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Infos und Tipps zum Verkauf von Gewerbeimmobilien
Was erfolgreiche Start-ups in der Expansionsphase beim Verkauf ihrer (zu klein gewordenen) Gewerbeimmobilie beachten sollten.

In erfolgreichen Start-ups ist es keine Seltenheit, dass schon wenige Jahre nach der Gründung der Umzug in ein größeres Büro ansteht. Neben den eigentlichen Umzugsarbeiten muss dabei auch der Verkauf der zu klein gewordenen Gewerbeimmobilie organisiert werden, wenn diese sich im Eigentum des Unternehmens befindet.
Verkauf von Gewerbeimmobilien im Überblick
- Ein Objekt gilt laut Steuerrecht als Gewerbeimmobilie, wenn es mindestens zu 80 Prozent gewerblich genutzt wird.
- Die Wertermittlung bei einem Gewerbeobjekt erfolgt anhand des Ertragswertverfahrens, das auf dem Bodenwert und dem Gebäudeertragswert basiert.
- Um kostspielige Fehler zu vermeiden und schnell einen passenden Käufer zu finden, ist es empfehlenswert, einen Gewerbemakler zu beauftragen.
Ist das Objekt eine gewerbliche Immobilie?
Das Steuerrecht (§ 181 Abs. 6 BewG) definiert Gewerbeimmobilien als Immobilien, deren Verhältnis aus Nutz- und Gewerbefläche eine überwiegend gewerbliche Nutzung (mindestens 80 %) vorsieht und die kein Teileigentum sind. Die Unterscheidung zwischen Gewerbe- und selbstgenutzten Wohnimmobilien ist besonders aus Gründen der Bewertung und der Besteuerung wichtig.
Typen von Gewerbeimmobilien
In Deutschland unterscheidet man zwischen folgenden Typen von Gewerbeimmobilien:
- Büroimmobilien – Büroräume, die die Verwaltung eines Unternehmens (z.B. Buchhaltung, Personalabteilung …) nutzt.
- Produktionsimmobilien – Gebäude, die der Produktion von Waren dienen. Meist handelt es sich dabei um Hallen mit einem Stockwerk.
- Freizeitimmobilien – Gebäude für Freizeitaktivitäten wie Golfanlagen, Bootshäuser usw.
- Handelsimmobilien – Einkaufszentren, Ladengeschäfte, Supermärkte und andere Objekte, in denen gehandelt wird.
- Logistikimmobilien – Objekte, in denen Waren (Endprodukte und Zwischenprodukte) gelagert und verteilt werden.
- Spezialgewerbeimmobilien – Spezielle Objekte wie Kraftwerke und Flughäfen, die nicht in die übrigen Kategorien passen.
Gewerbeimmobilien richtig verkaufen
In der Regel werden Gewerbeimmobilien in Zusammenarbeit mit einem Gewerbemakler verkauft. Dieser hilft dem Eigentümer mit seinem Fachwissen bei den folgenden Teilschritten.
Die Marktanalyse
Die Marktanalyse ist essenziell für den Verkauf einer Gewerbeimmobilie. Dabei haben folgende Fragen eine grundlegende Bedeutung:
- Welche Käufer könnte das Objekt interessieren?
- Welche Arten von Gewerbe passen zur Immobilie?
- Welcher Teilmarkt sollte speziell angesprochen werden?
- Unterliegt der Teilmarkt saisonalen oder konjunkturellen Schwankungen?
- Spricht die vorhandene Ausstattung des Objekts spezielle Gewerbe an?
- Existieren Probleme, die potenzielle Käufer oder Investoren abschrecken könnten?
Die Wertermittlung
Die Wertermittlung sollte stets mithilfe eines professionellen Wertgutachtens erfolgen. Der Verkäufer erhält dadurch alle nötigen Informationen, um einen angemessenen Preis für seine Gewerbeimmobilie festzulegen. Besonders bei teureren Objekten sind verfügen auch die Käufer über Informationen zur aktuellen Marktlage und zum Verhältnis von Angebot und Nachfrage. Um gut in die Verhandlungen zu starten, ist es aus Käufersicht deshalb essenziell, den realistischen Verkaufspreis zu kennen. Weil Gewerbeobjekte oft als Kapitalanlage dienen, mit der eine gute Rendite erwirtschaftet werden soll, erfolgt die Wertermittlung meist mit dem Ertragswertverfahren.
Unterlagen für den Verkauf
Zudem sollte der Verkäufer neben dem Wertgutachten Interessenten möglichst umfassende Informationen zur Verfügung stellen. Bei Gewerbeobjekten sind die folgenden Dokumente wichtig:
- Lageplan und Flurkartenauszug
- Grundbuchauszug, der alle Belastungen und Rechte Dritter am Objekt zeigt
- Kubaturberechnung
- Nutzflächenberechnung
- Bebauungsplan
- Baupläne (Maßstab 1:100) und Werkpläne (Maßstab 1:50)
- Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
- Belege zu Instandhaltungs- und Sanierungsarbeiten der letzten Jahre
- Baubeschreibungen (besonders zu Umbauten)
- Betriebskostenaufstellung und Nebenkostenabrechnungen der letzten Jahre
- Mietverträge der letzten Jahre
- Energieausweis des Gebäudes
Ein Großteil der Dokumente kann beim Bauordnungsamt bezogen werden. Gewerbemakler helfen gern bei der Beschaffung und der Zusammenstellung der Unterlagen.
Preisbildungsfaktoren bei einer Gewerbeimmobilie
Der Wert einer Gewerbeimmobilie hängt von unterschiedlichen Preisbildungsfaktoren ab. Diese unterscheiden sich in Abhängigkeit vom Gewerbeteilmarkt teilweise stark voneinander. Es ist deshalb empfehlenswert, die Wertermittlung durch einen Immobilienexperten durchführen zu lassen.
In der Regel kommt bei Gewerbeimmobilien das sogenannte Ertragswertverfahren zum Einsatz. Die Preisbestimmung erfolgt bei diesem Verfahren anhand des Bodenwertes und des Gebäudeertragswerts, der sich primär aus den Mieteinnahmen und den Bewirtschaftungskosten zusammensetzt. Außerdem spielen folgende Kaufpreisfaktoren eine entscheidende Rolle:
- Zustand – Ein guter Zustand, bei dem in den kommenden Jahren eher geringe Instandhaltungs- und Renovierungskosten anstehen, kann den Wert einer Gewerbeimmobilie deutlich erhöhen.
- Lage – Die Lage und die Infrastruktur einer Gewerbeimmobilie beeinflussen deren Wert stark. Besonders Objekte in Großstädten oder deren unmittelbarer Nähe mit einer guten Verkehrsanbindung finden oft schnell einen zahlungskräftigen Käufer.
- Vermietet oder unvermietet – Bei Gewerbeimmobilien erzielen vermietete Objekte meist einen höheren Wert, weil der Käufer dadurch eine finanzielle Sicherheit hat. Bei einem Leerstand stellt sich daher die Frage, warum und wie lange dieser bereits besteht und wie gut das Objekt, nachdem Kauf vermietet werden kann.
- Mieteinnahmen – Bei vermieteten Gewerbeimmobilien ist neben der Höhe der Mieteinnahmen auch deren Ausfallsicherheit essenziell. Objekte, mit solventen Mietern, marktüblichen Miete und noch lange laufenden Mietverträgen erzielen die höchsten Preise.
Fazit zum Verkauf einer Gewerbeimmobilie
Der Verkauf einer Gewerbeimmobilie ist deutlich aufwendiger als bei einer Privatimmobilie. Der gesamte Prozess sollte deshalb durch einen spezialisierten Gewerbemakler betreut werden. Start-ups und andere unerfahrene Verkäufer können dadurch kostspielige Fehler vermeiden und einen marktüblichen Preis erzielen. Zudem können Immobilienmakler durch ihr großes Netzwerk aus Unternehmen und Investoren meist schnell einen passenden Käufer für die Gewerbeimmobilie finden.
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Unternehmensbewertung: Der Zweck bestimmt den Wert
Das Thema Unternehmensbewertung wird spätestens dann für Gründer*innen relevant, wenn eine Finanzierungsrunde oder ein möglicher Verkauf des Unternehmens geplant wird. Dass es bei der Bewertung gravierende Unterschiede gibt, je nachdem, welchen Zweck die Eigentümer*innen verfolgen und wie sie ihr Unternehmen positionieren, ist längst nicht allen bewusst. Diese Details sollten Start-ups für ihre strategischen Überlegungen kennen.

Das Wichtigste zuerst: Kapitalerhöhungen sind keine (Anteils-)Verkäufe
Der essenzielle Unterschied zwischen der Bewertung bei Start-up-Finanzierungsrunden und Unternehmensverkäufen ist mit einer Analogie einfach zu erklären: Man stelle sich dazu ein Schiff (stellvertretend für ein Unternehmen) und einen Kapitän (stellvertretend für den Gründer oder die Gründerin) vor.
Finanzierungsrunde
Bei einer Start-up-Finanzierungsrunde handelt es sich strukturell um eine Kapitalerhöhung: Das heißt, das frische Kapital fließt in das Unternehmen, nicht an die Gründer*innen. Um nun innerhalb der Analogie zu bleiben: Der Kapitän geht auf Investor*innen zu und bietet diesen an, seine nächste große Handelsreise mit frischem Kapital zu finanzieren. Im Gegenzug dafür erhalten die Investor*innen zirka 20 Prozent der Anteile am Schiff samt aller Gewinne, die er durch den Handel der Waren auf allen zukünftigen Reisen erzielt. Das frische Kapital steht nun für die Finanzierung der Handelsreise, nicht jedoch für den privaten Gebrauch zur Verfügung. Die Zukunft des Schiffs liegt weiterhin in den Händen des Kapitäns, der nun durch die Investor*innen überwacht wird und ihnen regelmäßig Bericht erstatten muss.
Unternehmensverkauf
Bei einem Unternehmensverkauf handelt es sich strukturell um einen Anteils- oder unter Umständen auch Asset-Verkauf: Das heißt, das Geld fließt an die Eigentümer*innen, nicht an das Unternehmen. Um erneut unser maritimes Bild zu bemühen: Der Kapitän geht auf mögliche Käufer*innen zu und bietet diesen an, sein Schiff, seine Reisetagebücher, die über die Zeit entstandenen Karten und Aufzeichnungen sowie bestehende Handelsbeziehungen vollständig zu übernehmen. Dazu können die Käufer*innen auch die Crew übernehmen, wobei keine Garantie besteht, dass die Crew auch wirklich erneut an Bord gehen möchte. Das Kapital fließt in Form des Kaufpreises an den Kapitän, nicht aber in die nächsten Handelsreisen. Diese müssen die Käufer*innen selbst finanzieren. Die Zukunft des Schiffs liegt nun in den Händen der Käufer*innen, die damit tun und lassen können, was sie möchten, gleichzeitig aber auch alle Risiken tragen.
Anhand dieses kurzen Beispiels wird klar: Die Ausgangsbasis für die Bewertung bei Start-up-Finanzierungsrunden und Unternehmensverkäufen ist eine fundamental andere: Ob VC-Investor*innen zu 20 Prozent in einen „Kapitän mit Schiff“ investieren oder ob Käufer*innen ein „vollständiges Schiff ohne Kapitän“ kaufen, hat dementsprechend auch große Auswirkungen auf die Herleitung und Höhe der Bewertung.
Welche Faktoren haben Einfluss auf die Unternehmensbewertung?
Das Gründungsteam muss für mehrere Jahre incentiviert werden, die volle Energie in den Aufbau eines erfolgreichen Unternehmens mit Unicorn-Potenzial zu investieren. Ist die voraussichtliche Beteiligung am Exit-Erlös – gemessen am Arbeitsaufwand pro Kopf – zu gering, hat das Gründungsteam zu hohe Opportunitätskosten. Die Beteiligungsquote wird über die Pre-Money-Bewertung – also die Bewertung des Unternehmens vor der Finanzierung – und über die Beteiligungshöhe gesteuert.
Da diese meist dem geschätzten Kapitalbedarf für die nächsten 18 bis 24 Monate entspricht, kann nur eine verhältnismäßig hohe Pre-Money-Bewertung garantieren, dass das Gründungsteam – auch über mehrere aufeinander folgende Finanzierungsrunden – eine ausreichend hohe Beteiligungsquote behält und incentiviert bleibt, die Bewertung des Unternehmens bis zum Exit zu maximieren. Mitunter ist das einer der Gründe, warum Frühphasen-VC-Fonds unvorteilhaft strukturierte Cap Tables (meist ein in Tabellenform aufbereitetes Steuerungsinstrument zur Planung von Finanzierungsrunden bis hin zum Exit) von vornherein ablehnen. Um sich zusätzlich abzusichern, bestehen viele VC-Fonds zusätzlich auf ein Vesting (darin wird u.a. geregelt, was mit den Anteilen eines/einer Gründer*in geschieht, sobald er/sie das Start-up verlässt) der Anteile über einen festgelegten Zeitraum.
Die Investor*innen haben bei ihrer Investition keine operative Verantwortung. Diese liegt beim Gründungsteam, das für alle Beteiligten die Renditen über die nächsten Jahre erzielen soll und dafür (im Vergleich zum Unternehmensverkauf) mithilfe der höheren Bewertung kompensiert werden kann. Deshalb spielt im VC-Finanzierungszyklus eines Unternehmens auch die Signalwirkung einer hohen Bewertung eine wichtige Rolle. Ein maßgebliches Ziel für Frühphasen-Investor*innen ist die Gewinnung weiterer Investor*innen, die den Großteil des bis zum Exit benötigten Kapitals einbringen. Eine gute Bewertung professioneller Investor*innen zu einem frühen Zeitpunkt ist somit ein positives Signal an andere professionelle Investor*innen und erhöht die Chancen, dass ein Unternehmen erfolgreich bis zum Exit durchfinanziert werden kann.
Betrachtet man das auf Outlier (Ausreißererkennung) ausgerichtete Investitionsverhalten von VC-Fonds, ist eine niedrige Einstiegsbewertung viel weniger wichtig, als bei den richtigen Investments an Bord gewesen zu sein. Dieser Umstand führt zu mehr Akzeptanz bei den Investor*innen bezüglich höherer Bewertungen. Trotzdem müssen Unternehmer*innen weiter zwischen den sehr unterschiedlichen Vorhaben Unternehmensverkauf und Finanzierung differenzieren, um das Unternehmen angemessen bewerten zu können.
Warum werden Unternehmensverkäufe anders bewertet als Finanzierungsrunden?
Viele Eigentümer*innen etablierter Unternehmen halten die hohen Bewertungsniveaus bei Start-up-Finanzierungsrunden für nicht gerechtfertigt, wenn nicht sogar absurd. Dennoch geben sie sich oft der Versuchung hin, die hohen Bewertungen der „noch jungen, unausgereiften Unternehmen“ bei Finanzierungsrunden auf den Verkauf ihres profitablen, etablierten Unternehmens zu übertragen. Schließlich hat das eigene Unternehmen ja zu Teilen bereits erreicht, wovon das junge Start-up noch träumt. Dies führt in der Praxis dazu, dass viele Eigentümer*innen Bewertungsmultiples von „3-5x Umsatz“ – die durchaus bei Finanzierungsrunden vorkommen – auf ihr eigenes Unternehmen anwenden und mit unrealistischen Erwartungen in den Verkaufsprozess starten.
Beim Blick auf vergleichbare Unternehmenstransaktionen folgt dann die Ernüchterung, wenn statt „3-5x Umsatz“ eher „6-8x EBIT“ (das operative Ergebnis des Unternehmens) im Markt gezahlt werden. Der entscheidende Fehler liegt darin, dass Verkäufer*innen hier die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen vergleichen: Die Bewertungslogik eines Unternehmensverkaufs unterscheidet sich nun mal erheblich von der oben bereits skizzierten Bewertungslogik einer Kapitalerhöhung im Rahmen einer Finanzierungsrunde. Die Unterschiede liegen vor allem in den folgenden drei Punkten:
- Bei einem Unternehmensverkauf übernehmen die Käufer*innen üblicherweise die (deutliche) Mehrheit am Unternehmen. Damit liegt auch das operative Risiko der zukünftigen Unternehmensführung grundsätzlich bei den Käufer*innen. Viele Käufer*innen versuchen zudem, die Alteigentümer*innen von Unternehmen noch mindestens für 6 bis 24 Monate nach Verkauf an das Unternehmen zu binden, um einen erfolgreichen Übergang an eine neue Geschäftsführung zu gewährleisten. Dazu dienen mitunter auch Earn-Out-Strukturen, bei denen die Alteigentümer*innen teilweise erst bei Erreichung gewisser Meilensteine unter den neuen Eigentümer*innen (zum Beispiel Umsatz- und Ergebnissteigerungen) vollständig vergütet werden.
- Des Weiteren spielt der Verkaufsgrund eine maßgebliche Rolle. Die Frage, die allen Käufer*innen, oft auch direkt beim ersten Gespräch mit den Alteigentümer*innen, auf der Zunge brennt: Wenn Ihr Unternehmen so attraktiv ist, wie Sie sagen, wieso verkaufen Sie dann jetzt? Auch wenn es einige gute Gründe für Unternehmensverkäufe gibt, besteht meist nicht dasselbe Alignment (strategische Ausrichtung) zwischen beiden Parteien wie bei einer Finanzierungsrunde bzw. Kapitalerhöhung. Entsprechend skeptisch und vorsichtig agieren Käufer*innen – was sich zwangsläufig in niedrigeren Bewertungsniveaus äußert.
- Die Steigerungspotenziale in der Bewertung sind weniger stark ausgeprägt als bei Finanzierungsrunden: Während bei einem VC-finanzierten Start-up im Laufe der Zeit immer höhere Bewertungen im Zuge der folgenden Finanzierungsrunden erwartet werden, gestaltet sich das Steigerungspotenzial der Bewertung für Unternehmenskäufer*innen weniger kalkulierbar.
Fazit
Eigentümer*innen können im Verkaufsprozess einige Maßnahmen treffen, um die eigene Unternehmensbewertung zu optimieren. Hauptsächlich erreichen die Verkäufer*innen ihr Ziel, indem sie frühzeitig mit einer gesunden Erwartungshaltung in den Verkauf starten und dann die notwendigen Weichen stellen. Dazu lohnt es sich, saubere Controlling-Strukturen zu definieren, Wachstumspotenziale zu quantifizieren und SOPs (Standard Operating Procedures in Form eines Leitfadens) vorzubereiten.
Zu guter Letzt sollten Eigentümer*innen über qualifizierte M&A-Berater*innen gezielt potenzielle Käufer*innen mit hohem Synergiepotenzial ansprechen. So rückt die Vision eines erfolgreichen Unternehmensverkaufs zu einer attraktiven Bewertung in greifbare Nähe.
Der Autor Peter Nadolinski ist Gründer und Managing Partner bei Venture Advisory Partners und berät Wachstumsunternehmen bei der Finanzierung und erfolgreichen Umsetzung ihres Unternehmensverkaufs.
7 Dinge, die Wachstums-Champions erfolgreicher machen als andere
Wer schneller wächst, signalisiert, dass er etwas besser kann als andere. Doch wie gelingt es manchen Unternehmen, dies regelmäßig, über Jahre hinweg, besser zu schaffen als andere aus der Branche? Was zeichnet diese Wachstums-Champions aus und worin sind sie exzellent? Wir haben 7 Faktoren herausgearbeitet. Diese können Sie als Gründer und Unternehmen in der Startphase nutzen, um ein schlagkräftiges Marktkonzept auf die Beine zu stellen und Ihre eigene Wachstumsstrategie zu entwickeln.

Das macht die Wachstums-Champions erfolgreicher als andere:
1. Stärken stärken und perfektionieren
Wachstums-Champions sind reflektiert. Sie wissen, welche Stärken ihnen dabei helfen, am Markt Erfolg zu haben, und versuchen, diese zu perfektionieren. Ob Tempo und Durchsetzungsvermögen, Innovationskraft, Qualität oder Beziehungsfähigkeit: Wachstums-Champions beherrschen jede dieser Eigenschaften nahezu perfekt und arbeiten regelmäßig daran, sich auch in Kleinigkeiten zu verbessern, sofern es in ihrem Marktumfeld von Bedeutung ist. Dabei kennen sie ihre Wettbewerber sie und unternehmen viel, um ihnen immer einen Schritt voraus zu sein.
2. Marktanteile hinzugewinnen
In einem Punkt sind sich die Wachstums-Champions einig: Sie wollen ständig Marktanteile hinzugewinnen. Dieses Ziel treibt sie an. Und sie wissen, dass dies nur mit klaren Kompetenzen sowie segmentierten und eindeutig definierten Märkten gelingt. Die Wachstums-Champions kennen ihren Markt, ihr „Spielfeld“, auf dem sie sich bewegen, genau.
3. Aktionsradius ausdehnen
Wachstums-Champions wissen, dass ihre Produkte und Leistungen sehr gut sind. Aus diesem Grund sehen sie die räumliche Ausdehnung als einen logischen Weg, um selbst zu wachsen und andererseits Mitbewerbern keine Freiräume zu überlassen, in denen sich diese entwickeln können. Sie sind sehr kundenorientiert und haben deshalb im Lauf der Zeit ihre ursprüngliche Problemlösung um eine Fülle an Leistungen und Komponenten erweitert.
4. Kommunikation mit Wachstums-Turbos
Wachstums-Champions führen ihr Unternehmen sehr behutsam als Marke. Sie haben eine klare Vorstellung davon, wie sie von Mitarbeitern, Kunden und externen Partnern gesehen werden wollen. Modische Trends sind ihnen fremd, sie setzen auf Langfristigkeit und Authentizität. Ein großer Teil der Wachstums-Champions nutzt das Instrument der Wachstums-Turbos als „Slogans“, die als Handlungsmaxime dienen, nach innen und außen umgesetzt werden und so dem authentischen Aufbau der Unternehmensmarke eine klare Richtung geben.
5. Unkonventionelle Wege zum Kunden
Die meisten Wachstums-Champions sind in ihrem Markt bekannt und pflegen sehr enge Kontakte zu ihren Stammkunden. Ein Teil der Wachstums-Champions wächst vor allem über seine Stammkunden, ein Teil durch die Gewinnung von Neukunden. In beiden Gruppen gibt es Wachstums-Champions, die dabei auch unkonventionelle Wege nutzen, sog. Guerilla-Wachstumswege. Dies sind Wege, auf denen sie mit Stammkunden noch besser ins Geschäft kommen oder mit Neukunden von Anfang an in einen engen Kontakt treten. Wachstums-Champions lassen nichts unversucht, um sich ständig weiterzuentwickeln.
6. Balance zwischen Vertrieb und Produkt
Wachstums-Champions kennen die Bedeutung einer ausgewogenen Situation in der Ressourcenverteilung zwischen Vertrieb und Produkt. Sie wissen, dass eine zu einseitige Produktorientierung zur Gefahr werden kann, wenn der Vertrieb vernachlässigt wird, und dass der Vertrieb andererseits ohne attraktive Problemlösungen einen schweren Stand hat. Im Streben um kontinuierliche Verbesserungen spielt diese Balance eine wichtige Rolle.
7. Hürden erkennen und meistern
Wachstums-Champions beschäftigen sich frühzeitig mit den Themen, die ihnen das Geschäft heute, morgen oder übermorgen erschweren könnten. Die Unternehmenslenker und ihre Teams sind es gewohnt, die Probleme in die Hand zu nehmen, die Initiative zu ergreifen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten diese Hürden zu meistern.
Es ist auffällig, dass die ersten drei Erfolgsfaktoren bei allen Wachstums-Champions gleichermaßen vorhanden und ausgeprägt sind. Deshalb ist anzunehmen, dass in ihnen der Schlüssel zur Nachhaltigkeit im Wachstum der Unternehmen liegt.
Der Autor Christian Kalkbrenner ist Fachbuchautor, Berater, Speaker und Experte für Unternehmenswachstum, www.ub-kalkbrenner.de
From free to fee
Die Monetarisierung einer Internet-Plattform ist eine der schwierigsten und zugleich faszinierendsten Aufgaben für Gründer.

Der einem Plattformunternehmen zugrunde liegende Wert besteht zunächst aus den Netzwerkeffekten, die es erzeugt. Die daraus resultierende Notwendigkeit, Netzwerkeffekte zu erzeugen und zu fördern, veranlasst die Plattformbetreiber, ihre Dienste zunächst einmal kostenlos anzubieten.
Den Usern einen Mehrwert bereitzustellen, ohne eine Gegenleistung dafür zu fordern, ist oft eine gute Methode, um Mitglieder anzuziehen und zur Teilnahme zu bewegen. Das Motto lautet: Erst die User, dann die Monetarisierung. Oder wie es der Plattformstratege des chinesischen Fertigungsunternehmens Haier Group ausgedrückt hat: „Man verlangt niemals zuallerst Geld.“
Soll heißen: Erst nachdem Werteinheiten erzeugt und ausgetauscht worden sind und das Ergebnis sowohl den Anbieter als auch den Kunden zufriedenstellt, sollte das Plattformunternehmen versuchen, einen Teile dieses Wertes einzubehalten. Es sind schon einige äußerst vielversprechende Plattformen erfolglos geblieben, weil sie diese Regel missachtet und stattdessen versucht haben, ihr Angebot verfrüht zu monetarsisieren.
Kosten sind Killerfaktoren
Die Monetarisierung stellt allerdings eine besondere Herausforderung für sich dar. Netzwerkeffekte beschreiben die Attraktivität einer Plattform, indem sie selbstverstärkende sog. Feedbackschleifen erzeugen, die die Userbasis vergrößern, häufig sogar ohne nennenswerten Aufwand auf Seiten des Betreibers. Eine umfassendere Wertschöpfung durch die Anbieter auf einer Plattform zieht weitere Kunden an, die ihrerseits neue Anbieter anlocken und so wiederum für zusätzliche Wertschöpfung sorgen. Dennoch gestaltet diese außerordentlich positive Wachstumsdynamik die Monetarisierung paradoxerweise sehr knifflig.
Jede Form von Kosten, die den Usern auferlegt werden, trägt dazu bei, dass diese möglicherweise ganz von einer Teilnahme an der Plattform absehen: Eine Gebühr für den Zugang zu einer Plattform zu erheben, könnte dazu führen, dass die User sie ganz meiden, während eine Nutzungsgebühr eine häufigere Teilnahme verhindern könnte. Gebührenzahlungen von Anbietern zu fordern, reduziert die Wertschöpfung und macht die Plattform für Kunden weniger attraktiv – und die Berechnung von Nutzungsgebühren wirkt sich nachteilig auf den Konsum aus und macht die Plattform folglich auch für Anbieter weniger attraktiv. Hierbei handelt es sich um genau das Dilemma, mit dem viele E-Commerce-Gründer heftig zu kämpfen haben.
From free to fee
Wie also monetarisiert man eine Plattform, ohne die Netzwerkeffekte, deren Aufbau so mühsam war, zu beeinträchtigen oder sogar zunichte zu machen? Manche Beobachter des Plattform-Business kommen zu dem Schluss, dass online vertriebene Waren und Dienstleistungen aufgrund der von Zusammenarbeit geprägten Art der Wertschöpfung im Internet naturgemäß kostenlos zu haben sein sollten. Allerdings wird ein Unternehmen, das für die Vorteile, die es bietet, kein Geld verlangt, natürlich kaum sehr lange überleben, da es keine für die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Geschäftstätigkeit erforderlichen Ressourcen generiert. Und für Investoren besteht kein Anreiz, das für ein Wachstum der Plattform benötigte Kapital bereitzustellen.
Razor-and-Blade
Manche Elemente einer solchen Gratiskultur können beim Aufbau von Netzwerkeffekten für ein Plattformunternehmen durchaus nützlich sein. Man sollte jedoch die verschiedenen Modelle kennen, in deren Kontext eine teilweise kostenlose Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen das Wachstum vorantreiben kann. Jeder Student der Betriebswirtschaft kennt das Verkaufsmodell für Rasierapparate, das 1901 von dem Unternehmer King Gillette begründet wurde: Die Rasierapparate selbst werden verschenkt – oder zu einem sehr geringen, subventionierten Preis abgegeben –, die Rasierklingen kosten hingegen Geld.
Eine Untersuchung von Randal C. Picker, Rechtsprofessor an der University of Chicago Law School, stellt die wohlbekannte Geschichte von Gillettes Preisgestaltung für Rasierapparate und -klingen übrigens infrage: Picker konstatierte, dass weder die Zeitpunkte der Preisänderungen für Gillette-Rasierapparate und -Rasierklingen, noch das Ablaufdatum des Patents für Gillettes Sicherheitsrasierer die These belegen, dass sein Unternehmen das sog. Köder-und-Haken-Geschäftsmodell (auch Razor-and-Blade genannt) tatsächlich in der Form angewandt hat, wie man bislang annahm. Dessen ungeachtet symbolisiert die vertraute Geschichte jedoch in anschaulicher Weise eine Strategie, die in einer Reihe von Märkten verfolgt wird, beispielsweise auch im Druckersegment: Die Verkäufe der kostspieligen Tonerkartuschen erzielen höhere Gewinne als die im Verhältnis dazu preiswerten Drucker.
Freemium-Varianten
Eine andere Variante dieser Strategie ist das Freemium-Modell, bei dem die Grundausführung eines Dienstes bzw. Produkts zunächst einmal kostenlos zur Verfügung gestellt wird, um User anzulocken, während die vollumfängliche Nutzung sowie Erweiterungen kostenpflichtig sind. Viele Plattformen für Online-Dienste gehen auf diese Weise vor, z.B. Dropbox und MailChimp. Sowohl das Razor-and-Blade-Modell als auch das Freemium-Modell monetarisieren dieselbe Userbasis (oder Teile davon). Mitunter verhält es sich auch so, dass Plattformen einer bestimmten Usergruppe kostenlose oder subventionierte Dienste und Produkte anbieten, für die sie einem völlig anders zusammengesetzten Userkreis den vollen Preis berechnen. Durch diese Verfahrensweise wird die Gestaltung von Monetarisierungsmodellen allerdings verkompliziert, denn hierbei muss die Plattform gewährleisten, dass die auf der einen Seite verschenkten Werte auf der anderen Seite gewinnbringend einsetzbar sind.
Auf diesem Gebiet wurde bis heute beträchtliche wissenschaftliche Arbeit geleistet. Geoff Parker und Marshall Van Alstyne gehörten zu den Ersten, die eine Theorie der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten entwickelten. Diese Theorie führte unter anderem auch zu der Verleihung des Wirtschaftsnobelpreises 2014 an Jean Tirole, einen weiteren Wegbereiter auf dem Gebiet der Ökonomie zweiseitiger Märkte. Ein ausgewogenes Verhältnis für all die komplizierten Faktoren zu finden, die bei der Preisgestaltung in zweiseitigen Märkten eine Rolle spielen, ist nicht ganz einfach. Netscape, einer der Pioniere des Internetzeitalters, „verschenkte“ seine Browser in der Hoffnung, dadurch die hauseigenen Webserver zu verkaufen. Leider gab es jedoch keine proprietäre Verknüpfung zwischen Browsern und Servern, die das Unternehmen verlässlich hätte steuern können.
Stattdessen konnten die User genauso gut den Webserver von Microsoft oder den kostenlosen Apache-Webserver einsetzen – und deshalb ist es Netscape auch nie gelungen, die andere Seite des Browsergeschäfts zu monetarisieren. Wie dieses Beispiel zeigt, müssen Plattformunternehmen, deren Strategie eine teilweise kostenlose Bereitstellung ihrer Waren und Dienstleistungen vorsieht, gewährleisten können, dass die geschaffenen Werte, die sie zu monetarisieren hoffen, auch tatsächlich vollständig unter der Kontrolle der Plattform stehen.
Welche Werte bietest du?
Um die Herausforderung, welche die Monetarisierung einer Plattform darstellt, annehmen zu können, muss zuallererst eine Analyse der von der Plattform erzeugten Werte erstellt werden. Traditionelle Geschäftsmodelle ohne Plattformkonzept – sprich sog. Pipelines – liefern den Kunden Werte in Form von Produkten oder Dienstleistungen, das heißt, sie verlangen zum Beispiel für die Ware selbst Geld, wie es etwa die Firma Whirlpool tut, wenn sie einen Geschirrspüler verkauft, oder aber für den Gebrauch des Produkts, wie beispielsweise GE Aviations, die sich die Montage und regelmäßige Wartung ihrer Flugzeugtriebwerke bezahlen lässt. Ebenso wie Whirlpool und GE sind auch Plattformunternehmen mit der Gestaltung und Entwicklung von Technologie befasst. Doch statt die Technologie kostenpflichtig anzubieten, fordern sie die User auf, der Plattform beizutreten – und versuchen dann, Letztere zu monetarisieren, indem sie für die Werte, die die Plattformtechnologie den Usern bietet, eine Bezahlung verlangen.
(Mehr-)Wert-Quellen
Diese Werte lassen sich in vier umfassende Kategorien unterteilen:
Für User: Zugang zu den auf der Plattform erzeugten Werten. Für die Zuschauer sind die Videos auf YouTube von Wert. Android-User finden Gefallen an den verschiedenen Aktivitäten, die Apps ihnen ermöglichen. Und für Schüler stellen die bei Skillshare angebotenen Kurse einen Wert dar.
Für Anbieter oder Drittanbieter: Zugang zu einer Community oder einem Markt. Airbnb ist für Gastgeber von Wert, weil es den Zugang zu einem globalen Markt von Reisenden bereitstellt. LinkedIn ist für Personalvermittler wertvoll, weil es ihnen ermöglicht, mit potenziellen Arbeitskräften in Kontakt zu treten. Und Alibaba bringt Händlern einen Mehrwert, weil sie ihre Waren mithilfe dieser Plattform an Kunden in der ganzen Welt verkaufen können.
Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Tools und Dienstleistungen, die Interaktionen ermöglichen. Plattformen erzeugen Werte, indem sie Reibungspunkte und Hürden abbauen, die Anbieter und User an der wechselseitigen Interaktion hindern. Kickstarter hilft kreativen Firmengründern dabei, Kapital für neue Projekte zu sammeln. eBay ermöglicht in Kombination mit PayPal jedem Interessierten, einen Online-Shop zu eröffnen, auf den User weltweit zugreifen können. YouTube gestattet es Musikern, ihre Fans mit Videos von ihren Auftritten zu versorgen, ohne physische Produkte (CDs oder DVDs) produzieren und über Zwischenhändler verkaufen zu müssen.
Sowohl für User als auch für Anbieter: Zugang zu Kuratierungsverfahren zur Qualitätsverbesserung von Interaktionen. Die User wissen den Zugang zu hochwertigen Waren und Dienstleistungen zu schätzen, die ihre persönlichen Bedürfnisse und Interessen bedienen. Für Anbieter ist wiederum der Zugang zu Usern von Wert, die auf ihre Angebote zugreifen möchten und bereit sind, dafür faire Preise zu bezahlen. Intelligent betriebene Plattformen entwickeln und pflegen sog. Kuratierungssysteme, die User schnell und einfach mit geeigneten Anbietern zusammenbringen.
Diese vier Wertarten könnten auch als die Quellen des außerordentlichen Mehrwerts beschrieben werden, den die Plattform generiert. Die meisten vernünftig gestalteten Plattformen erzeugen viel mehr Werte, als sie unmittelbar erfassen – und ziehen so eine große Zahl von Usern an, die sich darüber freuen, die Vorteile dieser „kostenlos“ dargebotenen Werte nutzen zu können. Eine clevere Strategie zur Monetarisierung berücksichtigt zunächst alle Wertarten und ermittelt dann, welche Quellen des außerordentlichen Mehrwerts von der Plattform genutzt werden können, ohne dass das kontinuierliche Wachstum der Netzwerkeffekte behindert wird.
Die Autoren dieses Beitrags – Geoffrey G. Parker, Marshall W. Van Alstyne und Sangeet P. Choudary – haben das Buch verfasst: Die Plattform Revolution – Methoden und Strategien für Start-ups und Unternehmen, ISBN: 978-3-958455-19-1, mitp 2017, 28 EUR
Wie viel Wachstum verträgst du?
Worauf es grundlegend ankommt, wenn dein Ziel nicht nur ein schnelles, sondern ein gesundes, d.h. stabiles Unternehmenswachstum ist.

Ein jedes Unternehmen durchläuft ab dem Zeitpunkt der Gründung verschiedene Phasen. Gerade in den ersten Jahren kann neben allen üblicherweise auftretenden Spannungsfeldern einiges dafür getan werden, damit sich mittel- und langfristig ein gesundes Unternehmenswachstum einstellt.
Es gilt: Gesundes Wachstum geht immer von innen nach außen!
Die Wachstumswege
Als Wachstum bezeichnen wir alles, was mit einer Entwicklung zu tun hat. Ein Unternehmen kann sich dabei im gesunden Wachstum befinden, im Wachstum gehemmt sein, in krankes Wachstum abrutschen oder sich komplett vom Markt verabschieden. Dann heißt es „Game over“. Allein das Wissen, dass es grundsätzlich drei Wege für Wachstum gibt und einen Zustand, den es zu vermeiden gilt, sollte auf Gründer befreiend wirken. Jedes Unternehmen lässt sich einer dieser Wachstums-Kategorien zuordnen. Diese Standortbestimmung ist entscheidend, wenn sich ein Unternehmer mit der Frage befasst, was zu tun ist, um im gesunden Wachstum zu bleiben oder Wege dorthin zu finden.
Ein Start-up ist zumeist dadurch gekennzeichnet, dass es eine neue Idee für ein Produkt, eine Lösung oder einen Service gibt. Bis zu einer Größe von zehn bis 15 Mitarbeitern funktioniert die Gleichung „Wachstum = Mitarbeiter“. Umso mehr Menschen für das Unternehmen arbeiten, desto mehr Ideen- und Umsetzungspower entsteht. Sobald es allerdings größer wird oder nicht mehr alle Mitarbeiter an einem Standort sitzen, kommen neue Fragestellungen auf. Jetzt sind vor allem die inneren Wachstumsparameter von Bedeutung: Es braucht nun für einen reibungslosen Ablauf eine Organisation und für den Zusammenhalt eine gute Firmenkultur. Dabei reicht es nicht aus, dass Menschen in Unternehmen zusammenkommen, die sich lediglich auf der Arbeitsebene gut verstehen.
Stabil wird eine Organisation erst dann, wenn gemeinsame Werte und Motivationen ziel- und ergebnisgerichtet eingesetzt werden. Ansonsten wird das Team gehemmt oder stürzt sogar – nicht sofort, aber perspektivisch – in ein krankes Wachstum.
Ohne Wachstumsschmerzen geht’s nicht!
Gesund ist ein Unternehmen immer dann, wenn die äußeren Parameter wie etwa Umsatz, Erträge und Marktanteile stimmen und das Unternehmen im Inneren von einem innovationsfreudigen Team getragen wird, dessen Mitglieder sich in ihren Stärken ergänzen. In einem Start-up kommt es häufig zu der Situation, dass bei näherer Betrachtung alle inneren Parameter auf Grün stehen, nur fehlen die ersten Kunden, und damit die dringend benötigten Umsätze und Erträge. Jetzt kommt Druck auf – und dieser verändert Menschen. Bisher funktionsfähige Teams erleben, was es bedeutet, wenn Teammitglieder dem nicht gewachsen sind. Im Start-up arbeiten heißt für jeden, täglich „zu wachsen“, und als Unternehmen „er-wachsen“ zu werden, sich also aus einer Idee und einem kleinen Team zu einem funktionierenden und nachhaltig erfolgreichen Unternehmen zu entwickeln.
Dabei sind Wachstumsschmerzen an der Tagesordnung. Sie resultieren aus dem permanenten Spannungsfeld, das aus Budget, Zeit und Qualität besteht. Irgendein Parameter ist immer zu wenig vorhanden oder nicht optimal – zumindest so lange, bis das Geschäftsmodell den Nachweis seiner Tragfähigkeit erbracht hat.
So entsteht gesundes Wachstum
Da weder die Vertreter des Gründerteams noch einzelne Schlüsselpersonen alles gleichzeitig entwickeln können, erfolgt die Entwicklung in Phasen – was aber sollte der Gründer bereits beim Start beachten? Fünf Gesetzmäßigkeiten geben Aufschluss darüber, auf was es ankommt, wenn das Ziel nicht nur ein schnelles, sondern ein gesundes Unternehmenswachstum ist.
Greifbarer Umsatz schlägt große Visionen
Gründer haben in der Regel eine große Vorstellungskraft. Eine Vision trägt sie – das ist klasse, hat jedoch auch wachstumsgefährdende Nachteile. Große Visionen und große Umsatz-Wunschvorstellungen allein führen selten zu etwas Greifbarem, das sofort Kunden und Umsätze nach sich zieht. Neben allem Enthusiasmus braucht ein Start-up kurzfristig den Filter „viel Geld, schnell Geld“, um Produkte und Dienstleistungen so zu entwickeln und marktkonform anbieten zu können, dass die Probleme einer klar definierten Kundenzielgruppe gelöst werden können.
Diese Vorgehensweise ist notwendig, um zügig das passende Geschäftsmodell zu finden. Sobald es da ist, ist es wichtig, bei der Skalierung nicht nur auf Umsatz zu schauen, sondern alle anderen Parameter ständig mit zu orchestrieren, um gesundes Wachstums zu erreichen. Unternehmen, denen es nicht gelingt, schnell gute und zahlende Kunden zu generieren, über die sich das Unternehmen in den nächsten Jahren entwickeln kann, bleiben häufig im gehemmten Wachstum gefangen oder verschwinden vom Markt.
Wenig von viel ist mehr als viel von wenig
Viele Start-ups ringen um eine „Zwischenfinanzierung“. Sie brauchen einen klaren Plan, um den Eintritt in die „Todeszone“ zu verhindern. Gestartet werden die meisten Vorhaben mit Geld von Family & Friends, aber wenn die ersten paar hunderttausend Euro verbrannt sind und das Geschäftsmodell noch nicht auf sicheren Füßen steht, kommt Druck auf. Für große Investoren ist das Vorhaben – trotz der großen Vision des Gründers – jedoch nicht attraktiv. Und bei Investoren, die zwischen 500.000 bis 5 Mio. Euro investieren würden, ist ein Gründer zumeist mit den Bedingungen, die der Investor stellt, nicht einverstanden. Im Ergebnis kommen die meisten Start-ups so nicht aus den Startlöchern heraus.
Der Gründer muss dann die wirklich große Entscheidung treffen, ob es ggf. notwendig ist, erhebliche Anteile des Unternehmens abzugeben, um die lebensnotwendige und sinnvolle Finanzierung in Kombination mit dem richtigen strategischen Partner hinzubekommen. Für das gesunde Unternehmenswachstum heißt das, einen Partner zu finden, der hilft, notwendige Umsätze und Erträge mit zu realisieren und/oder organisatorisch Sicherheit in das Geschäftsmodell zu bringen.
Energie folgt der Aufmerksamkeit
Ein „bisschen gründen“ ist wie ein bisschen schwanger sein – eher schwierig. Ein Start-up zeichnet sich dadurch aus, dass es zu jedem Zeitpunkt flexibel ist, was nicht bedeutet, dass es seine Grundeinstellungen regelmäßig über den Haufen werfen sollte. Es geht darum, alle auftretenden Engpässe im Unternehmen in Ruhe und möglichst im Zusammenhang zu betrachten. In Start-ups sind Wellenbewegungen zu beobachten, in denen es Probleme mal mit Kunden, dann mit Mitarbeitern, dann mit den Produkten oder auch mit dem Geschäftsmodell an sich gibt. Diese Zyklen durchläuft jede Firma, nur sind sie in jungen Unternehmen häufig zeitlich viel enger getaktet. Es geht um ein ständiges Ausbalancieren und Dazu-Lernen, um herauszufinden, wie das Optimum aussehen muss, damit eine gesunde Skalierung möglich ist.
Hier ist die volle Konzentration auf die aktuell anliegende Fragestellung relevant. Anderenfalls läuft das Start-up Gefahr, sich zu verzetteln oder wichtige Hinweise zu übersehen. Menschen, die als Gründer alles auf eine Karte gesetzt haben, sind meistens in der Lage, sich darauf zu konzentrieren, Problemlösungen zu entwickeln und Rückschläge auszuhalten. Gesundes Wachstum geht immer von innen nach außen.
Kultur frisst Strategie
Die beste Unternehmensstrategie hilft nichts, wenn die Firmenkultur nicht getragen ist von Menschen, die miteinander arbeiten können und wollen. In Zeiten, in denen es in vielen Branchen einen Fachkräftemangel gibt, sollten sich Gründer gleich zu Beginn Gedanken machen, warum es sich lohnt, bei ihnen zu arbeiten, und nicht woanders. Das ist auch ein Verkaufsprozess, der im Aufbau einer Arbeitgebermarke mündet. Viele Start-ups sind angewiesen auf Top-Leute, die über das normale Pensum hinaus arbeiten, dafür allerdings zu Beginn nicht viel verdienen dürfen, weil es die Kapitalisierung nicht hergibt.
Das klingt erst einmal schwierig, ist aber lösbar über ein klares Konzept zur Entwicklung der Organisation, bei dem die Frage beantwortet wird, wie zusammengearbeitet werden soll. Zudem sollte eine unverwechselbare Firmenkultur etabliert werden, die erlebbar macht, warum die Menschen gern für das Unternehmen arbeiten, auch um so einen Sog auf neue und qualifizierte Mitarbeiter zu erzeugen.
Unternehmer können selbst der größte Engpass sein
Dieser Punkt klingt zugegebenermaßen hart, und doch ist er oft genau der Knackpunkt, an dem sich entscheidet, ob gesundes Wachstum möglich ist. Viele Start-ups entstehen durch Menschen, die das erste Mal eine Unternehmerrolle einnehmen. Auch wenn sie vorher viele Jahre lang erfolgreich im Management von Unternehmen gearbeitet haben, überfordert sie diese Rolle, weil sie jetzt zu 100 Prozent die Verantwortung tragen und oft genug eigenes Geld im Spiel ist.
Ein Unternehmen braucht in seinen Wachstumsphasen immer eine Leitfigur mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Kompetenzen. Langfristig erfolgreiche Unternehmer prüfen deshalb regelmäßig, auf welcher Position sie dem Unternehmen am besten dienen und zu seinem gesunden Wachstum beitragen können. Es gibt auch Gründer, die am wirkungsvollsten im Hintergrund – etwa in der Technik oder in der Gesamtstrategie – agieren und deshalb ganz bewusst einen Geschäftsführer für das operative Start-up-Geschäft eingestellt haben.
Fazit
Start-ups müssen in den ersten Jahren einen starken Fokus auf die äußeren Parameter legen, um möglichst viele Kunden zu gewinnen und der Firma so eine entsprechende Marktwahrnehmung zu verschaffen und um viel Geld für weitere Investitionen zu verdienen.
Parallel dürfen aber die internen Parameter nicht aus dem Auge verloren werden. Der Gründer oder das Gründerteam sollte sich frühzeitig über die gewünschte Organisation und die Führungskultur verständigen und die entsprechenden Umsetzungsschritte zügig einleiten.
Zudem sollte sich ein Gründer bzw. das Gründerteam selbstkritisch in den verschiedenen Phasen der Unternehmensentwicklung hinterfragen, ob er bzw. es (noch) über die notwendigen Kompetenzen verfügt, um das Unternehmen erfolgreich zu führen und zu dessen gesunden Wachstum beizutragen. Ist dies nicht der Fall, sollten alle Beteiligten so schnell wie möglich die notwendigen Konsequenzen ziehen.
Der Autor Oliver Wegner verhilft als Wachstums initiator Unternehmen zu gesundem Wachstum; er ist der Autor von „Die Wachstumsformel“ (Wiley), www.oliverwegner.com
Strategiearbeit in Start-ups
Damit dein Start-up kein „Go-down“ wird. Worauf du bei deiner Strategiearbeit achten musst.

Start-ups sind innovativ, jung, experimentierfreudig und risikobereit. Das braucht es, um erfolgreich zu sein – zum einen. Zum anderen braucht es strukturiertes Vorgehen und Organisation. Start-ups stehen jedoch unter dem Druck, mit begrenzten Ressourcen schnell wachsen zu müssen. Die strategische Arbeit fällt dabei schnell hinten runter. Viele Jungunternehmen, die weitgehend blind starten, landen dabei schnell im Sand oder gar im Desaster. Wo liegen die größten Hindernisse und wo führt der Weg zu nachhaltigem Erfolg?
Bürokratie, unausgereifte Geschäftsmodelle mit nebligen Vorstellungen über künftige Kunden, unausgereifte Produkte und überhöhte Umsatzerwartungen sind häufig die Ursachen, dass Unternehmensgründungen schon bei der Planung scheitern oder Start-ups bereits in der Frühphase lautlos untergehen. Der DIHK-Gründerreport 2019 titelte aufgrund dessen: "Trotz regen Gründungsinteresses – der Funke zündet nicht".
367.000 Existenzgründungen zählte das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) letztes Jahr. Mehr als die Hälfte der Unternehmen geben jedoch laut Statistik innerhalb der ersten drei bis fünf Jahre nach ihrer Gründung erschöpft auf. Die Gründe für das Scheitern mögen ganz unterschiedlich sein – dennoch gibt es durchaus Gemeinsamkeiten. Das konnte nicht nur ich als langjähriger strategischer Berater beobachten, sondern davon ist auch die Deutsche Industrie- und Handelskammer überzeugt.
„Ich habe eine tolle Idee“, reicht nicht
So macht fast die Hälfte der Gründer den Fehler, vor lauter Euphorie über die eigene Idee den Kunden zu vergessen. Braucht er das Produkt überhaupt und wenn ja, wer ist „der Kunde“? Wie groß ist die Zielgruppe und wo ist sie? Was unterscheidet das Produkt von der Konkurrenz? „Ich habe eine tolle Idee“, reicht nicht.
Wiederum knapp die Hälfte ist nach DHIK-Angaben nicht in der Lage, ihre Zielgruppe genau einzugrenzen, über ein Drittel der Gründer arbeiten mit einem zu kurzen Planungshorizont. Weitere Fehler in der Strategiearbeit sind Fehlinvestitionen, nicht kostendeckende Preise und ein riskantes Wachstum. Viele Start-ups verfolgen keine konsistente Strategie.
Schon mal Schach gespielt?
Der Erfolg deines Unternehmens hängt jedoch stark von deinen strategischen Entscheidungen ab. Schon mal Schach gespielt? Wie beim Schach ist es nicht genug, das Ziel zu benennen. „Ich will gewinnen“, braucht strategisches Denken.
Genauso wie beim Schachspiel nie das Ziel (den König zu schlagen) aus den Augen verloren wird, sollte der Unternehmer seine Vision stets im Blick behalten. Dabei ist ein vollständiger Überblick über die strategischen Optionen notwendig, um sich für den besten Schritt entscheiden zu können. Das gilt für den Schachspieler genauso wie für den Gründer bzw. Manager. Damit du nicht plötzlich überrascht im Schachmatt sitzt, solltest du deinen nächsten Zug also immer sorgfältig planen.
Merkmale erfolgreicher Strategiearbeit
Strategien gestalten die Zukunft deines Unternehmens. Die eine Strategie, die dich erfolgreich gründen lässt, gibt es nicht. Unternehmen sind so individuell wie die Menschen, die sie gründen. Aber es gibt typische Fehler, die für ein Scheitern verantwortlich sind und es gibt Merkmale erfolgreicher Strategiearbeit.
Deine Strategiearbeit sollte:
- die Vision deines Unternehmens in den Vordergrund stellen. Produkte und Strategie können sich häufig ändern. Die Vision deines Unternehmens jedoch nicht. Sie bildet das Entwicklungsfundament. Daher sollte die Frage nach der angestrebten einzigartigen strategischen Position deines Start-ups gründlich durchdacht und klar beantwortet sein;
- ambidextriefähig sein. Ambidextrie klingt zwar eher nach einer Krankheit, steht aber für eine Fähigkeit, die nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung besitzt. Jemand mit Ambidextrie, ist weder links- noch rechts-, sondern beidhändig. In der Wirtschaft soll der Begriff Ambidextrie darauf hinweisen, wie wichtig es ist, dass Unternehmen sowohl Exploration (Innovation / Erkundung von Neuem) als auch Exploitation (Effizienz / Ausnutzung von Bestehendem) integrieren. Diese unterschiedlichen Modi solltest du in deiner Strategiearbeit zulassen;
- in kurzen Zeitabschnitten (kurzfristige Strategieschleifen) stattfinden. Nur so kannst du agil reagieren und die Strategie ggf. an sich verändernde Umstände anpassen;
- sich auf Business Model Innovation konzentrieren. Du solltest dein Geschäftsmodell beständig infrage stellen und verbessern. Negativbeispiele zahlreicher global agierender Unternehmen wie AirBerlin, Kodak oder Nokia zeigen, wie Marktanteile an Konkurrenten mit innovativeren Geschäftsmodellen abgegeben werden mussten. Die Fähigkeit, ein innovatives Geschäftsmodell zu entwickeln und das bestehende Modell an die Umstände anzupassen, ist der Schlüssel für die erfolgreiche nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit;
- kontinuierlich Aufmerksamkeit erhalten. Ein jährliches Strategiemeeting reicht in der sich schnell wandelnden Geschäftswelt nicht aus – Start-ups sollten daher routinemäßig in Meetings und Gesprächen immer wieder ihre Strategie überprüfen;
- in Geschichten erzählt werden können. Eine Strategie erarbeitet zu haben, ist das eine, das andere ist, sie „rüberzubringen“, um sie umzusetzen. „Rüber“ z. B. zu den Investoren (wenn Geld benötigt wird) und vor allem zu den Mitarbeitern. Das funktioniert nicht mit Power Point, sondern über Storytelling. Mit Geschichten, die mitreißen, überzeugen und involvieren;
- die für die Strategiearbeit nötigen Tools kontinuierlich nutzen. Als Gründer brauchst du das richtige strategische Gespür, das notwendige Wissen und die passenden methodischen Werkzeuge für deine Strategiearbeit.
Zu allen Punkten, die dich verunsichern, solltest du dir Wissen einholen oder dich beraten lassen. Mehr als neunzig Prozent der Existenzgründer starten ohne jegliche Beratung in die Selbständigkeit – „und tappt in typische Fallen“, heißt es im „Liquidationsreport Existenzgründung 2019“ des Instituts für Unternehmenserfolg. Unternehmen, die eine Beratungsleistung in Anspruch genommen haben, sind zu 80 Prozent erfolgreich. Je strategischer du vorgehst, desto sicherer wird dein Handeln – und desto mehr Spaß macht dir die Entwicklung deines Unternehmens!
Der Autor Claudio Catrini ist strategischer Berater und einer der führenden Verhandlungs- und Verkaufsexperten innerhalb der D-A-CH-Region.
5 Tipps, wie Nachhaltigkeit im E-Commerce gelingt
So baust du dir mit ressourcenschonenden und sozial verantwortungsbewussten Alternativen ein wirklich nachhaltiges E-Commerce-Business auf.

Schaut man auf die marktbeherrschenden E-Commerce-Unternehmen, scheint eine Verbindung von wirtschaftlich tragfähigem Online-Shopping und ernstgemeinter Nachhaltigkeit kaum möglich. Mit der Regenbogenkreis GmbH und unserem sorgfältig zusammengestellten Produktsortiment beweisen wir tagtäglich das Gegenteil. Fünf Aspekte solltest du unserer Erfahrung nach genau im Blick behalten, um ebenfalls ein wirklich nachhaltiges E-Commerce-Business betreiben zu können.
Erfolgreiches E-Commerce wird nicht selten mit rein gewinnorientiertem, ökologisch ignorantem und sozial unverträglichem Anbieten und Versenden von kurzlebigen, möglichst billigen Artikeln verbunden. Diese werden dann oft unter unerträglichen Bedingungen produziert und mit umweltschädlichen Containerriesen um die halbe Welt geschifft, um dann bereits innerhalb kürzester Zeit wieder in den Mülleimer zu wandern. Nichtsdestotrotz lässt sich eine nachhaltige Lebens- und Geschäftsphilosophie auch in der Online-Shopping-Branche verwirklichen. Mittlerweile findet man in den allermeisten Fällen nachhaltige, ressourcenschonende und sozial verantwortungsbewusste Alternativen zu den branchenüblichen Standards. Worauf sollten Sie also achten, wenn Sie ein nachhaltiges und gleichzeitig wirtschaftlich tragfähiges E-Commerce-Unternehmen gründen und betreiben wollen?
1. Ökostrom – Server und Rechner für Firma, Shop und Büros mit Ökostrom versorgen
Wer einen Web-Shop, einen Unternehmensstandort mit Büro-, Lager- und Versandräumen unterhält, verbraucht natürlich auch elektrische Energie. Diese sollte daher komplett von Ökostrom-Anbietern, wie Greenpeace Energy oder Lichtblick stammen, die ihre Kontingente nachweislich aus regenerativen Quellen beziehen – und eben nicht nur über eine grüne Fassade verfügen und sich gleichzeitig an Atom- und Kohlestrom-Pools bedienen. Der Regenbogenkreis legt hier sehr strenge Kriterien an, kann dann aber auch sicherstellen, dass "Green-Washer" bei der Energieversorgung des Unternehmens außen vor bleiben.
2. Geschäftskonto bei einer Ökobank
Typischerweise läuft der gesamte Zahlungsverkehr eines E-Commerce-Unternehmens vollständig digital ab, entsprechend eng und vertrauensvoll arbeitet man als Betreiber eines Online-Shops mit seiner Hausbank zusammen. Verfolgt man eine klar nachhaltig orientierte und sozial verantwortungsbewusste Lebens- und Firmenphilosophie, verbietet sich die Kooperation mit einem Institut, das direkt oder indirekt über Partner bzw. Beteiligungen Chemie- oder Rüstungsunternehmen finanziert. Weiterhin gelten auch Spekulationsgeschäfte als klares KO-Kriterium. Arbeitet man mit entsprechend aufgestellten Öko- oder Gemeinwohl-Banken, wie der GLS Gemeinschaftsbank oder der Ethikbank, zusammen, entstehen Synergieeffekte die man sich zu nutze machen kann. E-Commerce-Unternehmen die es mit der Nachhaltigkeit ernst meinen, können die Kooperation als weiteres Siegel ihrer Arbeit und Mission nutzen.
3. Ausschließliche Verwendung von Recyclingpapier
Leider ist es auch in einem modernen und technisch gut aufgestellten E-Commerce-Unternehmen noch immer nicht möglich, komplett auf Papier zu verzichten. Das fängt bei Lieferscheinen, Adressaufklebern und in analoger Form vorzuhaltenden Formularen und Dokumenten an und hört bei Toilettenpapier noch lange nicht auf. Wir bemühen uns zwar nach Kräften, kaum noch Papier zu verwenden, achten dann aber auch darauf, dass es sich ausschließlich um hundertprozentige Recyclingqualität handelt. Es werden leider immer noch viel zu viele Wälder für die Papierproduktion abgeholzt – diesem Raubbau an der grünen Lunge unseres Planeten muss dringend Einhalt geboten werden. Regenbogenkreis wurde übrigens ursprünglich gegründet, um mit dem Verkauf von Regenwaldprodukten aus Wildsammlung zum Schutz dieser so wichtigen Waldflächen beizutragen – im Laufe der Zeit haben wir dann unser Sortiment Schritt für Schritt erweitert, aber den Fokus nicht aus den Augen verloren.
4. Verwendung nachhaltiger Verpackungslösungen
Damit unsere Kunden unsere hochwertigen Produkte auch im einwandfreien Zustand erhalten können, müssen diese natürlich sicher und umfassend geschützt verpackt werden. Wer sich Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben hat, dann aber rohölbasierte Plastikbehältnisse verwendet und die Leerräume der Kartonagen mit Styroporflocken flutet, verspielt komplett seine Glaubwürdigkeit. Wir setzen bei der Regenbogenkreis GmbH daher auf Recyclingkartons und polstern die Leerräume mit biologisch abbaubaren Verpackungs-Chips aus. Auf diese Weise sorgen wir nicht nur für eine widerstandsfähige und sichere Verpackung, die auch eine ruppigere Behandlung überlebt, sondern schonen gleichzeitig auch die begrenzten Ressourcen unseres Planeten. Die Produkte selbst befinden sich in wiederverwendbaren Violettgläsern (die wir übrigens auch unbestückt und "pur" anbieten) oder in Dosen aus Green PE, das aus Zuckerrohr gewonnen wurde.
5. Umsatzanteil als Spende der Erde zurückgeben
Seien wir ehrlich – selbst das ressourcenschonendste Unternehmen muss Umsatz erzielen, um Mitarbeiter entlohnen, Miete zahlen und Rücklagen bilden zu können. Ansonsten tendiert der Grad der Nachhaltigkeit gegen null, da eben keine ökologisch relevante Wirkung erzielt werden kann. Nichtsdestotrotz sollte aber auch ein gewisser Anteil des erzielten Umsatzes wieder direkt zurückfließen, um der Erde und der Natur unmittelbar zugute zu kommen. Die Auswahl passender und wirklich sinnvoller Projekte und Initiativen mag einen auf den ersten Blick erschlagen, dementsprechend sollte man sich von Beginn an bei der Recherche auf Aspekte konzentrieren, die einem besonders wichtig sind. Wir engagieren uns zum Beispiel bei der Tropenwaldstiftung Oroverde und kaufen kontinuierlich Regenwald auf, der dann nicht mehr rein gewinnorientierten Interessen zum Opfer fällt. Auf diese Weise konnten wir bereits mehr als 94 Millionen Quadratmeter Regenwald nachhaltig schützen.
Bei aller Fokussierung auf einem möglichst hohen Grad an Nachhaltigkeit sollte man aber auch keinen perfektionistischen Tunnelblick entwickeln. Oftmals bedarf es etlicher Schritte, die gewünschte Nachhaltigkeit zu erreichen – was aber nicht davon abhalten sollte, überhaupt den ersten Schritt zu gehen.
Der Autor Matthias Langwasser ist Gründer und Geschäftsführer des ganzheitlichen Unternehmens Regenbogenkreis, dessen Kerngeschäft ein veganer Online-Shop ist. Regenbogenkreis wurde 2011 gegründet.
Nachfolgen statt gründen
Sieben Tipps für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

Ein bereits laufendes Unternehmen als Nachfolger zu übernehmen, kann eine attraktive und spannende Alternative zum Selbstgründen sein. Gerade im Mittelstand stehen aktuell viele inhabergeführte Betriebe vor der Wahl: Nachfolger finden oder Aufgeben. Eine gute Chance für Jungunternehmer, ein alteingesessenes Unternehmen zu übernehmen und ihm trotzdem die eigene Handschrift zu verleihen, vor allem im Bereich Digitalisierung.
Der Mittelstand ist eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Doch viele kleine und mittlere Betriebe stehen vor einer unsicheren Zukunft, weil ihre Inhaber keine Nachfolger finden. Bereits jetzt sind über 1,5 Millionen Inhaber und Inhaberinnen 55 Jahre oder älter. Das ist eine Chance für Jungunternehmer, die gerne ein eigenes Unternehmen starten möchten, ohne den Druck und das Risiko einer Neugründung.
Ein gut am Markt positioniertes Unternehmen zu übernehmen, dabei von einem bereits existierenden Kundenstamm und langjährigen Beziehungen sowie einer eingespielten Belegschaft zu profitieren, sind gewichtige Vorteile gegenüber einer Neugründung.
Offen stehen Nachfolgern aktuell zwölf Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland, die laut KfW Research in den kommenden Jahren ihre Tore schließen müssten, wenn ihre Inhaber keinen Nachfolger finden.
Nachfolgeoptionen genau prüfen
Wer eine Unternehmensnachfolge plant, sollte ausschließlich Betriebe in die engere Auswahl nehmen, die zu den eigenen Ambitionen und Zielen passen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, das Businessmodell und die Branche, in der das einzelne Unternehmen beheimatet ist, genau zu prüfen. Hierzu gehört auch, sich einen umfassenden Überblick über die laufenden Geschäfte der Firmen sowie deren infrastrukturellen und personellen Status quo zu verschaffen. Es gilt etwa Fragen zu klären, wie groß das Wachstumspotenzial des jeweiligen Betriebs ist, welche Investitionen geplant sind, auf welchem Stand Maschinenpark und IT sind und ob die Mitarbeiter mit dem größten Know-how nach dem Eigentümerwechsel bleiben werden.
Von Experten beraten lassen
Die vielen Fragen, die bei einer Unternehmensnachfolge wichtig sind, lassen sich kaum in Eigenregie oder auf die Schnelle beantworten. Daher ist es wichtig, den Rat von Experten einzuholen. Sie können beispielsweise bei Rechtsfragen unterstützen, steuerliche Aspekte erläutern oder einschätzen, und Hinweise geben wie viel die Übernahme eines bestehenden Betriebs insgesamt kosten darf. In diesem Zusammenhang können etwa Banken mit fachlicher Expertise unterstützen. Kurzum: Wer sich mit dem Gedanken einer Unternehmensnachfolge trägt, braucht nicht zu befürchten, das gesamte Projekt alleine stemmen zu müssen.
Finanzierung richtig angehen
Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Nachfolge ist neben der Sondierung eines geeigneten Betriebes, der Analyse dessen Geschäftsmodells und des Zukunftspotenzials die Klärung der Finanzierung, vor allem wie viel Eigenkapital der Jungunternehmer aufbringen kann und soll. Im Allgemeinen wird ein Anteil von etwa 20 Prozent empfohlen, über den Nachfolger beim Kauf eines Unternehmens verfügen sollten. In der Regel ist aber zusätzliches Fremdkapital erforderlich, sei es als Geschäftskredit der Hausbank oder in Form von Ratenzahlungen auf den Kaufpreis. Als weitere Fremdkapitalquelle bieten sich Risikokapitalgeber an. Für Venture-Capital-Firmen gelten zukunftsfähige mittelständische Betriebe mit überzeugender Digital-Strategie als interessantes Investment.
Bund und Länder haben ebenfalls verschiedene Programme zur Unterstützung von Existenzgründern aufgelegt, die auch Firmennachfolgen abdecken. Beispiele hierfür sind der „ERP-Gründerkredit“ und das „ERP-Kapital für Gründung“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Und mit dem Mikrokreditfond Deutschland hat der Bund ein Bürgschaftssystem gestartet, das eine weitere Alternative sein kann. Darüber hinaus können sich Nachfolger in Kooperation mit ihrer Hausbank bei diversen Förderprogrammen der Bundesländer bewerben.
Eine wichtige Entscheidungshilfe für Fremdkapitalgeber sind in diesem Zusammenhang die Jahresabschlüsse des zu übernehmenden Betriebes mit Gewinn- und Verlustrechnung der vergangenen drei Jahre sowie die entsprechenden hinterlegten Sicherheiten des Kaufinteressenten. Neben den reinen Finanzaspekten spielen aber auch Aspekte wie das jeweilige Marktumfeld, die Kunden- und Wettbewerbssituation sowie der Digitalisierungsgrad des Betriebs und die daraus abzuleitenden Potenziale eine wichtige Rolle.
Kaufpreis umfassend ermitteln
Ein weiterer Meilenstein und nicht selten auch eine Herausforderung im Rahmen eines Übernahmeprozesses ist die Ermittlung des Kaufpreises für das mittelständische Unternehmen. Klassische Ansätze wie das EBIT-Verfahren oder die Orientierung am Ertragswert greifen dabei häufig zu kurz. Auch immaterielle Werte wie Geschäfts- oder Produktideen, das implizite Know-how der Mitarbeiter, die Unternehmenskultur, etablierte Beziehungen zu Lieferanten und Kunden sowie die Marktposition sollten in die Bewertung einfließen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der emotionale Wert, der insbesondere beim Verkauf von Familienunternehmen eine wichtige Rolle spielt. Denn hier geht es vielen scheidenden Firmenlenkern weniger um rein finanzielle Aspekte als vielmehr um die Anerkennung ihres Lebenswerks.
Übergabeprozess nachhaltig planen
Ist die Entscheidung für eine Übernahme gefallen, sollte sich ein sauber strukturierter Übergabeprozess anschließen. Dieser ist in zweierlei Hinsicht sinnvoll. Zum einen wird der neue Eigentümer in die Strukturen des Unternehmens eingeführt. Der Vorgänger macht ihn mit notwendigen operativen Aufgaben vertraut und stellt ihn bei Kunden und Geschäftspartnern vor. Zum anderen kann der ehemalige Firmenlenker Vertrauen zu seinem Nachfolger aufbauen. Denn wer sein eigenes Unternehmen ein gesamtes Berufsleben lang aufgebaut hat, tut sich oft schwer, sein Lebenswerk in fremde Hände zu legen. Eine gemeinsame Übergangszeit hilft somit beiden Seiten – fachlich und emotional.
Digitale Neuausrichtung berücksichtigen
Unternehmensnachfolger sollten zudem überprüfen, inwieweit die Digitalisierung im Betrieb bereits fortgeschritten ist. Steckt die Entwicklung diesbezüglich noch in den Kinderschuhen, haben Nachfolger die Gelegenheit, Prozesse zu überdenken und als Firma innovativer am Markt aufzutreten. Nur wer Arbeitsabläufe und Geschäftsmodelle digital abbilden kann, bleibt konkurrenzfähig – auch im globalen Wettbewerb. Unternehmensnachfolge kann in diesem Zusammenhang die Chance sein, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und eine neue, digitalere Unternehmenskultur zu implementieren. Eine sinnvolle Maßnahme in diesem Kontext ist es, das digitale Know-how der Mitarbeiter in Form von Weiterbildungen oder Workshops zu fördern. Sind weitere Kompetenzen erforderlich, können Nachfolger neue Stellen schaffen und diese mit von außen rekrutierten Fachkräften besetzen, die über entsprechende digitale Kenntnisse verfügen.
Kontakt zu den Mitarbeitern suchen
Bei Nachfolgeprozessen ist von Beginn an ein enger Dialog mit den Mitarbeitern notwendig. Eine offene Kommunikation hilft dabei, die Akzeptanz geplanter Veränderungen wie Modernisierungsmaßnahmen bei der Belegschaft zu steigern. Indem Unternehmensnachfolger auf jeden einzelnen persönlich eingehen und neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, können sie Vertrauen zu den Beschäftigten aufbauen und den Teamgeist stärken.
Es muss nicht immer Gründen sein
Die Unternehmensnachfolge ist ein solider Weg in die Selbständigkeit. Wer einen bestehenden Betrieb übernimmt, profitiert beispielsweise davon, dass es zu Lieferanten und Partnern bereits eine langjährige vertrauensvolle Beziehung gibt. Kunden und oft auch Stammkunden sind vorhanden. Und nicht zuletzt bilden die Mitarbeiter ein eingespieltes Team.
Der Autor Jan Friedrich ist Vice President Field Marketing Central Europe bei Sage, das Gründern, Selbständigen und kleinen Unternehmen Desktop-Software für Auftragsbearbeitung, Warenwirtschaft und Finanzbuchhaltung bietet.
Aus dem Ausland in Deutschland gründen
Worauf zu achten ist, wenn man aus dem Ausland ein Unternehmen in Deutschland gründen will.

Durch seine Lage im Zentrum Europas und als Heimat vieler wirtschaftlich leistungsstarker Unternehmen ist Deutschland ein attraktives Ziel für viele interessierte Unternehmer, die ebenfalls in Deutschland eine Firma gründen wollen. Worauf du achten sollest, wenn du aus dem Ausland heraus ein Unternehmen in Deutschland gründen willst, erfährst du in diesem Beitrag.
I. Als deutscher Staatsbürger aus dem Ausland in Deutschland gründen
Für die Gewerbegründung, beispielsweise einer GmbH oder einer haftungsbeschränkten UG, gibt es einige Voraussetzungen. Unabhängig von der Rechtsform wird dazu eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis benötigt. Mit einer deutschen Staatsbürgerschaft hat man diese grundsätzlich bereits in der Tasche und somit sollte dieser Punkt kein Problem darstellen.
Studieren über Probieren
Bevor es ans Eingemachte geht und mit der eigentlichen Gründung begonnen wird, sollte man sich in der jeweiligen Auslandsbehörde informieren und bestenfalls mit einem spezialisierten Anwalt im Niederlassungsland und in Deutschland beraten lassen: Voraussetzungen sind von Ort zu Ort unterschiedlich und sich als Laie ohne Unterstützung mit wichtigen Voraussetzungen auseinanderzusetzen, birgt immer die Gefahr, etwas zu übersehen. Besser ist es, man investiert zu Beginn in eine kompetente Beratung zu Länderrecht und Steuerrecht. Hier geht es vor allem um die Gestaltungsmöglichkeiten und Rahmenbedingungen eines aus dem Ausland gegründeten Unternehmens.
Firmenanschrift
Eine weitere Frage ist, welche Adresse man der Firma gibt: Stehen einem selbst oder einem in Deutschland eingesetzten Geschäftsführer Räumlichkeiten zur Verfügung? Hierfür gibt es neben der eigenen Immobilie oder angemieteten Büros noch weitere Möglichkeiten. Auch in Deutschland ansässige Unternehmer benutzen aus Gründen der Privatsphäre häufig Alternativen. Je nach Budget und Kontakten gibt es für das aus dem Ausland gegründete Unternehmen verschiedene Möglichkeiten: Vom Home-Office eines Angestellten, einem virtuellen Büro, dem Platz im Coworking-Space bis hin zum eigenen Büro gibt es für jeden das Passende. Hauptsache ist, man hat eine Adresse und diese ist real und funktional. Denn über die Anschrift muss man per Post jederzeit erreichbar sein. Hier ist zu beachten, dass sie ins Handelsregister eingetragen werden muss und außerdem im deutschen Inland liegt.
Darüber hinaus lohnt es sich abzuwägen: Benötigt man in Deutschland einen Raum für Kundentermine zwischen Kunden und den eigenen Vertretern oder eine Produktions- oder Lagerhalle? Durch die verschiedenen Arten von Geschäftsmodellen gibt es für jeden Gründer die richtige Lösung.
Notartermin
Sobald man sich der Rahmenbedingungen bewusst ist und man die groben Details der Gründung festgelegt hat – Geschäftsidee, Rechtsform, Gesellschafter, Geschäftsführer, die eigene Rolle im Unternehmen –geht es für die eigentliche Gründung zum Notar. Hier müssen grundsätzlich alle Geschäftsführer vor Ort anwesend sein, Gesellschafter können sich auch durch eine bevollmächtigte Person vertreten lassen. Das ist dann häufig einer der Geschäftsführer. Je nachdem, ob man Gesellschafter oder Geschäftsführer ist, muss man also mit einer Reise nach Deutschland rechnen. Doch auch hier ist es zeitsparend, sich im Vorhinein zu informieren: Bei der Eröffnung eines Geschäftskontos ist es zum Beispiel von Bank zu Bank unterschiedlich, wer tatsächlich zum Termin erscheinen muss und wer sich vertreten lassen kann. Es ist also immer besser, einmal zu viel zu fragen, ob man wirklich persönlich zu einem Termin anreisen muss.
Sprache und Beglaubigungen
Sobald über Staatsgrenzen hinweg gehandelt wird, lohnt es sich, für alle notwendigen Dokumente, zu checken, in welcher Sprache und zu welchem Grad der Beglaubigung diese benötigt werden. Falls Sprachbarrieren vorhanden sind, sollte man am besten einen Notar suchen, der den Notartermin in der eigenen Sprache abhalten kann. Ist das nicht möglich, muss ein Dolmetscher zum Termin zugegen sein. (Achtung: Für offizielle Termine muss ein Dolmetscher meist beeidigt sein.)
II: Als Staatsangehöriger eines EU-Staates aus dem Ausland in Deutschland gründen
Alles, was deutsche Staatsbürger beachten müssen, gilt in der Regel auch im Fall eines Staatsangehörigen eines EU-Mitglieds, genauer für alle EWR-Mitglieder zusätzlich der Schweiz, Liechtenstein, Norwegen und Island. Im weiteren Verlauf wird aus Gründen der Vereinfachung der Begriff EU-Bürger verwendet. Durch Niederlassungs- und Gewerbefreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit ist es innerhalb dieser Länder vergleichsweise einfach, in einem anderen Land als dem Heimatland ein Gewerbe zu gründen bzw. auch zu führen. Eine Aufenthalts- oder Niederlassungsgenehmigung zu erhalten sollte für EU-Bürger kein allzu großes Hindernis darstellen. Jedoch gilt auch hier der Grundsatz: Man steht optimalerweise in engem Kontakt zur jeweiligen Auslandsbehörde und klärt die nötigen Details mit kompetenten Beratern.
Überbeglaubigung
Bei der Beglaubigung von Dokumenten ist darauf zu achten, dass gegebenenfalls eine herkömmliche Beglaubigung nicht ausreicht und eine sogenannte Überbeglaubigung verlangt wird. Im internationalen Dokumentenverkehr wir darüber hinaus häufig mithilfe der Apostille oder der Legalisation gearbeitet. Auch für Übersetzungen kann das relevant sein.
Kriterienlisten, Anerkennung und Nachweise
Ob Versicherung, Bank oder ein anderer Dienstleister: Zum Beantragen von Mitgliedschaften oder Leistungen gibt es meistens eine Reihe an Kriterien, die überprüft werden. Deshalb sollte man nach Anbietern suchen, deren Kriterien man einerseits erfüllt und deren Leistungen andererseits das Land abdecken, in dem der Geschäftsbetrieb ist.
Deutsche Nachweise erfüllen deutsche Standards. Bei ausländischen Urkunden trifft das nicht immer zu. Deshalb kann es sein, dass für die Gründung entsprechende Nachweise oder Zertifikate benötigt werden. Für bestimmte Industriezweige müssen in Deutschland bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Das können beispielsweise bestimmte Qualifikation sein, mit denen man die Vergleichbarkeit eines ausländischen Abschlusses mit einem deutschen nachweisen kann. Hierzu kann man sich auch von der IHK beraten lassen. Auch das Informationsportal der Bundesregierung zur Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen kann hilfreich sein.
III: Als Bürger eines Drittstaates aus dem Ausland in Deutschland gründen
Grundsätzlich kann jeder in Deutschland eine Firma gründen. Entscheidend ist, ob es das Recht im jeweiligen Staat erlaubt. Eingeholt kann diese Info bei der Auslandsbehörde. Sollte es erlaubt sein, ist es nur noch eine Frage der Details. Dabei gilt: Je weniger Rechts- und insbesondere Handelsabkommen zwischen Deutschland und der Heimat eines Unternehmers bestehen, desto komplizierter und eingeschränkter wird die Gründung. Anders formuliert: Je weiter weg von Deutschland, desto wichtiger ist es, eine ausführliche Beratung in Anspruch zu nehmen, weil schlichtweg mehr Dinge beachtet werden müssen.
Durch die fehlende Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit sowie das Recht auf Freizügigkeit kommen für Bürger aus Drittstaaten weitere Hürden hinzu. Diese sind von Land zu Land unterschiedlich und können nicht in diesem Artikel zusammengefasst werden. Wichtige Dinge, über die man sich informieren sollte, sind beispielsweise: (Frei-) Handelsabkommen, Abkommen über Reisefreiheit und Anforderungen an die politische oder wirtschaftliche Stabilität der Heimat sowie mögliche Sanktionen. Es nützt hierbei enorm, sich über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, um so frühzeitig potenzielle Gefahren oder Gelegenheiten zu erkennen.
Geschäftsführer oder nur Gesellschafter
Man kann unterschiedlich stark in die Gründung eines Unternehmens involviert sein. Als Gesellschafter einer GmbH oder einer UG (haftungsbeschränkt) hat man die Möglichkeit, sich beispielsweise beim Notar vertreten zu lassen. Dadurch wird eine Gründung aus dem Ausland wesentlich unkomplizierter, denn auch Dinge wie eine Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis werden dann nicht unbedingt relevant. Als Geschäftsführer hingegen muss man bei vielen Terminen vor Ort sein und kann sich nicht vertreten lassen. Die Geschäftsführung aus dem Ausland wird dadurch erheblich erschwert. Wenn die Möglichkeit besteht, eine vertrauenswürdige Person in Deutschland als Geschäftsführer einzusetzen, erleichtert das also einiges.
Takeaways
- Grundsätzlich ist es jeder ausländischen Person möglich, Gesellschafter oder Geschäftsführer eines in Deutschland sitzenden Unternehmens zu werden. Dabei gibt es allerdings Unterschiede zwischen jedem Staat und verschiedene zusätzliche Anforderungen, die man erfüllen muss.
- Man sollte sich in jedem Fall ausführlich und kompetent von seiner Auslandsbehörde und Experten für Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht beraten lassen.
- Je nachdem, ob man als Geschäftsführer tätig ist oder lediglich Gesellschafter ist, muss man die Möglichkeit haben, jederzeit nach Deutschland zu reisen oder kann sich durch eine Bevollmächtigung vertreten lassen.
- Es gibt für jeden die richtige Lösung. Die Gründung aus dem Ausland kostet allerdings Zeit und dementsprechend braucht man ein wenig Geduld.
Der Autor Tobias Späth ist studierter Ökonom und selbständig tätiger Unternehmensberater für Existenzgründung bei Businessstart-eu. Hier unterstützt er Gründer*innen aus dem europäischen und nicht-europäischen Ausland, die ein Unternehmen in Deutschland aufbauen wollen.
Digitale Lösungen - So können Start-ups überzeugen
Besonders im Bereich der digitalen Unterstützung können Start-ups in diesen Tagen überzeugen. Immer wieder kommen Gründer*innen auf praktische Ideen, die zur Grundlage für einen soliden Businessplan werden. Doch welche Faktoren sind wirklich wichtig, damit der unternehmerische Erfolg nur noch eine Frage der Zeit ist? Die wichtigsten Aspekte für die Beantwortung dieser Frage wollen wir uns hier in diesem Artikel etwas genauer ansehen.

Einfache Integration in den Alltag
Wenn wir uns mit Ideen auf dem Gebiet der Digitalisierung befassen, haben wir in der Regel komplexe Software vor Augen, die großen Firmen zur Verfügung gestellt wird. Doch die weit größere Zielgruppe mit einem hohen finanziellen Potenzial sind private Nutzer. Wer dazu in der Lage ist, über die Veröffentlichung einer einfachen App für einen Mehrwert zu sorgen, sichert sich auf diese Weise ein großes Publikum.
Eine entscheidende Rolle spielt die Hemmschwelle, die wir beim Zugriff auf die neue Technik verspüren. Je leichter es uns fällt, diesen Schritt in Richtung der digitalen Zukunft zu gehen, desto schneller werden wir das Produkt eines bestimmten Unternehmens in Anspruch nehmen. Je eher es einer Firma gelingt, diesen Anspruch zu erfüllen, desto größer ist die Chance auf weitere wirtschaftliche Erfolge.
Mehrwert für den Endnutzer
Dass auch einfache Ideen dazu in der Lage sind, einen hohen Mehrwert zu liefern, zeigte zuletzt der E-Presseausweis. Die typische Akkreditierung spielt für Journalisten nach vor eine wichtige Rolle. Inzwischen sind digitale Angebote dazu in der Lage, den klassischen Ausweis umfänglich zu ersetzen. Auf diese Weise kann der Alltag in der Branche deutlich einfacher gestaltet werden. Weitere Infos zum digitalen Presseausweis sind hier auf dieser Seite zu finden.
Nach einem ähnlichen Prinzip haben in diesen Tagen auch Privatpersonen die Möglichkeit, ihr Portemonnaie etwas simpler zu gestalten. Start-ups haben in den letzten Jahren Möglichkeiten geschaffen, um zum Beispiel Bonuskarten im digitalen Format auf dem Smartphone mit sich zu führen. Damit sind die Zeiten vorbei, in denen das Volumen des Geldbeutels aufgrund dieser vielen Karten schier endlos zuzunehmen schein. Passende Apps sind gratis in den Stores zu finden.
Die Konkurrenz übertreffen
Gerade diese Beispiele stellen eindrücklich unter Beweis, dass es nicht immer die komplexen Entwicklungen sind, welche die Digitalisierung wieder einen Schritt nach vorn bringen und zur Grundlage für ein Start-up werden. Dies bedeutet auch, dass mit einiger Wahrscheinlichkeit bereits Konkurrenz auf der Strecke herrscht. Die Frage ist nun, welcher der unterschiedlichen Anbieter sich auf lange Sicht durchsetzen wird.
Per se haben Gründer zwei Möglichkeiten, um auf die Vorteile ihres eigenen Projekts aufmerksam zu machen. Zum einen sind dies finanzielle Aspekte, die den Endnutzer überzeugen. Je günstiger eine bestimmte Leistung an den Start gebracht werden kann, desto eher erreicht sie ihre Zielgruppe. Wer dazu bereit ist, das Ziel der Profitabilität erst einmal wieder in den Hintergrund zu rücken, kann auf diese Weise den eigenen Marktanteil beträchtlich vergrößern.
Eine zweite Möglichkeit, die für das Erreichen des Zieles in Betracht gezogen werden kann, betrifft die Qualität der Arbeit. Wer durch den enormen Mehrwert des eigenen Produkts dazu in der Lage ist, die Konkurrenz ein deutliches Stück hinter sich zu lassen, verfügt über ein wesentliches Argument. Ohne an der Preisschraube drehen zu müssen ist es in diesem Fall möglich, einen ganzen Markt für sich zu erobern und womöglich zu dem Anbieter zu werden, der in einigen Jahren dieses Feld für sich besetzt hält.
Unternehmensverlegung: Wenn das Ausland lockt
Viele Unternehmer befassen sich früher oder später einmal mit der Frage, ob eine (Teil-) Verlagerung ihres Unternehmens in das Ausland sinnig ist. Diese steuerlichen Chancen und Risiken sind dabei zu beachten.

Eine (Teil-)Verlagerung des eigenen Unternehmens in das Ausland kann, unter Aspekten der Steuerbelastungsminderung betrachtet, durchaus sinnvoll sein. Denn es gibt viele Staaten, die eine geringere Besteuerung der Unternehmensgewinne vornehmen als Deutschland. Gerade bei jüngeren Unternehmen, die ortsunabhängig agieren können, wie z.B. Influencer oder Onlinehändler, ist der Unternehmenssitz weniger von Bedeutung. Diese Unternehmen können durch die Verlagerung ihres Unternehmens ins Ausland die Steuerbelastung erheblich senken.
Allerdings ist eine steuerneutrale Verlegung des Unternehmens nur unter sehr engen Voraussetzungen möglich. Es gibt eine Vielzahl von steuerlichen Regelungen, die hierbei zu beachten sind. Anderenfalls droht die Besteuerung sämtlicher stiller Reserven im Unternehmen. Im Grundsatz bedeutet dies, dass der Unternehmenswert bei Verlagerung in Deutschland zu besteuern ist und mithin Steuern zu zahlen sind, ohne dass ein Veräußerungsgewinn in Form von liquiden Mitteln zugeflossen ist. Nachfolgend wird die sog. Exit-Besteuerung dargestellt, die zwingend bei derartigen Überlegungen zu beachten ist.
Funktionsverlagerung
Das deutsche Außensteuergesetz (AStG) beinhaltet einige Vorschriften, die eine steuerneutrale Verlagerung von Steuersubstrat in das Ausland erschweren. Hierzu gehört u.a. die Regelung zur Funktionsverlagerung. Die Funktionsverlagerung ist gesetzlich in § 1 Abs. 3 S. 9 ff. AStG normiert und beinhaltet bereits nach dem Gesetzeswortlaut eine sehr weite Formulierung, wonach Funktionen einschließlich der dazugehörigen Chancen und Risiken und der mit übertragenen oder überlassenen Wirtschaftsgüter und sonstigen Vorteile von einer Funktionsverlagerung umfasst sind. Wurde das Unternehmen also bereits in Deutschland gegründet und hat es seine Tätigkeit aufgenommen, so sind seine Wirtschaftsgüter – auch etwaige immaterielle Wirtschaftsgüter (z.B. bisheriger Kundenstamm) – aber auch etwaige Geschäftschancen in Deutschland steuerverstrickt. Kommt es in Folge der Verlagerung ins Ausland zu einer Entstrickung, wird hierdurch ein Besteuerungstatbestand ausgelöst.
Allerdings bestehen seitens der Finanzverwaltung sog. BMF-Schreiben, die Ausnahmen hiervon enthalten können. So sollen bspw. Funktionsverdoppelungen grundsätzlich zu keiner (steuerpflichtigen) Funktionsverlagerung führen. D.h., wird neben der bereits bestehenden Funktion wie z.B. „Vertrieb“ eine weitere Vertriebsfunktion im Ausland begründet, so kann dies steuerneutral erfolgen, selbst wenn der Umsatz in Deutschland hierdurch in einem gewissen Umfang zurückgeht. Gleiches könnte nach Wortlautauslegung des BMF-Schreibens auch gelten, wenn das Unternehmen noch keinen größeren Unternehmenswert hat und die Umsätze nicht größer als 1 Mio. EUR sind.
Diese Regelungen könnten gerade für jüngere Start-ups von Interesse sein, da sie in der „Anfangsphase“ meist noch keinen größeren Unternehmenswert generiert haben.
Wegzugsbesteuerung
Die sog. Wegzugsbesteuerung i.S. des § 6 AStG umfasst im Wesentlichen Beteiligungen an Kapitalgesellschaften von mind. 1%, die von einer natürlichen Person gehalten wird. Diese Person muss insgesamt mind. 10 Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland gewesen sein. Sobald diese unbeschränkte Steuerpflicht entfällt, wird eine fiktive Veräußerung der genannten Beteiligung angenommen, woraus eine Besteuerung des Veräußerungsgewinns resultiert. Sollte das Unternehmen somit die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft innehaben, und der Gesellschafter verzieht ins Ausland, könnte dieses bereits die fiktive Veräußerung der Anteile bedeuten. Wie bei allen „fiktiven“ Besteuerungen ist besonders der Umstand hervorzuheben, dass keine tatsächliche Veräußerung, und somit auch kein Liquidationszufluss vorliegt, aber dennoch eine Steuerschuld zu begleichen ist. Eine Finanzierung der Steuerschuld könnte mitunter problematisch werden.
Von einer solchen Besteuerung gibt es auch Ausnahmen. Hat die Person die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Union und verzieht diese Person auch in ein EU Mitgliedstaat, so wird die geschuldete Steuer zinslos und ohne Sicherungsleistungen unbegrenzt gestundet. Hier sind jedoch zwei Aspekte zu beachten. Zum einen wird diese Stundung bei Eintreten bestimmter Ereignisse widerrufen (z.B. Veräußerung der Beteiligung), und zum anderen wird die Wegzugsbesteuerung derzeit reformiert. Es ist wahrscheinlich, dass im Rahmen der Gesetzesreform die Stundungsregelung in der bisher bestehenden Form entfallen wird.
Geschäftsführung
Bei Unternehmen, bei denen der Ort der Geschäftsführung weiterhin in Deutschland verbleibt, bspw. weil der Gesellschafter-Geschäftsführer nicht mit in das Ausland verzieht, sondern nur der Unternehmenssitz der Gesellschaft geändert wird, kann sich weiterhin eine unbeschränkte oder beschränkte Steuerpflicht ergeben. Bei einer Kapitalgesellschaft ist für die Annahme einer unbeschränkten Steuerpflicht Voraussetzung, dass entweder der Sitz oder die Geschäftsleitung in Deutschland liegt.
Daher kann auch eine ausländische Kapitalgesellschaft mit ihren Welteinkommen unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland sein. Allerdings kommen auch steuerliche Betriebsstätten bei bestehenden Inlandsaktivitäten – z.B. durch Angestellte oder Geschäftsführer – als Anknüpfungspunkt für eine Besteuerung in Betracht. Diese steuerlichen Betriebsstätten begründen sodann eine beschränkte Steuerpflicht bezogen auf die inländischen Einkünfte.
Ist es die Absicht, das Unternehmen in das Ausland zu verlegen, und eine Steuerpflicht in Deutschland zukünftig zu vermeiden, ist es daher zumeist notwendig, dass auch der Gesellschafter-Geschäftsführer in das Ausland verzieht.
Hinzurechnungsbesteuerung
Die Hinzurechnungsbesteuerung ist in § 7 ff. AStG geregelt. Hierbei handelt es sich vereinfacht ausgedrückt um eine Norm, die substanzarme ausländische Gesellschaften und ihre deutschen Gesellschafter betrifft. Das Einkommen solcher Gesellschaften gilt unter bestimmten Voraussetzungen für steuerliche Zwecke fiktiv an die inländischen Gesellschafter als ausgeschüttet. Hierfür muss eine unbeschränkt steuerpflichtige Person gegeben sein, die alleine oder mit anderen unbeschränkt steuerpflichtigen Personen an der ausländischen Gesellschaft zu mehr als 50% beteiligt ist. Zudem muss die Gesellschaft sog. passives Einkommen (siehe Aktiv-Katalog gem. § 8 AStG) erzielen, welches niedrig besteuert wird. Eine Niedrigbesteuerung liegt derzeit bei einer Besteuerung von weniger als 25% im Ausland vor.
Als passives Einkommen können sehr vereinfacht ausgedrückt Einnahmen angesehen werden, für die die Gesellschaft als Zwischengesellschaft angesehen wird. D.h., die Gesellschaft übt ihre Tätigkeit im Wesentlichen unter Hinzuziehung ihres deutschen Gesellschafters aus. Eine Abgrenzung zu aktiven und passiven Einkünften ist § 8 AStG zu entnehmen. Oftmals handelt es sich bei solchen Gesellschaften um im Ausland gegründete Gesellschaften, ohne Büroräume o.ä., durch die der Gesellschafter seine Tätigkeit ausübt.
Sollte die Gesellschaft jedoch über bedeutsame Substanz verfügen (z.B. Räumlichkeiten, Angestellte) und besteht somit ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb, kann von der Anwendung der Hinzurechnungsbesteuerung abgesehen werden.
Wie die Wegzugsbesteuerung, soll auch die Hinzurechnungsbesteuerung in Rahmen einer gesetzlichen Reform des AStG geändert werden. Dabei wird die Hinzurechnungsbesteuerung nicht abgeschafft, sondern lediglich in einigen Aspekten abgeändert. So ist es bspw. beabsichtigt die Niedrigbesteuerungsgrenze von derzeit 25% auf sodann 15% abzusenken.
Doppelbesteuerungsabkommen
Bei allen Erwägungen muss auch immer ein etwaiges Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) im Blick behalten werden. Ein DBA ist ein völkerrechtlicher Vertrag und regelt bilateral zwischen zwei Staaten die Zuordnung von Besteuerungsrechten an Einkünften, die nach nationalem Steuerrecht der jeweiligen Staaten besteuert werden können. Das Ziel eines solchen Doppelbesteuerungsabkommens ist die Vermeidung einer Doppelbesteuerung. Hierfür kann es verschiedene Methoden geben. Ein solches Doppelbesteuerungsabkommen kann jedoch durch nationale Normen eingeschränkt werden. Daher ist es immer im Kontext mit dem nationalen Steuerrecht – wie dem AStG – zu betrachten.
Fazit
Das Ausland lockt meist mit niedrigen Steuersätzen, die im Vergleich zu Deutschland einen deutlichen Steuervorteil bringen können. Ist der Entschluss zu einer (teilweisen) Unternehmensverlagerung getroffen, so sind insbesondere die vorgenannten Aspekte immer im Voraus einer Verlegung zu betrachten, um etwaige steuerliche Risiken auszumachen. Im Nachhinein ist meist nur noch wenig zu retten.
Selbst wenn eine sog. Exit-Besteuerung in Deutschland unausweichlich ist, könnte dennoch eine Verlegung langfristig von Vorteil sein, da die Gewinne am Anfang meist noch vergleichsweise niedrig sind, und der Unternehmenswert erst im Laufe der Zeit aufgebaut wird. Die Exit-Besteuerung könnte somit im Vergleich zur Steuerersparnis in der Zukunft vorteilhaft sein. Um eine Vorteilsabwägung realistisch vornehmen zu können, wird eine Unternehmensbewertung aber unumgänglich sein.
Unter Umständen wird es auch erforderlich sein, dass der Gesellschafter in das Ausland verzieht. Im Ergebnis müssen auch die privaten Lebensumstände gegenüber den möglichen steuerlichen Vorteilen abgewogen werden. Meist ist bei rechtlichen Unsicherheiten auch die Beantragung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt empfehlenswert. Gerade bei Begehrung steuerneutraler Verlegungen können hiermit rechtliche Unsicherheiten beseitigt werden.
Der Autor Malte Geils ist Diplom-Steuerjurist (FH), Steuerberater, Fachberater für Internationales Steuerrecht und Partner der PartG taxavis in Hamburg.
Andere (digitale) Märkte, andere Sitten
Internationalisierung: Warum in der digitalen Welt globaler Erfolg nur durch regionale Anpassung gelingt.

Jedes Unternehmen, egal ob etablierter Mittelstand oder junges Start-up, möchte seinen Kundenstamm langfristig erweitern und seine Wettbewerbsfähigkeit sowie seinen Unternehmenserfolg sichern. „Internationalisierung“ heißt es dann in vielen Fällen. Doch bei diesem Prozess ist gute Planung gefragt.
Denn eine Website, ein Online-Shop oder eine App einfach eins zu eins in eine andere Sprache zu übersetzen, ist oftmals nicht sinnvoll oder gar möglich. Warum der internationale Erfolg eines Unternehmens nur durch regionale Anpassung der digitalen Produkte gelingen kann, erfährtst du in diesem Beitrag.
Andere Länder, andere Sitten
Dieses Sprichwort gilt nicht nur für die analoge, sondern auch für die digitale Welt. Wer in einem neuen Markt mit Website, Online-Shop oder App erfolgreich sein will, muss die User dort optimal ansprechen. Dazu ist es zwingend erforderlich, sich mit den kulturellen Besonderheiten und der Erwartungshaltung der potenziellen Kunden auseinanderzusetzen. Kaum ein digitales Produkt lässt sich 1:1 für einen anderen Markt nutzen. Eine Lokalisierung ist unerlässlich, um das Vertrauen von Kunden zu gewinnen und sie in ihrer Muttersprache „abzuholen“.
Ansonsten ist die Gefahr groß, dass Kunden nicht im Shop verweilen und sich umschauen, sondern gleich wieder wegklicken. Die Übersetzung ist damit der erste richtige Schritt, um ein digitales Produkt in einem neuen Land einzuführen. Damit die Übersetzer einen guten Job machen können, ist es wichtig, ihnen bei Bedarf Experten an die Seite zu stellen, die den dortigen Markt und vor allem die Nutzungsgewohnheiten der potenziellen Kunden genau kennen.
Die Sprache der Kunden sprechen
Gemäß der Studie von Common Sense Advisory ist es für 56 Prozent der Verbraucher wichtiger, Informationen über Produkte in der eigenen Sprache zu finden, als der Produktpreis. Dementsprechend sollte auf eine hohe sprachliche Qualität der Übersetzung geachtet werden. Diese ist nur möglich, wenn der Übersetzer mit den landesspezifischen Besonderheiten vertraut ist.
Wie wichtig in diesem kontext die Sprach-Technologie-Branche ist, zeigt die Größe des Marktes mit geschätzten 29 Mrd. Euro (Quelle: Globalization & Localization Association). Idealerweise wird schon zu Beginn der Entwicklung einer Website oder einer App das Thema Vielsprachigkeit für eine mögliche zukünftige Expansion in andere Märkte berücksichtigt. Starre Platzvorgaben sind bei der Internationalisierung einer Website oft schwierig – die Länge von übersetzten Inhalten kann z.B. von Sprache zu Sprache deutlich variieren. Legen Entwickler und Webdesigner eine Website oder App gleich mit dem Gedanken an Internationalisierung an, sparen sie sich unnötige Programmierarbeiten.
Überzeugen mit dem ersten Klick
Gleich beim ersten Besuch von Website, Shop oder App gilt es, den Kunden zu überzeugen. Es gibt keine zweite Chance. Design und Produktpräsentation müssen den Kunden ansprechen und zu seinen Sehgewohnheiten passen. Diese können sich von Markt zu Markt deutlich unterschieden – bei einem amerikanischen Nutzer können diese ganz anders sein als bei einem asiatischen. Wie es in der analogen Welt eine Spannbreite bei der Art des Einkaufens vom Tante-Emma-Laden über das cleane Einkaufszentrum bis zum trubeligen Basar oder der XXL-Shopping-Mall gibt, sind die Erwartungshaltungen der Kunden auch in der digitalen Welt sehr unterschiedlich.
Während ein asiatischer Online-Shop hierzulande als überfrachtet und kitschig angesehen werden könnte, würde ein deutscher Online-Shop in China möglicherweise überhaupt keine Zustimmung der dortigen Kunden finden. Es gilt, Produkte entsprechend der Erwartungshaltung der Kunden zu präsentieren und Bild- und Bewegtbildmaterial gemäß dieser Sehgewohnheiten zu erstellen und auszutauschen. Möglicherweise haben auch einige Textinhalte keine Relevanz in anderen Märkten, so dass diese ebenfalls geändert werden sollten. Eine Seite fällt unter Umständen ganz weg, eine andere müsste dafür aber vielleicht unbedingt dazu genommen werden.
„Gewohnheitstier Kunde“: Der Service muss stimmen
Auch hinsichtlich der Services bei Kauf-, Bestell- und Bezahlabwicklungen müssen Anpassungen bei digitalen Produkten vorgenommen werden. Zum Beispiel: Welche Bezahlmethoden sind im neuen Markt gängig und werden daher von den potenziellen Kunden erwartet? Welche rechtlichen Besonderheiten der jeweiligen Länder sind zu berücksichtigen, um hier in keinen juristischen Fettnapf zu treten. Und wie sieht es mit den technischen Anforderungen aus? Wie muss die Website oder der Shop optimiert werden, damit sie von den Suchmaschinen, die im neuen Mark am häufigsten verwendet werden, gefunden und hoch gerankt wird? Schließlich bringt auch das perfekt angepasste Produkt nichts, wenn es nicht aufgefunden wird.
Der Autor Wolfram Grätz ist Mitgründer und CEO der Translation Management Plattform Phrase, die für schnelle und überschaubare Arbeitsprozesse bei Übersetzungsprojekten sorgt.
Wie innovativ sind deutsche Gründer?
Gründer als Katalysatoren für Innovation made in Germany: Wo wir stehen und was noch zu leisten ist, um das Potenzial zu nutzen!

Deutschland ist auf die Innovationskraft talentierter Unternehmer angewiesen. Entrepreneure sind heute die Katalysatoren für Innovation made in Germany – nicht mehr nur die Autoindustrie. Leider wählen noch zu wenig talentierte Menschen den Weg in die Selbständigkeit. Und das liegt vor allem an fehlender Förderung. Die nächsten Elon Musks, Dr. Anne-Marie Imafidons und Innovationen scheitern hierzulande häufig, noch bevor sie die Chance hatten, sich am Markt zu beweisen.
Warum – und wie lösen wir das Problem?
16 Prozent der neu gegründeten Start-ups in Deutschland bieten nicht nur innovative Produkte, die es vorher schon in den USA zu sehen gab, sondern absolute Marktneuheiten. Diese Zahl aus dem KfW-Gründungsmonitor zeigt: Deutschlands Gründer arbeiten nicht nur in ihrer Digital-Blase. Während in den vergangenen vierzehn Jahren der deutsche Mittelstand als Entwicklungsmotor unserer Volkswirtschaft gesehen wurde, ist dessen Innovationskraft von 43 Prozent auf heutzutage gerade mal 19 Prozent gesunken (KfW-Mittelstandspanel).
Die neuen Patentanmeldungen stagnieren ebenfalls seit Jahren auf dem selben Niveau (DPMA). Doch Neugründungen leisten einen erheblichen Beitrag zur Innovationsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft. Die Start-ups agieren flexibler und schneller auf technische und soziale Entwicklungen wie neue Antriebsmöglichkeiten, Energiespeicher, verändertes Konsumentenverhalten oder Herausforderungen im Gesundheits- und Bildungsbereich durch COVID-19. Nur leider wird dies hierzulande nach wie vor nicht genug gefördert.
Seitdem die Welle der Copy-Cat-Gründungen mit lokalen Company Buildern abgeflacht ist, fehlt es an privatwirtschaftlicher Förderung für die nächste Gründer-Generation, die trotz noch fehlendem Netzwerk aber mit Talent an einer eigenen Idee und Firma bauen möchte. Und das obwohl es seltener mehr Bedarf und mehr Kapital im Markt gab. Viele Talente mit dem Potenzial neue Technologien in Innovationen zu verwandeln – und gegebenenfalls sogar ganze Märkte zu bauen – scheitern noch bevor sie Zugang zu den Netzwerken rund um das Kapital für Wachstum haben.
Und obwohl der Bedarf an Gründern selten größer war, sind die Gründe für das Scheitern von innovativen Unternehmensgründungen nach wie vor dieselben:
1. Ideenfindung: Ideen sind an sich zarte Konstrukte, die in den seltensten Fällen ab Stunde Null die harte Realität der freien Märkte überleben. Innovationen entstehen häufig aus ambitionierten, problem- und lösungsorientierten Ansätzen – sofern wir nicht über Copy Cats von amerikanischen Modellen sprechen. 42 Prozent aller Start-ups scheitern, da es für das eigene Produkt keinen Product-Market-Fit gegeben hat, betont ein Report der Venture-Capital-Datenbank (CB Insights).
Inkubatoren mit ihren Mentorship Programmen können hier helfen Ideen zu iterieren und bei der Marktanalyse sowie der Validierung zu unterstützen und in einem relativ geschützten Bereich zu entwickeln. Doch hier hinkt Deutschland erheblich hinterher. Hierzulande gibt es lediglich knapp über 50 Inkubatoren. Die Zahl der Innovation Hubs ist mit 78 nur ungleich höher (Bundeswirtschaftsministerium).
Zum Vergleich: Allein die National Business Incubation Association in den USA umfasst 1.400 Inkubatoren.
2. Kapitalbedarf: Ohne Moos nix los! Unabhängig davon, wie „lean” das Startup ist, es entstehen immer Kosten. Etwa für Mitarbeiter, Service Dienstleister, Office Desks; selbst, um nur die eigenen elementaren oder familiären Ausgaben zu decken. Gemäß dem KfW-Gründungsmonitor 2020 betrugen die Kosten für eine Neugründung im vergangenen Jahr 16.700 Euro, im Vollerwerb gar 36.400 Euro. Dementsprechend wichtig ist ausreichend Early-Stage-Kapital. Doch während US-Angel-Investoren Frühphasen-Start-ups 2017 mit glatt 24 Milliarden US-Dollar unterstützten (The American Angel), floss in Europa 2018 laut dem State of European Tech „lediglich” knapp ein Drittel dieser Summe an Angel-Investments.
Auch die Kreditvergabe ist nicht besonders Gründer-freundlich: In den USA kommen Gründer schnell und unkompliziert an sogenannte Small Business Loans; staatlich gestützte Unternehmensdarlehen zur Abmilderung ihrer finanziellen Sorgen. In Deutschland scheuen Banken hingegen reguläre Start-up-Kredite. Das Ausfallrisiko ist angesichts der risikoreichen Geschäftsmodelle der Jungunternehmen zu groß. In Deutschland finanzieren daher mehr als die Hälfte aller Gründerinnen und Gründer ihr Frühphasen-Unternehmen aus Privaten Mitteln, die auch erstmal erwirtschaftet werden müssen (KfW-Gründungsmonitor).
3. Ungeteilte Aufmerksamkeit: Der Kapitalbedarf und das hohe Risiko in der Ideengenerierung und Validierung führen häufig zu einem naheliegenden Gedanken: Gründen im Nebenerwerb, finanziert von dem Full-time Job. Leider bleiben die erhofften Vorteile und vor allem der Erfolg häufig aus. Die Autoren der Studie Beweggründe und Erfolgsfaktoren bei Gründungen im Nebenerwerb des Instituts für Mittelstandsökonomie der Universität Trier betonen: 42,6 Prozent der Gründer klagen über die Doppelbelastung durch die erste Erwerbstätigkeit und die Nebenerwerbstätigkeit. Die Experten des Reports führen weiterhin aus, dass Gründer und Gründerinnen im Nebenerwerb die Arbeitszeit – etwa für die Akquise, das Rechnungswesen, Analysen – unterschätzen.
4. Mitgründer und Netzwerke: Vitamin B und Netzwerke spielen häufig eine entscheidende Rolle für den frühen Erfolg von Gründern. Sei es, um die richtigen Mitarbeiter zu finden, den richtigen Rat zu bekommen oder die ersten Kunden und Investoren zu finden. Und vor allem, um eine/n Mitstreiter/in zu finden: Gerade für potenzielle Erstgründer ist ein/e Mitgründer/in mit ergänzendem Skillset entscheidend. Auch wenn viele Gründer/innen Role Models von Elon Musk, Arianna Huffington, Sheryl Sandberg und Co folgen, vereinen sich doch nur in den absoluten Ausnahmefällen alle relevanten Fähigkeiten in einer Person.
Nicht umsonst werden laut dem Deutschen Startup Monitor drei Viertel aller Start-ups im Team gegründet. Entsprechend wichtig sind ausreichende Netzwerk-Möglichkeiten, um den passenden Co-Founder zu finden. Ein Beispiel: 2018 trafen sich Entwickler in London auf über 29.000 Meetups, gründeten 2.287 Start-ups. In Deutschland kommt Spitzenreiter Berlin auf 13.291 Meetups. Die deutschen Entwickler-Hauptstädte Köln und Frankfurt am Main auf lediglich knapp 1.800.
5. Unternehmerisches Know-how: Gemäß dem Deutschen Startup Monitor haben 43,1 Prozent der Gründer einen Abschluss in MINT-Studiengängen. Technische Fähigkeiten alleine skalieren jedoch kein Start-up. Doch leider erhalten Gründer am Ausbildungsstandort Deutschland das unternehmerische Know-how nur in schwachen Dosen. Die VC-Datenbank PitchBook untersuchte die Alumnis der Top-Universitäten weltweit: wie viele haben gegründet, wie viel Wagniskapital sammelten sie ein? Keine einzige deutsche Universität schaffte es in die Top 50. Stattdessen dominieren die USA das Ranking.
Wir brauchen neue Start-up-Fördermodelle – Talent Investing als Ausweg?
Ein Report des Bundeswirtschaftsministeriums sieht das ähnlich: Start-ups brauchen in Deutschland in jeder Gründungsphase größere Unterstützung. Für die verhältnismäßig fortgeschrittenen Start-ups – also diejenigen mit bereits ausgearbeiteten Business Plänen, (Gründer-)Teams oder Prototypen – gibt es mit Wagniskapitalgebern, Acceleratoren oder Inkubatoren bereits Förderprogramme, die wir weiter ausbauen können und müssen. In der absoluten Frühphase, dem Startschuss des Projektes Gründung – also praktisch der Ideation-Phase, noch vor dem Teambuilding – sind Hilfestellungen noch zu stark limitiert. Und gerade hier brauchen Gründer-Talente nicht nur Kapital, sondern vor allem Know-how, Mentorings und Netzwerke.
Eine entscheidende Fördermethode ist das Talent Investing. Talent Investoren setzen am absoluten Anfang der Wertschöpfungskette an und investieren nicht in existierende Start-ups, Teams, Prototypen und Businesspläne, sondern in Individuen. Diese Talente – aus der Forschung, der Wirtschaft oder Builder-/Maker-Netzwerken – werden bereits vor der Ideenfindung oder dem Team-Building gescoutet und fortan in allen wichtigen Fragen der Start-up-Gründung und Ideation unterstützt.
Diese Talente sind in großen Teilen Experten mit jahrelanger Führungserfahrung in Industrie oder Forschung. Sie besitzen außerordentlich starke Profile, teils fehlt ihnen allerdings die unternehmerische Basis, die Erfahrung in der Start-up-Wirtschaft oder der technische Co-Founder. Jene Kriterien, die, wie eingangs gezeigt, auch innovative Konzepte in der Gründungsphase scheitern lassen.
Talent Investoren sind somit keine reinen Finanziers. Sie sind Plattformen, Netzwerker und Mentoren. Sie setzen die Teilnehmer ihrer Kohorten miteinander in Kontakt, vermitteln unternehmerische Expertise, unterstützen bei der Test-Phase, der Validierung der Idee, den ersten Schritten am Markt. Und sie stellen auch erste Pre-Seed-Finanzierungen und Gründer-Stipendien zur Verfügung, um ausreichend Kapital in der Startphase zu gewährleisten und schließen somit die Finanzierungslücke am Anfang der unternehmerischen Laufbahn. Stellen sich erste Erfolge ein bauen sie die Brücken zu Wagniskapitalgebern für Anschlussfinanzierungen.
Gerade das Matching von Mitgründern aus den jeweiligen Kohorten der Talent Investoren ist in der frühen Ideation- und Team-Building-Phase wichtig und damit eine entscheidende Kernkompetenz der Talent Investoren. Die Talent Investoren bringen komplementäre Gründer-Profile an einen Tisch und kombinieren auf diese Weise Ideenfindung und Co-Founder-Suche. Denn während des Matchmakings diskutieren und iterieren die Talente ihre Ideen, bringen Verbesserungen ein, verfeinern sie. Schnell zeigt sich, ob hieraus ein funktionierendes Team entstehen kann – oder zwei unbewegliche Objekte aufeinanderprallen.
Durch den gezielten Einsatz von Mentoring, Netzwerken und Kapital überbrücken Talent Investoren die offensichtliche Lücke zwischen Gründung und erster Finanzierungsrunde. Auch erleichtern sie Innovatoren mit frischen Ideen von außerhalb der Start-up-Szene den Zugang zur Gründer-Welt. Innovationen werden somit nicht mehr von Eintrittsbarrieren in die Start-up-Wirtschaft ausgebremst – sondern erhalten eine faire Chance sich am Markt zu beweisen und somit potenziell zur Innovationsfähigkeit Deutschlands beizutragen. Denn das Land braucht mehr Gründer mit dem Mut zum Risiko.
Der Autor Philipp Herkelmann ist General Manager (Germany) des Talent Investors Entrepreneur First. Gemeinsam investieren sie in hoch talentierte und ambitionierte Einzelpersonen und unterstützen sie bei der Startup-Gründung. Zuvor sammelte er Erfahrung in der Start-up- und Tech-Branche u.a. als Gründer und CEO der Crowdfunding-Plattform GiftMe.
Start-Up-Flair als Wachstumsmotor für Unternehmen
Corporate Incubation ist das Trendwort in der Unternehmerwelt. Inkubatoren sind in diesem Zusammenhang Einrichtungen, die Unternehmen auf dem Weg in die Existenzgründung unterstützen. Namhafte Konzerne investieren Millionen, um eigene Bereiche für Innovationen zu schaffen.
Egal ob Microsoft, Axel Springer oder die Deutsche Telekom: Es gibt kaum einen Großkonzern, der keinen eigenen Inkubator einführt. Hochqualifiziertes Know-How, Top-Berater und millionenschwere Etats werden eingesetzt, Infrastrukturen werden geschaffen sowie umfangreiche Projekte auf den Weg gebracht. Die kostspieligen und in alle Richtungen gestreuten Aktivitäten demonstrieren, dass es sich hier um mehr als eine neuartige Erscheinung handelt, sondern langfristige, strategische Taktik im Vordergrund der Anstrengungen steht. Die Frage ist jedoch, inwieweit sich dieses kostspielige Engagement lohnt, und welche Auswirkungen diese Tatkraft überhaupt auf ökonomische Expansionen hat.
Welche Effekte besitzt Corporate Incubation auf Employer Branding sowie auf Corporate Culture?
Eines steht fest: Durch die Digitalisierung aller Märkte (egal, ob Telekommunikation, IT, Medien, oder so genannte “klassische Geschäfte”, wie Transport und Logistik) bewegen sich alle Marktteilnehmer in einem immensen Verdrängungswettbewerb. Bestehende Märkte werden mit Hilfe digitaler Techniken neu definiert. Dieses disruptive Umfeld zwingt vor allem etablierte Unternehmen, sich so schnell wie nie zuvor den neuen Gegebenheiten zu stellen, um weiter expandieren und die eigene Innovationskraft vorantreiben zu können. Denn nicht der Ausharrende, sondern der Schnelle und Flexible wird der Sieger in diesem Wettstreit sein. Dies ist die absolute Voraussetzung zum Erhalt und zum Ausbau der Position am Markt. Denn viele Newcomer in den digitalen Märkten locken kapitalstarke Geldgeber an, mit dem Ergebnis, dass das Umfeld des Wettbewerbs nicht nur immer schneller, sondern häufig auch aggressiver wird.
Für die Nutzung der Entwicklungsmöglichkeiten, die durch den Verdrängungswettbewerb entstehen, hat sich Corporate Incubation besonders bewährt. Es nutzt das kreative Momentum von Gründungen, das durch das Einbringen fokussierter Investments, innovativer Ideen, Technologien und Geschäftsideen entsteht. Diese Umstände machen es den etablierten Unternehmen leichter, sich in der Gründungsphase eines aussichtsreichen Start-Ups als geeigneter Partner zu präsentieren. Denn besonders in dieser Anfangsphase können neue Wachstumsfelder ausfindig gemacht werden, in denen bisher wenig oder gar keine Interaktionen vorhanden waren. Optimalerweise gelingt dann ebenso die Integration der Geschwindigkeit und der Flexibilität von Unternehmensgründungen in die eigenen internen und externen Innovationen.
Alle Aktivitäten im Zusammenhang mit Corporate Incubation zielen auf die Generierung von nachhaltigem Wachstum ab. Corporate Incubation hilft mit der nötigen Geschwindigkeit und Kreativität, ein neues Business zu erschließen und aufzubauen. Damit dies gelingt, muss die Interaktion des Großkonzerns mit dem neuen Partner hinsichtlich kultureller Aspekte sowie in Bezug auf gegebene Prozesse gelingen. Das bedarf wiederum der Schaffung flacher Hierarchien mit dem Ziel, flexible Organisationseinheiten zu bilden, um die Potentiale der jungen kreativen Unternehmer auch dementsprechend nutzen zu können.