilder und Anleitungen. Sind die Anleitungen nur im schlechten Scan vorhanden, sollte man die Finger von dem Unternehmen lassen. Häufig bedeutet das nämlich, dass es Produkte vom Lieferanten lediglich zukauft. Bei der Lieferantenauswahl ist es wichtig, keinesfalls am falschen Ende zu sparen. Bei wenig Erfahrung ist es sinnvoll, für Firmen- und Warenprüfungen externe Dienstleister zu betrauen. Gut bewertete sind auf Alibaba.com zu finden.
3. Die Produkte für dein E-Commerce prüfen
Es empfiehlt sich vor der ersten großen Auftragsvergabe, die Ware in den Händen zu halten und zu überprüfen, wie sie produziert wurde: Was die Produktionskette angeht, ist es entscheidend, sich über den Ablauf der Fertigung, die eingesetzten Materialien und das Personal dahinter zu erkundigen. Findet eine Qualitätssicherung statt? Kümmern sich echte Fachleute um die Entwicklung? Hier sollte alles über die Herstellung herausgefunden werden.
Beim Einkauf größerer Mengen sind Produktproben ein Muss. Daher ist es wichtig, sich zuvor mehrmals Einzelproben zusenden zu lassen und zu kontrollieren, ob diese die gewünschte Qualität bieten.
Geht es um ein völlig neues Produkt, sollte man sich im Vorfeld unbedingt einen Prototypen anfordern. Mit dem Lieferanten oder Produzenten empfiehlt es sich, Rücksprache zu halten, damit die Wünsche umgesetzt werden können.
Entscheidend ist auch die Prüfung der Ware und, ob diese deutschen Normen einhält. Das Entsprechen deutscher Standards gilt nicht als selbstverständlich. Hierzu helfen Fragen, wie etwa: Beliefert das Unternehmen schon europäische Kunden? Sind auch deutsche Firmen darunter? Kennt der Lieferant die europäischen Anforderungen?
Je nach Art des Produktes kann es sinnvoll sein, seine Musterprodukte in Europa oder Deutschland zu bestellen, da das schneller geht und günstiger ist.
4. Jedes Detail vertraglich festhalten
Vor allem bei Verhandlungen machen sich nicht nur Verständigungsprobleme, sondern auch die kulturellen Unterschiede deutlich bemerkbar. Es gibt einige Besonderheiten bei Verhandlungen und Vertragsabschlüssen, die zu beachten sind:
- Den Firmen in China sind langfristige Beziehungen wichtiger als einzelne Geschäfte. Deswegen kann es vorkommen, dass sich Verhandlungen entsprechend in die Länge ziehen. Hier ist Geduld gefragt!
- Häufig stellen Aussagen in Verhandlungen einen Richtwert dar, ohne dass sie völlig verbindlich sind.
- Die Beziehung hat mehr Bestand als die Verträge. Chinesen ist der persönliche Kontakt sehr wichtig. Zudem sollten Verhandlungen stets auf derselben Hierarchieebene geführt werden.
Beim Verhandeln darf der Geschäftspartner niemals "das Gesicht verlieren". Bei den chinesischen Landsleuten gilt dies als einer der größten Übel. Während der Konversationen kann es auch passieren, dass das Bejahen einer Aussage nicht uneingeschränkt ein "Ja" heißt, weil ein "Nein" seitens der Chinesen nicht denkbar ist.
Damit schließlich bei den eigenen Geschäften Sicherheit besteht, ist der Abschluss von Verträgen unverzichtbar. Bei diesen empfiehlt es sich, alle einzelnen Kriterien exakt aufzuführen. Nur wenn für beide Seiten jedes Detail klar ist, besteht die Möglichkeit, dass die kulturellen Feinheiten und Unterschiede letztlich nicht für beide Gesprächspartner ein Problem darstellen.
5. Logistikpartner für den Warenversand beauftragen
Das Versenden der Ware sollte keinesfalls der Lieferant übernehmen. Besser ist es, einen eigenen Logistikpartner zu finden, der mit dem Import aus China erfahren ist und um sämtliche Feinheiten der Kooperation Bescheid weiß.
Für den Fall, dass lediglich geringe Mengen eingeführt werden sollen beziehungsweise falls die Ware leicht und klein ist, rentiert sich das Versenden per Express von Dienstleistern, wie etwa FedEx, UPS oder DHL. Im Übrigen sollte immer eine Transportversicherung abgeschlossen werden, da einfach zu viel Unwägbares vorkommen kann.
6. Importvorschriften kennen und Dokumente prüfen
In die Bundesrepublik dürfen nicht alle Waren völlig ohne Kontrolle importiert werden. Hierbei geht es nicht um Zoll- oder Sicherheitsbestimmungen, sondern mehr um Beschränkungen gesamter Branchen. In den Bereichen Chemie, Stahl und Technologie sind vereinzelt klare Einfuhrbestimmungen gegeben. Da sich die Feinheiten dieser Regelungen stark unterscheiden können, empfiehlt es sich, sich hier von außen beraten zu lassen. Es liegt im eigenen Interesse, dass man bei einer Einfuhr alle Unterlagen vollständig und griffbereit hat. Denn, sobald die Ware am deutschen Zoll ist, trägt der Empfänger die ganze Verantwortung.
7. Steuern und Zölle korrekt einkalkulieren
Beim Einführen von Produkten aus China sind zusätzlich Zollgebühren, Importabgaben und inländische Abgaben, wie etwa die Einfuhrumsatzsteuer, zu bezahlen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs denkt nicht jeder gleich an diese Abgaben, teilweise werden diese auch völlig vergessen. Gerade Zölle sind dabei ein nicht zu unterschätzender Kostenfaktor. Deswegen sollte vor dem Kauf von Waren geklärt werden, ob sich die Einfuhr überhaupt rechnet. Nicht selten müssen, je nach Produkt, mehrere tausend Euro Schutzgebühr beim Staat hinterlegt werden. Dafür gibt es aber wenigstens die Möglichkeit, die Einfuhrumsatzsteuer später beim Finanzamt geltend zu machen.
Der Autor Michael Seibold ist CEO und Gründer von Trading EU GmbH. Über seine Plattform Hubtechnik24.de vertreibt er Hubwagen, Lager- und Transporttechnik an Firmen und Privatpersonen in ganz Europa.
Minimum Viable Product
Wie ihr neue Produkte als Minimum Viable Product (MVP) entwickelt und damit letztlich schneller an den Markt kommt.
Wer innovativ sein will, muss kreativ sein - und schnell. Nur wer die aktuellen Bedürfnisse der Kunden und die Gegebenheiten des Marktes genau dann erfüllt, wenn sie gefragt sind, hat eine Chance erfolgreich zu sein. Start-ups haben gestandenen Unternehmen in dieser Hinsicht einiges voraus. Denn sie sind noch nicht von starren Strukturen gelähmt und können agil handeln. Die beste Voraussetzung also, um neue Produkte als Minimum Viable Product (MVP) zu entwickeln.
Die MVP Methode ermöglicht es Produktideen schnell in der ersten minimal funktionalen Version auf den Markt zu bringen und so wertvolles Kundenfeedback zu sammeln, auf dem die Weiterentwicklung aufbauen kann - hin zum perfekten Kundenliebling. Schneller und näher am Markt geht nicht.
Wer diese Herangehensweise noch nicht kennt, findet im Web gute Erklärungen dazu und auch eine Grafik von Henrik Kniberg, die am Beispiel der Entwicklung eines Autos das Vorgehen der MVP Entwicklung beschreibt. Ausgehend von einem Skateboard wird dabei das Produkt schrittweise immer wieder neu erfunden, bis am Ende ein Auto heraus kommt. Genauer betrachtet, ist der darin beschriebene Weg vom Skateboard zum Roller, übers Fahrrad und Motorrad bis hin zum Auto jedoch nicht MVP, sondern eine Prototypenentwicklung.
Die Denkfehler der Grafik hat FLYACTS zum anlss genommen, um eine neue Darstellung zu entwickeln, die zeigt, was MVP wirklich bedeutet. Hier seht ihr, worauf es tatsächlich ankommt, wenn ihr ein Minimum Viable Product entwickeln wollt.
Nichts zu verzollen?
Zollberatung für Start-ups? Warum das? Oder: Was dir ein Steuerberater dazu meist nicht sagen kann.
Wer Handel über die Grenzen der EU hinaus betreibt oder Waren importiert, die zwar innerhalb der EU gefertigt wurden, aber dennoch den außenwirtschaftlich relevanten deutschen Bestimmungen unterliegen, sollte den Rat eines Zoll- und Außenwirtschaftsrechtsexperten einholen. Tust du dies nicht und handelst stattdessen nach bestem Wissen und Gewissen, schützt dich das nicht vor Nachzahlungen, Ordnungswidrigkeiten und Strafen.
Als Unternehmer wirst du es früher oder später auf jeden Fall mit Zollämtern und anderen Kontrollbehörden zu tun bekommen. Im ersten Moment scheint die Beratung durch einen Zollexperten teuer zu sein und passt eine solche nicht in das meist knappe Start-up-Budget. „Mir passiert schon nichts.“ Mit dieser Floskel versuchen viele, sich zu beruhigen. Wir zeigen dir stattdessen lieber einige teure Stolperfallen auf.
Was, woher, wohin und zu welchem Preis?
Führst du Waren nach Deutschland ein, die außerhalb der EU gefertigt oder abgebaut wurden, müssen diese mit einer Anmeldung beim Zoll bekannt gegeben werden. Waren, die in der EU gefertigt oder abgebaut wurden, müssen ebenfalls dem Zoll gemeldet werden, wenn du diese in Drittländer exportierst. Mit den Angaben in deiner Zollanmeldung meldest du den zuständigen Behörden, was du woher beziehst und was es gekostet hat, bzw. was du wohin versendest und was es kostet. Auch wenn du die Anmeldung beim Zoll einem Dienstleister überlässt, z.B. einer Spedition oder einem Paketdienstleister, bist du allein für den Inhalt verantwortlich und haftest für fehlerhafte Zollanmeldungen. Die Punkte „Wohin/Woher?“ und „Zu welchem Preis?“ kannst du in der Regel benennen. Für den Punkt „Was?“ stellt dir der deutsche Zoll den elektronischer Zolltarif (EZT) zur Verfügung. Mithilfe des EZT können deine Waren in den europäischen Zolltarif eingereiht werden.
Fehlerhafte Einreihung in den Zolltarif
Selbst mithilfe des EZT ist es für Laien schwierig, die richtige Zolltarifnummer zu benennen. Importierst du z.B. Drohnen, können diese als Spielzeug oder als zivile Luftfahrzeuge deklariert werden. Der Einfuhrzoll für Spielzeugdrohnen liegt derzeit bei 4,7 Prozent. Für Drohnen der Kategorie zivile Luftfahrzeuge liegt er hingegen bei null Prozent Einfuhrzoll. Sind deine Drohnen also für eine bestimmte Aufgabe gedacht, z.B. zur Beförderung von Lasten, oder überschreiten sie eine gewisse Leistung, handelt es sich nicht mehr um Spielzeug, dessen Hauptmerkmale die kindliche Unterhaltung ist, sondern um ein ziviles Luftfahrzeug. Importierst du also jeden Monat zehn Drohnen für je 1000 Euro, kannst du dabei 470 Euro sparen. Viele Dienstleister kennen diese Unterscheidung gar nicht. Deklarierst du deine Drohne jedoch als ziviles Luftfahrzeug und nicht als Spielzeug, obwohl es sich rechtlich betrachtet um Spielzeug handelt, musst du den so gesparten Einfuhrzoll nachzahlen. Weitere Konsequenzen können ein Ordnungswidrigkeiten- oder sogar Strafverfahren sein.
Besondere Bestimmungen
Nur die richtige Einreihung in den Zolltarif reicht für einen reibungslosen Im- und Export leider nicht aus. Einige Waren unterliegen besonderen Bestimmungen. Beispielhaft dafür sind Waren aus Papier: Um einen rechtlich einwandfreien Import zu gewährleisten, benötigst du im Vorfeld ein Zertifikat, welches bestätigt, dass für die Herstellung deiner Waren keine tropischen Hölzer genutzt wurden. Auch beim Export begegnen dir besondere Bestimmungen, die du einhalten musst. Verkaufst du beispielsweise technische Bauteile für Fahrzeuge oder Maschinen, unterliegt deine Ware der sogenannten Dual-Use-Verordnung. Für diese Warengruppe benötigst du zwingend eine Ausfuhrgenehmigung. Das ist immer dann der Fall, wenn deine Komponenten sowohl für zivile als auch für militärische Zwecke genutzt werden könnten. Um deine Ausfuhr also rechtssicher versenden zu können, musst du vorher prüfen, ob das Bestimmungsland ein sogenanntes Embargoland und dein Kunde Mitglied in einer terroristischen Vereinigung ist. Um diese Prüfung vornehmen zu können, gibt es spezielle Softwareprogramme, die von den deutschen Behörden als Prüfsoftware anerkannt sind.
Nationale Besonderheiten
In keinem anderen EU-Land, außer in Deutschland und Polen, wird eine Steuer auf Kaffee oder kaffeehaltige Produkte erhoben. Importierst du Waren, die Kaffee enthalten, musst du dies stets vor dem Import anmelden. Dies gilt auch, wenn du dieses Produkt innerhalb der EU beziehst. Verkaufst du deine Ware mit deutschem Ursprung, musst du dabei ebenfalls ein paar Dinge beachten. Denn auch mit Bestandteilen aus Drittländern kann deine Ware noch deutschen Ursprungs sein, sofern der Bearbeitungs- bzw. Veredelungsbestandteil 51 Prozent des Warenwerts ausmacht.
Elektronische Daten
Auch elektronische Daten unterliegen den Außenwirtschaftsbestimmungen des Im- und Exports. Beziehst du also deine Website aus Indien oder verkaufst deine Software nach Amerika, ist eine Anmeldung beim Zoll Pflicht.
Kosten sparen leicht gemacht
Durch sogenannte Präferenzabkommen sparst du bares Geld. Bei der Einfuhr von Kleidung zahlst du in der Regel 12 Prozent Einfuhrzoll. Beziehst du deine Ware jedoch in Pakistan, sinkt der Zollsatz auf null Prozent, da mit Pakistan ein Präferenzabkommen geschlossen wurde. Auch wenn der Preis pro Stück in einem Präferenzland etwas höher ist, lohnt sich das Geschäft aufgrund niedrigerer Zollabgaben trotzdem. Der größte Posten in den Unternehmen ist zumeist das Personal. Durch verschiedene Bewilligungen und die Zertifizierung, wie bspw. zum zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO), können die internen Abläufe in deinem Unternehmen optimiert und Arbeitszeit eingespart werden. Die Anträge dafür können kostenlos bei dem für dich zuständigen Hauptzollamt eingereicht werden.
Exportkontrolle
Exportierst du deine Waren in das Nicht-EU-Ausland, z.B. nach China, Kanada oder in die USA, bist du dazu verpflichtet, für jede Sendung eine Exportkontrolle durchzuführen. Darunter fällt die Prüfung von Sanktions- und Embargolisten sowie das Checken, ob deine Waren der Dual-Use-Verordnung unterliegt. Handelst du hier widerrechtlich, sprich, führst du keine Exportkontrolle durch, wird nach einer Zollprüfung ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen dich eröffnet. Wurde dir mehrfach nachgewiesen, keine Exportkontrolle durchgeführt zu haben, musst du sogar mit einem Strafverfahren rechnen.
Paketdienstleister
Viele Paketdienstleister übernehmen für dich die Zollanmeldung. Hast du ihnen keine Zolltarifnummern für deine Waren aufgegeben, werden diese oft willkürlich aus dem Pool der Warentarifnummern ausgewählt. Einige Paketdienstleister neigen dazu, die Zolltarifnummern mit den geringsten Zollabgaben auszuwählen. Erhältst du nach einigen Jahren eine Prüfungsanordnung des Hauptzollamts, werden diese Fehler garantiert aufgedeckt. Neben einem Ordnungswidrigkeitsverfahren wirst du dann dazu verpflichtet, alle Vorgänge innerhalb des Prüfzeitraums zu berichtigen und die korrekten Zollabgaben nachzuzahlen. Die Kosten dafür können rasch auf vier- bis sechsstellige Beträge wachsen.
Fazit
Der Welthandel unterliegt gewissen Regularien und Vorschriften. Ein junges Unternehmen kann diese natürlich nicht umfassend kennen. Um rechtssicher zu agieren, benötigst du für einige Bereiche Experten, die dich und dein Unternehmen unterstützen. Klar ist: Für den Bereich Zoll- und Außenwirtschaft kann dir ein spezialisierter Zollberater mehr und vor allem rechtssichere Hilfestellung bieten als ein Steuer- oder Unternehmensberater.
Der Autor Michael Rosinski ist Speditionskaufmann, Zollberater und Gründer des Außenwirtschaftsbüro Rosinski KG in Hamburg.
Nachfolgen statt gründen
Sieben Tipps für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge im Mittelstand.
Ein bereits laufendes Unternehmen als Nachfolger zu übernehmen, kann eine attraktive und spannende Alternative zum Selbstgründen sein. Gerade im Mittelstand stehen aktuell viele inhabergeführte Betriebe vor der Wahl: Nachfolger finden oder Aufgeben. Eine gute Chance für Jungunternehmer, ein alteingesessenes Unternehmen zu übernehmen und ihm trotzdem die eigene Handschrift zu verleihen, vor allem im Bereich Digitalisierung.
Der Mittelstand ist eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Doch viele kleine und mittlere Betriebe stehen vor einer unsicheren Zukunft, weil ihre Inhaber keine Nachfolger finden. Bereits jetzt sind über 1,5 Millionen Inhaber und Inhaberinnen 55 Jahre oder älter. Das ist eine Chance für Jungunternehmer, die gerne ein eigenes Unternehmen starten möchten, ohne den Druck und das Risiko einer Neugründung.
Ein gut am Markt positioniertes Unternehmen zu übernehmen, dabei von einem bereits existierenden Kundenstamm und langjährigen Beziehungen sowie einer eingespielten Belegschaft zu profitieren, sind gewichtige Vorteile gegenüber einer Neugründung.
Offen stehen Nachfolgern aktuell zwölf Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland, die laut KfW Research in den kommenden Jahren ihre Tore schließen müssten, wenn ihre Inhaber keinen Nachfolger finden.
Nachfolgeoptionen genau prüfen
Wer eine Unternehmensnachfolge plant, sollte ausschließlich Betriebe in die engere Auswahl nehmen, die zu den eigenen Ambitionen und Zielen passen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, das Businessmodell und die Branche, in der das einzelne Unternehmen beheimatet ist, genau zu prüfen. Hierzu gehört auch, sich einen umfassenden Überblick über die laufenden Geschäfte der Firmen sowie deren infrastrukturellen und personellen Status quo zu verschaffen. Es gilt etwa Fragen zu klären, wie groß das Wachstumspotenzial des jeweiligen Betriebs ist, welche Investitionen geplant sind, auf welchem Stand Maschinenpark und IT sind und ob die Mitarbeiter mit dem größten Know-how nach dem Eigentümerwechsel bleiben werden.
Von Experten beraten lassen
Die vielen Fragen, die bei einer Unternehmensnachfolge wichtig sind, lassen sich kaum in Eigenregie oder auf die Schnelle beantworten. Daher ist es wichtig, den Rat von Experten einzuholen. Sie können beispielsweise bei Rechtsfragen unterstützen, steuerliche Aspekte erläutern oder einschätzen, und Hinweise geben wie viel die Übernahme eines bestehenden Betriebs insgesamt kosten darf. In diesem Zusammenhang können etwa Banken mit fachlicher Expertise unterstützen. Kurzum: Wer sich mit dem Gedanken einer Unternehmensnachfolge trägt, braucht nicht zu befürchten, das gesamte Projekt alleine stemmen zu müssen.
Finanzierung richtig angehen
Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Nachfolge ist neben der Sondierung eines geeigneten Betriebes, der Analyse dessen Geschäftsmodells und des Zukunftspotenzials die Klärung der Finanzierung, vor allem wie viel Eigenkapital der Jungunternehmer aufbringen kann und soll. Im Allgemeinen wird ein Anteil von etwa 20 Prozent empfohlen, über den Nachfolger beim Kauf eines Unternehmens verfügen sollten. In der Regel ist aber zusätzliches Fremdkapital erforderlich, sei es als Geschäftskredit der Hausbank oder in Form von Ratenzahlungen auf den Kaufpreis. Als weitere Fremdkapitalquelle bieten sich Risikokapitalgeber an. Für Venture-Capital-Firmen gelten zukunftsfähige mittelständische Betriebe mit überzeugender Digital-Strategie als interessantes Investment.
Bund und Länder haben ebenfalls verschiedene Programme zur Unterstützung von Existenzgründern aufgelegt, die auch Firmennachfolgen abdecken. Beispiele hierfür sind der „ERP-Gründerkredit“ und das „ERP-Kapital für Gründung“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Und mit dem Mikrokreditfond Deutschland hat der Bund ein Bürgschaftssystem gestartet, das eine weitere Alternative sein kann. Darüber hinaus können sich Nachfolger in Kooperation mit ihrer Hausbank bei diversen Förderprogrammen der Bundesländer bewerben.
Eine wichtige Entscheidungshilfe für Fremdkapitalgeber sind in diesem Zusammenhang die Jahresabschlüsse des zu übernehmenden Betriebes mit Gewinn- und Verlustrechnung der vergangenen drei Jahre sowie die entsprechenden hinterlegten Sicherheiten des Kaufinteressenten. Neben den reinen Finanzaspekten spielen aber auch Aspekte wie das jeweilige Marktumfeld, die Kunden- und Wettbewerbssituation sowie der Digitalisierungsgrad des Betriebs und die daraus abzuleitenden Potenziale eine wichtige Rolle.
Kaufpreis umfassend ermitteln
Ein weiterer Meilenstein und nicht selten auch eine Herausforderung im Rahmen eines Übernahmeprozesses ist die Ermittlung des Kaufpreises für das mittelständische Unternehmen. Klassische Ansätze wie das EBIT-Verfahren oder die Orientierung am Ertragswert greifen dabei häufig zu kurz. Auch immaterielle Werte wie Geschäfts- oder Produktideen, das implizite Know-how der Mitarbeiter, die Unternehmenskultur, etablierte Beziehungen zu Lieferanten und Kunden sowie die Marktposition sollten in die Bewertung einfließen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der emotionale Wert, der insbesondere beim Verkauf von Familienunternehmen eine wichtige Rolle spielt. Denn hier geht es vielen scheidenden Firmenlenkern weniger um rein finanzielle Aspekte als vielmehr um die Anerkennung ihres Lebenswerks.
Übergabeprozess nachhaltig planen
Ist die Entscheidung für eine Übernahme gefallen, sollte sich ein sauber strukturierter Übergabeprozess anschließen. Dieser ist in zweierlei Hinsicht sinnvoll. Zum einen wird der neue Eigentümer in die Strukturen des Unternehmens eingeführt. Der Vorgänger macht ihn mit notwendigen operativen Aufgaben vertraut und stellt ihn bei Kunden und Geschäftspartnern vor. Zum anderen kann der ehemalige Firmenlenker Vertrauen zu seinem Nachfolger aufbauen. Denn wer sein eigenes Unternehmen ein gesamtes Berufsleben lang aufgebaut hat, tut sich oft schwer, sein Lebenswerk in fremde Hände zu legen. Eine gemeinsame Übergangszeit hilft somit beiden Seiten – fachlich und emotional.
Digitale Neuausrichtung berücksichtigen
Unternehmensnachfolger sollten zudem überprüfen, inwieweit die Digitalisierung im Betrieb bereits fortgeschritten ist. Steckt die Entwicklung diesbezüglich noch in den Kinderschuhen, haben Nachfolger die Gelegenheit, Prozesse zu überdenken und als Firma innovativer am Markt aufzutreten. Nur wer Arbeitsabläufe und Geschäftsmodelle digital abbilden kann, bleibt konkurrenzfähig – auch im globalen Wettbewerb. Unternehmensnachfolge kann in diesem Zusammenhang die Chance sein, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und eine neue, digitalere Unternehmenskultur zu implementieren. Eine sinnvolle Maßnahme in diesem Kontext ist es, das digitale Know-how der Mitarbeiter in Form von Weiterbildungen oder Workshops zu fördern. Sind weitere Kompetenzen erforderlich, können Nachfolger neue Stellen schaffen und diese mit von außen rekrutierten Fachkräften besetzen, die über entsprechende digitale Kenntnisse verfügen.
Kontakt zu den Mitarbeitern suchen
Bei Nachfolgeprozessen ist von Beginn an ein enger Dialog mit den Mitarbeitern notwendig. Eine offene Kommunikation hilft dabei, die Akzeptanz geplanter Veränderungen wie Modernisierungsmaßnahmen bei der Belegschaft zu steigern. Indem Unternehmensnachfolger auf jeden einzelnen persönlich eingehen und neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, können sie Vertrauen zu den Beschäftigten aufbauen und den Teamgeist stärken.
Es muss nicht immer Gründen sein
Die Unternehmensnachfolge ist ein solider Weg in die Selbständigkeit. Wer einen bestehenden Betrieb übernimmt, profitiert beispielsweise davon, dass es zu Lieferanten und Partnern bereits eine langjährige vertrauensvolle Beziehung gibt. Kunden und oft auch Stammkunden sind vorhanden. Und nicht zuletzt bilden die Mitarbeiter ein eingespieltes Team.
Der Autor Jan Friedrich ist Vice President Field Marketing Central Europe bei Sage, das Gründern, Selbständigen und kleinen Unternehmen Desktop-Software für Auftragsbearbeitung, Warenwirtschaft und Finanzbuchhaltung bietet.
Aus dem Ausland in Deutschland gründen
Worauf zu achten ist, wenn man aus dem Ausland ein Unternehmen in Deutschland gründen will.
Durch seine Lage im Zentrum Europas und als Heimat vieler wirtschaftlich leistungsstarker Unternehmen ist Deutschland ein attraktives Ziel für viele interessierte Unternehmer, die ebenfalls in Deutschland eine Firma gründen wollen. Worauf du achten sollest, wenn du aus dem Ausland heraus ein Unternehmen in Deutschland gründen willst, erfährst du in diesem Beitrag.
I. Als deutscher Staatsbürger aus dem Ausland in Deutschland gründen
Für die Gewerbegründung, beispielsweise einer GmbH oder einer haftungsbeschränkten UG, gibt es einige Voraussetzungen. Unabhängig von der Rechtsform wird dazu eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis benötigt. Mit einer deutschen Staatsbürgerschaft hat man diese grundsätzlich bereits in der Tasche und somit sollte dieser Punkt kein Problem darstellen.
Studieren über Probieren
Bevor es ans Eingemachte geht und mit der eigentlichen Gründung begonnen wird, sollte man sich in der jeweiligen Auslandsbehörde informieren und bestenfalls mit einem spezialisierten Anwalt im Niederlassungsland und in Deutschland beraten lassen: Voraussetzungen sind von Ort zu Ort unterschiedlich und sich als Laie ohne Unterstützung mit wichtigen Voraussetzungen auseinanderzusetzen, birgt immer die Gefahr, etwas zu übersehen. Besser ist es, man investiert zu Beginn in eine kompetente Beratung zu Länderrecht und Steuerrecht. Hier geht es vor allem um die Gestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen eines aus dem Ausland gegründeten Unternehmens.
Firmenanschrift
Eine weitere Frage ist, welche Adresse man der Firma gibt: Stehen einem selbst oder einem in Deutschland eingesetzten Geschäftsführer Räumlichkeiten zur Verfügung? Hierfür gibt es neben der eigenen Immobilie oder angemieteten Büros noch weitere Möglichkeiten. Auch in Deutschland ansässige Unternehmer benutzen aus Gründen der Privatsphäre häufig Alternativen. Je nach Budget und Kontakten gibt es für das aus dem Ausland gegründete Unternehmen verschiedene Möglichkeiten: Vom Home-Office eines Angestellten, einem virtuellen Büro, dem Platz im Coworking-Space bis hin zum eigenen Büro gibt es für jeden das Passende. Hauptsache ist, man hat eine Adresse und diese ist real und funktional. Denn über die Anschrift muss man per Post jederzeit erreichbar sein. Hier ist zu beachten, dass sie ins Handelsregister eingetragen werden muss und außerdem im deutschen Inland liegt.
Darüber hinaus lohnt es sich abzuwägen: Benötigt man in Deutschland einen Raum für Kundentermine zwischen Kunden und den eigenen Vertretern oder eine Produktions- oder Lagerhalle? Durch die verschiedenen Arten von Geschäftsmodellen gibt es für jeden Gründer die richtige Lösung.
Notartermin
Sobald man sich der Rahmenbedingungen bewusst ist und man die groben Details der Gründung festgelegt hat – Geschäftsidee, Rechtsform, Gesellschafter, Geschäftsführer, die eigene Rolle im Unternehmen –geht es für die eigentliche Gründung zum Notar. Hier müssen grundsätzlich alle Geschäftsführer vor Ort anwesend sein, Gesellschafter können sich auch durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen. Das ist dann häufig einer der Geschäftsführer. Je nachdem, ob man Gesellschafter oder Geschäftsführer ist, muss man also mit einer Reise nach Deutschland rechnen. Doch auch hier ist es zeitsparend, sich im Vorhinein zu informieren: Bei der Eröffnung eines Geschäftskontos ist es zum Beispiel von Bank zu Bank unterschiedlich, wer tatsächlich zum Termin erscheinen muss und wer sich vertreten lassen kann. Es ist also immer besser, einmal zu viel zu fragen, ob man wirklich persönlich zu einem Termin anreisen muss.
Sprache und Beglaubigungen
Sobald über Staatsgrenzen hinweg gehandelt wird, lohnt es sich, für alle notwendigen Dokumente, zu checken, in welcher Sprache und zu welchem Grad der Beglaubigung diese benötigt werden. Falls Sprachbarrieren vorhanden sind, sollte man am besten einen Notar suchen, der den Notartermin in der eigenen Sprache abhalten kann. Ist das nicht möglich, muss ein Dolmetscher zum Termin zugegen sein. (Achtung: Für offizielle Termine muss ein Dolmetscher meist beeidigt sein.)
II: Als Staatsangehöriger eines EU-Staates aus dem Ausland in Deutschland gründen
Alles, was deutsche Staatsbürger beachten müssen, gilt in der Regel auch im Fall eines Staatsangehörigen eines EU-Mitglieds, genauer für alle EWR-Mitglieder zusätzlich der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island. Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der Vereinfachung der Begriff EU-Bürger verwendet. Durch Niederlassungs- und Gewerbefreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit ist es innerhalb dieser Länder vergleichsweise einfach, in einem anderen Land als dem Heimatland ein Gewerbe zu gründen bzw. auch zu führen. Eine Aufenthalts- oder Niederlassungsgenehmigung zu erhalten sollte für EU-Bürger kein allzu großes Hindernis darstellen. Jedoch gilt auch hier der Grundsatz: Man steht optimalerweise in engem Kontakt zur jeweiligen Auslandsbehörde und klärt die nötigen Details mit kompetenten Beratern.
Überbeglaubigung
Bei der Beglaubigung von Dokumenten ist darauf zu achten, dass gegebenenfalls eine herkömmliche Beglaubigung nicht ausreicht und eine sogenannte Überbeglaubigung verlangt wird. Im internationalen Dokumentenverkehr wir darüber hinaus häufig mithilfe der Apostille oder der Legalisation gearbeitet. Auch für Übersetzungen kann das relevant sein.
Kriterienlisten, Anerkennung und Nachweise
Ob Versicherung, Bank oder ein anderer Dienstleister: Zum Beantragen von Mitgliedschaften oder Leistungen gibt es meistens eine Reihe an Kriterien, die überprüft werden. Deshalb sollte man nach Anbietern suchen, deren Kriterien man einerseits erfüllt und deren Leistungen andererseits das Land abdecken, in dem der Geschäftsbetrieb ist.
Deutsche Nachweise erfüllen deutsche Standards. Bei ausländischen Urkunden trifft das nicht immer zu. Deshalb kann es sein, dass für die Gründung entsprechende Nachweise oder Zertifikate benötigt werden. Für bestimmte Industriezweige müssen in Deutschland bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das können beispielsweise bestimmte Qualifikation sein, mit denen man die Vergleichbarkeit eines ausländischen Abschlusses mit einem deutschen nachweisen kann. Hierzu kann man sich auch von der IHK beraten lassen. Auch das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen kann hilfreich sein.
III: Als Bürger eines Drittstaates aus dem Ausland in Deutschland gründen
Grundsätzlich kann jeder in Deutschland eine Firma gründen. Entscheidend ist, ob es das Recht im jeweiligen Staat erlaubt. Eingeholt kann diese Info bei der Auslandsbehörde. Sollte es erlaubt sein, ist es nur noch eine Frage der Details. Dabei gilt: Je weniger Rechts- und insbesondere Handelsabkommen zwischen Deutschland und der Heimat eines Unternehmers bestehen, desto komplizierter und eingeschränkter wird die Gründung. Anders formuliert: Je weiter weg von Deutschland, desto wichtiger ist es, eine ausführliche Beratung in Anspruch zu nehmen, weil schlichtweg mehr Dinge beachtet werden müssen.
Durch die fehlende Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit kommen für Bürger aus Drittstaaten weitere Hürden hinzu. Diese sind von Land zu Land unterschiedlich und können nicht in diesem Artikel zusammengefasst werden. Wichtige Dinge, über die man sich informieren sollte, sind beispielsweise: (Frei-) Handelsabkommen, Abkommen über Reisefreiheit und Anforderungen an die politische oder wirtschaftliche Stabilität der Heimat sowie mögliche Sanktionen. Es nützt hierbei enorm, sich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, um so frühzeitig potenzielle Gefahren oder Gelegenheiten zu erkennen.
Geschäftsführer oder nur Gesellschafter
Man kann unterschiedlich stark in die Gründung eines Unternehmens involviert sein. Als Gesellschafter einer GmbH oder einer UG (haftungsbeschränkt) hat man die Möglichkeit, sich beispielsweise beim Notar vertreten zu lassen. Dadurch wird eine Gründung aus dem Ausland wesentlich unkomplizierter, denn auch Dinge wie eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis werden dann nicht unbedingt relevant. Als Geschäftsführer hingegen muss man bei vielen Terminen vor Ort sein und kann sich nicht vertreten lassen. Die Geschäftsführung aus dem Ausland wird dadurch erheblich erschwert. Wenn die Möglichkeit besteht, eine vertrauenswürdige Person in Deutschland als Geschäftsführer einzusetzen, erleichtert das also einiges.
Takeaways
- Grundsätzlich ist es jeder ausländischen Person möglich, Gesellschafter oder Geschäftsführer eines in Deutschland sitzenden Unternehmens zu werden. Dabei gibt es allerdings Unterschiede zwischen jedem Staat und verschiedene zusätzliche Anforderungen, die man erfüllen muss.
- Man sollte sich in jedem Fall ausführlich und kompetent von seiner Auslandsbehörde und Experten für Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht beraten lassen.
- Je nachdem, ob man als Geschäftsführer tätig ist oder lediglich Gesellschafter ist, muss man die Möglichkeit haben, jederzeit nach Deutschland zu reisen oder kann sich durch eine Bevollmächtigung vertreten lassen.
- Es gibt für jeden die richtige Lösung. Die Gründung aus dem Ausland kostet allerdings Zeit und dementsprechend braucht man ein wenig Geduld.
Der Autor Tobias Späth ist studierter Ökonom und selbständig tätiger Unternehmensberater für Existenzgründung bei Businessstart-eu. Hier unterstützt er Gründer*innen aus dem europäischen und nicht-europäischen Ausland, die ein Unternehmen in Deutschland aufbauen wollen.
Start-up-Hype: Die Zeit der Einhörner ist vorbei
Lange galt das Fabelwesen mit Superkräften und ikonischem Horn als Lieblingsmetapher für erfolgreiche Start-ups. Dabei gibt es gute Gründe, warum Einhörner lieber in ihrer Fantasiewelt bleiben sollten und wir für unsere Gründerkultur neue Vorbilder brauchen. Wir wäre es zum Beispiel mit Zebras?
Die Gründer von Duschbrocken, Johannes Lutz und Christoph Lung, sind mit ihrem Produkt – einer festen 2-in-1-Dusch für Haut und Haar – in einem echten Trend-Markt unterwegs. Egal ob kleine Start-ups oder große Konzerne, alle wollen sich mit ihrer Marke im Bereich feste Pflegeprodukte positionieren. Revierkämpfe sind da vorprogrammiert und so manches Start-up mit Unicorn-Ambitionen würde üblicherweise sein Horn ausfahren und zum Angriff übergehen.
„Das ist doch Quatsch“, sagt Johannes Lutz. „Warum sollten wir Unternehmer*innen ausstechen wollen, die am Ende doch das gleiche Ziel haben wie wir: Weniger Plastik im Badezimmer! Wir sehen andere feste Pflegeprodukte nicht als Konkurrenz, sondern als Mitstreiter.“ Und damit wird bereits das Hauptmerkmal dieser neuen Gründer-Generation deutlich, die als Zebra-Bewegung betitelt wird: Im Fokus steht ein ökologisch oder gesellschaftlich bedeutsames Ziel – und nicht nur das eigene Wachstum.
Zebras reparieren, was Einhörner kaputtmachen
Geprägt wurde der Begriff in den USA, wo sich 2017 zunächst eine Hand voll Gründer zusammentat und in einem Text mit dem Titel „Zebras reparieren, was Einhörner kaputtmachen“ mit der bis dato weit vorherrschenden Gründerphilosophie des „Next Unicorn“ abrechneten. Demnach sei es lange Ziel gewesen, möglichst schnell zu wachsen, Konkurrenten auszustechen und dann den großen Exit mit viel Gewinn zu schaffen. Die Frage war lange: Wer hat das größte Horn? Übergeordnete Ziel wie ökologischer und moralischer Nutzen waren meist zweitrangig – wenn nicht gar nur schmückendes Beiwerk zu Marketing-Zwecken. Durch diese amoralischen Wachstumsstrategie seien der Theorie nach viele kleinere Unternehmen auf der Strecke geblieben – was am Ende der jungen Gründer-Szene aber auch den eigentlich bedeutsamen Meta-Zielen geschadet hat.
Auch hierzulande gibt es mit Start-ups wie Bracenet, Sause oder WingGuard zahlreiche Unternehmen, die einen echten Impact – sei es nun mit der Bekämpfung von Geisternetzen im Meer, Plastikflaschen am Waschbecken oder Umweltverschmutzung durch Masken-Müll – leisten wollen und dafür auch schnelle Gewinne an zweite Stelle setzen und Konkurrenten lieber unterstützen statt bekämpfen. Da bedeutet aber nicht, das Zahlen und Erfolg egal sind, denn was wäre schon sehr idealistisch. Vielmehr geht es darum, mehrere Ziele ausgewogen zu halten. „Und“ statt „Oder“.
Sprachrohr der Zebra-Bewegung
Aber warum braucht es dafür nun wieder einen neuen hippen Begriff aus den USA? „Klar gab es auch vorher in Deutschland schon Start-ups, die nicht nur das nächste große Ding werden wollten“, so Duschbrocken-Gründer Johannes Lutz. „Aber leider bekamen die auch oft weniger Aufmerksamkeit – sei es innerhalb der Szene, in den Medien oder schlussendlich damit auch beim Endverbraucher. Aber mit der Zebra-Bewegung gibt es nun auch in Deutschland ein großes Sammelbecken für uns, in dem wir uns zusammentun können, um mehr Gehör für die Sache zu bekommen. Denn: Zebras sind Herdentier; und gemeinsam sind die Überlebenschancen höher.“ Lutz selbst will deshalb ein wenig zum Sprachrohr dieser Bewegung in Deutschland werden und möglichst viele Gleichgesinnte zusammenbringen.
Und das gilt auch im Unternehmensalltag: „Wenn ich von anderen Start-ups höre, die zum Beispiel feste Handseife, Naturkosmetik oder auch ganz direkt festes Duschgel etablieren wollen, dann ist mein erster Impuls ‚Hey spannend, lass uns austauschen! Was können wir von euch lernen, was ihr von uns? Und wie können wir uns ergänzen?‘. Denn mal ehrlich: Durch Duschbrocken konnten bisher 1,5 Millionen Plastikflaschen im Bad eingespart werden. Das ist für uns persönlich ein super tolles Ergebnis – aber in diesem Land leben 80 Millionen Menschen, da ist alles noch viel möglich. Und das schaffen wir nicht allein.“
Unternehmensverlegung: Wenn das Ausland lockt
Viele Unternehmer befassen sich früher oder später einmal mit der Frage, ob eine (Teil-) Verlagerung ihres Unternehmens in das Ausland sinnig ist. Diese steuerlichen Chancen und Risiken sind dabei zu beachten.
Eine (Teil-)Verlagerung des eigenen Unternehmens in das Ausland kann, unter Aspekten der Steuerbelastungsminderung betrachtet, durchaus sinnvoll sein. Denn es gibt viele Staaten, die eine geringere Besteuerung der Unternehmensgewinne vornehmen als Deutschland. Gerade bei jüngeren Unternehmen, die ortsunabhängig agieren können, wie z.B. Influencer oder Onlinehändler, ist der Unternehmenssitz weniger von Bedeutung. Diese Unternehmen können durch die Verlagerung ihres Unternehmens ins Ausland die Steuerbelastung erheblich senken.
Allerdings ist eine steuerneutrale Verlegung des Unternehmens nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Es gibt eine Vielzahl von steuerlichen Regelungen, die hierbei zu beachten sind. Anderenfalls droht die Besteuerung sämtlicher stiller Reserven im Unternehmen. Im Grundsatz bedeutet dies, dass der Unternehmenswert bei Verlagerung in Deutschland zu besteuern ist und mithin Steuern zu zahlen sind, ohne dass ein Veräußerungsgewinn in Form von liquiden Mitteln zugeflossen ist. Nachfolgend wird die sog. Exit-Besteuerung dargestellt, die zwingend bei derartigen Überlegungen zu beachten ist.
Funktionsverlagerung
Das deutsche Außensteuergesetz (AStG) beinhaltet einige Vorschriften, die eine steuerneutrale Verlagerung von Steuersubstrat in das Ausland erschweren. Hierzu gehört u.a. die Regelung zur Funktionsverlagerung. Die Funktionsverlagerung ist gesetzlich in § 1 Abs. 3 S. 9 ff. AStG normiert und beinhaltet bereits nach dem Gesetzeswortlaut eine sehr weite Formulierung, wonach Funktionen einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken und der mit übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile von einer Funktionsverlagerung umfasst sind. Wurde das Unternehmen also bereits in Deutschland gegründet und hat es seine Tätigkeit aufgenommen, so sind seine Wirtschaftsgüter – auch etwaige immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. bisheriger Kundenstamm) – aber auch etwaige Geschäftschancen in Deutschland steuerverstrickt. Kommt es in Folge der Verlagerung ins Ausland zu einer Entstrickung, wird hierdurch ein Besteuerungstatbestand ausgelöst.
Allerdings bestehen seitens der Finanzverwaltung sog. BMF-Schreiben, die Ausnahmen hiervon enthalten können. So sollen bspw. Funktionsverdoppelungen grundsätzlich zu keiner (steuerpflichtigen) Funktionsverlagerung führen. D.h., wird neben der bereits bestehenden Funktion wie z.B. „Vertrieb“ eine weitere Vertriebsfunktion im Ausland begründet, so kann dies steuerneutral erfolgen, selbst wenn der Umsatz in Deutschland hierdurch in einem gewissen Umfang zurückgeht. Gleiches könnte nach Wortlautauslegung des BMF-Schreibens auch gelten, wenn das Unternehmen noch keinen größeren Unternehmenswert hat und die Umsätze nicht größer als 1 Mio. EUR sind.
Diese Regelungen könnten gerade für jüngere Start-ups von Interesse sein, da sie in der „Anfangsphase“ meist noch keinen größeren Unternehmenswert generiert haben.
Wegzugsbesteuerung
Die sog. Wegzugsbesteuerung i.S. des § 6 AStG umfasst im Wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mind. 1%, die von einer natürlichen Person gehalten wird. Diese Person muss insgesamt mind. 10 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland gewesen sein. Sobald diese unbeschränkte Steuerpflicht entfällt, wird eine fiktive Veräußerung der genannten Beteiligung angenommen, woraus eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns resultiert. Sollte das Unternehmen somit die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft innehaben, und der Gesellschafter verzieht ins Ausland, könnte dieses bereits die fiktive Veräußerung der Anteile bedeuten. Wie bei allen „fiktiven“ Besteuerungen ist besonders der Umstand hervorzuheben, dass keine tatsächliche Veräußerung, und somit auch kein Liquidationszufluss vorliegt, aber dennoch eine Steuerschuld zu begleichen ist. Eine Finanzierung der Steuerschuld könnte mitunter problematisch werden.
Von einer solchen Besteuerung gibt es auch Ausnahmen. Hat die Person die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und verzieht diese Person auch in ein EU Mitgliedstaat, so wird die geschuldete Steuer zinslos und ohne Sicherungsleistungen unbegrenzt gestundet. Hier sind jedoch zwei Aspekte zu beachten. Zum einen wird diese Stundung bei Eintreten bestimmter Ereignisse widerrufen (z.B. Veräußerung der Beteiligung), und zum anderen wird die Wegzugsbesteuerung derzeit reformiert. Es ist wahrscheinlich, dass im Rahmen der Gesetzesreform die Stundungsregelung in der bisher bestehenden Form entfallen wird.
Geschäftsführung
Bei Unternehmen, bei denen der Ort der Geschäftsführung weiterhin in Deutschland verbleibt, bspw. weil der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mit in das Ausland verzieht, sondern nur der Unternehmenssitz der Gesellschaft geändert wird, kann sich weiterhin eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht ergeben. Bei einer Kapitalgesellschaft ist für die Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht Voraussetzung, dass entweder der Sitz oder die Geschäftsleitung in Deutschland liegt.
Daher kann auch eine ausländische Kapitalgesellschaft mit ihren Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland sein. Allerdings kommen auch steuerliche Betriebsstätten bei bestehenden Inlandsaktivitäten – z.B. durch Angestellte oder Geschäftsführer – als Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung in Betracht. Diese steuerlichen Betriebsstätten begründen sodann eine beschränkte Steuerpflicht bezogen auf die inländischen Einkünfte.
Ist es die Absicht, das Unternehmen in das Ausland zu verlegen, und eine Steuerpflicht in Deutschland zukünftig zu vermeiden, ist es daher zumeist notwendig, dass auch der Gesellschafter-Geschäftsführer in das Ausland verzieht.
Hinzurechnungsbesteuerung
Die Hinzurechnungsbesteuerung ist in § 7 ff. AStG geregelt. Hierbei handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um eine Norm, die substanzarme ausländische Gesellschaften und ihre deutschen Gesellschafter betrifft. Das Einkommen solcher Gesellschaften gilt unter bestimmten Voraussetzungen für steuerliche Zwecke fiktiv an die inländischen Gesellschafter als ausgeschüttet. Hierfür muss eine unbeschränkt steuerpflichtige Person gegeben sein, die alleine oder mit anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen an der ausländischen Gesellschaft zu mehr als 50% beteiligt ist. Zudem muss die Gesellschaft sog. passives Einkommen (siehe Aktiv-Katalog gem. § 8 AStG) erzielen, welches niedrig besteuert wird. Eine Niedrigbesteuerung liegt derzeit bei einer Besteuerung von weniger als 25% im Ausland vor.
Als passives Einkommen können sehr vereinfacht ausgedrückt Einnahmen angesehen werden, für die die Gesellschaft als Zwischengesellschaft angesehen wird. D.h., die Gesellschaft übt ihre Tätigkeit im Wesentlichen unter Hinzuziehung ihres deutschen Gesellschafters aus. Eine Abgrenzung zu aktiven und passiven Einkünften ist § 8 AStG zu entnehmen. Oftmals handelt es sich bei solchen Gesellschaften um im Ausland gegründete Gesellschaften, ohne Büroräume o.ä., durch die der Gesellschafter seine Tätigkeit ausübt.
Sollte die Gesellschaft jedoch über bedeutsame Substanz verfügen (z.B. Räumlichkeiten, Angestellte) und besteht somit ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb, kann von der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung abgesehen werden.
Wie die Wegzugsbesteuerung, soll auch die Hinzurechnungsbesteuerung in Rahmen einer gesetzlichen Reform des AStG geändert werden. Dabei wird die Hinzurechnungsbesteuerung nicht abgeschafft, sondern lediglich in einigen Aspekten abgeändert. So ist es bspw. beabsichtigt die Niedrigbesteuerungsgrenze von derzeit 25% auf sodann 15% abzusenken.
Doppelbesteuerungsabkommen
Bei allen Erwägungen muss auch immer ein etwaiges Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) im Blick behalten werden. Ein DBA ist ein völkerrechtlicher Vertrag und regelt bilateral zwischen zwei Staaten die Zuordnung von Besteuerungsrechten an Einkünften, die nach nationalem Steuerrecht der jeweiligen Staaten besteuert werden können. Das Ziel eines solchen Doppelbesteuerungsabkommens ist die Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Hierfür kann es verschiedene Methoden geben. Ein solches Doppelbesteuerungsabkommen kann jedoch durch nationale Normen eingeschränkt werden. Daher ist es immer im Kontext mit dem nationalen Steuerrecht – wie dem AStG – zu betrachten.
Fazit
Das Ausland lockt meist mit niedrigen Steuersätzen, die im Vergleich zu Deutschland einen deutlichen Steuervorteil bringen können. Ist der Entschluss zu einer (teilweisen) Unternehmensverlagerung getroffen, so sind insbesondere die vorgenannten Aspekte immer im Voraus einer Verlegung zu betrachten, um etwaige steuerliche Risiken auszumachen. Im Nachhinein ist meist nur noch wenig zu retten.
Selbst wenn eine sog. Exit-Besteuerung in Deutschland unausweichlich ist, könnte dennoch eine Verlegung langfristig von Vorteil sein, da die Gewinne am Anfang meist noch vergleichsweise niedrig sind, und der Unternehmenswert erst im Laufe der Zeit aufgebaut wird. Die Exit-Besteuerung könnte somit im Vergleich zur Steuerersparnis in der Zukunft vorteilhaft sein. Um eine Vorteilsabwägung realistisch vornehmen zu können, wird eine Unternehmensbewertung aber unumgänglich sein.
Unter Umständen wird es auch erforderlich sein, dass der Gesellschafter in das Ausland verzieht. Im Ergebnis müssen auch die privaten Lebensumstände gegenüber den möglichen steuerlichen Vorteilen abgewogen werden. Meist ist bei rechtlichen Unsicherheiten auch die Beantragung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt empfehlenswert. Gerade bei Begehrung steuerneutraler Verlegungen können hiermit rechtliche Unsicherheiten beseitigt werden.
Der Autor Malte Geils ist Diplom-Steuerjurist (FH), Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht und Partner der PartG taxavis in Hamburg.

