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Eingetragene Genossenschaft (e.G.) - Gründerbericht

Vieles spricht dafür, als Genossenschaft (eG) zu gründen, besonders seit diese Unternehmensform weiter aufgewertet wurde. Was Sie über diese bisweilen unterschätzte Rechtsform wissen sollten.

Andreas Bosk hat ganz schön geschwitzt in den Messehallen. „Es war mehr als 30 Grad heiß“, erklärt er. Vielleicht standen dem 30-Jährigen aber auch deshalb ein paar Schweißperlen auf der Stirn, weil es die erste Messe in großem Stil war, die er selbst organisiert hat. 200.000 Euro und monatelange Arbeit haben Bosk und seine Mitstreiter in das Projekt Entscheider-Messe gesteckt. Da lastet ein gewisser Erfolgsdruck auf den Schultern. Umso erleichterter ist der Unternehmer nach dem Wochenende des 8. und 9. Juni. Die Messe war ein voller Erfolg, Bosk ist „mehr als zufrieden“. Wie erwartetet haben 3000 Besucher den Weg in die Göttinger Messehalle gefunden.

Die Entscheider-Messe in Göttingen ist eine Fachmesse für Unternehmer und leitende Angestellte aus Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung. Ziel der Veranstaltung ist einmal, dass die Teilnehmer Kontakte zu potenziellen Geschäftspartnern knüpfen, um ihre Netzwerke auszubauen und Aufträge zu akquirieren. Erklärtes Ziel ist aber auch, dass die Wirtschaftsleistung in der Region bleibt und so Arbeitsplätze erhalten bzw. geschaffen werden können. „Wirtschaftsförderung – aus der Region und für die Region“ nennt Bosk das Konzept. Entscheider-Messe – das ist nicht nur der Titel der in diesem Jahr erstmals durchgeführten Veranstaltung. Das Unternehmen – speziell für den Zweck gegründet, dieses Projekt zu stemmen – hat sich den gleichen Namen gegeben. Korrekt lautet der Name „Entscheider-Messe eG“ – und der Zusatz eG verrät, dass es sich dabei um eine Genossenschaft handelt. Fünf Unternehmer, neben Bosk sind das Marco Böhme, Florian Grewe, Sebastian Mauritz und Horst Wolf, haben für ihre Firma damit eine Rechtsform gewählt, die viele Gründer gar nicht erst in Betracht ziehen, geschweige denn umsetzen. „Die Genossenschaft führt ein Schattendasein – leider“, sagt Katja von der Bey, Geschäftsführerin und Vorstand  der WeiberWirtschaft eG in Berlin und Mitautorin der Broschüre Potenziale der Genossenschaften für Gründerinnen.

Nur noch drei Genossen notwendig

Das dürfte sich bald ändern. Seit das Genossenschaftsrecht im August 2006 novelliert wurde, ist es nämlich bedeutend attraktiver geworden, eine Genossenschaft zu gründen. Als entscheidende Verbesserung wurde die Mindestmitgliederzahl von sieben auf drei gesenkt. Daneben sind auf administrativer Ebene Erleichterungen eingeführt worden, die die Gründung einer eingetragenen Genossenschaft (eG) nicht nur einfacher, sondern zudem kostengünstiger macht. So wurden unter anderem die Prüfungsregelungen verschlankt. Kleinere Genossenschaften mit einem Jahresumsatz von weniger als zwei Millionen Euro bzw. einer Million Euro Bilanzsumme müssen sich nur noch alle zwei Jahre einer Prüfung unterziehen.

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Auch die Anforderungen an die Gremien wurden gelockert. Eine Genossenschaft mit bis zu 20 Mitgliedern braucht keinen Aufsichtsrat mehr, außerdem reicht ein einköpfiger Vorstand aus. „Insgesamt sind die Genossenschaften flexibler geworden“, sagt Andreas Eisen, Geschäftsführer der Berliner Geschäftsstelle des Genossenschaftsverbandes Norddeutschland e.V. mit Hauptsitz in Hannover. „Man kann die Genossenschaft individueller auf die Bedürfnisse der Mitglieder zuschneiden.“

Das Interesse wächst

Langsam spricht es sich unter potenziellen Gründern herum, dass eine Genossenschaft nach neuem Recht eine gute Alternative zu anderen Rechtsformen wie GmbH, Limited oder GbR darstellt. „Seit der Gesetzesänderungen gehen drei Mal so viele Anfragen bei uns ein“, hat Eisen beobachtet. Rund 70 Interessenten hätten sich in den ersten fünf Monaten diesen Jahres bereits beim Verband erkundigt. Auch Bosk und seine Mitstreiter profitieren von den Neuerungen. Eine Gründung mit nur fünf Mitgliedern wäre früher schließlich nicht möglich gewesen.

Nun reicht ein novelliertes Gesetz alleine nicht aus, um sich für oder gegen eine Rechtsform zu entscheiden. Das war auch Bosk klar, als er sich vor gut einem Jahr mit der Frage auseinander setzte, in welchen rechtlichen Rahmen man die Entscheider-Messe packen wollte. Also ging er die Alternativen durch: Eine GbR? Da wäre das Risiko zu groß gewesen. „Eine persönliche Haftung bei einer Messe auf 8500 Quadratmetern mit 119 Ausstellern und einem Finanzierungsvolumen von 200.000 Euro – das erschien uns zu risikoreich“, sagt Bosk. Eine GmbH? Sie schied wegen des Mindestkapitals in Höhe von 25.000 Euro aus.

In der Genossenschaft dagegen erkannten die Gründer viele Vorteile: Die persönliche Haftung ist auf ein Minimum, nämlich das eingebrachte Gesellschaftervermögen, begrenzt. Gleichzeitig verkörpert die Genossenschaft durch die Gründungsprüfung und die folgenden regelmäßigen Prüfungen durch einen Verband eine Rechtsform, die „nach draußen Seriosität verspricht“, wie Bosk es formuliert. „Man bekommt die Haftungsfreistellung – aber dafür muss man was tun“, führt er fort: einen Businessplan verfassen zum Beispiel, oder eine wasserdichte Kalkulation vorweisen. Nur wenn die Prüfung ergibt, dass die Genossenschaft auf gesunden Füßen steht, erhält man das Okay. „Das ist gut so, es ist die große Chance, den Unternehmen, mit denen man zusammenarbeitet, Vertrauen zu geben“, findet Bosk, der seit sieben Jahren außerdem als Consultant selbständig ist.

Eingetragene Genossenschaft: Nichts für Einzelkämpfer

Die Entscheidung für die Genossenschaft fiel aus den genannten Gründen. Eine Rolle spielte aber auch, dass es sich bei jedem der fünf Mitglieder der Entscheider-Messe um Unternehmer handelt, die selbst von der Messe profitieren. Diese wurde also auch im eigenen Interesse gegründet. Weil aber keiner der Unternehmer alleine ausreichende Kompetenzen besaß, wurden die speziellen Fähigkeiten der einzelnen eben zusammengeführt. „Jeder von uns brachte andere wichtige Kontakte mit, das war die Voraussetzung, damit die Messe erfolgreich werden konnte“, sagt Bosk.

Die Erläuterungen des Göttingers decken sich mit dem, wofür Genossenschaften traditionell stehen und wie es auch im Genossenschaftsgesetz verankert ist: Ein Grundgedanke der Genossenschaft ist die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Zielsetzung der Mitglieder durch den gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb. Somit steht nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund, sondern die jeweiligen Interessen der Mitglieder. „Der Erfolg einer Genossenschaft ist der Erfolg ihrer Mitglieder“, sagt von der Bey. Damit ist auch klar, dass diese Rechtsform nicht für Einzelkämpfer in Frage kommt. Vielmehr eignet sich die Genossenschaft für Teamgründungen sowie als Kooperationsmodell für Einzelunternehmer.

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eG als Kooperationsmodell

Ein solches Kooperationsmodell ist auch die Fischgut Nord eG im mecklenburgischen Ahrenshagen. Sie besteht aus sechs Landwirtschaftsbetrieben, der Firma PAL-Anlagenbau sowie ihrem Mitarbeiter Reiner Elies. Sie hat zum Ziel, Speisewelse zu produzieren und zu vermarkten. Dabei sind die Landwirte für die Fischproduktion zuständig, die PAL-Anlagenbau liefert die nötige Technik, und die Genossenschaft kümmert sich sowohl um die Bereitstellung von Setzlingen und Futter als auch um die Vermarktung der Fische. „Durch die Arbeitsteilung bei Produktion und Vermarktung wird die Konkurrenz der Mitglieder untereinander nahezu ausgeschaltet“, sagt Vorstand Reiner Elies. Doch das ist nicht der einzige Vorteil der Genossenschaft.

„Wir haben die Fischgut Nord als Erzeugergenossenschaft gegründet, weil es sich bei allen Beteiligten um Einzelfirmen mit unterschiedlichen Gesellschaftsstrukturen handelt“, erklärt Elies. „Will jemand ausscheiden oder ein neues Mitglied beitreten, ist das im Rahmen einer Genossenschaft leicht möglich, ohne dass das Vermögen angetastet wird.“ Außerdem sei es für die Mitglieder einer Genossenschaft leichter, am Ergebnis teilzuhaben, da die sogenannte Rückvergütung als Betriebsausgabe abzugsfähig ist. Eine optimale Organisationsform also? „Wenn man damit klar kommt, dass Beschlüsse gemeinschaftlich diskutiert werden – ja“, sagt der Diplom-Fischereiingenieur.

Grundprinzipien: Gleichbehandlung und Transparenz

Tatsächlich zeichnen sich Genossenschaften durch eine solidarische, demokratische, nach dem Grundsatz der Gleichbehandlung und Transparenz geprägte Struktur aus. Das muss man wissen – und wollen. Aber warum eigentlich nicht? „Dass das Genossenschaftsgesetz so angelegt ist, dass die Informationen offen fließen, hilft gerade Mitgliedern, die sich vorher nicht kannten, gegenseitig Vertrauen zu fassen“, findet Elies. Außerdem sind Transparenz und Mitarbeiterpartizipation moderne Unternehmensgrundsätze. „Und das sind wiederum Garanten für wirtschaftlichen Erfolg“, findet von der Bey.

Auf die Entscheider-Messe trifft das jedenfalls zu. „Wir arbeiten profitabel“, sagt der Unternehmer, bereits das erste Jahr werde man mit „einer schwarzen Null abschließen“. Dass das Ergebnis nur zustande kommt, weil jedes der Mitglieder viele unentgeltliche Arbeitsstunden ins Projekt investiert hat – darüber schauen die Gründer großzügig hinweg. Die Messe war erfolgreich, das zählt. Und daher planen die fünf Herren bereits eine Wiederholung. Nächstes Jahr wird es die Messe erneut geben, so viel steht fest. Allerdings soll der Termin auf den Frühling vorverlegt werden. Im April oder Mai muss man nämlich nicht ganz so viel schwitzen.

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