Schluss mit "Brockhaus-Thinking"

Design Thinking und Entrepreneurship

Autor: Hans Luthardt
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Prof. Ulrich Weinberg ist der deutsche Design-Thinking-Experte und Leiter der HPI School of Design Thinking in Potsdam. Gemeinsam mit der Uni Stanford nimmt die HPI School of Design Thinking eine Pionierrolle bei der Entfaltung und Verbreitung von Design Thinking ein.


Herr Prof. Weinberg, auf Ihrer Instituts-Homepage ist zu lesen: "Design Thinking ist mittlerweile mehr als nur ein kreativer Prozess. Die Strahlkraft besteht darin, neue und überraschende Formen der kreativen Zusammenarbeit zu ermöglichen." Was ist darunter zu verstehen?

Bei unserem Start 2007 lag in der Tat der Fokus auf Produkt- und Service-Innovation. Unsere Studenten haben neue Homeshopping-Verfahren ersonnen, Energiespar-Systeme entwickelt und die Jobsuche im Arbeitsamt optimiert. Unsere heterogenen Teams gehen dabei immer so vor als wären sie ein Startup, das gerade ganz frisch an die Lösung dieses Problems herangeht und mehr mit dem offenen Blick in die Zukunft als mit dem Ballast der Vergangenheit unterwegs ist.

Das führt oft zu überraschenden Ergebnissen, die unsere Projektpartner, große multinationale Konzerne, mittelständische Unternehmen, NGOs und öffentliche Einrichtungen, schon früh für die hohe Effizienz und Wirksamkeit unseres Ansatzes begeisterte. Mittlerweile trainieren wir am HPI in Potsdam neben den 240 Studierenden pro Jahr ca. 1000 Management-Vertreter aus allen Bereichen, denen es gar nicht mehr so sehr darum geht, Produkte oder Services zu optimieren, sondern eher, mit Design Thinking neue, effiziente Formen kollaborativer Innovationsentwicklung zu erlernen und damit ihre gesamte Unternehmenskultur zu verändern.

Design Thinking zielt darauf ab, komplexe und sehr dynamische Systeme "handhabbar" zu machen – gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung von Geschäftsmodellen und -prozessen. Welches sind die wichtigsten Instrumente dafür?

Die Digitalisierung nahezu aller Arbeitsprozesse ist maßgeblich verantwortlich für den wachsenden Veränderungsdruck, den wir alle spüren, der in den letzten Jahren nicht mehr linear sondern eher exponentiell steigt. Die rasant zunehmende digitale Vernetzung der Welt forciert auch eine Veränderung im Denken, eine Abkehr vom analogen, trennenden Denken, hin zu einem neuen verbindenden, auf Vernetzung setzenden Denken. Auf diesem Weg vom „Brockhaus-Thinking“ zum „Network-Thinking“ wie ich es nenne, bietet Design Thinking mit dem Fokus auf kollaborative Fähigkeiten, iterative Prozesse und variable Räume die nötigen kulturverändernden Elemente. Das Team steht im Fokus, nicht mehr der Einzelne - Arbeitsprozesse bewegen sich in Schleifen, nicht mehr linear und der Arbeitsplatz wird zu einem flexiblen Ort der kreativen Zusammenarbeit, nicht mehr Ort des Einzelkämpfertums.

Hier spielen Belohnungssysteme eine entscheidende Rolle. Bis heute praktizieren Schulen, Hochschulen und Unternehmen Belohnungsmodelle, die zum allergrößten Teil auf Bewertung und Belohnung von Einzelleistung setzen. Diese Art der Belohnung ist für eine wirkungsvolle Zusammenarbeit allerdings eher hinderlich als förderlich. Wir haben in Potsdam die Einzelbewertung komplett abgeschafft, keine Noten, keine Credit-Points. Dies führt zu einer Veränderung auch in der Fehlerkultur: jeder Einzelne traut sich eher auch mal eine verrückte Idee zu äußern, die dann möglicherweise zu einem außergewöhnlichen Lösungsansatz führt – die Qualität der Ergebnisse wird besser und die Arbeit macht mehr Spaß.

Wie wird hierzulande an den Unis – im Vergleich zu Stanford – das Thema Design Thinking gelebt? Welchen Stellenwert hat es insbesondere im Bereich Entrepreneurship?

Für die Entwicklung unternehmerischer Potenziale ist das Thema Design Thinking, so praxisorientiert und radikal multidisziplinär wie es an den HPI D-Schools in Potsdam und in Stanford gelehrt wird, extrem wirksam, wie alleine die vielen Gründungen an beiden Standorten in den letzten Jahren belegen. In anderen Universitäten in Deutschland wird Design Thinking – wenn überhaupt – bisher meist in Einzelkursen im Rahmen eines bestimmten Studiengangs unterrichtet. Dies geschieht dann häufig weder integrativ noch fachübergreifend und ist auch vom Ansatz her eher theoretisch als praxisorientiert. Zudem zählt meist immer noch die Leistung des Einzelnen: in der Deutschen Hochschullandschaft wird gerade erst damit begonnen, Studierende in der Teamarbeit zu schulen – nicht immer mit Design Thinking, aber immer häufiger.

Studierende der HPI D-School profitieren nicht nur theoretisch von Ihren Angeboten. Jedes Semester stellen sie sich den praktischen Herausforderungen von bis zu 16 Projektpartnern und deren Problemen. Auch kleine Unternehmen sind darunter - welche Probleme konnten mit bzw. für diese gelöst werden?

Zu den kleinen Unternehmen, NGOs uns StartUps, für die unsere Studierenden bereits Lösungen entworfen haben gehören beispielsweise Schülerpaten Berlin, MyActivities, Flightright, das Mahler Chamber Orchestra und das Oberlinhaus. Die Herausforderungen, die unsere Projektpartner mitbringen, sind so unterschiedlich wie die Firmen selbst - für das Oberlinhaus gab es z.B. eine Challenge aus dem Bereich Social Innovation zu lösen: „Neugestaltung des Innovationspreises für Sozialarbeit in einer Welt, in der die Ideen der Sozialunternehmer von großen Wohlfahrtsverbänden umgesetzt werden können“, für das Mahler Chamber Orchestra war die Challenge hingegen ganz praktisch aus dem Alltag gegriffen: “Neugestaltung der Orchestererfahrung für kulturelle Flaneure (Kulturinteressierte, aber noch nicht Konzertbesucher), um eine sinnvolle Präsenz des Orchesters mit Mehrwert für das kulturelle Leben in Berlin zu etablieren”.

Viele Absolventen nutzen auch das Erlernte, um ihr eigenes Start-up zu gründen und an den Markt zu gehen. Geben Sie uns hierzu bitte ein paar Erfolgsbeispiele?

Gerne. Schon seit Gründung der HPI D-School gab es immer wieder Absolventen, die weiter gemeinsam mit ihren Kommilitonen arbeiten und ihre Ideen weiterverfolgen, bzw. neue umsetzen wollten – mittlerweile hat die D-Schools über 60 Spin-Offs. Darunter sind nicht nur Agenturen, die das Thema Design Thinking weitertragen (z.B. Dark Horse, Launchlabs, innoki), sondern auch viele andere kreative Ideen wie Dienstleistungen, Produkte, etc. Dazu zählen zum Beispiel das Education Innovation Lab (Wie sieht die Zukunft des Lernens aus?), das gerade den Publikumspreis beim diesjährigen Wettbewerb der Social Entrepreneurship Academy gewonnen hat, die Spin-Offs Jyoti (faire Kleidung aus Indien) und room in a box (flexible Möbel aus Pappe) die für den smart hero award und den Berliner Crowdfunding-Preis nominiert sind.

Im Rahmen der International Design Thinking Week in Berlin hatten Sie u.a. Gründer und Start-ups nach deren Bedürfnissen hinsichtlich der optimalen räumlichen Rahmenbedingungen für effektives Design Thinking befragt. Was waren bzw. sind die wichtigsten Erkenntnisse?

Die wichtigste Erkenntnis war sicherlich: Connect with people, not with the wifi! Selbst in einem so modernen Umfeld mit räumlich und technisch besten Voraussetzungen wie der Factory ist es für das Team und die ansässigen Firmen überraschenderweise nicht immer einfach, sich untereinander wirklich kennenzulernen. Bei ihrer Feldforschung fanden unsere Studierenden heraus, dass es den co-workern selbst in den Bereichen, die eigens für die Vernetzung geschaffen wurden (wie z.B. die Küche bei SoundCloud) schwer fiel, sich mit ihren Kollegen zu vernetzen. Anstatt aktiv aufeinander zuzugehen fanden viele es einfacher, in ihren alten workflows zu bleiben. Um also den Austausch von Ideen und das „Miteinander“ zu fördern entwarfen unsere Studententeams verschiedene Lösungsansätze – sozusagen den Funken, der das Networking anfacht.

Design Thinking ist ja per Definition kein fertiges "Produkt" – welches Entwicklungspotenzial sehen Sie?

Ja, richtig, Design Thinking bewegt sich in dem dynamischen Dreieck von Kollaboration, Iteration und variablen Räumen und wird durch die permanente Weiterentwicklung immer spannender für die Transformationsprozesse, denen sich große Konzerne gerade ausgesetzt sehen.

Design Thinking bewegt sich nach meiner Wahrnehmung immer stärker in den organisationalen Veränderungsprozess und kann hier mit dem dynamischen Dreieck wertvolle Hilfestellung leisten. Es bietet nicht nur Antworten auf die Frage, in welchen Konstellationen und mit welchen Prozessen wir in Zukunft arbeiten werden, sondern schärft auch das Bewusstsein dafür, dass die räumlichen Gegebenheiten verändert werden müssen, damit die neue Art des Zusammenarbeitens überhaupt stattfinden kann.

Hinzu kommt der unternehmerische Geist, der mit Design Thinking geweckt wird – alleine die HPI D-School hat in den letzten Jahren mehr als 60 Start-ups und Spin-Offs hervorgebracht. Gerade große Unternehmen sind heute mehr denn je auch der Suche nach diesem Entrepreneurial Spirit, der dringend für den permanenten Erneuerungsprozess benötigt wird.

Was raten Sie Gründern, die Design Thinking nutzen wollen?

Heutige Start-ups sind zu Beginn nahezu alle automatisch in einem Design-Thinking-Modus ohne es zu wissen bzw. so zu nennen. Digital Natives, die heute gründen, sind in einer vernetzten Welt groß geworden und verhalten sich entsprechend. Man sollte sich jedoch dessen bewusst sein, dass unser Bildungssystem mit der Konditionierung zum Brockhaus-Denken auch an jungen Gründern nicht spurlos vorbeigegangen ist.

Die Herausforderung ist, speziell in den nötigen Wachstumsphasen, nicht wieder zurückzufallen in überkommene Denk- und Handlungswege. Sowohl bei der Entwicklung des eigentlichen Produktes oder Services ist es sinnvoll, sich immer nach am Menschen und in Iterationsschleifen zu bewegen als auch beim Aufbau der eigenen Organisationsstruktur und immer darauf zu achten, Kollaboration vor Wettbewerb zu stellen.

Hier geht's zur HPI School of Design Thinking

Das Interview führte Hans Luthardt

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Innovation Leadership

Wie du Innovative Work Behavior in deinem Start-up von Anfang an gezielt entwickelst, förderst und damit dauerhaft erhältst.

Die allermeisten Unternehmen starten mit einer leuchtenden Vision: Sie wollen für eine große Idee aufbrechen, vielleicht sogar die Welt verändern. Dahinter stecken Mut, Kreativität und Entschlossenheit. Die Köpfe sind voller Gedanken und Zukunftsbilder, die Stimmung ist enthusiastisch. Doch häufig passiert dann etwas zwischen zwei Fundings, dem Teamwachstum oder den nicht enden wollenden To-do-Listen: Diese lebendige, sprudelnde Innovationskraft, die zu Beginn ganz selbstverständlich war, geht nach und nach verloren.

Innovation entsteht nicht durch bunte Post-its an der Wand. Grundlage für Innovation in Teams ist vielmehr das innova­tive Verhalten der Menschen in der Organisation. Der Nähr­boden dafür sind Räume, in denen Ideen geäußert und Experimente gewagt werden dürfen. Ein Schlüssel dafür ist die entsprechende Führung. Dadurch kann sich eine Unternehmenskultur etablieren, die innovatives Verhalten nicht nur kurzfristig bedient, sondern langfristig für Ideen, Weiter- und Neuentwicklungen sorgt. Doch was braucht es nun konkret, damit dieses innovative Verhalten entsteht und auch dauerhaft bleibt? Und wie können Gründer*innen von Anfang an genau diesen Rahmen schaffen?

Innovatives Verhalten dauerhaft verankern

Innovation wird häufig mit einem neuen Produkt oder einer neuen Dienstleistung gleichgesetzt. Doch ganz wenige machen sich Gedanken, wie der Weg dorthin verläuft: Was braucht es, um innovativ zu sein? Was ist notwendig, damit es nicht bei einer einzigen Idee bleibt, sondern sich daraus ein dauerhaftes innovatives Verhalten entwickelt, das den gesamten Unternehmensalltag prägt? Genau hier setzt der wissenschaftliche Begriff „Innovative Work Behavior“ an: Er beschreibt die Fähigkeit und Bereitschaft von Mitarbeiter*innen, aktiv neue Ideen einzubringen, Bestehendes zu hinterfragen und Lösungen jenseits ausgetretener Pfade zu entwickeln.

Dieses Verhalten ist in jedem Unternehmen wichtig. Besonders in Organisationen, die stark auf Innovation angewiesen sind, ist es überlebenswichtig. Häufig müssen sich diese Unternehmen neuen Herausforderungen stellen, sich schnell anpassen und mit knappen Ressourcen arbeiten. Ohne ein Team, das immer wieder bereit ist, kreativ zu denken und mutig zu handeln, bleibt Innovation nur ein Buzzword an der Bürowand oder im Slide-Deck.

Innovative Work Behavior zeigt sich zum Beispiel, wenn Teammitglieder proaktiv Verbesserungsvorschläge einbringen, für diese einstehen und sie auch selbst weiterentwickeln können. Es entsteht, wenn Menschen nicht nur mitdenken, sondern auch mitgestalten – und sich dabei sicher fühlen, auch mal eine ungewöhnliche und zunächst verrückt klingende Idee zu äußern.

Dieses Verhalten braucht Raum, Anerkennung und eine Kultur, die mehr belohnt als nur den reibungslosen Ablauf oder die perfekte, glänzende Endlösung. Denn genau diese kleinen, manchmal noch unfertigen Impulse sind oft die Samen für die nächste große Entwicklung.

Psychologische Sicherheit: Der unsichtbare Nährboden für mutiges Denken

Innovatives Verhalten ist eng damit verknüpft, ob sich Menschen sicher fühlen: Angst, Scham oder der Druck, „keine Fehler machen zu dürfen“, oder das Gefühl, sowieso nicht gehört zu werden, wirken wie lähmendes Gift. Das Konstrukt dahinter bezeichnen Forschende als psychologische Sicherheit: den unsichtbaren Nährboden für neue Ideen. Es ist das Gefühl, dass ich meine Meinung äußern darf, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen, dass ich Fragen stellen darf, auch wenn sie „dumm“ wirken, und dass ich Fehler machen darf und daraus lernen kann. In Teams, die psychologische Sicherheit erleben, trauen sich Menschen, unkonventionelle Gedanken auszusprechen, unbequeme Wahrheiten anzusprechen und Risiken einzugehen. Diese Räume wirken wie ein Experimentierfeld statt wie eine Fehlerfalle. Hier herrscht Offenheit für neue Ideen, Hinweise, kreative Gedankenblitze.

Die Leitung bzw. Führung eines Unternehmens spielt hier eine entscheidende Rolle: Sie bestimmt diese Kultur der Offenheit und des Vertrauens mit. Wer als Führungskraft selbst Fehler teilt, Unwissen eingesteht und aktiv nach Perspektiven fragt, öffnet die Tür für andere. Psychologische Sicherheit entsteht nicht durch schöne Werte an der Wand, sondern durch wiederholtes, gelebtes Verhalten. Dabei geht es nicht immer nur um Fehler und das Lernen daraus, sondern auch um das wertschätzende Hinterfragen: Es braucht eine Umgebung, in der Fragen gestellt werden dürfen, auch wenn sie unbequem sind. Eine Umgebung, in der nicht nur glänzende Ergebnisse zählen, sondern auch die Geschichten dahinter – die Irrwege, das Ringen und die Zweifel. Psychologische Sicherheit ist damit kein netter Soft-Faktor, sie ist die unverzichtbare Basis für innovatives Verhalten.

Freiräume für Innovation schaffen

Gleichwohl eröffnen sich ganz viele praktische Möglichkeiten: in Meetings explizit Raum für offene Fragen einplanen, „unfertige“ Ideen ausdrücklich willkommen heißen, die eigenen Irrwege sowie Zweifel teilen und immer wieder deutlich machen: „Hier darf gedacht, ausprobiert und auch mal danebengegriffen werden.“ Denn nur dort, wo Menschen mutig sein dürfen, entsteht echtes, lebendiges Innovationsverhalten.

Genau diese Freiräume sind auch ein Ort, an dem innovatives Verhalten und schlussendlich Innovationen entstehen. Diese Freiräume sind kein Luxus, den man sich irgendwann einmal leisten kann – sie sind die Voraussetzung für lebendige Innovationskraft in jedem Unternehmen. Prominente Beispiele wie 3M oder Google zeigen eine Möglichkeit: Dort dürfen Mitarbeitende einen Teil ihrer Arbeitszeit (z.B. 15 bis 20 Prozent) für eigene Projekte und Ideen nutzen. Dabei werden Räume geschaffen, in denen nicht alles kontrolliert und überwacht wird, sondern Vertrauen die Grundlage ist und Mitarbeiter*innen Dinge jenseits der Kernaufgaben ihrer Rolle ausprobieren dürfen. Statt Perfektion zu fordern, geht es darum, iterative Lernzyklen zu ermöglichen: ausprobieren, reflektieren, neu gestalten.

Jede vermeintlich „falsche“ Abzweigung wird dabei nicht als Makel angesehen, sondern als ein Baustein auf dem Weg zur nächsten besseren Lösung. Führung, die so denkt, ermöglicht genau diese iterative Weiterentwicklung. Dafür gilt es, sich bewusst Zeit und Raum zu nehmen – auch für Dinge, die nicht sofort in einem messbaren Return-on-Invest münden. Schon etliche Ideen aus solchen Freiräumen sind in großartigen Produkten und Dienstleistungen gemündet, wie zum Beispiel Gmail bei Google.

Nicht jedes Unternehmen kann und möchte nun gleich 20 Prozent Freiraum für alle einräumen. Das muss auch nicht sein: Es gibt unterschiedliche Wege, Freiräume zu schaffen – etwa durch feste Innovationsblöcke, thematische Fokus-Tage oder flexible Zeitkontingente, die situativ eingesetzt werden können. Ein entscheidender Erfolgsfaktor bei all diesen Konzepten ist jedoch, dass diese Zeiten eine fest verankerte, wenn auch variable Struktur darstellen und nicht bei der ständig währenden „Ich-muss-noch-schnell-etwas-fertig-machen“-Welle weggespült werden. Denn hinter dieser Struktur steht die feste Verbindung in der Unternehmenskultur. Diese Zeiten werden damit Ausdruck einer tiefen Überzeugung in der Organisation: Ständige Weiterentwicklung und Neugier sind nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich gewollt und verankert. Sie werden aktiv wertgeschätzt und gefördert.

Somit wird klar: Innovation ist kein linearer Sprint, sondern ein wellenartiger Prozess, der auch strategisch unterstützt werden kann. Führung, die das versteht, wird zur Quelle nachhaltiger Energie und hält die Innovationskraft langfristig lebendig. Am Ende geht es darum, dass Menschen ihr Potenzial entfalten können, dass Mitarbeitende Ideen einbringen und weiterentwickeln dürfen. Entscheidend dafür ist in einem beträchtlichen Maße die Haltung der Leitungsebene genau zu diesem Thema.

Die Autorin Katharina Lipok ist Teamentwicklerin, Leadership Coach und Lehrbeauftragte für Innovation Leadership.

Jetzt erst recht: Wie Krisen echte Gründer*innen hervorbringen

Deutschland erlebt ein Gründungs-Revival: 2024 wurden rund 585.000 neue Unternehmen registriert – ein Plus von 3 Prozent nach Jahren des Rückgangs. Dabei entstehen in Krisenzeiten oft die stärksten Innovationen: BioNTech, Flix oder 1komma5° wurden in Umbruchsphasen gegründet und sind heute Marktführer. Doch warum zögerten viele gerade während Pandemie und Energiekrise? Es fehlt nicht nur an Risikokapital, sondern auch am Mut, neue Wege zu gehen. Jetzt ist ein radikales Umdenken gefordert: weniger Angst vor dem Scheitern, mehr Fokus auf nachhaltige Geschäftsmodelle und Zukunftsmärkte. Warum Krisen der beste Zeitpunkt sind, um groß zu denken, liest du im Folgenden.

Inflation, Unsicherheit, Strukturwandel: Viele Menschen schrecken aktuell vor dem Schritt in die Selbstständigkeit zurück. Steigende Preise, schwankende Märkte und unklare Zukunftsaussichten lassen viele potenzielle Gründer*innen zögern. Doch genau in solchen Umbruchsphasen entstehen traditionell die stärksten Innovationen. Während der Finanzkrise 2008–2010 entstanden weltweit Startups wie Airbnb und Uber, die heute Milliardenunternehmen sind. Auch in Deutschland gibt es Beispiele: BioNTech (2008) stellte mitten in unsicheren Märkten die Weichen für mRNA-Forschung und rettete während Corona Millionen Leben. Flix (2013) nutzte die Krise und die Fernbus-Liberalisierung, um ein global führendes Mobilitätsunternehmen aufzubauen. Auch jüngere Unicorns wie Personio (HR-Tech) oder 1komma5° (Solar) zeigen: Krisen eröffnen enorme Chancen für diejenigen, die mutig handeln.

Paradox ist jedoch, dass ausgerechnet in den Hochzeiten der jüngsten Krisen – Pandemie, Energiepreisschock, geopolitische Unsicherheit – die Gründungsquote in Deutschland zunächst eingebrochen ist. Viele hielten sich zurück, aus Angst vor Risiko. Doch genau das macht die aktuelle Entwicklung so spannend: Nach Jahren des Rückgangs deutet sich eine Trendwende an. 2024 wurden in Deutschland rund 585.000 neue Unternehmen registriert – ein Plus von 3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wenn alte Geschäftsmodelle ins Wanken geraten und bestehende Strukturen nicht mehr funktionieren, öffnet sich Raum für neue Ideen, kreative Geschäftsansätze und disruptive Technologien.

Wer heute gründet, baut nicht nur ein Unternehmen auf, sondern gestaltet aktiv die Zukunft mit. Die aktuelle Krise ist kein Hindernis, sondern ein Katalysator für Fortschritt. Doch warum ist die Gründungsquote in Deutschland in den Hochzeiten der letzten Krisen nicht gestiegen, sondern sogar gesunken? Die Gründe sind vor allem im Mindset zu sehen: zu viel Vorsicht, zu wenig Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Viele lassen sich von gescheiterten Start-up-Stories entmutigen – anstatt von erfolgreichen Beispielen inspirieren. Hinzu kommt die Finanzierungslücke: Während in den USA oder UK auch Frühphasen-Investments leichter zugänglich sind, stoßen Gründer*innen hierzulande oft auf Hürden.

Ein neues Narrativ für Gründer*innen

Laut KfW-Gründungsmonitor 2025 bevorzugen 36 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Selbständigkeit gegenüber einer Anstellung. Die Planungsquote für Gründungen ist nach einem Tief im Jahr 2023 wieder gestiegen – aktuell verfolgen 4,9 Prozent der Bevölkerung konkrete Gründungspläne.  Gefordert ist ein Umdenken im Gründungsdiskurs: weg vom Businessplan-Dogma, hin zu Haltung, Resilienz und echten Netzwerken. „Zu viele bleiben in ihrer Idee stecken, anstatt ins Handeln zu kommen. Gerade in aktuellen Krisenzeiten zeigt sich, wer bereit ist, Systeme zu hinterfragen – und bessere aufzubauen. Wir brauchen Gründer*innen, die nicht nur an kurzfristigen Profit denken, sondern langfristig nachhaltige Unternehmen schaffen. Dabei zeigen die vergangenen Jahre, wie wertvoll Gründungen für eine ganze Volkswirtschaft sind. Weltweit wurden in Krisen neue Branchen geformt: Mobility (Flix), HealthTech (BioNTech), Renewable Energy (Enpal) oder HR-Tech (Personio). In unsicheren Zeiten wächst der Innovationsdruck dort am stärksten, wo alte Strukturen versagen – etwa im Gesundheitswesen, im Energiesektor oder in der digitalen Infrastruktur. Wer hier investiert, schafft nicht nur neue Geschäftsmodelle, sondern stärkt zentrale Zukunftsfelder.

Wirtschaftliche Bedeutung von Gründungen

Unternehmensgründungen sind weit mehr als individuelle Erfolgsgeschichten. Sie schaffen jedes Jahr Hunderttausende neuer Arbeitsplätze, treiben Innovationen voran und stärken den Wettbewerb – ganz nebenbei entlasten sie auch die öffentlichen Haushalte durch Steuererträge. Laut KfW Research tragen Start-ups entscheidend dazu bei, neue Technologien schneller in den Markt zu bringen und so die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu sichern. Auf den Punkt gebracht: Wer gründet, schafft nicht nur für sich selbst neue Chancen, sondern immer auch für andere: Arbeitsplätze, Perspektiven und Impulse für ganze Branchen. Gründungen sind kein Nischenphänomen – sie sind ein zentraler Motor unserer Wirtschaft.

Auch im internationalen Vergleich zeigt sich Nachholbedarf: Nach OECD-Daten lag der Anteil von Venture Capital am deutschen Bruttoinlandsprodukt 2021 bei lediglich rund 0,11 Prozent – in den USA war er fast fünfmal so hoch. Wenn wir international mithalten wollen, müssen wir mutiger werden – und Krisen endlich als das sehen, was sie sind: der beste Zeitpunkt für neue Ideen und starke Unternehmen. Ich kenne diese Dynamik aus erster Hand: Mit meiner Beteiligung an GreenTech-Unternehmen wie Febesol und Thermondo will ich auch zeigen, dass nachhaltige Geschäftsmodelle gerade in Krisenzeiten enorme Relevanz gewinnen können – für die Umwelt, für Investor*innen und für ganze Wirtschaftszweige.

Generation Z denkt Gründen neu

Gerade die Generation Z bringt frischen Wind in die Gründungsszene. Studien zeigen, dass viele junge Menschen heute bereits unternehmerisch denken – aber zu eigenen Bedingungen: digital, flexibel und sinnorientiert. Laut der Bertelsmann-Studie „Pioneering Gen Z Entrepreneurs“ streben Gen Z-Gründer*innen bewusst nach Nachhaltigkeit, Anpassungsfähigkeit und kollaborativen Arbeitsweisen. Dabei verbinden sie wirtschaftlichen Erfolg mit Selbstbestimmung, Work-Life-Balance und Purpose – und schaffen so ein neues Gründer-Mindset.

Diese neuen Gründer*innen fragen nicht nur nach Rendite, sondern auch nach Sinn und Selbstbestimmung. Doch um dieses Potenzial freizusetzen, braucht es Rückenwind: weniger Bürokratie, bessere Förderprogramme, Steuererleichterungen, Zugang zu Risikokapital. Denn ohne den finanziellen Spielraum laufen viele gute Ideen Gefahr, in der Konzeptphase stecken zu bleiben. Deutschland kann es sich nicht leisten, Gründungstalente mit Purpose-Mindset zu verlieren. Wir brauchen mutige Anreize für die Generation, die bereit ist, Verantwortung zu übernehmen.

Der Autor Daniel Fellhauer ist Seriengründer, Transformationsexperte und Buchautor. 2009 gründete er während der Finanzkrise die FEBESOL GmbH und baute in den Folgejahren mehrere Unternehmen im Bereich Solar, Wärmepumpen und erneuerbare Energien auf. Heute ist er Chief Transformation Officer bei Thermondo und eingesetzter CEO bei FEBESOL.

Das Einfamilienhaus: Investition in Unabhängigkeit und Lebensqualität

Das Einfamilienhaus bleibt ein Symbol für Freiheit, Stabilität und Individualität. Wie modernes Bauen neue Maßstäbe setzt.

Der Traum vom eigenen Haus ist nach wie vor lebendig. Gerade für Gründer*innen und unternehmerisch denkende Menschen steht das Einfamilienhaus sinnbildlich für Erfolg, Unabhängigkeit und Lebensqualität. Doch ein Eigenheim ist heute weit mehr als nur ein Dach über dem Kopf – es ist eine Investition in die eigene Zukunft und ein Ausdruck individueller Lebensentwürfe.

In einer Zeit, in der Werte wie Beständigkeit, Nachhaltigkeit und persönliche Freiheit an Bedeutung gewinnen, rückt das Einfamilienhaus als Lebens- und Arbeitsraum zunehmend in den Fokus.

Warum das eigene Haus mehr als nur ein Wohnraum ist

Ein Eigenheim bietet weitreichende Vorteile, die über das reine Wohnen hinausgehen:

  • Unabhängigkeit: Keine Mietsteigerungen, keine Abhängigkeit von Vermieter*innen.
  • Sicherheit: Eine Immobilie kann als wichtige Säule der Altersvorsorge dienen.
  • Individualität: Architektur, Ausstattung und Raumaufteilung lassen sich den eigenen Vorstellungen anpassen.
  • Wertsteigerung: Gerade in begehrten Lagen entwickeln sich Einfamilienhäuser oft positiv in ihrem Marktwert.
     

Nicht zuletzt schafft ein eigenes Haus Raum für Entfaltung – sei es für die Familie, für Hobbys oder für berufliche Aktivitäten im Homeoffice.

Moderne Anforderungen an das Einfamilienhaus

Der Anspruch an das Einfamilienhaus hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert. Heute zählen nicht nur Größe und Lage, sondern auch:

  • Energieeffizienz: Häuser sollen den Energieverbrauch minimieren und gleichzeitig den Wohnkomfort maximieren.
  • Nachhaltige Baustoffe: Umweltbewusstes Bauen rückt stärker in den Fokus.
  • Flexibilität: Grundrisse sollten an veränderte Lebensphasen anpassbar sein.
  • Technische Ausstattung: Smart-Home-Technologien gehören zunehmend zum Standard.
     

Wer heute baut oder kauft, achtet darauf, dass das Haus nicht nur den aktuellen Bedürfnissen entspricht, sondern auch zukünftige Anforderungen abdeckt.

Wege zum eigenen Einfamilienhaus: Planung und Umsetzung

Der Weg zum Einfamilienhaus beginnt mit einer gründlichen Planung. Wichtige Schritte sind:

1. Bedarfsanalyse: Wie viele Räume werden benötigt? Welche Flächen sind gewünscht? Welche Zukunftsszenarien sollen berücksichtigt werden?

2. Budgetplanung: Neben den Baukosten müssen Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Außenanlagen einkalkuliert werden.

3. Grundstückssuche: Lage, Größe, Erschließung und Umfeld sind entscheidende Faktoren für den späteren Wert und die Lebensqualität.

4. Partnerwahl: Ob Architekt*in, Bauträger oder Fertighausanbieter – die Wahl der richtigen Partner*innen beeinflusst Zeitplan, Qualität und Kosten erheblich.


Viele Bauinteressierte setzen dabei auf erfahrene Anbieter, die nicht nur Bauleistungen liefern, sondern auch Unterstützung bei der Finanzierung, Fördermittelberatung und Bauabwicklung bieten.

Zukunftsfähiges Bauen: Nachhaltigkeit, Technik, Individualität

Das Einfamilienhaus von heute muss mehr können als nur Schutz bieten. Gefragt sind zukunftssichere Konzepte, die ökologisches Bauen, moderne Technik und persönliche Wünsche in Einklang bringen.

Wichtige Trends:

  • Effizienzhaus-Standards: Wer heute baut, orientiert sich oft an Standards wie KfW-40 oder KfW-55, um von Förderprogrammen zu profitieren und Energiekosten dauerhaft zu senken.
  • Smart Home: Intelligente Heizungs-, Licht- und Sicherheitssysteme sorgen für Komfort und optimieren den Energieverbrauch.
  • Nachhaltige Materialien: Holz, Naturdämmstoffe und ressourcenschonende Bauweisen stehen hoch im Kurs.
  • Flexible Nutzungskonzepte: Häuser mit Homeoffice-Möglichkeiten, Einliegerwohnungen oder variablen Grundrissen passen sich wandelnden Lebenssituationen an.
     

Besonders zukunftsorientierte Anbieter kombinieren diese Trends zu Gesamtkonzepten, die sowohl ökonomische als auch ökologische Aspekte berücksichtigen.

Herausforderungen und Chancen

Natürlich bringt der Bau eines Einfamilienhauses auch Herausforderungen mit sich:

  • Baurechtliche Vorgaben können die Gestaltungsspielräume beeinflussen.
  • Baukosten sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
  • Energie- und Klimaschutzauflagen erfordern vorausschauende Planung.
     

Doch die Chancen überwiegen: Wer sich intensiv vorbereitet, kluge Entscheidungen trifft und auf erfahrene Partner setzt, schafft Werte, die über Generationen Bestand haben können.

Gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten bietet ein selbstgenutztes Einfamilienhaus eine stabile Grundlage und eröffnet neue Möglichkeiten – von familiärer Geborgenheit bis hin zur flexiblen Nutzung als Arbeitsplatz.

Das Einfamilienhaus als Fundament für die Zukunft

Das Einfamilienhaus bleibt ein zeitloser Klassiker – und entwickelt sich gleichzeitig weiter. Es vereint individuelle Freiheit, wirtschaftliche Stabilität und nachhaltige Lebensqualität unter einem Dach.

Ob als Lebensmittelpunkt, Wertanlage oder Rückzugsort: Wer heute in ein eigenes Haus investiert, investiert in seine Unabhängigkeit und die Gestaltung der eigenen Zukunft.

Dabei geht es nicht nur um Quadratmeter und Grundrisse, sondern um ein Zuhause, das mit den eigenen Lebensplänen mitwächst. Ein Einfamilienhaus bietet die Möglichkeit, persönliche Werte wie Nachhaltigkeit, Komfort und Beständigkeit in konkrete Architektur zu übersetzen – und schafft damit einen Ort, an dem sich Wohnen, Arbeiten und Leben harmonisch verbinden lassen.

Neue Narrative gesucht

Warum es sich für Start-ups auszahlt, Unternehmensbotschaften in einen wertstiftenden Kontext zu setzen – insbesondere in medial übererregten Zeiten.

In Zeiten multipler Krisen, geopolitischer Turbulenzen und wirtschaftlicher Unsicherheiten verwundert es wenig, dass bisherige Gewissheiten infrage gestellt werden. Selbstverständliche Narrative und Regelwerke, die uns als Gesellschaft verbinden, drohen auseinanderzubrechen. Kohärente Zukunftsbilder, basierend auf einem dem Menschen dienenden Fortschritt, scheinen sich partiell in Sehnsüchte nach der Vergangenheit aufzulösen.

Im zunehmend komplexen, polarisierten, politisierten und moralisierten öffentlich-medialen Raum eröffnen sich für Start-ups bzw. deren Gründer*innen interessante Möglichkeiten, ein auf die Unternehmensziele einzahlendes Narrativ aufzubauen. Eines, das zugleich Zuversicht in gesellschaftliche Narrative einwebt. Voraussetzung hierfür ist die Bereitschaft, über den Tellerrand hinaus in größeren Zusammenhängen vernetzt zu denken und zu kommunizieren.

Den altlastenfreien Innovationsweitblick nutzen

Start-ups sind auf Medienarbeit und Öffentlichkeitswirkung angewiesen, sei es für die Erklärung einer neuen Technologie, die Bekanntmachung der eigenen Marke, Produkte oder Dienstleistungen, die Gewinnung neuer Mitarbeitenden oder auch Investor*innen, die eine Finanzierungsrunde ermöglichen.

Sie sind per definitionem Unternehmen, die sich durch eine neue, innovative Geschäftsidee und hohes Wachstumspotenzial auszeichnen. Nicht wenige von ihnen wirken disruptiv auf traditionelle Geschäftsmodelle ein. Und sie befinden sich in Gründung, sind im Neu-Erfinden, mit Blick nach vorne, mit einer Vision, frei von in der Vergangenheit eingegangenen und heute einschränkenden Verbindlichkeiten sowie frei von zukunftserschwerenden internen Strukturen. Ganz anders als zahlreiche Großkonzerne, die sich in Krisen- oder unsicheren Zeiten nicht selten mit hohem Zeit-, Geld- und Erklärungsaufwand um den Abbau (von Mitarbeitenden, Strukturen etc.) und nicht um zukunftsgestaltenden Aufbau kümmern dürfen.

Start-ups beschäftigen sich tagein, tagaus mit Zukunft. Es geht um Wachstum, das Erreichen der nächsten Unternehmensphase, der nächsten Finanzierungsrunde bzw. der nächsten zu finanzierenden Wachstumsphase – immer mit dem Ziel, die Unternehmensvision wirklicher werden zu lassen. Sie sind daher prädestiniert, in Zeiten des „krassen Wandels“ neue Narrative, neue Zukunftserzählungen, gesellschaftlich positiv wirkend mitzuschreiben.

Häufig sind Start-ups im Internet- oder Technologiebereich tätig, einem Sektor, der auf die derzeitige sogenannte Zeitenwende sehr beschleunigend einwirkt. Ihr altlastenfreier Innovationsweitblick ermöglicht es ihnen, mit ihrer Expertise sinn- und wertstiftend für ihr Unternehmen in den öffentlichen Diskurs einzusteigen und dadurch auch gesellschaftlich lösungsorientiert sowie sinn- und wertvoll zu kommunizieren – wenn sie denn strategisch vorgehen bzw. die Möglichkeiten, die Kommunikation insbesondere im jetzigen Zeitfenster bietet, intelligent nutzen.

Die Möglichkeiten intelligent umsetzen

Kommunikation sollte von Beginn an so angelegt sein, dass sie kontinuierlich und besonnen als integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie, des Businessplans, die Unternehmenszielsetzung zu unterstützen vermag und nicht für ein kurzzeitig zwar helles, aber letztlich inszeniertes, geld- und zeitverbrennendes Strohfeuer missbraucht wird.

Kommunikationsarbeit kann heute in Teilen effizient mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erledigt werden. Erkennbar ist inzwischen jedoch, dass mit der Automatisierung der Kommunikationswerkbank bzw. der Erledigung der handwerklichen Aufgaben durch KI vieles, das der strategischen Differenzierung, Positionierung, Abgrenzung zum Mitbewerb im öffentlich medialen Raum und somit dem Wettbewerbsvorteil dient, vernachlässigt wird. Denn KI ist zur Lösung dieser strategischen Aufgabe, diesem vernetzten Denken sowie der Kontextualisierung nicht in der Lage. Gründer*innen sollten aber auf diese strategische Möglichkeit des intelligent vernetzten Kommunizierens nicht verzichten und sich gerade im Hinblick auf das Narrativ sehr bewusst mit dem medialen „In-Kontext-Setzen“ der eigenen Unternehmensbotschaften beschäftigen.

Die Einordnung von Unternehmensbotschaften in einen größeren medialen und gesellschaftlichen Kontext ist nicht zu unterschätzen. Innovative Ideen und Botschaften genialer Gründer*innen können im individuell gewählten Kontext mit Impulsen der Märkte, aber auch gesellschaftlichen Entwicklungen und eventuell regulatorischen Anforderungen medial verbunden werden. In der jetzigen Zeitenwende, die neue gesellschaftliche Narrative erst noch finden muss, ist das eine spannende Perspektive für Start-ups im Hinblick auf ihr zu hebelndes Entwicklungspotenzial.

Es ist immens hilfreich, sich in einer sehr frühen Entwicklungsphase zu überlegen, in welchem inhaltlichen Kontext das eigene Start-up mit seinen Produkten, Dienstleistungen, Anliegen und seinem Know-how sichtbar werden möchte. Weitere wertvolle Fragestellungen sind beispielsweise: Welcher Kontext macht potenzielle Kund*innen neugierig und unterstützt bei der Wertschaffung? Welche Medienkanäle und -formate können dabei helfen? Wie lässt sich das Risiko minimieren, einem intransparenten Kontext ausgeliefert zu sein, der im schlimmsten Fall dem Unternehmen oder schlichtweg der Reputation schadet?

Was gilt es zu beachten, was zu vermeiden?

Es birgt Risiken, sich bei der Medienauswahl zum Beispiel nur auf einen einzigen trendigen Social-Media-Kanal zu fokussieren. Aufgrund der aktuellen Algorithmus-Politik der digitalen Plattformbetreibenden ist es für die Nutzer*innen von Social-Media-Kanälen weder vorhersehbar noch transparent, geschweige denn planbar, wem in welchem Kontext die eigenen Botschaften zugespielt werden. Es ist der Algorithmus, der Zielgruppe und Kontext bestimmt.

Wichtig ist daher, in größtmöglicher Unabhängigkeit von einzelnen Social-Media-Kanälen zu kommunizieren, auch aufgrund der in mancher Hinsicht verwirrenden Verschiebungen bei Regularien, beim Common Sense im Tech getriebenen medialen Raum sowie bei den Geschäftspraktiken der Tech-Konzerne. Fokussiert sich ein Start-up zu stark auf einen einzelnen dieser Kanäle, kann es zudem ohne eigenes Verschulden in eine missliche Lage geraten, wenn beispielsweise die Plattform einen Reputationsschaden erleidet oder nicht mehr en vogue ist – wofür es reale Beispiele gibt.

Social-Media-Kanäle unreflektiert ganz zu meiden, wäre (Stand heute) ein falsch gezogener Schluss; es gilt vielmehr, die für das eigene Anliegen geeigneten Plattformen – so weit sie sich wirklich eignen – zu durchschauen, um sie klug neben anderen, auch klassischen Medien im wohl durchdachten Medienmix zu nutzen.

Aktuelle Entwicklungen in der Social-Media-Welt zeigen, dass der Glaube naiv ist, auf den digitalen Plattformen der großen Tech-Giganten einen erkenntnisgewinnenden Diskurs mitgestalten zu können, der auf Inhalten sowie sich gegenseitig beziehenden Argumenten basiert und das eigene Narrativ losgelöst von den Interessen der Plattformanbietenden aufbaut. Dabei verkannt werden die mit dem Geschäftsmodell der Tech-Konzerne verbundene Architektur sowie die dahinterstehende Monetarisierung und Marktlogik. Die Art und Weise, in der sich deren Algorithmen auf die Verbreitung eingespielter Botschaften, Kommentare und Bewertungen auswirkt, bedient primär das Anliegen der Tech-Konzerne, verwertbare Daten für das eigene Geschäftsmodell zu generieren, und zahlt bestenfalls eingeschränkt auf die Kommunikationsstrategie der Nutzer*innen ein.

Fazit

Professionelle Unternehmenskommunikation in den heutigen einerseits Paradigmen verändernden und andererseits medial übererregten Zeiten heißt für Start-ups vor allem, klare Botschaften, die eine stringente Unternehmensentwicklung bzw. -vision vermitteln, in einen für das Unternehmen transparenten sowie inhaltlich relevanten medialen Kontext zu setzen. Selbstbestimmt und Stakeholder-orientiert, jedoch nicht Algorithmus geleitet, lassen sich so unternehmerische Handlungsspielräume kommunikativ kreieren und vergrößern – eine große Chance in der nach neuen Narrativen suchenden Zeitenwende.

Die Autorin Christiane L. Döhler ist Inhaberin von DOEHLER Communications in München und verfügt über langjährige Erfahrung sowohl in der Private-Equity-/Venture-Capital-Branche als auch in der Beratung zu Strategie, Positionierung und Kommunikation.

Unternehmensbewertung: Der Zweck bestimmt den Wert

Das Thema Unternehmensbewertung wird spätestens dann für Gründer*innen relevant, wenn eine Finanzierungsrunde oder ein möglicher Verkauf des Unternehmens geplant wird. Dass es bei der Bewertung gravierende Unterschiede gibt, je nachdem, welchen Zweck die Eigentümer*innen verfolgen und wie sie ihr Unternehmen positionieren, ist längst nicht allen bewusst. Diese Details sollten Start-ups für ihre strategischen Überlegungen kennen.

Das Wichtigste zuerst: Kapitalerhöhungen sind keine (Anteils-)Verkäufe

Der essenzielle Unterschied zwischen der Bewertung bei Start-up-Finanzierungsrunden und Unternehmensverkäufen ist mit einer Analogie einfach zu erklären: Man stelle sich dazu ein Schiff (stellvertretend für ein Unternehmen) und einen Kapitän (stellvertretend für den Gründer oder die Gründerin) vor.

Finanzierungsrunde

Bei einer Start-up-Finanzierungsrunde handelt es sich strukturell um eine Kapitalerhöhung: Das heißt, das frische Kapital fließt in das Unternehmen, nicht an die Gründer*innen. Um nun innerhalb der Analogie zu bleiben: Der Kapitän geht auf Investor*innen zu und bietet diesen an, seine nächste große Handelsreise mit frischem Kapital zu finanzieren. Im Gegenzug dafür erhalten die Investor*innen zirka 20 Prozent der Anteile am Schiff samt aller Gewinne, die er durch den Handel der Waren auf allen zukünftigen Reisen erzielt. Das frische Kapital steht nun für die Finanzierung der Handelsreise, nicht jedoch für den privaten Gebrauch zur Verfügung. Die Zukunft des Schiffs liegt weiterhin in den Händen des Kapitäns, der nun durch die Investor*innen überwacht wird und ihnen regelmäßig Bericht erstatten muss.

Unternehmensverkauf

Bei einem Unternehmensverkauf handelt es sich strukturell um einen Anteils- oder unter Umständen auch Asset-Verkauf: Das heißt, das Geld fließt an die Eigentümer*innen, nicht an das Unternehmen. Um erneut unser maritimes Bild zu bemühen: Der Kapitän geht auf mögliche Käufer*innen zu und bietet diesen an, sein Schiff, seine Reisetagebücher, die über die Zeit entstandenen Karten und Aufzeichnungen sowie bestehende Handelsbeziehungen vollständig zu übernehmen. Dazu können die Käufer*innen auch die Crew übernehmen, wobei keine Garantie besteht, dass die Crew auch wirklich erneut an Bord gehen möchte. Das Kapital fließt in Form des Kaufpreises an den Kapitän, nicht aber in die nächsten Handelsreisen. Diese müssen die Käufer*innen selbst finanzieren. Die Zukunft des Schiffs liegt nun in den Händen der Käufer*innen, die damit tun und lassen können, was sie möchten, gleichzeitig aber auch alle Risiken tragen.

Anhand dieses kurzen Beispiels wird klar: Die Ausgangsbasis für die Bewertung bei Start-up-Finanzierungsrunden und Unternehmensverkäufen ist eine fundamental andere: Ob VC-Investor*innen zu 20 Prozent in einen „Kapitän mit Schiff“ investieren oder ob Käufer*innen ein „vollständiges Schiff ohne Kapitän“ kaufen, hat dementsprechend auch große Auswirkungen auf die Herleitung und Höhe der Bewertung.

Welche Faktoren haben Einfluss auf die Unternehmensbewertung?

Das Gründungsteam muss für mehrere Jahre incentiviert werden, die volle Energie in den Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens mit Unicorn-Potenzial zu investieren. Ist die voraussichtliche Beteiligung am Exit-Erlös – gemessen am Arbeitsaufwand pro Kopf – zu gering, hat das Gründungsteam zu hohe Opportunitätskosten. Die Beteiligungsquote wird über die Pre-Money-Bewertung – also die Bewertung des Unternehmens vor der Finanzierung – und über die Beteiligungshöhe gesteuert.

Da diese meist dem geschätzten Kapitalbedarf für die nächsten 18 bis 24 Monate entspricht, kann nur eine verhältnismäßig hohe Pre-Money-Bewertung garantieren, dass das Gründungsteam – auch über mehrere aufeinander folgende Finanzierungsrunden – eine ausreichend hohe Beteiligungsquote behält und incentiviert bleibt, die Bewertung des Unternehmens bis zum Exit zu maximieren. Mitunter ist das einer der Gründe, warum Frühphasen-VC-Fonds unvorteilhaft strukturierte Cap Tables (meist ein in Tabellenform aufbereitetes Steuerungsinstrument zur Planung von Finanzierungsrunden bis hin zum Exit) von vornherein ablehnen. Um sich zusätzlich abzusichern, bestehen viele VC-Fonds zusätzlich auf ein Vesting (darin wird u.a. geregelt, was mit den Anteilen eines/einer Gründer*in geschieht, sobald er/sie das Start-up verlässt) der Anteile über einen festgelegten Zeitraum.

Die Investor*innen haben bei ihrer Investition keine operative Verantwortung. Diese liegt beim Gründungsteam, das für alle Beteiligten die Renditen über die nächsten Jahre erzielen soll und dafür (im Vergleich zum Unternehmensverkauf) mithilfe der höheren Bewertung kompensiert werden kann. Deshalb spielt im VC-Finanzierungszyklus eines Unternehmens auch die Signalwirkung einer hohen Bewertung eine wichtige Rolle. Ein maßgebliches Ziel für Frühphasen-Investor*innen ist die Gewinnung weiterer Investor*innen, die den Großteil des bis zum Exit benötigten Kapitals einbringen. Eine gute Bewertung professioneller Investor*innen zu einem frühen Zeitpunkt ist somit ein positives Signal an andere professionelle Investor*innen und erhöht die Chancen, dass ein Unternehmen erfolgreich bis zum Exit durchfinanziert werden kann.

Betrachtet man das auf Outlier (Ausreißererkennung) ausgerichtete Investitionsverhalten von VC-Fonds, ist eine niedrige Einstiegsbewertung viel weniger wichtig, als bei den richtigen Investments an Bord gewesen zu sein. Dieser Umstand führt zu mehr Akzeptanz bei den Investor*innen bezüglich höherer Bewertungen. Trotzdem müssen Unternehmer*innen weiter zwischen den sehr unterschiedlichen Vorhaben Unternehmensverkauf und Finanzierung differenzieren, um das Unternehmen angemessen bewerten zu können.

Warum werden Unternehmensverkäufe anders bewertet als Finanzierungsrunden?

Viele Eigentümer*innen etablierter Unternehmen halten die hohen Bewertungsniveaus bei Start-up-Finanzierungsrunden für nicht gerechtfertigt, wenn nicht sogar absurd. Dennoch geben sie sich oft der Versuchung hin, die hohen Bewertungen der „noch jungen, unausgereiften Unternehmen“ bei Finanzierungsrunden auf den Verkauf ihres profitablen, etablierten Unternehmens zu übertragen. Schließlich hat das eigene Unternehmen ja zu Teilen bereits erreicht, wovon das junge Start-up noch träumt. Dies führt in der Praxis dazu, dass viele Eigentümer*innen Bewertungsmultiples von „3-5x Umsatz“ – die durchaus bei Finanzierungsrunden vorkommen – auf ihr eigenes Unternehmen anwenden und mit unrealistischen Erwartungen in den Verkaufsprozess starten.

Beim Blick auf vergleichbare Unternehmenstransaktionen folgt dann die Ernüchterung, wenn statt „3-5x Umsatz“ eher „6-8x EBIT“ (das operative Ergebnis des Unternehmens) im Markt gezahlt werden. Der entscheidende Fehler liegt darin, dass Verkäufer*innen hier die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen vergleichen: Die Bewertungslogik eines Unternehmensverkaufs unterscheidet sich nun mal erheblich von der oben bereits skizzierten Bewertungslogik einer Kapitalerhöhung im Rahmen einer Finanzierungsrunde. Die Unterschiede liegen vor allem in den folgenden drei Punkten:

  • Bei einem Unternehmensverkauf übernehmen die Käufer*innen üblicherweise die (deutliche) Mehrheit am Unternehmen. Damit liegt auch das operative Risiko der zukünftigen Unternehmensführung grundsätzlich bei den Käufer*innen. Viele Käufer*innen versuchen zudem, die Alteigentümer*innen von Unternehmen noch mindestens für 6 bis 24 Monate nach Verkauf an das Unternehmen zu binden, um einen erfolgreichen Übergang an eine neue Geschäftsführung zu gewährleisten. Dazu dienen mitunter auch Earn-Out-Strukturen, bei denen die Alteigentümer*innen teilweise erst bei Erreichung gewisser Meilensteine unter den neuen Eigentümer*innen (zum Beispiel Umsatz- und Ergebnissteigerungen) vollständig vergütet werden.
  • Des Weiteren spielt der Verkaufsgrund eine maßgebliche Rolle. Die Frage, die allen Käufer*innen, oft auch direkt beim ersten Gespräch mit den Alteigentümer*innen, auf der Zunge brennt: Wenn Ihr Unternehmen so attraktiv ist, wie Sie sagen, wieso verkaufen Sie dann jetzt? Auch wenn es einige gute Gründe für Unternehmensverkäufe gibt, besteht meist nicht dasselbe Alignment (strategische Ausrichtung) zwischen beiden Parteien wie bei einer Finanzierungsrunde bzw. Kapitalerhöhung. Entsprechend skeptisch und vorsichtig agieren Käufer*innen – was sich zwangsläufig in niedrigeren Bewertungsniveaus äußert.
  • Die Steigerungspotenziale in der Bewertung sind weniger stark ausgeprägt als bei Finanzierungsrunden: Während bei einem VC-finanzierten Start-up im Laufe der Zeit immer höhere Bewertungen im Zuge der folgenden Finanzierungsrunden erwartet werden, gestaltet sich das Steigerungspotenzial der Bewertung für Unternehmenskäufer*innen weniger kalkulierbar.

Fazit

Eigentümer*innen können im Verkaufsprozess einige Maßnahmen treffen, um die eigene Unternehmensbewertung zu optimieren. Hauptsächlich erreichen die Verkäufer*innen ihr Ziel, indem sie frühzeitig mit einer gesunden Erwartungshaltung in den Verkauf starten und dann die notwendigen Weichen stellen. Dazu lohnt es sich, saubere Controlling-Strukturen zu definieren, Wachstumspotenziale zu quantifizieren und SOPs (Standard Operating Procedures in Form eines Leitfadens) vorzubereiten.

Zu guter Letzt sollten Eigentümer*innen über qualifizierte M&A-Berater*innen gezielt potenzielle Käufer*innen mit hohem Synergiepotenzial ansprechen. So rückt die Vision eines erfolgreichen Unternehmensverkaufs zu einer attraktiven Bewertung in greifbare Nähe.

Der Autor Peter Nadolinski ist Gründer und Managing Partner bei Venture Advisory Partners und berät Wachstumsunternehmen bei der Finanzierung und erfolgreichen Umsetzung ihres Unternehmensverkaufs.

Die größten Strategie-Fallen

Sie haben eine tolle Geschäftsidee und eine Strategie, wie Sie die Idee realisieren wollen. Doch nach kurzer Zeit stellen Sie fest: Die Idee ist gut – die Strategie aber nicht. Sie beschließen, das Strategiepferd zu wechseln. Dabei lauern viele Fallen, die sich vermeiden lassen.

Es gibt viele Gründe bzw. Notwendigkeiten für Strategiewechsel in der Gründungsphase: die wirtschaftliche Situation verändert sich oder das Kundenverhalten, oder Sie expandieren rasch. Für die meisten Gründer steht zu Beginn der Selbständigkeit das operative Geschäft im Fokus, sie müssen die gegenwärtigen Herausforderungen bewältigen.

Eine klare Unternehmensstrategie, geschweige denn strategische Überlegungen erfolgt bzw. erfolgen „zwischen Tür und Angel“, eher nebenbei und zufällig. Erst nachträglich geraten die langfristigen Zielsetzungen des jungen Unternehmens in den Blickpunkt. Erfolgt dann der Strategiewechsel, sollten Sie folgende Stolpersteine umschiffen.

1. Mangelnde Flexibilität

Sie sind nicht flexibel genug und „kleben“ an Ihren ersten strategischen Überlegungen fest. Die Leimrute Ihrer Ursprungsstrategie lässt Sie nicht mehr los. Eine Weisheit der Dakota-Indianer lautet: „Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steige ab.“ In aller Regel jedoch sagen Gründer: „Besorgen wir uns doch lieber eine stärkere Peitsche.“ Sie sollten den Mut aufbringen, Ihre bisherige Strategie unter die kritische Lupe zu legen und den Strategiewechsel ins Kalkül ziehen. Um sich von der Leimrute zu befreien, benötigen Sie strategischen Weitblick. Dieser lässt sich nicht erlernen oder herbeizitieren – gehen Sie mit einem strategieerfahrenen Partner Ihres Vertrauens in Klausur und legen Sie alles auf den Prüfstand. Verlassen Sie sich dabei nicht allein auf Ihr Bauchgefühl – nutzen Sie das Handwerkszeug der Strategieexperten.

2. Fehlendes belastbares Zahlenmaterial

Zu diesem Experten-Handwerkszeug gehören die Instrumente der Unternehmensanalyse. Überprüfen Sie die Chancen und Möglichkeiten sowie die Risiken und Gefahren Ihrer Geschäftsidee. Berücksichtigen Sie die Faktoren, auf die Sie keinen Einfluss haben, etwa wirtschaftspolitische Entwicklungen. Wichtig ist eine detaillierte Branchenanalyse: Welche Wettbewerber haben Sie, welche Schwächen der Konkurrenten können Sie nutzen, welche Abhängigkeiten etwa von Lieferanten sind zu beachten? Entscheidend ist die Kundenanalyse, hier hilft eine Kundenbefragung weiter: „Warum gehen Kunden zu einem Konkurrenzunternehmen und nicht zu mir?“ Der Zwang zum Strategiewechsel darf nicht zu Hektik und Aktionismus führen. Ein gelungener Strategiewechsel baut auf sauberem Zahlenmaterial zu Ihrem unternehmerischen Ist-Zustand auf. Diese Zahlen liefert auch die interne Unternehmensanalyse, bei der Sie Ihre Kernfähigkeiten, Kernschwächen und kritischen Erfolgsfaktoren überprüfen. Letztere gilt es in positive Erfolgsfaktoren zu verwandeln. Dies gelingt, indem Sie die Unternehmensprozesse in den Mittelpunkt rücken, die in der Wahrnehmung der Kunden eine dominante Rolle spielen.

3. Falscher Blickwinkel

Strategien scheitern deswegen so oft, weil die Entwickler der Strategie dabei primär die Brille des Unternehmens tragen. Beispiel Zielgruppenbestimmung: „Welche Kunden wollen wir?“, lautet die Frage, die zu einer egozentrischen Vertriebskultur führt. Notwendig ist ein Perspektivenwechsel, durch den die Frage: „Was kann unser Vertrieb für unsere Kunden tun?“ in den Mittelpunkt der strategischen Überlegungen rückt. Pointiert ausgedrückt: Setzen Sie beim Strategiewechsel und der Strategieentwicklung immer die Brille des Kunden auf!

4. Keine konkrete Vision

In der hektischen Gründungsphase fehlt es bei der Strategieorientierung oft an der Fundierung. Spätestens beim Strategiewechsel sollten Sie den Strategieprozess sauber aufsetzen. Dazu gehört die Visionsfindung: Strategische Planung ohne Vision ist weitgehend wertlos – und eine Vision ohne umsetzungsorientierte Strategie ebenso. Vision und Strategie gehören zusammen wie die zwei Seiten einer Medaille. Nehmen Sie sich die Zeit, um den Strategiewechsel im Detail vorzubereiten, indem Sie zunächst einmal eine Vision formulieren. Mit der Szenario-Technik lassen sich realistische, weil aus der gegenwärtigen Situation und der Ist-Analyse abgeleitete, mögliche und alternative Zukunftsbilder entwickeln. Eine Vision hilft, die Black Box des Alltagsgeschäftes zu verlassen, sie befreit von den Fesseln des operativen Geschäfts, sie weitet den Blick und eröffnet das Panorama auf Ihr Unternehmen, wie es in fünf oder zehn Jahren ausschauen könnte. Also: Gründen Sie eine Visions- und Strategie-Task-Force mit Mitgliedern, die es wagen, über den operativen Tellerrand hinauszuschauen.

Wie viel Wachstum verträgst du?

Worauf es grundlegend ankommt, wenn dein Ziel nicht nur ein schnelles, sondern ein gesundes, d.h. stabiles Unternehmenswachstum ist.

Ein jedes Unternehmen durchläuft ab dem Zeitpunkt der Gründung verschiedene Phasen. Gerade in den ersten Jahren kann neben allen üblicherweise auftretenden Spannungsfeldern einiges dafür getan werden, damit sich mittel- und langfristig ein gesundes Unternehmenswachstum einstellt.

Es gilt: Gesundes Wachstum geht immer von innen nach außen!

Die Wachstumswege

Als Wachstum bezeichnen wir alles, was mit einer Entwicklung zu tun hat. Ein Unternehmen kann sich dabei im gesunden Wachstum befinden, im Wachstum gehemmt sein, in krankes Wachstum abrutschen oder sich komplett vom Markt verabschieden. Dann heißt es „Game over“. Allein das Wissen, dass es grundsätzlich drei Wege für Wachstum gibt und einen Zustand, den es zu vermeiden gilt, sollte auf Gründer befreiend wirken. Jedes Unternehmen lässt sich einer dieser Wachstums-Kategorien zuordnen. Diese Standortbestimmung ist entscheidend, wenn sich ein Unternehmer mit der Frage befasst, was zu tun ist, um im gesunden Wachstum zu bleiben oder Wege dorthin zu finden.

Ein Start-up ist zumeist dadurch gekennzeichnet, dass es eine neue Idee für ein Produkt, eine Lösung oder einen Service gibt. Bis zu einer Größe von zehn bis 15 Mitarbeitern funktioniert die Gleichung „Wachstum = Mitarbeiter“. Umso mehr Menschen für das Unternehmen arbeiten, desto mehr Ideen- und Umsetzungspower entsteht. Sobald es allerdings größer wird oder nicht mehr alle Mitarbeiter an einem Standort sitzen, kommen neue Fragestellungen auf. Jetzt sind vor allem die inneren Wachstumsparameter von Bedeutung: Es braucht nun für einen reibungslosen Ablauf eine Organisation und für den Zusammenhalt eine gute Firmenkultur. Dabei reicht es nicht aus, dass Menschen in Unternehmen zusammenkommen, die sich lediglich auf der Arbeitsebene gut verstehen.

Stabil wird eine Organisation erst dann, wenn gemeinsame Werte und Motivationen ziel- und ergebnisgerichtet eingesetzt werden. Ansonsten wird das Team gehemmt oder stürzt sogar – nicht sofort, aber perspektivisch – in ein krankes Wachstum.

Ohne Wachstumsschmerzen geht’s nicht!

Gesund ist ein Unternehmen immer dann, wenn die äußeren Parameter wie etwa Umsatz, Erträge und Marktanteile stimmen und das Unternehmen im Inneren von einem innovationsfreudigen Team getragen wird, dessen Mitglieder sich in ihren Stärken ergänzen. In einem Start-up kommt es häufig zu der Situation, dass bei näherer Betrachtung alle inneren Parameter auf Grün stehen, nur fehlen die ersten Kunden, und damit die dringend benötigten Umsätze und Erträge. Jetzt kommt Druck auf – und dieser verändert Menschen. Bisher funktionsfähige Teams erleben, was es bedeutet, wenn Teammitglieder dem nicht gewachsen sind. Im Start-up arbeiten heißt für jeden, täglich „zu wachsen“, und als Unternehmen „er-wachsen“ zu werden, sich also aus einer Idee und einem kleinen Team zu einem funktionierenden und nachhaltig erfolgreichen Unternehmen zu entwickeln.

Dabei sind Wachstumsschmerzen an der Tagesordnung. Sie resultieren aus dem permanenten Spannungsfeld, das aus Budget, Zeit und Qualität besteht. Irgendein Parameter ist immer zu wenig vorhanden oder nicht optimal – zumindest so lange, bis das Geschäftsmodell den Nachweis seiner Tragfähigkeit erbracht hat.

So entsteht gesundes Wachstum

Da weder die Vertreter des Gründerteams noch einzelne Schlüsselpersonen alles gleichzeitig entwickeln können, erfolgt die Entwicklung in Phasen – was aber sollte der Gründer bereits beim Start beachten? Fünf Gesetzmäßigkeiten geben Aufschluss darüber, auf was es ankommt, wenn das Ziel nicht nur ein schnelles, sondern ein gesundes Unternehmenswachstum ist.

Greifbarer Umsatz schlägt große Visionen

Gründer haben in der Regel eine große Vorstellungskraft. Eine Vision trägt sie – das ist klasse, hat jedoch auch wachstumsgefährdende Nachteile. Große Visionen und große Umsatz-Wunschvorstellungen allein führen selten zu etwas Greifbarem, das sofort Kunden und Umsätze nach sich zieht. Neben allem Enthusiasmus braucht ein Start-up kurzfristig den Filter „viel Geld, schnell Geld“, um Produkte und Dienstleistungen so zu entwickeln und marktkonform anbieten zu können, dass die Probleme einer klar definierten Kundenzielgruppe gelöst werden können.

Diese Vorgehensweise ist notwendig, um zügig das passende Geschäftsmodell zu finden. Sobald es da ist, ist es wichtig, bei der Skalierung nicht nur auf Umsatz zu schauen, sondern alle anderen Parameter ständig mit zu orchestrieren, um gesundes Wachstums zu erreichen. Unternehmen, denen es nicht gelingt, schnell gute und zahlende Kunden zu generieren, über die sich das Unternehmen in den nächsten Jahren entwickeln kann, bleiben häufig im gehemmten Wachstum gefangen oder verschwinden vom Markt.

Wenig von viel ist mehr als viel von wenig

Viele Start-ups ringen um eine „Zwischenfinanzierung“. Sie brauchen einen klaren Plan, um den Eintritt in die „Todeszone“ zu verhindern. Gestartet werden die meisten Vorhaben mit Geld von Family & Friends, aber wenn die ersten paar hunderttausend Euro verbrannt sind und das Geschäftsmodell noch nicht auf sicheren Füßen steht, kommt Druck auf. Für große Investoren ist das Vorhaben – trotz der großen Vision des Gründers – jedoch nicht attraktiv. Und bei Investoren, die zwischen 500.000 bis 5 Mio. Euro investieren würden, ist ein Gründer zumeist mit den Bedingungen, die der Investor stellt, nicht einverstanden. Im Ergebnis kommen die meisten Start-ups so nicht aus den Startlöchern heraus.

Der Gründer muss dann die wirklich große Entscheidung treffen, ob es ggf. notwendig ist, erhebliche Anteile des Unternehmens abzugeben, um die lebensnotwendige und sinnvolle Finanzierung in Kombination mit dem richtigen strategischen Partner hinzubekommen. Für das gesunde Unternehmenswachstum heißt das, einen Partner zu finden, der hilft, notwendige Umsätze und Erträge mit zu realisieren und/oder organisatorisch Sicherheit in das Geschäftsmodell zu bringen.

Energie folgt der Aufmerksamkeit

Ein „bisschen gründen“ ist wie ein bisschen schwanger sein – eher schwierig. Ein Start-up zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jedem Zeitpunkt flexibel ist, was nicht bedeutet, dass es seine Grundeinstellungen regelmäßig über den Haufen werfen sollte. Es geht darum, alle auftretenden Engpässe im Unternehmen in Ruhe und möglichst im Zusammenhang zu betrachten. In Start-ups sind Wellenbewegungen zu beobachten, in denen es Probleme mal mit Kunden, dann mit Mitarbeitern, dann mit den Produkten oder auch mit dem Geschäftsmodell an sich gibt. Diese Zyklen durchläuft jede Firma, nur sind sie in jungen Unternehmen häufig zeitlich viel enger getaktet. Es geht um ein ständiges Ausbalancieren und Dazu-Lernen, um herauszufinden, wie das Optimum aussehen muss, damit eine gesunde Skalierung möglich ist.

Hier ist die volle Konzentration auf die aktuell anliegende Fragestellung relevant. Anderenfalls läuft das Start-up Gefahr, sich zu verzetteln oder wichtige Hinweise zu übersehen. Menschen, die als Gründer alles auf eine Karte gesetzt haben, sind meistens in der Lage, sich darauf zu konzentrieren, Problemlösungen zu entwickeln und Rückschläge auszuhalten. Gesundes Wachstum geht immer von innen nach außen.

Kultur frisst Strategie

Die beste Unternehmensstrategie hilft nichts, wenn die Firmenkultur nicht getragen ist von Menschen, die miteinander arbeiten können und wollen. In Zeiten, in denen es in vielen Branchen einen Fachkräftemangel gibt, sollten sich Gründer gleich zu Beginn Gedanken machen, warum es sich lohnt, bei ihnen zu arbeiten, und nicht woanders. Das ist auch ein Verkaufsprozess, der im Aufbau einer Arbeitgebermarke mündet. Viele Start-ups sind angewiesen auf Top-Leute, die über das normale Pensum hinaus arbeiten, dafür allerdings zu Beginn nicht viel verdienen dürfen, weil es die Kapitalisierung nicht hergibt.

Das klingt erst einmal schwierig, ist aber lösbar über ein klares Konzept zur Entwicklung der Organisation, bei dem die Frage beantwortet wird, wie zusammengearbeitet werden soll. Zudem sollte eine unverwechselbare Firmenkultur etabliert werden, die erlebbar macht, warum die Menschen gern für das Unternehmen arbeiten, auch um so einen Sog auf neue und qualifizierte Mitarbeiter zu erzeugen.

Unternehmer können selbst der größte Engpass sein

Dieser Punkt klingt zugegebenermaßen hart, und doch ist er oft genau der Knackpunkt, an dem sich entscheidet, ob gesundes Wachstum möglich ist. Viele Start-ups entstehen durch Menschen, die das erste Mal eine Unternehmerrolle einnehmen. Auch wenn sie vorher viele Jahre lang erfolgreich im Management von Unternehmen gearbeitet haben, überfordert sie diese Rolle, weil sie jetzt zu 100 Prozent die Verantwortung tragen und oft genug eigenes Geld im Spiel ist.

Ein Unternehmen braucht in seinen Wachstumsphasen immer eine Leitfigur mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Langfristig erfolgreiche Unternehmer prüfen deshalb regelmäßig, auf welcher Position sie dem Unternehmen am besten dienen und zu seinem gesunden Wachstum beitragen können. Es gibt auch Gründer, die am wirkungsvollsten im Hintergrund – etwa in der Technik oder in der Gesamtstrategie – agieren und deshalb ganz bewusst einen Geschäftsführer für das operative Start-up-Geschäft eingestellt haben.

Fazit

Start-ups müssen in den ersten Jahren einen starken Fokus auf die äußeren Parameter legen, um möglichst viele Kunden zu gewinnen und der Firma so eine entsprechende Marktwahrnehmung zu verschaffen und um viel Geld für weitere Investitionen zu verdienen.

Parallel dürfen aber die internen Parameter nicht aus dem Auge verloren werden. Der Gründer oder das Gründerteam sollte sich frühzeitig über die gewünschte Organisation und die Führungskultur verständigen und die entsprechenden Umsetzungsschritte zügig einleiten.

Zudem sollte sich ein Gründer bzw. das Gründerteam selbstkritisch in den verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung hinterfragen, ob er bzw. es (noch) über die notwendigen Kompetenzen verfügt, um das Unternehmen erfolgreich zu führen und zu dessen gesunden Wachstum beizutragen. Ist dies nicht der Fall, sollten alle Beteiligten so schnell wie möglich die notwendigen Konsequenzen ziehen.


Der Autor
Oliver Wegner verhilft als Wachstums initiator Unternehmen zu gesundem Wachstum;  er ist der Autor von „Die Wachstumsformel“ (Wiley), www.oliverwegner.com

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil

Wie Start-ups aus der Circular Economy zur nachhaltigen Wertschöpfung beitragen und so eine Alternative zur Linear Economy darstellen können.

Vor einigen Jahren sorgte ein Commerzbank-Fernsehspot mit einer durch das morgendliche Frankfurt joggenden Filialleiterin für Aufsehen. Er beginnt mit der Frage: „Woran liegt das, dass man den Banken nicht mehr vertraut?“ Die Antwort kommt aus dem Off: Spekulation mit Grundnahrungsmitteln wird es mit der Commerzbank nicht geben. Stattdessen wolle man erneuerbare Energien und mittelständische Unternehmen fördern, so das Kreditinstitut. Der Spot stellt dabei die Gretchenfrage der Nachhaltigkeit: Dürfen – und können – Unternehmen mit Werbespots überhaupt um Vertrauen werben?

Vertrauensvorschuss gibt es nicht

Im Rahmen eines von der Deutschen Handelsbank in Auftrag gegebenen Whitepapers „Nachhaltigkeit & Start-ups“ der Macromedia Hochschule Stuttgart wurden 263 Verbraucher befragt, ob sie stärkeres Vertrauen in jene Unternehmen haben, die mit Nachhaltigkeit werben. Die Befragung ergab: Einen Vertrauensvorschuss gibt es nicht. Das Ergebnis zeigt eine Gaußsche Glockenverteilung mit einer überwiegenden neutralen Haltung von 45 Prozent der Befragten, während je 29 bzw. 24 Prozent angaben, dass sie viel bzw. wenig Vertrauen in Unternehmen hätten, die mit Nachhaltigkeit werben. Für die beiden extremsten Möglichkeiten „sehr viel Vertrauen“ bzw. „kein Vertrauen“ entschied sich nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der Befragten.

Abgesehen von moralischen und juristischen Gesichtspunkten, kann diese Form der Werbung aus unternehmerischer Sicht getrost als wirkungslos bezeichnet werden. Weitaus wirkungsvoller ist es, Nachhaltigkeit in den Unternehmensprozess zu integrieren. Gerade für Start-up-Unternehmen bietet sich dadurch eine einmalige Chance, an etablierten Unternehmen vorbeizuziehen, deren Legacy-Systeme oft als starr und verkrustet wahrgenommen werden. Ein Beispiel dafür liefert die Circular Economy (CE).

Strategien gegen den Wachstumsschmerz

Eine lückenhafte operative Strategie bringt Start-ups auf Schleuderkurs, bevor sie richtig skalieren können. Wie du die gröbsten Fehler vermeidest.

Es ist eine der weniger bekannten Tatsachen über das Wachstum junger Unternehmen: Schon bei einer Größe von etwa 40 bis 50 Mitarbeitern geraten sie häufig ins Straucheln. Dennoch ist gerade die Strategie für eine erfolgreiche und nachhaltige Personalentwicklung oft einer der Bestandteile der Fünfjahrespläne engagierter CEOs, der bei der Präsentation am wenigsten Beachtung findet. Werden die Herausforderungen der operativen Strategie ignoriert, wendet sich das Blatt für Jungunternehmen auf Wachstumskurs schnell zum Schlechteren.

Wer sich als Gründer oder CEO reinhängt, hält den Umständen mitunter länger stand als der Durchschnitt – letztlich müssen sich aber alle Start-ups früher oder später mit der Heraus-forderung auseinandersetzen, eine geeignete Wachstumsstrategie zu entwickeln und auch zu implementieren. Ist der Geschäftsführer unerfahren, können operative Hindernisse direkt von Anfang an zur Überforderung führen.

Operative Schwächen kosten ein Viertel der Start-ups das Überleben

Das Scheitern von Start-ups kann selten an einer einzigen Fehlentscheidung festgemacht werden. Die größten KO-Kriterien sind eine schlechte Marktanpassung sowie mangelnde Finanzmittel – sie bringen mehr als die Hälfte der Startups zu Fall. Bei einem weiteren Viertel ist das Scheitern Studien zufolge jedoch darauf zurückzuführen, dass schlichtweg die falschen Mitarbeiter zum falschen Zeitpunkt an Bord waren.

Die meisten Gründer konzentrieren sich im Anfangsstadium fast ausschließlich auf Kapital, das Produkt und die Kundenzufriedenheit – operativen Notwendigkeiten wie der Personalrekrutierung, organisatorischen Verantwortlichkeiten oder der internen und externen Kommunikation messen sie weitaus weniger Bedeutung zu. Diese Prioritätensetzung ist es jedoch ausschlaggebend dafür, dass viele Unternehmen mit tollen Ideen ins Schleudern geraten, noch bevor sie überhaupt richtig Fahrt aufnehmen können.

Der Schritt von einer Gründermentalität, bzw. einem Unternehmen mit ca. zehn Mitarbeitern, hin zu einer Firma mit 50 bis 500 Mitarbeitern ist schwierig zu vollziehen und bedarf einer Menge Voraussicht und gezielter Maßnahmen, die häufig in Geschäftsplänen nicht zu finden sind. Der Unterschied zwischen Erfolg und Misserfolg liegt aber mitunter darin, ob und wie dieses strategisch-organisatorische Element dort berücksichtigt ist.

Das Anwerben und der Umgang mit Talenten bieten einige Stolpersteine für schnell wachsende Start-ups. Je schneller das Unternehmen wächst, desto stärker verändert sich die Teamdynamik. Zwangsläufig verlagern sich die Schwerpunkte innerhalb der Teams. Stellt sich der Erfolg frühzeitig ein, wird der Entscheidungsdruck enorm groß, neben der Produktentwicklung gleichzeitig das Team zu verstärken, um mit dem Wachstum Schritt halten zu können. Besonders schnelle Expansion, Teamdynamiken und Veränderungen in der Belegschaft verursachen unter Umständen Beurteilungs- und Managementfehler, die immense Kosten nach sich ziehen.

Schlechte Entscheidungen lassen das wertvolle Startkapital dahinschmelzen – schlimmer noch: Diese Kosten werden von den meisten Gründern in der Planung nicht berücksichtigt. Die Personalentscheidungen des CEOs haben direkte Auswirkungen auf Absatz, Produktivität und Wachstum. Konsequent durchdachte Personalpläne für Schlüsselfunktionen und eine solide Strategie, um die besten Fachkräfte zu finden, sind deshalb von Beginn an unersetzlich.

Digitale HR-Tools helfen, die Transformation zu meistern

Selbst in großen Betrieben kann es für eine Führungskraft überfordernd sein, Dutzende Mit-arbeiter anzuleiten. Kommen dann noch die vielfältigen Zuständigkeiten eines Gründers hinzu, wird die Situation unhaltbar. Dieses Problem manifestiert sich meist, wenn Startups mehr als 15 Personen beschäftigen.

Bis zu diesem Punkt herrscht unter Angestellten und Führungskräften meist eine „Machermentalität“ – oft ein Markenzeichen der Organisationsstrategie von Start-ups. Für den An-fang reicht das aus, aber diese Einstellung hat eine Halbwertszeit und kann ab einer bestimmten Unternehmensgröße zu lähmender Ineffizienz führen. Flache Strukturen finden ein Ende, sobald die Wachstumsphase eintritt. Wer dann keinen guten Plan hat, um damit umzugehen, gerät in Schwierigkeiten.

Eine Personalabteilung, die bei der Bewältigung der diversen Herausforderungen unterstüt-zen kann, ist natürlich ideal. Den meisten Start-ups, die versuchen, im umkämpften Markt Fuß zu fassen und mit knappen Ressourcen auskommen müssen, steht diese Option allerdings nicht zur Verfügung. In diesen Fällen sollten es Führungskräfte in Betracht ziehen, eine kosteneffiziente Dienstleistung oder Plattform zur Rate zu ziehen, die dabei hilft, das Wachstum zu bewältigen. KI-Plattformen können beispielsweise die Kosten herkömmlicher Personalrekrutierung erheblich reduzieren, zugleich lösen sie äußert effektiv die Herausforderung, herausragende Mitarbeiter anzuwerben. Der Unternehmensbereich Human Resources durchläuft seine eigene digitale Transformation, und die Zahl Cloud-basierter Plattformen, die Start-ups bei typischen Schwachstellen in Personalthemen helfen, z.B. bei der internen Kommunikation und im Mitarbeitermanagement, war noch nie größer.

Ein Produkt, das zum Markt passt, ist ohne Frage von zentraler Bedeutung für das Wachstum eines jungen Unternehmens. Allerdings ist eine wohlüberlegte operative Strategie von Anfang an genauso wichtig, damit ein Start-up langfristig floriert. Selbst, wenn der Gewinn in die Höhe steigt, der Marktanteil wächst und sich die Thesen zur Branchenentwicklung als korrekt erweisen, bleiben Personalprobleme die größte Problematik, der sich CEOs alltäglich stellen müssen. Umsichtige Geschäftsführer müssen deshalb immer beides im Blick haben.

Das ist auch einer der Gründe, warum es oftmals eher die Wiederholungstäter unter den Gründern sind, die unterstützende Finanzmittel erhalten. Sie können aus ihrem reichhaltigen Erfahrungsschatz schöpfen und wissen aus dem Bauch heraus, wie sie die richtige operative Strategie und ein vielversprechendes Produkt vereinen. Es ist diese duale Kompetenz, die den den Weg zum Unternehmenswachstum und damit zum Erfolg ebnet.

Der Autor Thomas Falk gründete 1998 mit Falk eSolutions eines der ersten Internetunternehmen Deutschlands. Acht Jahre später erfolgte die Fusion mit DoubleClick und schließlich 2007 die Übernahme durch Google. Falk widmete sich im Anschluss einer Reihe erfolgreicher Gründungen, darunter die United MailSolutions AG. Heute investiert er als General Partner beim US-amerikanischen Venture Capital-Fonds Revel Partners vorwiegend in europäische und amerikanische Unternehmen in der Wachstumsphase.

Scale-ups: Lernen auf Speed

Worauf Verantwortliche achten sollten, wenn das eigene Start-up endlich abhebt und fliegt.

Ein Traum für jeden Gründer: Das eigene Start-up hebt endlich ab und fliegt. Wettbewerber sind abgehängt, Investorengelder fließen und die radikale Wachstumsphase beginnt. Doch plötzlich geht alles extrem schnell. Das Tagesgeschäft platzt aus allen Nähten, Organisationsstrukturen müssen kontinuierlich um- und ausgebaut, neue Mitarbeiter fortwährend „an Bord geholt“ werden. Und ehe man sich versieht, ist der Fünf-Mann-Laden zu einem Unternehmen mit 200 Mitarbeitern angewachsen. Eine Zerreißprobe für jeden Verantwortlichen.

Change is the natural state of business

Im Wachstum durchlaufen Scale-ups in kürzester Zeit unterschiedliche Organisationsphasen. Brian Roberts, CFO des Uber-Konkurrenten Lyft, sagte passend dazu: “Change is the natural state of business. So be ready“. Im ständigen Wandel liegt ein enormer Entwicklungsdruck auf den jungen Führungskräften. Denen fehlt in der Regel eine komplexe Organisations- und Führungserfahrung. Und je mehr Mitarbeiter an Bord kommen, desto komplexer werden die Strukturen im Unternehmen.

Auch Hauke Windmüller, Co-Gründer des Hamburger Start-ups Familonet und ehemaliger Head of Growth der Daimler-Tocher Moovel, kennt dieses Phänomen. Familonet legte die begehrte, aber alles andere als organische Hockeystick-Wachstumskurve hin. Daimler-Tochter Moovel wurde auf das Start-up aufmerksam und übernahm es 2017. Windmüller erzählt: „In einem kleinen Team von fünf Leuten machst du noch viel selber in deinen Bereichen. Dann kommen irgendwann ein paar Mitarbeiter hinzu, die dich unterstützen – aber du behältst die Oberhand und die Übersicht. Doch dein Laden wächst und wächst und irgendwann kannst du nicht mehr allein für alles verantwortlich sein. Die erste große Herausforderung ist dann: Loslassen und Verantwortung abgeben können.“

Mein Baby

Verantwortung abgeben fällt vielen Gründern schwer. Das ist verständlich. Schließlich haben sie die Geschäftsidee entwickelt, sie haben das Ding auf die Beine gestellt und zum Laufen gebracht. Und jetzt sollen sie das, was sie doch am besten können, an andere abgeben? Ihr Baby in die Arme anderer legen? Windmüller erinnert sich: „Das hat ganz viel mit dem eigenen Ego zu tun. Doch wenn dir deine Unternehmung wirklich wichtig ist, siehst du irgendwann ein: Der Tag hat nur 24 Stunden. Wenn du ständig alles selber machst, leidet sowohl die professionelle, als auch die eigene Lebensqualität darunter.“

Wie viele junge erfolgreiche Gründer musste auch Windmüller lernen, sein Ego hintenanzustellen, Verantwortung abzugeben und Mitarbeiten mehr Vertrauen beim Bearbeiten von Aufgaben zu geben. „Sich einfach mal zurücknehmen, klingt leicht. Doch es ist ein schmerzhafter Prozess“, so der Gründer.

Vermeintlicher Kontrollverlust ist in kritischen Wachstumsphasen ein häufiges Problem für junge Leader. Sie müssen lernen, dass ihre Mitarbeiter unterschiedliche Herangehensweisen haben, als sie selbst – und Fehler ihrer Mitarbeiter akzeptieren. Und kaum hat man sich daran gewöhnt, erreicht das Unternehmen schon die nächste Wachstumsphase.

Abteilungen? Wie uncool!

Bei 30 bis 50 Mitarbeitern erstarrt die gewohnte Agilität ganz schnell zugunsten fixer Regelprozesse der wachsenden Organisation. Unsicherheit und Zweifel können sich bei den Gründern breit machen, was sich auch auf die Mitarbeiter auswirken kann:

  • Was ist nur aus dem coolen Gründerteam geworden?
  • Wie können wir das agile Mindset der Gründungsphase bewahren und adaptieren?
  • Wie bekommen wir das „Lernen auf Speed“ in den Griff?

Diese neue Situation verlangt den Entscheidern ein extrem hohes Maß an Veränderungskompetenz ab.

Windmüller bestätigt: „Der nächste kritische Punkt kam, als wir knapp 20 Mitarbeiter hatten und eine zweite Führungsebene zwischen uns Gründern und unseren Mitarbeitern etablieren mussten. Plötzlich gab es Abteilungen und Abteilungsleiter. Das distanziert dich von deinen Leuten. Du gibst nur noch Ziele vor, die die zweite Führungsebene an die Mitarbeiter weitergibt. Hier ist es ganz wichtig, Leader zu finden, die ein ähnliches Mindset haben, in die Kultur deines Unternehmens passen, und neben den fachlichen Anforderungen auch einen passenden Führungsstil mitbringen.“

Prozesse etablieren

Im rasanten Wachstum müssen Gründer ständig neue Aufgaben übernehmen, um sich selbst sowie das Unternehmen kontinuierlich weiterentwickeln zu können. Auf der einen Seite müssen sie sehr flexibel sein und sich regelmäßig neu orientieren können. Auf der anderen Seite müssen sie ihren Mitarbeiten Stabilität bieten und Routine in die Abläufe bringen. Ab einer gewissen Größe ist es überlebenswichtig, klare Strukturen und Prozesse zu etablieren. „Das Problem schnell wachsender Organisationen ist oftmals die Kommunikation. Jeder arbeitet in seinem Silo und Abteilung A bekommt gar nicht mehr mit, was Abteilung B macht. Du musst dafür sorgen, dass alle am selben Strang ziehen, damit nicht jeder in eine andere Richtung läuft. Wenn du hier den Überblick behalten willst, hilft es, ein Management-Zielsystem einzuführen“, erklärt Windmüller.

Dass es ohne an die wachsende Organisation angepasste Prozesse schnell knallen kann, musste das erfolgreiche Start-up Jimdo am eigenen Leib erfahren. 2015 hatte der Website-Baukasten-Anbieter Probleme damit, seine Organisationsstruktur anzupassen. Auch mit über 200 Mitarbeitern war man immer noch wie ein Start-up organisiert. Nach einem gescheiterten Versuch der Reorganisation setzte der CEO Mathias Henze den Rotstift an, strich 25 Prozent der Mitarbeiter und strukturierte die Entwicklerteams straffer – ohne deren Freiräume komplett zu beschneiden. Ein harter, aber notwendiger Cut. Seit 2018 macht das Unternehmen wieder Gewinn.

Gestaltungsfreiräume geben   

Den Gründern von Familonet war frühzeitig klar, dass sie bei Wachstum ihre Strukturen anpassen und ihren Mitarbeitern gleichzeitig Freiräume in der Herangehensweise geben mussten. Also bedienten sie sich des Management-Systems OKRs (Objective Key Results): Aus der Vision und Mission werden Ziele für ein Quartal festgelegt und Einzelmaßnahmen daraus abgeleitet. „Dann können die Mitarbeiter loslaufen und du als Leader bist nur noch dafür verantwortlich, deiner Mannschaft Steine aus dem Weg zu räumen und ihnen den Rücken freizuhalten“, so Hauke Windmüller.

Ein großes Problem ist auch hierbei das Loslassen. Oftmals wollen die Gründer ihre Mitarbeiter kontrollieren und verfallen in Mikromanagement. Doch das ist ein Kreativitätskiller. Mitarbeiter fühlen sich bevormundet und verlieren schnell ihre Motivation und somit an Produktivität. Wichtig ist darum, seinen Leuten lediglich die Ziele und einen groben Rahmen vorzugeben. Wie sie dann die Ziele erreichen, steht ihnen frei.

Mit Veränderung umgehen?

Mit all diesen Herausforderungen im Wachstum alleine fertig zu werden, kann eine große Belastung für Gründer sein, die vielen über den Kopf wächst. Dass junge Führungskräfte solche enormen und schnellen Veränderungen nicht immer leichtfertig handhaben, ist völlig normal. Darum nehmen auch immer mehr Gründer und Verantwortliche in Scale-ups Coaching in Anspruch. Denn: Coaching hilft Führungskräften, neben den technischen und ökonomischen Aspekten im Wachstum, sich auf die psychologischen und sozio-kulturellen Herausforderungen zu fokussieren. Beispielsweise hat die erfolgreiche Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer in der Wachstumsphase ihres Unternehmens Coaching in Anspruch genommen.

Hilfreich sei laut Hauke Windmüller auch aktiver Austausch mit anderen Gründern: „Ich bin Mitglied  bei EO (Entrepreneurs' Organization), einem weltweiten Gründernetzwerk. Einmal im Monat treffe ich mich mit anderen Gründern und tausche mich aus. Das war auch in der Wachstumsphase von Familonet extrem hilfreich, weil du unter Gleichen bist, die die Wechselwirkungen von Beruf und Privatem in stressigen Phasen verstehen und dir hilfreiche Tipps mit auf den Weg geben, wie du damit fertig wirst.“

Fazit: An sich als Gründer arbeiten!

Gründer, die kontinuierlich an ihrer Haltung und Einstellung arbeiten, behalten im rasanten Wachstum den Überblick und die Bodenhaftung. Speed ist in der Start-up-Welt das A und O. Dafür müssen Prozesse und Strukturen geschaffen und immer mehr Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf die Mitarbeiten übertragen werden. In rasanten Wachstumsphasen kann das Unternehmen nur so gut wachsen, wie sein Unternehmer. Windmüller formuliert das so: „Als Geschäftsführer bist du der Flaschenhals deines Unternehmens. Wenn du nicht an dir arbeitest und weiterwächst, kann auch dein Unternehmen sich nicht weiterentwickeln.“  

Der Autor Dr. Frank Behrend begleitet Unternehmenslenker und Führungsteams in kritischen und komplexen Veränderungsphasen, hinterfragt den liebgewonnenen Status Quo und unterstützt Unternehmen mit innovativen Methoden über alle Fach- und Hierarchieebenen hinweg, www.transformation.work

Start-up Erfolgsfaktoren

Wie gelingt der Brückenschlag zwischen der Agilität eines Unternehmens in der Frühphase und der damit einhergehenden Fragilität?

Wer Start-ups gründet oder in sie investiert, weiß: Egal wie gut die Idee sein mag – nicht jedes Start-up ist erfolgreich. Entscheidend ist die Frage: Wie gelingt der Brückenschlag zwischen der Agilität eines Unternehmens in der Frühphase und der damit einhergehenden Fragilität?

In meinen ersten sechs Monaten bei der Next Big Thing AG (NBT) habe ich als Teil des Venture Development-Teams (VD) unzählige Ideen gefiltert, Hunderte von Pitch Decks gelesen, viele leidenschaftliche Gründer getroffen und war schließlich am Aufbau von sechs Unternehmen beteiligt. Jede Unternehmensgründung ist auch eine Lernerfahrung. Aber wie gelingt ein Exit, was macht ein Start-up erfolgreich? Dieser Frage bin ich als Venture Director bei NBT, dem Venture Studio und Frühphaseninvestor der Machine Economy, intensiver nachgegangen. Folgende drei elementare Erfolgsfaktoren haben wir identifiziert.
 
Faktor 1: Gründer werden integraler Bestandteil des Konzeptes

Im ersten Schritt sollten Gründer verstehen: Wenn sie Teil eines Ventures werden oder Geld von einem VC annehmen, werden sie Teil des Investitionsmodells dieses Unternehmens. Es klingt vielleicht hart – aber in der Welt des Kapitals gibt es einige einfache Regeln. Als Gründer musst du deshalb ein paar grundlegende Rechenmodelle verstehen. Geht es um finanziellen Erfolg bei der Gründung eines Unternehmens, lautet die Kernfrage aus Investorensicht: Wie maximieren die Gründer den Wert und minimieren unser Risiko?

Wichtig: An dieser Stelle geht es um mehr als nur das finanzielle Risiko. Denn das Risiko und der Wert leiten sich vom Gründerteam ab. Das ist unser Modell bei NBT. Außerdem bezieht es sich auf den Markt, in dem das Start-up agiert. Wenn zum Beispiel ein Unternehmen einen Gründer mit einem breiten Netz potenzieller Kunden hat, verringert dies das Risiko, keine Kunden zu finden, und erhöht gleichzeitig den potenziellen Wert des Unternehmens.

Die Höhe des Risikos, aber auch des Mehrwerts, den sie liefern können, unterscheidet sich je nach Art der Ventures und Investoren. Wir haben zum Beispiel ein Team von IoT-Experten – einer unserer Kernbereiche. Wenn ein Start-up Expertise in diesem Bereich benötigt, können wir folglich das Risiko verringern – und schaffen auch einen Mehrwert. Umgekehrt würde ein E-Commerce-Start-up für uns ein höheres Risiko bedeuten. Für uns wäre also das Risiko bei einem Start-up, das keine tiefen IoT-Kenntnisse mitbringt, geringer als für einen Investor, der darin keine Expertise besitzt.

Aus Marktperspektive geht es um Trends. Ein wachsender Markt, der sich schnell bewegt, ist im Allgemeinen besser für Neugründungen in der Frühphase als langsamere oder schrumpfende Segmente. Was die anvisierten Märkte anbelangt, sollte man in der Gründungsphase durchaus den Fokus auf kleinere Zielmärkte legen, die leichter als große in der Breite zu erreichen sind.
 
Faktor 2: Die passende Wahl von Partnern und Netzwerk

Inspiration und Leidenschaft sind großartig, aber ebenso wichtig ist es, dass Gründer relevante Erfahrung vorweisen können. Die besten Beweise dafür sind ein starkes Netzwerk und Marktkenntnisse. NBT verfügt über einen großen Pool an Experten und ein breites Ökosystem. Allerdings nicht so breit, dass wir jede Branche im Detail kennen oder zehn Jahre operatives Wissen aus einem Nischenbereich vorweisen können. Wir wissen zwar, wie wir dieses Wissen erlangen, aber umso spannender finden wir Menschen, die das Expertenwissen für ein bestimmtes Gebiet direkt mitbringen. Als Company Builder bieten wir also eine Plattform, die für Gründer mit derartigem Wissen attraktiv ist. Diese Leute kommen in der Regel mit der Fähigkeit, unseren Prozess zu beschleunigen und zu erweitern. Sie sparen uns Zeit und Geld und lassen sich daher leichter in unsere Pläne einbauen. Das heißt, derartige Gründer und wir passen gut zusammen. Wenn Gründer sich Partner suchen, sollte es nicht nur um finanzielle Investments gehen, sondern um die beidseitige Betrachtung, welche Werte man einbringt und ob man gemeinsam Risiken reduzieren kann.
 
Faktor 3: Finanzmodelle erarbeiten

Kein Start-up ist in allen Bereichen gleich stark. Unsere Aufgabe ist es, diese Risiken zu erkennen und nicht, sie zu vertuschen. Einige Risiken sind explizit. Aber einige sind nuanciert. In diesem Fall bilden Modelle eine gute Basis, diese Risiken – insbesondere im finanziellen Bereich – einzuschätzen und zu minimieren. Wenn es um Finanzmodelle geht, empfehle ich diese drei Arten:

  • Das schlimmste denkbare, aber überlebensfähige Szenario – dies ist das Mindestszenario, das wir brauchen, damit ein Unternehmen überleben kann. Wenn schon das zu schwer zu erreichen scheint, wird das Geschäft zu einem hohen Risiko.
  • Im Bestfall erreichbares Szenario – so wird das Geschäft aussehen, wenn alles gut funktioniert. Wenn der Wert zu niedrig ist, lohnt es sich vielleicht nicht, weiterzumachen.
  • Ziel-Szenario – dies ist ein Fall zwischen den beiden anderen, bei dem einige Dinge funktionieren und andere nicht. Dies sollte der Hauptplan sein, mit Stellschrauben zum Anpassen.

Fazit

Sechs Gründungen in sechs Monaten – zweifelsohne eine intensive, aber auch eine wertvolle Erfahrung. Als Leiter unseres Venture-Development-Teams habe ich viel darüber gelernt, wie man potenzielle Projekte aufbaut und bewertet. Gemeinsam mit dem Team engagieren wir Gründer, gehen Risiken an und bereiten uns auf Wachstum vor. Um es noch einmal zusammenzufassen: Erfahrt mehr über die Risiko- und Ertragsfaktoren, die Investitionsmodelle ausmachen; schafft Werte in und zieht Erkenntnisse aus eurem Netzwerk, bevor ihr gründet. Und: Geht die Planung eures Projektes mit genauen Prognosen an. Versteckt euch dabei nicht vor unangenehmen Dingen – oder Zahlen.

Mehr über die Next Big Thing AG liest du hier in unserem Online-Beitrag

Der Autor
Warren Fauvel treibt als Director of Ventures bei der Next Big Thing AG die Gründung neuer Unternehmen in den Bereichen IoT, Blockchain und Machine Learning voran.

Aus dem Ausland in Deutschland gründen

Worauf zu achten ist, wenn man aus dem Ausland ein Unternehmen in Deutschland gründen will.

Durch seine Lage im Zentrum Europas und als Heimat vieler wirtschaftlich leistungsstarker Unternehmen ist Deutschland ein attraktives Ziel für viele interessierte Unternehmer, die ebenfalls in Deutschland eine Firma gründen wollen. Worauf du achten sollest, wenn du aus dem Ausland heraus ein Unternehmen in Deutschland gründen willst, erfährst du in diesem Beitrag.

I. Als deutscher Staatsbürger aus dem Ausland in Deutschland gründen

Für die Gewerbegründung, beispielsweise einer GmbH oder einer haftungsbeschränkten UG, gibt es einige Voraussetzungen. Unabhängig von der Rechtsform wird dazu eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis benötigt. Mit einer deutschen Staatsbürgerschaft hat man diese grundsätzlich bereits in der Tasche und somit sollte dieser Punkt kein Problem darstellen.

Studieren über Probieren

Bevor es ans Eingemachte geht und mit der eigentlichen Gründung begonnen wird, sollte man sich in der jeweiligen Auslandsbehörde informieren und bestenfalls mit einem spezialisierten Anwalt im Niederlassungsland und in Deutschland beraten lassen: Voraussetzungen sind von Ort zu Ort unterschiedlich und sich als Laie ohne Unterstützung mit wichtigen Voraussetzungen auseinanderzusetzen, birgt immer die Gefahr, etwas zu übersehen. Besser ist es, man investiert zu Beginn in eine kompetente Beratung zu Länderrecht und Steuerrecht. Hier geht es vor allem um die Gestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen eines aus dem Ausland gegründeten Unternehmens.

Firmenanschrift

Eine weitere Frage ist, welche Adresse man der Firma gibt: Stehen einem selbst oder einem in Deutschland eingesetzten Geschäftsführer Räumlichkeiten zur Verfügung? Hierfür gibt es neben der eigenen Immobilie oder angemieteten Büros noch weitere Möglichkeiten. Auch in Deutschland ansässige Unternehmer benutzen aus Gründen der Privatsphäre häufig Alternativen. Je nach Budget und Kontakten gibt es für das aus dem Ausland gegründete Unternehmen verschiedene Möglichkeiten: Vom Home-Office eines Angestellten, einem virtuellen Büro, dem Platz im Coworking-Space bis hin zum eigenen Büro gibt es für jeden das Passende. Hauptsache ist, man hat eine Adresse und diese ist real und funktional. Denn über die Anschrift muss man per Post jederzeit erreichbar sein. Hier ist zu beachten, dass sie ins Handelsregister eingetragen werden muss und außerdem im deutschen Inland liegt.

Darüber hinaus lohnt es sich abzuwägen: Benötigt man in Deutschland einen Raum für Kundentermine zwischen Kunden und den eigenen Vertretern oder eine Produktions- oder Lagerhalle? Durch die verschiedenen Arten von Geschäftsmodellen gibt es für jeden Gründer die richtige Lösung.

Notartermin

Sobald man sich der Rahmenbedingungen bewusst ist und man die groben Details der Gründung festgelegt hat – Geschäftsidee, Rechtsform, Gesellschafter, Geschäftsführer, die eigene Rolle im Unternehmen –geht es für die eigentliche Gründung zum Notar. Hier müssen grundsätzlich alle Geschäftsführer vor Ort anwesend sein, Gesellschafter können sich auch durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen. Das ist dann häufig einer der Geschäftsführer. Je nachdem, ob man Gesellschafter oder Geschäftsführer ist, muss man also mit einer Reise nach Deutschland rechnen. Doch auch hier ist es zeitsparend, sich im Vorhinein zu informieren: Bei der Eröffnung eines Geschäftskontos ist es zum Beispiel von Bank zu Bank unterschiedlich, wer tatsächlich zum Termin erscheinen muss und wer sich vertreten lassen kann. Es ist also immer besser, einmal zu viel zu fragen, ob man wirklich persönlich zu einem Termin anreisen muss.

Sprache und Beglaubigungen

Sobald über Staatsgrenzen hinweg gehandelt wird, lohnt es sich, für alle notwendigen Dokumente, zu checken, in welcher Sprache und zu welchem Grad der Beglaubigung diese benötigt werden. Falls Sprachbarrieren vorhanden sind, sollte man am besten einen Notar suchen, der den Notartermin in der eigenen Sprache abhalten kann. Ist das nicht möglich, muss ein Dolmetscher zum Termin zugegen sein. (Achtung: Für offizielle Termine muss ein Dolmetscher meist beeidigt sein.)

II: Als Staatsangehöriger eines EU-Staates aus dem Ausland in Deutschland gründen

Alles, was deutsche Staatsbürger beachten müssen, gilt in der Regel auch im Fall eines Staatsangehörigen eines EU-Mitglieds, genauer für alle EWR-Mitglieder zusätzlich der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island. Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der Vereinfachung der Begriff EU-Bürger verwendet. Durch Niederlassungs- und Gewerbefreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit ist es innerhalb dieser Länder vergleichsweise einfach, in einem anderen Land als dem Heimatland ein Gewerbe zu gründen bzw. auch zu führen. Eine Aufenthalts- oder Niederlassungsgenehmigung zu erhalten sollte für EU-Bürger kein allzu großes Hindernis darstellen. Jedoch gilt auch hier der Grundsatz: Man steht optimalerweise in engem Kontakt zur jeweiligen Auslandsbehörde und klärt die nötigen Details mit kompetenten Beratern.

Überbeglaubigung

Bei der Beglaubigung von Dokumenten ist darauf zu achten, dass gegebenenfalls eine herkömmliche Beglaubigung nicht ausreicht und eine sogenannte Überbeglaubigung verlangt wird. Im internationalen Dokumentenverkehr wir darüber hinaus häufig mithilfe der Apostille oder der Legalisation gearbeitet. Auch für Übersetzungen kann das relevant sein.

Kriterienlisten, Anerkennung und Nachweise

Ob Versicherung, Bank oder ein anderer Dienstleister: Zum Beantragen von Mitgliedschaften oder Leistungen gibt es meistens eine Reihe an Kriterien, die überprüft werden. Deshalb sollte man nach Anbietern suchen, deren Kriterien man einerseits erfüllt und deren Leistungen andererseits das Land abdecken, in dem der Geschäftsbetrieb ist.

Deutsche Nachweise erfüllen deutsche Standards. Bei ausländischen Urkunden trifft das nicht immer zu. Deshalb kann es sein, dass für die Gründung entsprechende Nachweise oder Zertifikate benötigt werden. Für bestimmte Industriezweige müssen in Deutschland bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das können beispielsweise bestimmte Qualifikation sein, mit denen man die Vergleichbarkeit eines ausländischen Abschlusses mit einem deutschen nachweisen kann. Hierzu kann man sich auch von der IHK beraten lassen. Auch das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen kann hilfreich sein.

III: Als Bürger eines Drittstaates aus dem Ausland in Deutschland gründen

Grundsätzlich kann jeder in Deutschland eine Firma gründen. Entscheidend ist, ob es das Recht im jeweiligen Staat erlaubt. Eingeholt kann diese Info bei der Auslandsbehörde. Sollte es erlaubt sein, ist es nur noch eine Frage der Details. Dabei gilt: Je weniger Rechts- und insbesondere Handelsabkommen zwischen Deutschland und der Heimat eines Unternehmers bestehen, desto komplizierter und eingeschränkter wird die Gründung. Anders formuliert: Je weiter weg von Deutschland, desto wichtiger ist es, eine ausführliche Beratung in Anspruch zu nehmen, weil schlichtweg mehr Dinge beachtet werden müssen.

Durch die fehlende Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit kommen für Bürger aus Drittstaaten weitere Hürden hinzu. Diese sind von Land zu Land unterschiedlich und können nicht in diesem Artikel zusammengefasst werden. Wichtige Dinge, über die man sich informieren sollte, sind beispielsweise: (Frei-) Handelsabkommen, Abkommen über Reisefreiheit und Anforderungen an die politische oder wirtschaftliche Stabilität der Heimat sowie mögliche Sanktionen. Es nützt hierbei enorm, sich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, um so frühzeitig potenzielle Gefahren oder Gelegenheiten zu erkennen.

Geschäftsführer oder nur Gesellschafter

Man kann unterschiedlich stark in die Gründung eines Unternehmens involviert sein. Als Gesellschafter einer GmbH oder einer UG (haftungsbeschränkt) hat man die Möglichkeit, sich beispielsweise beim Notar vertreten zu lassen. Dadurch wird eine Gründung aus dem Ausland wesentlich unkomplizierter, denn auch Dinge wie eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis werden dann nicht unbedingt relevant. Als Geschäftsführer hingegen muss man bei vielen Terminen vor Ort sein und kann sich nicht vertreten lassen. Die Geschäftsführung aus dem Ausland wird dadurch erheblich erschwert. Wenn die Möglichkeit besteht, eine vertrauenswürdige Person in Deutschland als Geschäftsführer einzusetzen, erleichtert das also einiges.

Takeaways

  1. Grundsätzlich ist es jeder ausländischen Person möglich, Gesellschafter oder Geschäftsführer eines in Deutschland sitzenden Unternehmens zu werden. Dabei gibt es allerdings Unterschiede zwischen jedem Staat und verschiedene zusätzliche Anforderungen, die man erfüllen muss.
  2. Man sollte sich in jedem Fall ausführlich und kompetent von seiner Auslandsbehörde und Experten für Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht beraten lassen.
  3. Je nachdem, ob man als Geschäftsführer tätig ist oder lediglich Gesellschafter ist, muss man die Möglichkeit haben, jederzeit nach Deutschland zu reisen oder kann sich durch eine Bevollmächtigung vertreten lassen.
  4. Es gibt für jeden die richtige Lösung. Die Gründung aus dem Ausland kostet allerdings Zeit und dementsprechend braucht man ein wenig Geduld.

Der Autor Tobias Späth ist studierter Ökonom und selbständig tätiger Unternehmensberater für Existenzgründung bei Businessstart-eu. Hier unterstützt er Gründer*innen aus dem europäischen und nicht-europäischen Ausland, die ein Unternehmen in Deutschland aufbauen wollen.

Start-up-Hype: Die Zeit der Einhörner ist vorbei

Lange galt das Fabelwesen mit Superkräften und ikonischem Horn als Lieblingsmetapher für erfolgreiche Start-ups. Dabei gibt es gute Gründe, warum Einhörner lieber in ihrer Fantasiewelt bleiben sollten und wir für unsere Gründerkultur neue Vorbilder brauchen. Wir wäre es zum Beispiel mit Zebras?

Die Gründer von Duschbrocken, Johannes Lutz und Christoph Lung, sind mit ihrem Produkt – einer festen 2-in-1-Dusch für Haut und Haar – in einem echten Trend-Markt unterwegs. Egal ob kleine Start-ups oder große Konzerne, alle wollen sich mit ihrer Marke im Bereich feste Pflegeprodukte positionieren. Revierkämpfe sind da vorprogrammiert und so manches Start-up mit Unicorn-Ambitionen würde üblicherweise sein Horn ausfahren und zum Angriff übergehen.

„Das ist doch Quatsch“, sagt Johannes Lutz. „Warum sollten wir Unternehmer*innen ausstechen wollen, die am Ende doch das gleiche Ziel haben wie wir: Weniger Plastik im Badezimmer! Wir sehen andere feste Pflegeprodukte nicht als Konkurrenz, sondern als Mitstreiter.“ Und damit wird bereits das Hauptmerkmal dieser neuen Gründer-Generation deutlich, die als Zebra-Bewegung betitelt wird: Im Fokus steht ein ökologisch oder gesellschaftlich bedeutsames Ziel – und nicht nur das eigene Wachstum.

Zebras reparieren, was Einhörner kaputtmachen

Geprägt wurde der Begriff in den USA, wo sich 2017 zunächst eine Hand voll Gründer zusammentat und in einem Text mit dem Titel „Zebras reparieren, was Einhörner kaputtmachen“ mit der bis dato weit vorherrschenden Gründerphilosophie des „Next Unicorn“ abrechneten. Demnach sei es lange Ziel gewesen, möglichst schnell zu wachsen, Konkurrenten auszustechen und dann den großen Exit mit viel Gewinn zu schaffen. Die Frage war lange: Wer hat das größte Horn? Übergeordnete Ziel wie ökologischer und moralischer Nutzen waren meist zweitrangig – wenn nicht gar nur schmückendes Beiwerk zu Marketing-Zwecken. Durch diese amoralischen Wachstumsstrategie seien der Theorie nach viele kleinere Unternehmen auf der Strecke geblieben – was am Ende der jungen Gründer-Szene aber auch den eigentlich bedeutsamen Meta-Zielen geschadet hat.

Auch hierzulande gibt es mit Start-ups wie Bracenet, Sause oder WingGuard zahlreiche Unternehmen, die einen echten Impact – sei es nun mit der Bekämpfung von Geisternetzen im Meer, Plastikflaschen am Waschbecken oder Umweltverschmutzung durch Masken-Müll – leisten wollen und dafür auch schnelle Gewinne an zweite Stelle setzen und Konkurrenten lieber unterstützen statt bekämpfen. Da bedeutet aber nicht, das Zahlen und Erfolg egal sind, denn was wäre schon sehr idealistisch. Vielmehr geht es darum, mehrere Ziele ausgewogen zu halten. „Und“ statt „Oder“.

Sprachrohr der Zebra-Bewegung

Aber warum braucht es dafür nun wieder einen neuen hippen Begriff aus den USA? „Klar gab es auch vorher in Deutschland schon Start-ups, die nicht nur das nächste große Ding werden wollten“, so Duschbrocken-Gründer Johannes Lutz. „Aber leider bekamen die auch oft weniger Aufmerksamkeit – sei es innerhalb der Szene, in den Medien oder schlussendlich damit auch beim Endverbraucher. Aber mit der Zebra-Bewegung gibt es nun auch in Deutschland ein großes Sammelbecken für uns, in dem wir uns zusammentun können, um mehr Gehör für die Sache zu bekommen. Denn: Zebras sind Herdentier; und gemeinsam sind die Überlebenschancen höher.“ Lutz selbst will deshalb ein wenig zum Sprachrohr dieser Bewegung in Deutschland werden und möglichst viele Gleichgesinnte zusammenbringen.

Und das gilt auch im Unternehmensalltag: „Wenn ich von anderen Start-ups höre, die zum Beispiel feste Handseife, Naturkosmetik oder auch ganz direkt festes Duschgel etablieren wollen, dann ist mein erster Impuls ‚Hey spannend, lass uns austauschen! Was können wir von euch lernen, was ihr von uns? Und wie können wir uns ergänzen?‘. Denn mal ehrlich: Durch Duschbrocken konnten bisher 1,5 Millionen Plastikflaschen im Bad eingespart werden. Das ist für uns persönlich ein super tolles Ergebnis – aber in diesem Land leben 80 Millionen Menschen, da ist alles noch viel möglich. Und das schaffen wir nicht allein.“