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Unternehmensverifizierung auf den sozialen Medien: Notwendig, oder nicht?
Das Internet in seiner heutigen Form hat beinahe unvorstellbare Ausmaße erreicht und bietet uns allen unglaubliche Möglichkeiten und Chancen. Wenn wir in einer neuen Stadt unterwegs sind, können wir uns nicht nur navigieren lassen oder ein Restaurant finden. Nein, wir können auch innerhalb weniger Sekunden eine Unterkunft oder ein Taxi buchen, einen virtuellen Reiseführer nutzen und nebenbei auch noch Sport streamen, und in den sozialen Medien die wichtigsten News verfolgen. Doch bei all diesen tollen Möglichkeiten lauern im Netz auch Gefahren. Ob unseriöse Internetseiten, oder Hacker, die unsere Daten abgreifen möchten, auch die Gefahren sind vielseitig. Daher möchten wir uns im Folgenden dem Thema der Verifizierung widmen und klären, ob und wie diese die Sicherheit im Internet erhöhen kann.
Keine Verifizierung von Verbrauchern bevorzugt
Wie so oft im Leben finden sich auch beim Thema der Verifizierung Argumente für und gegen eine Nutzung in Online-Casinos. Doch besonders in der iGaming-Branche sind Casinos ohne Verifizierung bei den Nutzern beliebt wie besteonlinecasinos.com berichtet.
Die Nutzer schätzen es, dass sie schnell und unkompliziert mit dem Spaß beginnen und dennoch in einer sicheren Umgebung ihr Glück herausfordern können.
Weiterhin ist es für viele Nutzer einfach auch ein besseres Gefühl, wenn sie nicht alle persönlichen Daten herausgeben müssen und erst dann starten dürfen. Eine gewisse Anonymität ist im Internet mitunter ganz angenehm.
Was genau versteht man unter einer Verifizierung?
Bei einer Verifizierung werden diverse persönliche Parameter mit den getätigten Angaben abgeglichen und dadurch sichergestellt, dass sich auch genau die Person am Rechner oder dem Smartphone befindet, die sie vorgibt zu sein.
Wenn Sie sich zum Beispiel bei einem Onlineshop anmelden und die Bankdaten hinterlegen, ist eine Verifizierung sinnvoll, um sicherzustellen, dass Sie auch Ihr persönliches Konto angeben und nicht das von einer fremden Person.
Eine Verifizierung kann dabei auf unterschiedlichen Wegen erfolgen, von der Einsendung diverser Dokumente, der Übermittlung einer TAN, bis hin zu einem Videotelefonat, die Möglichkeiten in diesem Bereich sind sehr vielseitig.
Wann ist eine Verifizierung sinnvoll und wann kann auf diese verzichtet werden?
Ein bekanntes Beispiel einer offensichtlichen Verifizierung sind die blauen Haken bei Instagram, mit denen sich Prominente oder Unternehmen bestätigen lassen können, dass es sich um den echten Account handelt.
Bei Prominenten mag dies aufgrund diverser Fan-Seiten sinnvoll sein, doch bei einem Unternehmen oder Start-up dürfte sich der daraus zu erwartende Vorteil im Online-Marketing doch sehr in Grenzen halten.
Doch die Verifizierung spielt auch bei Online-Casinos eine wichtige Rolle. Der eine Anbieter wirbt mit der vermeintlichen Sicherheit durch eine besondere Verifizierung, andere Anbieter, die auf besteonlinecasinos.com übersichtlich zusammengefasst sind, verzichten wiederum komplett auf eine Registrierung oder Verifizierung.
Dies hat den Vorteil, dass man als Nutzer direkt Geld einzahlen und spielen kann und nicht noch lange auf eine Bestätigungsmail oder Ähnliches warten muss.
Fazit
Verifizierung oder keine Verifizierung? Diese Frage müssen Sie vermutlich leider ganz persönlich für sich beantworten. Argumente finden sich für beide Ansichten, doch besonders bei Casinos im Internet kann es mitunter sehr lange dauern, bis eine vollständige Verifizierung seitens des Anbieters erfolgt.
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EU-U.S. Privacy Shield ist ungültig - und nun?
Aus für Google, Facebook & Co. nach dem EuGH-Urteil „Schrems II“? Welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf die Nutzung von US-Tools und die Gestaltung deiner Online-Angebote wirklich hat.
In einer viel beachteten Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof am 16. Juli 2020 das sog. EU-U.S. Privacy Shield für ungültig erklärt. Was bedeutet das in der Praxis? Nach manchen Äußerungen der Datenschutzaufsichtsbehörden müssen jetzt alle Übermittlungen personenbezogener Daten in die USA gestoppt werden. Sofort. Das wäre das Ende für die Einbindung von Google Tools, die unternehmerische Nutzung von Facebook oder auch von Service Tools wie Salesforce, Monday u.v.m. Aber ist die Lage wirklich so ernst?
Im Unternehmensalltag sind die helfenden digitalen Tools kaum noch wegzudenken, das CRM-System bis hin zur Reisebuchung oder Projektmanagement ist selbstredend digital. In den unternehmerischen Online-Angeboten sind etliche Tools von Drittanbietern eingebunden, Google analysiert die Website-Nutzung, der Facebook-Zählpixel hilft bei passgenauer Werbung und Vimeo garantiert das optimale Bewegtbild-Erlebnis.
Etliche dieser Tools werden dabei von US-Unternehmen bereitgestellt. Auf alle diese Tools hat das EuGH-Urteil vom 16. Juli 2020 daher ganz erhebliche Auswirkungen.
Warum?
Wenn ein Unternehmen personenbezogene Daten verarbeitet, muss es sicherstellen, dass das datenschutzkonform erfolgt. Dafür braucht es auf erster Stufe zunächst eine Erlaubnis, diese Daten überhaupt zu verarbeiten. Wenn die Daten den Europäischen Wirtschaftsraum verlassen (also etwa auf Servern gespeichert werden, die in den USA stehen), muss das Unternehmen auf zweiter Stufe zusätzlich noch absichern, dass in dem Zielland auch ein angemessenes Datenschutzniveau herrscht. Um diese zweite Stufe dreht sich das EuGH-Urteil.
Bisher nämlich war für die USA auf zweiter Stufe ein angemessenes Datenschutzniveau einfach nachzuweisen, wenn sich der Vertragspartner in den USA unter dem EU-U.S. Privacy Shield zertifiziert hatte. Die meisten großen Unternehmen hatten das erledigt und so konnten wir hier in der EU sehr einfach Daten auch in die USA schicken. Das geht jetzt nicht mehr so einfach. Das EU-U.S. Privacy Shield ist nach der EuGH-Entscheidung nämlich unwirksam. Es ist schlicht und einfach „weg“.
Was tun?
Unternehmen müssen auf die Suche nach einer anderen Möglichkeit gehen, ein angemessenes Datenschutzniveau auf der zweiten Stufe abzusichern (oder die Datenübermittlung sofort stoppen). Das heißt konkret:
1. Analyse: Du musst in deinem Unternehmen auf die Suche gehen, wo personenbezogene Daten in Drittländer außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums übermittelt werden. Das kann bei Einsatz von digitalen Tools schnell der Fall sein, wenn die Server weltweit platziert sind.
2. Prüfe dann, wie dafür das angemessene Datenschutzniveau abgesichert ist. Typische Mittel dafür sind sog. Angemessenheitsbeschlüsse der EU-Kommission wie früher das EU-U.S. Privacy Shield für die USA oder auch sog. Standardvertragsklauseln (standard contractual clauses – SCC), die von der EU-Kommission veröffentlicht wurden und oft in Data Processing Agreements einbezogen werden.
3. Bei allen Übermittlungen, die sich auf das EU-U.S. Privacy Shield stützen, musst du sofort handeln: Gibt es eine alternative Lösung für ein angemessenes Datenschutzniveau? Oft können dies Standardvertragsklauseln sein.
4. Bei allen Übermittlungen, die sich auf Standardvertragsklauseln stützen, besteht angesichts des EuGH-Urteils jetzt auch akuter Handlungsbedarf (auch außerhalb der USA):
- Die Standardvertragsklauseln müssen 1:1, so wie sie von der EU-Kommission veröffentlicht wurden, vereinbart werden.
- Du musst überprüfen, ob dein Vertragspartner die Standardvertragsklauseln auch tatsächlich einhalten kann und einhält. Diese Prüfpflicht ist so klar vom EuGH jetzt ganz neu formuliert worden und gerade für die USA wichtig: Kann dein Vertragspartner überhaupt ausschließen, dass der US-Geheimdienst auch deine Daten einsieht? Du musst hier aktiv werden und deinen Vertragspartner dokumentiert danach fragen. Notwendig wird eine kleine Due Diligence (die du auf Nachfrage auch der Aufsichtsbehörde zeigen musst).
- Ob US-Unternehmen, die elektronische Kommunikationsdienste anbieten, den Zugriff von US-Geheimdiensten unterbinden können, ist gerade ziemlich fraglich. Wenn nicht, dann können auch die Standardvertragsklauseln die Übertragung in die USA nicht retten. Helfen könnte dann im Einzelfall etwa noch eine wirksame Verschlüsselung der übertragenen Daten.
5. Denkbar sind auch noch andere Mittel, um ein angemessenes Datenschutzniveau sicherzustellen. So kann eine Verschlüsselung in Kombination mit den Standardvertragsklauseln helfen, im Einzelfall können auch Einwilligungen der Betroffenen eine taugliche Grundlage sein.
6. Findet sich kein anderes, gutes Mittel, muss die Datenübermittlung gestoppt werden und die Daten abroad müssen zurückgeholt werden. Geschieht dies nicht, drohen Beschwerden, Klagen und gar schmerzhafte Bußgelder. Die Datenschutzaufsichtsbehörden legen gerade ihren Fokus auf dieses Thema und greifen zunehmend auch zu schmerzhaft hohen Bußgeldern.
Und was bedeutet dies nun ganz konkret?
Du musst aktiv werden, US-Transfers identifizieren und entweder stoppen oder mit den US-Unternehmen gemeinsam nach alternativen Absicherungen suchen. Das höchste Bußgeldrisiko für dein Unternehmen entsteht, wenn du trotz des EuGH-Urteils „Schrems II“ und US-Datentransfers jetzt gar nichts tust.
Die Autorin Dr. Kristina Schreiber ist auf die rechtliche Begleitung von Digitalisierungsprojekten spezialisiert und Partnerin bei Loschelder Rechtsanwälte
Letzter Wille zu Passwörtern und Co.
Viele Firmeninhaber regeln zwar ihren Nachlass, doch an ihr digitales Erbe denken die wenigsten. Dies birgt hohe Risiken für persönliche und unternehmerische Interessen. Welche Vorkehrungen Entscheider treffen sollten.
Die meisten Menschen verstehen ihren Nachlass rein materiell: Immobilien, Bankvermögen oder Unternehmensanteile. Sie übersehen dabei digitale Nachlasswerte wie den Zugriff auf Mail-Accounts, den Firmen-Server, Daten in einer Cloud, Inhalte sozialer Netzwerke oder Online-Konten. Ohne Zugangsrechte sind Unternehmen von vielen Informationen abgenabelt, die elementar für den Firmenerfolg sind. Es drohen weitreichende Folgen für den Betrieb, die Mitarbeiter und die Unternehmerfamilie.
Gerade Firmeninhaber sollten Vorsorge für ihren digitalen Nachlass treffen. Nur so können sie den Fortbestand des Unternehmens auch weitgehend unabhängig von ihrer Person sichern. Schließlich tragen Chefs nicht nur einen Großteil des Firmenwissens in sich, sondern besitzen meist exklusive Zugriffsrechte, Passwörter und PINs. Das digitale Erbe lässt sich per Unternehmertestament, Erbvertrag oder Vollmacht regeln. In vielen Fällen ist auch eine Kombination sinnvoll.
Das digitale Erbe per Testament regeln
Firmeninhaber sollten ihr Testament oder ihren Erbvertrag in puncto digitales Erbe auf den Prüfstand stellen und gezielt ergänzen. Gerade bei Kleinunternehmen verläuft die Grenze zwischen privaten und unternehmerischen Interessen oft fließend. Ohne klare Regelungen drohen Interessenskonflikte. Erben treten als Rechtsnachfolger des Erblassers automatisch auch in dessen Providerverträge ein und übernehmen alle Rechte und Pflichten. Damit verfügen sie grundsätzlich auch über das Zugangsrecht zu allen digitalen Daten. Sind die erforderlichen Passwörter nicht bekannt, können sie diese zurücksetzen lassen. Hierzu zählen womöglich auch der Zugang zu geschäftlich genutzten Mail-Accounts, Business-Netzwerken wie Xing oder Domain-Verträgen.
Firmeninhaber können ihren Erben auftragen, wie sie mit dem digitalen Nachlass verfahren sollen. Sie können beispielsweise für bestimmte Daten eine alleinige Nutzung für betriebliche Zwecke oder eine unverzügliche Löschung festschreiben. Eine angeordnete Testamentsvollstreckung stellt sicher, dass diese Verfügungen auch umgesetzt werden.
Allerdings kann es bei der Rechtsnachfolge zu Problemen kommen. Viele Provider prüfen zunächst, ob der Anspruch auf Datenzugang nicht mit dem Datenschutz, Telekommunikationsrecht oder Persönlichkeitsrecht kollidiert. Einige verweigern Erben jeglichen Datenzugang unter Hinweis auf ihre AGB, andere löschen bei Tod eines Kunden sogar alle Daten, wie etwa Yahoo.
Problematisch ist die Rechtsnachfolge für digitale Daten vor allem dann, wenn nicht die nächsten Angehörigen die Erben sind. In diesen Fällen wirkt der Persönlichkeitsschutz des Erblassers über den Tod hinaus. Noch gibt es hierzu keine gesicherte Rechtsprechung. Der Persönlichkeitsschutz umfasst unter Umständen auch E-Mails und Inhalte in sozialen Medien. Die Folge: Erben dürfen diese Inhalte nicht oder nur eingeschränkt nutzen.
In jedem Fall ist die Umsetzung der erbrechtlichen Verfügungen zeitraubend. Nicht selten können die Ausstellung des Erbscheins und die Kommunikation mit zumeist ausländischen Providern Monate in Anspruch nehmen. Es drohen zudem überlange Wartezeiten oder auch Pattsituationen, weil sich Erben uneins sind. Daher ist es ratsam, nicht allein auf testamentarische Verfügungen zu setzen, insbesondere wenn auch unternehmerische Interessen im Spiel sind.
Vollmacht für den Fall der Fälle
Eine schnelle und gezielte Nutzung des digitalen Nachlasses ermöglicht eine sogenannte postmortale Vollmacht. Hierbei bevollmächtigt der Firmeninhaber eine Vertrauensperson im Todesfall im Rahmen der bestehenden Providerverträge über den digitalen Nachlass zu verfügen. Der Bevollmächtigte muss nicht zu den Erben zählen, ihre Interessen aber berücksichtigen. So ist der Fortgang aller unternehmerischen Aktivitäten gewährleistet, ohne Zugangsbeschränkungen in Kauf nehmen zu müssen (siehe Infokasten „Für den Ernstfall vorsorgen“). Gleichzeitig bleiben aber alle erbrechtlichen Verfügungen gewahrt.
Von zentraler Bedeutung für mittelständische Unternehmen ist etwa der jederzeitige Zugang zum Server, zur Cloud oder zum Online-Banking. Gleiches gilt für wichtige E-Mail-Accounts, die oft Chefsache sind. Hier laufen viele Anfragen und Angebote auf. Landen Mails im verwaisten Mail-Postfach, bleiben viele Geschäftschancen ungenutzt.
Die Verantwortung des Firmeninhabers geht weit über seinen Tod hinaus. Wer das digitale Erbe mit Weitblick regelt, wahrt nicht nur den unternehmerischen Erfolg, sondern beugt auch privaten Streitigkeiten vor. Schnell werden digitale Nachlässe wie E-Mails, Fotos oder der Facebook-Account zum Zankapfel. Vorausschauende Verfügungen sorgen für klare Verhältnisse unter den Erben und sichern den Fortbestand des Unternehmens.
So gilt es für den Ernstfall vorzusorgen
Eine postmortale Vollmacht stellt im Todesfall den Zugriff auf wichtige digitale Daten sicher. So gehen Firmeninhaber am besten vor:
- Accounts auflisten: Mehrere Dutzend Accounts sind keine Seltenheit. Ratsam ist das Anfertigen einer vollständigen Liste, und zwar jeweils mit Benutzername und Kennwort. So gewinnen Vertraute einen schnellen Überblick und können gezielt tätig werden.
- Liste deponieren: Die Liste der Accounts sollte passwortgeschützt auf einem USB-Stick an einem sicheren Ort aufbewahrt werden. Hierfür kommen ein Banksafe oder Tresor in Frage. Man sollte die Auflistung regelmäßig kontrollieren und auf den neusten Stand bringen
- Vertrauensperson bestimmen: Firmeninhaber sollten eine Vertrauensperson als digitalen Nachlassverwalter einsetzen. Hierzu informieren sie die Person vorab über ihre Pläne und den Aufbewahrungsort der Liste
- Vollmacht erteilen: Durch eine postmortale Vollmacht lässt sich der Umgang mit digitalen Daten detailliert regeln. Hierzu sollten Firmeninhaber vorab fachlichen Rat einholen. Anschließend übergeben sie die Vollmacht an ihre Vertrauensperson.
Abmahn(un)wesen: Was ist Recht – was Abzocke?
Nahezu täglich tauchen neue Berichte über teure Abmahnungen gegen Betreiber geschäftlicher Internet-Präsenzen auf. Viele Betroffene wissen nicht, was es mit diesen Forderungen auf sich hat und zahlen sofort, statt sich erst schlau zu machen. Wir klären auf.
Ob HomepageBetreiber, eBay-Verkäufer, Chat-User oder Tauschbörsennutzer, keiner scheint vor kostenintensiven Abmahnungen durch Rechtsanwälte sicher. Häufig sind sich die Betroffenen dabei keiner Schuld bewusst und fallen bei Erhalt einer Abmahnung aus allen Wolken.
Was steckt hinter dem Phänomen „Abmahnung“, warum sind so viele Internetnutzer davon betroffen und was ist daran rechtens? StartingUp bringt mit Hilfe des im Internetrecht erfahrenen Berliner Rechtsanwalts Timothy Ahrens Licht in diesen für Nichtjuristen schnell undurchschaubaren und im Zweifelsfall teuer werdenden Sachverhalt:
Definition: Was ist eine Abmahnung?
- Die Abmahnung ist eine außergerichtliche Aufforderung, also ein Mahnschreiben eines vermeintlichen Anspruchsinhabers an den Adressaten, in dem dieser aufgefordert wird, eine behauptete Rechtsverletzung unverzüglich einzustellen und zukünftig zu unterlassen.
- In dem Mahnschreiben wird der behauptete Rechtsverstoß beschrieben, und es wird erklärt, wogegen verstoßen wurde. Unter Setzung einer kurzen Frist (zirka eine Woche) wird dann die Beseitigung des Rechtsverstoßes und die Unterlassung für die Zukunft verlangt.
- Üblicherweise wird in der Abmahnung gleich auch Schadensersatz geltend gemacht und die Gebührenrechnung des abmahnenden Rechtsanwalts beigelegt.
Schutzschirm gegen Haftungssturm
Unter welchen Umständen Sie persönlich für Ihre Kapitalgesellschaft haften und wie Sie sich und Ihr Unternehmen – schon vor der Gründung – bestmöglich schützen.
Kapitalgesellschaften sind auf einem Gesellschaftsvertrag beruhende Körperschaften des privaten Rechts. Als juristische Personen mit eigener Rechtsfähigkeit, Grundbuchfähigkeit und Parteifähigkeit in Prozessen sowie Insolvenzfähigkeit können sie zu jedem gesetzlich zugelassenen Zweck betrieben werden.
Wenn der Gründer alle rechtlichen Bestimmungen zur wirksamen Errichtung der Kapitalgesellschaft erfüllt hat und die Gesellschaft im Handelsregister eingetragen ist, kann er seine Geschäftstätigkeit auf der Grundlage dieses „Sondervermögens“ ausüben, ohne grundsätzlich befürchten zu müssen, bei einem Misserfolg mit seinem Privatvermögen für die Schulden des Unternehmens gerade stehen zu müssen.
Gründerhaftung
Der oder die Gründer einer Kapitalgesellschaft unterliegen der sogenannten Gründerhaftung, bis die Vorstufe – verkörpert durch einen Einzelunternehmer oder eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – abgeschlossen ist und das Unternehmen als GmbH, UG (haftungsbeschränkt) oder AG in das Handelsregister eingetragen ist. Der oder die Gründer haften dabei gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen neben einem etwaigen schon bestehendem Vermögen der Vorgesellschaft.
Wirken bei der Gründung einer AG nicht nur Aktionäre, sondern auch der Vorstand oder der Aufsichtsrat mit oder gibt es Sacheinlagen, ist eine Gründungsprüfung im Sinne der §§ 33 ff AktG gesetzlich vorgeschrieben. Stellt sich dabei heraus, dass die Gesellschaft von Gründern durch Einlagen, Sachübernahmen oder den Gründungsaufwand vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit geschädigt wurde, so sind der AG alle Gründer als Gesamtschuldner zum Ersatz persönlich verpflichtet. Bei der GmbH gibt es nach § 11 II GmbHG die Handelndenhaftung mit dem Privatvermögen.
Einkaufen mit Köpfchen
Was ist beim Wareneinkauf zu beachten? Welche Geschäftsbedingungen des Lieferanten müssen Sie akzeptieren? Was sollte im Einkaufsvertrag auf jeden Fall geregelt sein?
Professioneller Einkauf
Der Einkauf qualitativ sehr hochwertiger Ware zum günstigen Einkaufspreis entscheidet oft über den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Dabei kommt es nicht nur auf die Warenbeschaffenheit selbst an, sondern auch auf die Rahmenbedingungen, die dem Einkauf zugrunde gelegt werden. Der Einkauf kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Im Handel ist Schriftform sinnvoll, da beide Seiten die Belege für ihre Buchhaltung und die Abführung von Steuern brauchen.
Rahmenliefervertrag
Nimmt der einkaufende Unternehmer regelmäßig größere Mengen von Waren bei einem bestimmten Hersteller, Großhändler oder Lieferanten ab, verfügt er über eine stärkere Position im Markt und kann den Abschluss eines Rahmenliefervertrages vorschlagen. Ein solcher individuell verhandelter Rahmenliefervertrag legt alle wichtigen Themen fest und sichert die regelmäßige fristgerechte Belieferung des einkaufenden Unternehmens umfassend ab, da viele zusätzliche Themen aufgenommen werden können, die von großer praktischer Bedeutung sein können. Der Rahmenvertrag gilt dann dauerhaft für die Geschäftsbeziehung.
Produktbeschaffenheit und Pflichtenheft
Bezüglich komplexer Produkte ist die Vereinbarung aller Beschaffenheitsmerkmale sehr wichtig, damit die Ware auch genau den Anforderungen entspricht, die man als Einkäufer für den eigenen Weiterverkauf benötigt. Sorgfältige Produktbeschreibungen werden als „Pflichtenhefte“ bezeichnet. Diese sind sehr zu empfehlen, um spätere Enttäuschungen und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Empfehlenswert ist auch die zusätzliche Klarstellung, dass die Ware allen in Deutschland zum Zeitpunkt der Auslieferung geltenden einschlägigen nationalen und EU-rechtlichen Rechtsnormen zu entsprechen hat.
Gewährleistung und Haftung
Wichtig ist es, dass für die Gewährleistung die gesetzlichen Regeln gelten, und der Hersteller, Lieferant oder Großhändler diese nicht wesentlich einschränkt. Viele Hersteller versuchen, die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr ab Warenauslieferung zu beschränken, was über allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis zu Unternehmern als Einkäufern zulässig ist. Hier lohnt es sich zu verhandeln, denn günstiger ist es für den Einkäufer, wenn die Gewährleistungsfrist von den gesetzlich vorgesehenen zwei Jahren bestehen bleibt oder sogar auf drei Jahre verlängert wird, was zulässig ist. Insgesamt empfiehlt sich beim regelmäßigen Bezug größerer Warenmengen ein sehr gut verhandelter individueller Rahmenliefervertrag, um für den Einkäufer ungünstige Verkaufsbedingungen des Herstellers, Lieferanten oder Großhändlers wegzuverhandeln.
Fair, professionell und sicher verkaufen
Welche Möglichkeiten gibt es, sich als Verkäufer von Waren durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) klug gegen allzu viele Gewährleistungs- und Haftungswünsche der Kunden abzusichern? Und was sollte in den AGB auf jeden Fall geregelt sein?
Diese und viele Fragen mehr stellen sich allen Unternehmern, die Waren an ihre Endkunden verkaufen. Der Verkauf der Ware kann auf der Grundlage einer sog. Mindesteinigung über Ware und Preis mündlich erfolgen.
Dann gelten die gesetzlichen Regelungen. Sinnvoll ist es jedoch, die Spielräume, die der Gesetzgeber und die Rechtsprechung zum Vorteil des Verkäufers vorsehen, über Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) zum eigenen Vorteil zu nutzen.
Einbeziehung von AGB
Unter welchen Umständen werden AGB wirksam Bestandteile des Verkaufsvertrags? Dies richtet sich in erster Linie danach, ob der Kunde ein Verbraucher (entsprechend § 13 BGB) oder ein Unternehmer (im Sinne von § 14 BGB) ist. Gegenüber Verbrauchern gilt: Die AGB des Verkäufers werden nur Bestandteil des Vertrags zwischen den Vertragsparteien, wenn der Verkäufer vor Vertragsschluss ausdrücklich darauf hinweist oder – wenn dieser Hinweis nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist – es durch einen deutlichen sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses kundtut.
Außerdem muss dem (gegebenenfalls auch körperlich behinderten) Kunden in zumutbarer Weise die Möglichkeit verschafft werden, vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Dritte Voraussetzung ist, dass der Kunde sich mit den AGB einverstanden erklärt. Für AGB zwischen zwei Unternehmern gilt dies jedoch nicht. Es bedarf hier lediglich einer sog. rechtsgeschäftlichen Einbeziehung, d.h. es gelten die üblichen Voraussetzungen für das Zustandekommen von Verträgen. Zur wirksamen Einbeziehung reicht hier jede auch nur stillschweigende Willensübereinstimmung.
Dies geschieht durch Übersendung der AGB und das stillschweigende Einverständnis des unternehmerischen Kunden, indem dieser der Geltung der AGB nicht widerspricht. Aus Beweissicherheitsgründen empfiehlt sich jedoch auch bei unternehmerischen Kunden, ein ausdrückliches Einverständnis durch Unterschrift oder „Häkchen setzen“ bei einem Online-Geschäft einzuholen. Ferner gilt: Individuelle Absprachen mit dem Kunden zum Vertrag haben immer Vorrang vor der Geltung von AGB.
Für eine Handvoll Euro
Wenn Streitigkeiten mit Geschäftspartnern oder Kunden drohen, bietet die Mediation eine sinnvolle und günstige Alternative zum teuren Rechtsstreit.
Wenn man Gründer fragt, worauf sie besonders stolz sind, dann sprechen sie vielleicht über den ersten großen Auftrag, über die reibungslose Finanzierung durch die Bank oder sie erzählen von der super Stimmung im Gründer-Team. A. Meier und H. Habermehl (Namen von der Redaktion geändert), seit Juli 2010 Inhaber einer eigenen Firma, verweisen hingegen auf einen Passus in ihrem Gesellschaftervertrag. Auf diesen Passus sind sie stolz, denn er beugt vor, falls die beiden Geschäftsführer und Gesellschafter sich einmal nicht mehr so gut verstehen.
Wenn sie sich einmal nicht einigen können oder gar Streit entsteht. Dann, so steht in dem Papier, werde man keinesfalls direkt vor den Kadi ziehen, sondern erst einmal einen unparteiischen Dritten, einen sogenannten Mediator, zu Rate ziehen.„Wir halten beide 50 Prozent der Gesellschafteranteile, da kann es nun einmal zu Patt-Situationen kommen“, erklärt Meier. Und weil solche Situationen der Firma bzw. der Unternehmung nicht schaden sollen, musste das Gründerduo eine Lösung finden – die Mediation.
Killerfaktor Dauerstreit
Bei der Mediation handelt es sich um ein alternatives Konfliktlösungsverfahren, das auf vermittelnden Gesprächen basiert. So soll etwa der Gang vor den Kadi und die damit verbundenen negativen Begleiterscheinungen abgewendet werden. Zumal Rechtsstreitigkeiten in der Regel lange, oft zu lange dauern. Denn während die Streithähne ihre Energie vor Gericht verpulvern, kocht das Unternehmen auf Sparflamme, wichtige Entscheidungen unterbleiben. Außerdem zerrt ein Prozess derart an den Nerven der Beteiligten, dass das angeknackste Verhältnis zwischen den Streithähnen am Ende meist ganz zerrüttet ist. Auch das zieht negative Konsequenzen für die Firma nach sich, etwa wenn sich ein einst funktionierendes Geschäftsführerduo trennt oder ein wichtiger Geschäftspartner abspringt. Zu dem wirtschaftlichen Schaden kommt hinzu, dass der Ruf ruiniert wird. Am Ende wenden sich Kunden und Mitarbeiter ab. Wenn es richtig schlecht läuft, kann die Firma nach dem Prozess einpacken.
Dieses Risiko können Unternehmen mit Hilfe der Mediation vermeiden. Schließlich geht es hierbei – anders als beim Gerichtsverfahren – nicht darum, um jeden Preis Recht zu bekommen, sondern ganz im Gegenteil darum, zu kooperieren. „Es ist wie mit den Kindern und der Orange“, erklärt Volker Schlehe, Leiter des IHK-MediationsZentrums München die Arbeitsweise: Wenn sich zwei Kinder um eine Orange streiten, würde ein Richter jedem Kind die Hälfte der Frucht zuteilen. Der Mediator aber fragt, was die Kinder mit der Orange machen wollen. „Und dann kommt vielleicht heraus, dass ein Kind den Saft will und das andere die Schale.“
Genussrechte – eine bessere Alternative der Mitarbeitendenbeteiligung?
Seit der Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wird eine bisher wenig beachtete Methode der Mitarbeitendenbeteiligung für Jungunternehmen interessant: Genussrechte. Warum es sich lohnt, diese Alternative genauer zu betrachten.
Beteiligungen für Mitarbeitende sind für junge Unternehmen essentiell, um auf dem Arbeitsmarkt um die besten Talente konkurrieren zu können. Arbeitnehmende müssen sich dank gut ausgestalteter Beteiligungsprogramme nicht mehr zwischen lukrativem Gehalt und innovativem Arbeitgebenden entscheiden – wovon insbesondere Start-ups profitieren.
Die technische Umsetzung eines Beteiligungsprogramms für Mitarbeitende kann auf unterschiedliche Arten und Weisen erfolgen. Aktuell sind in Deutschland Virtual Stock Option Plans (VSOPs) die gängige Form in der Praxis. Doch seit der Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wird eine weitere – bisher wenig beachtete – Methode für Jungunternehmen interessant: Genussrechte. Doch welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben Genussrechte und VSOPs und warum lohnt es sich, diese Alternative genauer zu betrachten?
Virtuelle Beteiligung
Im deutschen Venture Capital-Markt werden Mitarbeitendenbeteiligungen typischerweise durch virtuelle Anteile abgebildet (VSOPs). Mitarbeiter*innen werden dabei wirtschaftlich so gestellt, als hätten sie eine echte (gesellschaftsrechtliche) Beteiligung am Unternehmen erhalten. Allerdings erhalten Beschäftigte bei VSOPs nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen das Unternehmen. Das bedeutet, dass sie im Falle eines Exits eine Sonderzahlung erhalten. Dabei ist der Strukturierungs- und Verwaltungsaufwand gering, da Unternehmen zur vertraglichen Beteiligung in der Regel auf standardisierte Verträge zurückgreifen können. Da keine Gesellschaftsanteile übertragen werden, gelangen keine Mitarbeiter*innen in das Cap Table und der Gang zum Notariat bleibt erspart. Nachteilig sind hingegen die steuerlichen Konsequenzen für die Mitarbeitenden: Bei entsprechender Ausgestaltung kommt es zwar zum Zeitpunkt der Ausgabe der virtuellen Beteiligung nicht zu einer Besteuerung der Mitarbeiter*innen. Allerdings unterliegt der Erlös dann bei Zahlung der normalen Lohnversteuerung mit einem Spitzensteuersatz von 45 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.
Genussrechte als Alternative?
Aufgrund aktueller steuerlicher Gesetzesänderungen rückt eine andere Gestaltungsmöglichkeit (wieder) in den Fokus: eigenkapitalähnliche Genussrechte. Im Folgenden werfen wir einen detaillierten Blick auf das Beteiligungsmodell.
Ausgestaltung
Genussrechte können inhaltlich annähernd genauso flexibel ausgestaltet werden wie VSOPs und stellen aus juristischer Sicht ebenfalls keine reale Beteiligung dar, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen das Unternehmen auf die Beteiligung am Gewinn. Aber auch eine Teilhabe am klassischen Exit-Erlös kann vereinbart werden. Bei der Ausgabe der Genussrechte leistet der Arbeitnehmende entweder eine Kapitaleinlage oder er erhält das Genussrecht schlicht unentgeltlich/verbilligt. Genussrechte können vom Arbeitgeber zu einem beliebigen Nennwert ausgegeben werden und eine Teilhabe am Gewinn und/ oder einem Liquidations-/Exiterlös mit oder ohne Verzinsung sowie mit oder ohne Verlustbeteiligung vermitteln.
Aufwand und praktische Umsetzung
Verträge für Genussrechte können für nahezu jede Gesellschaft maßgeschneidert gestaltet werden. Die Ausgabe obliegt – wie auch bei VSOPs – grundsätzlich der Geschäftsführung. In der Praxis sollte bei der Ausgabe ein entsprechender Gesellschafterbeschluss die Geschäftsführungsmaßnahme flankieren, um mögliche Streitigkeiten in Bezug auf die Wirksamkeit der Maßnahme vorzubeugen. Oftmals ist dies aufgrund von satzungsrechtlichen Zustimmungsvorbehalten ohnehin notwendig.
Der Beteiligungs- und Verwaltungsaufwand ist gering, da Unternehmen – wie bei den VSOPs – auf standardisierte Verträge zurückgreifen können. Formerfordernisse sind nicht gegeben und ein Gang zum Notar ist ebenfalls nicht notwendig.
Die für Mitarbeitendenbeteiligungen üblichen Vesting- bzw. Leaver-Regelungen unterscheiden sich bei den Genussrechten von den VSOPs kaum. Ein Augenmerk sollte bei einem Verfall aufgrund eines Leaver-Events auf die Rückübertragung von Genussrechten an den Arbeitgebenden gelegt werden. Dies sollte im Beteiligungsprogramm geregelt werden.
Steuerliche Vorteile der Genussrechte
Die Gewährung von Genussrechten (wie auch von echten Anteilen) führte bislang zum Zeitpunkt der Zuteilung zu einer lohnsteuerpflichtigen Sachzuwendung in Höhe des Marktwerts der gewährten Beteiligung, auch wenn noch kein Exit-Erlös erzielt wurde (Dry-Income-Problematik). Dafür profitieren echte Anteile sowie Genussrechte von einem linearen Steuertarif für Kapitaleinkünfte mit einem maximalen Steuersatz von 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer (§ 32d EStG).
Zukunftsfinanzierungsgesetz – Steuerliche Begünstigung von Genussrechten
Mit Inkrafttreten des Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) am 1. Januar 2024 hat der Gesetzgeber die Regelungen des § 19a EStG überarbeitet, um die genannte Dry-Income-Problematik zu mildern und um Beteiligungen für Mitarbeitende im Venture Capital-Bereich attraktiver zu machen. Die Vorschrift findet sowohl auf echte Anteile wie auch auf Genussrechte Anwendung.
Eine Dry-Income-Problematik besteht zwar bei VSOPs nicht, denn die Lohnsteuerpflicht fällt bei entsprechender Strukturierung bei VSOPs erst zum Zeitpunkt eines Exits in Höhe des individuellen (progressiven) Steuersatzes mit maximal 45 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an. Der lineare Steuertarif für Kapitaleinkünfte (max. 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) auf etwaige Wertzuwächse findet im Rahmen der VSOPs jedoch gerade keine Anwendung – im Gegensatz zu eigenkapitalähnlich ausgestalteten Genussrechten. Damit können Genussrechte bei entsprechender Ausgestaltung das „Beste aus beiden Welten“ vereinen: Einen Besteuerungsaufschub im Rahmen der Lohnsteuer für die unentgeltliche/verbilligte Einräumung des Genussrechts und einen niedrigen Steuertarif für Kapitaleinkünfte bei der Realisierung des Wertzuwachses beim Exit. Sollte der Wert des Genussrechts dann niedriger sein als zum Zeitpunkt der Gewährung, ist für die aufgeschobene Lohnsteuer dann auch nur der niedrigere Wert maßgebend.
Bedingungen für den Besteuerungsaufschub
Der Besteuerungsaufschub für etwaig anfallende Lohnsteuer im Zusammenhang mit der unentgeltlichen/verbilligten Einräumung wird unter bestimmten Voraussetzungen gewährt: Zu diesen zählt, dass eine qualifizierte Unternehmensbeteiligung vom Arbeitgebenden zusätzlich zum regulären Arbeitslohn unentgeltlich oder vergünstigt am Unternehmen eingeräumt wird (keine bloße Entgeltumwandlung), die Gründung des Unternehmens nicht länger als 20 Jahre zurückliegt und das Unternehmen zum Zeitpunkt der Einräumung des Genussrechts einen Jahresumsatz von EUR 100 Mio. oder eine Jahresbilanzsumme von EUR 86 Mio. nicht überschreitet sowie nicht mehr als 1.000 Mitarbeitende hat.
Dies stellt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal der eigenkapitalähnlichen Genussrechte gegenüber den VSOPs dar. Denn eine Beteiligung über virtuelle Anteile an einem Unternehmen gilt gerade nicht als Vermögensbeteiligung im Sinne des § 19a EstG i.V.m. dem 5. VermBG und profitiert somit – anders als die Genussrechte – nicht von der Begünstigung des § 19a EStG.
Der Besteuerungsaufschub endet nach § 19a EStG erst, wenn entweder das Genussrecht ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird (Exit) oder das Dienstverhältnis beendet wird, spätestens aber nach 15 Jahre. Sofern das Unternehmen gegenüber dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, im Exit-Fall für die Lohnsteuer zu haften, endet der Besteuerungsaufschub auch nicht beim Wechsel des Arbeitgebenden oder spätestens nach 15 Jahren, sondern tatsächlich erst beim Exit.
Fazit
Für die Einführung eines Beteiligungsprogramms für Mitarbeitende in Form von eigenkapitalähnlichen Genussrechten bzw. die Umstellung eines bestehenden virtuellen Mitarbeitendenbeteiligungsprogramms (VSOP) auf eigenkapitalähnliche Genussrechte sprechen steuerrechtliche Vorteile. Dazu zählt insbesondere der Besteuerungsaufschub für etwaig anfallende Lohnsteuer im Zusammenhang mit der unentgeltlichen/ verbilligten Einräumung und die Anwendung des linearen Steuersatzes für Kapitaleinkünfte auf etwaige Wertzuwächse. Hierdurch bekommen Start-ups im umkämpften Arbeitsmarkt um die besten Talente starke Argumente im Vergleich zur Konkurrenz.
Allerdings sollten sich Unternehmer*innen durch eine fachkundige Beratung absichern, um Risiken von eigenkapitalähnlichen Genussrechten vorzubeugen. Dazu zählen insbesondere die saubere Strukturierung zur Einhaltung der steuerlichen Erfordernisse sowie die Abwägung mit alternativen Modellen, insbesondere virtuelle und reale Beteiligungsmodelle für Mitarbeitende.
Die Autoren:
Dr. Andreas Demleitner ist Rechtsanwalt & Steuerberater im Bereich Corporate Tax bei PwC und berät als Partner sowohl Start-ups als auch Investor*innen im Venture Capital-Umfeld mit den Schwerpunkten Durchführung von Finanzrunden und Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen, Andreas.demleitner@pwc.com
Dr. Minkus Fischer, EMBA, ist Local Partner bei PwC Legal im Bereich Legal Deals im Stuttgarter Büro. Er berät seit über zehn Jahren in den Bereichen Corporate/M&A, mit einem Schwerpunkt in Venture Capital-Transaktionen, Minkus.fischer@pwc.com
Die Chancen des Zukunftsfinanzierungsgesetzes
Wenn Deutschland wieder ein Gründer*innenland werden soll, müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Das hat der Gesetzgeber erkannt und zuletzt mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz einen bunten Strauß von Vorschlägen geflochten. Für Gründer*innen bieten sich so neue Chancen.
Unter steuerlichen Gesichtspunkten erwies sich bislang eine Holdingstruktur als vorteilhaft, wobei die operative Gesellschaft (GmbH) von einer ebenfalls als GmbH gestalteten Gesellschaft gehalten wurde, welche ihrerseits von dem / der Gründenden gehalten wurde. Vielfach wurde zwischen den beiden Gesellschaften noch eine Organschaft geschlossen, der ein Ergebnisabführungsvertrag zugrunde lag. Diese Struktur ermöglichte es einerseits, etwaige Gewinne lediglich mit einem kombinierten Steuersatz aus Gewerbe- und Körperschaftsteuer von circa 30% vorzubelasten, die dann als Ausschüttung von der natürlichen Person mit dem Abgeltungsteuersatz von 25% bezogen werden konnte. Andererseits war eine nahezu steuerfreie Veräußerung der operativen Gesellschaft möglich. Dieser Veräußerungserlös konnte dann wieder investiert werden und löste erst im Rahmen einer späteren Ausschüttung an den Gründer eine weitergehende Besteuerung in Höhe des Abgeltungsteuersatzes von 25% aus.
2021: Rechtsformneutralität bringt gleiche steuerliche Ergebnisse
Mit der Option zur Körperschaftsteuer können Gründende einer Personengesellschaft nunmehr das gleiche steuerliche Ergebnis erzielen, denn 2021 schuf der Gesetzgeber mit dem Körperschaftmodernisierungsgesetz eine Rechtsformneutralität bezüglich der Besteuerung von Unternehmen zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften, indem er der Personengesellschaft ein Wahlrecht zur Körperschaftsteuer eingeräumt hat. Das aus gesellschaftsrechtlicher Perspektive oft vorteilhaftere Personengesellschaftsrecht kann also gewählt werden, ohne dadurch steuerliche Nachteile gegenüber einer Kapitalgesellschaft zu erleiden.
Steuerliche Rahmenbedingungen für Mitarbeitervergütungen
Genauso wichtig sind die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeitervergütungen. In den letzten Jahren wurden hier zwar gesetzliche Änderungen vorgenommen, diese konnten aber nur unzureichend die Realität und Bedürfnisse der Start-ups abdecken. Im Kern geht die Besteuerung davon aus, dass Arbeit jeweils gleich besteuert und nicht einer unternehmerischen Beteiligung gleichgestellt werden soll: Die Besteuerung für den/die Gründenden selbst mit seiner/ihrer Gesellschaft gilt eben nicht für die Mitarbeitenden, obwohl sie, wie der/die Gründer*innen auch, ebenfalls ihre Arbeits- und Innovationskraft einbringen.
Echte Beteiligung als Instrument immer noch realitätsfern?
Vor diesem Hintergrund scheint der einfachste Weg eine echte Beteiligung der Mitarbeitenden am Unternehmen. So erhalten sie Gewinnausschüttungen und sind an Exit-Erlösen beteiligt. Sie erlangen im Gegenzug aber auch alle mit einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung verbundenen Rechte (etwa Teilnahme- und Stimmrechte) und Pflichten (beispielsweise Treuepflichten). Ein solcher gesellschaftsrechtlicher Einfluss ist aus Sicht des Gründenden nicht immer wünschenswert, da er seine gestalterische Freiheit einschränken kann. Steuerlich stellt sich bei echten Beteiligungen das Problem, wenn die jeweilige Beteiligung unter dem Verkehrswert des Unternehmens gewährt wird. Dann liegt ein geldwerter Vorteil in Höhe der Differenz vor, der mit Zufluss einer Besteuerung wie Lohn unterliegt, obwohl keine Liquidität erlangt wird (Dry Income).
Lösung der Dry Income-Problematik
Dieses Problem hat der Gesetzgeber im Juli 2021 mit § 19a EStG abzumildern versucht, indem die Besteuerung aufgeschoben wurde. Die Einzelheiten und Anforderungen an einen solchen Steueraufschub wurden aber als realitätsfern und unzureichend angesehen. Ungewöhnlich zügig reagiert der Gesetzgeber nun mit dem Zukunftsfinanzierungsgesetz hierauf:
- Die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Beteiligung soll mit Veräußerung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen; ab 2024 spätestens 20 statt bisher zwölf Jahre nach deren Übertragung.
- Im Falle des Rückerwerbs der Anteile bei Verlassen des Unternehmens soll nur die tatsächlich an den/die Mitarbeitenden gezahlte Vergütung maßgeblich sein, wodurch insbesondere in Leaver-Fällen, in denen der Kaufpreis in der Regel unterhalb des Verkehrswerts der Beteiligung liegt, das Risiko einer Besteuerung von nicht realisierten Werten entschärft wird.
- Eine Besteuerung wird weitergehend bis zum Zeitpunkt des tatsächlichen Verkaufs hinausgeschoben, wenn der/die Arbeitgebende auf freiwilliger Basis unwiderruflich erklärt, dass er/sie die Haftung für die einzubehaltende und abzuführende Lohnsteuer übernimmt.
Hierzu müssen die Beteiligungen
- nicht vom Arbeitgebenden selbst, sondern können auch durch (Gründungs-)Gesellschafter*innen gewährt werden;
- nicht solche des Unternehmens des Arbeitgebenden, sondern können auch konzernangehörige Beteiligungen sein.
Des Weiteren wird der Anwendungsbereich dergestalt ausgeweitet, dass
- begünstigte Unternehmen solche mit bis zu 1.000 Mitarbeitenden sind, die einen Jahresumsatz von höchstens 100 Mio. EUR oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 86 Mio. EUR aufweisen, wobei diese Schwellenwerte im Zeitpunkt der Übertragung der Beteiligung oder in einem der sechs vorangegangenen Kalenderjahre nicht überschritten sein dürfen, und
- der maßgebliche Gründungszeitraum des Unternehmens maximal 20 Jahre vor dem Beteiligungszeitpunkt liegen darf.
Steuerliche Stärkung unter anderem durch Pauschalbesteuerung
Weitergehend kann der durch die Anteilsübertragung gewährte geldwerte Vorteil bei dem Mitarbeiter pauschal mit einem Steuersatz in Höhe von 25% besteuert werden und unterliegt nicht mehr dem persönlichen Einkommensteuersatz. Auch wird der Freibetrag für die verbilligte oder unentgeltliche Überlassung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vom Arbeitgeber ab 2024 von derzeit 1.440 auf 5.000 EUR jährlich erhöht, was auch zu einer Sozialversicherungsfreiheit in gleicher Höhe führt. Dies erfordert aber, dass es sich um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebenden handelt, die grundsätzlich allen Mitarbeitenden des Unternehmens offensteht, die ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zu diesem stehen. Daher ist dieses Tool für eine reine Managementbeteiligung nicht geeignet.
Was das Zukunftsfinanzierungsgesetz vermissen lässt
Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber keine Anpassung im Vermögensbildungsgesetz vorgenommen, auf welchem die Begünstigungen für die Mitarbeiterbeteiligungen aufbauen. Diese Regelungen kommen nicht zur Anwendung, wenn es sich beim Start-up um eine Personengesellschaft handelt, die sich für die Körperschaftsteuer entscheidet – und deshalb steuerlich wie eine Körperschaft behandelt wird.
Alternative Beteiligungsmodelle noch notwendig?
Dem Problem des Dry Income begegnete die Gestaltungspraxis bislang durch Hurdle- oder Growth Shares. Bei Hurdle Shares erfolgt lediglich eine Beteiligung an den zukünftigen Wertsteigerungen, weshalb diese im Zeitpunkt der Gewährung grundsätzlich nicht zu einem sofortigen steuerlich relevanten Lohnzufluss führen. Weiterhin haben sich Virtual Shares oder Virtual Options als Instrument der Incentivierung von Mitarbeitenden erwiesen. Mit solchen Ansprüchen vermeidet man wegen ihrer rein schuldrechtlichen Ausgestaltung eine gegebenenfalls nicht gewünschte Teilhabe an Zukunftsfragen des Unternehmens. Steuerlich betrachtet stellt lediglich die jeweilige (indirekte) Partizipation an den Gewinnen und/oder dem Exit-Erlös zu besteuernden Lohn dar. Dieser wird nach dem individuellen Steuersatz besteuert, sodass die steuerlichen Regelungen für Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht angewendet werden. Dem/der Mitarbeitenden fließt hier nicht bereits mit Einräumung dieser Ansprüche etwas zu, sodass sich das Dry Income-Problem nicht stellt.
Fazit
Die Regierung ist das Thema verbesserter steuerlicher Rahmenbedingungen angegangen. Man ist dabei zwar noch lange nicht bei den Vergünstigungen, die andere Standorte insoweit genießen – aber es ist ein wesentlicher Schritt. Nun müssen die Gründenden die jeweiligen Weichen selbst stellen.
Zu den Autoren:
Dr. Matthias Geurts ist Partner bei der Kanzlei Schalast und berät Venture Capital-/Private Equity-Investoren in aufsichtsrechtlichen Strukturierungsfragen und Start-ups sowie Gründer bei der Optimierung ihrer Unternehmensgestaltung, deren Finanzierung und Mitarbeiter-beteiligungsmodellen.
Dr. Marc-Andre Rousseau ist Partner bei der Kanzlei Schalast für den Bereich Venture Capital/Start-ups. Er berät Venture Capital-Investoren, Family Offices und Angel-Investoren sowie Startups in allen rechtlichen Finanzierungsfragen sowie Start-ups bei Exit- und Gewinnbeteiligungsmodellen.
Darknet Deals: Identitätshandel im Darknet
Datenkriminalität im Schatten: Wie ein Anruf zu Identitätshandel im Darknet führt.
Die Sicherheit und der Schutz von sensiblen Daten sind in einer wachsenden digitalen Welt von größter Bedeutung. Denn leider sind Betrüger*innen ständig auf der Suche nach Möglichkeiten, an diese persönlichen Informationen zu gelangen. Dabei hat sich das Darknet zu einer der Hauptschnittstellen für den illegalen Handel mit gestohlenen Daten etabliert. Auch die Methoden der Betrüger zur Datenbeschaffung werden immer dreister und ausgeklügelter. Im Folgenden erfährst du, wie unsere Daten ins Darknet gelangen und wie sich Besorgte davor schützen können.
Die dunkle Seite des Internets und kriminellen Handlungen
Das Darknet ist ein abgeschotteter Bereich im Internet, der nicht über herkömmliche Suchmaschinen zugänglich ist. Hier können Nutzende ihre Identität verschleiern und anonym kommunizieren. Es wird für verschiedenste Zwecke genutzt, darunter illegale Aktivitäten wie der Austausch gestohlener Daten. Normalerweise gibt es verantwortliche Stellen bzw. spezielle Aufsichtsbehörden, die kontaktiert werden können, um gegen Datenschutzverletzungen im World Wide Web vorzugehen. Doch in diesem abgeschirmten Bereich des Internets wird alles dafür getan, um vor den entsprechenden Zuständigkeiten ungesehen zu bleiben. So befinden sich die Betreiber*innen der Server in der Regel außerhalb Europas, was es für Strafverfolgungsbehörden äußerst schwierig macht, einmal gestohlene Daten zu löschen oder Täter zur Rechenschaft zu ziehen. Erst im Darknet veröffentlicht, können solche Datensätze mehrfach betrügerisch genutzt oder verkauft werden, was die Sicherheit und Privatsphäre der Betroffenen langfristig gefährdet. Auch können die Personen schwerer ausfindig gemacht werden, da sie die entwendeten Informationen nicht selbst nutzen und ihre rechtswidrigen Aktivitäten schwer auf sie zurückzuführen sind. Auf dem digitalen Schwarzmarkt zahlen Käufer*innen für solche gestohlene Daten und damit verbundene Dienstleistungen in Kryptowährungen wie Bitcoin. Diese Währungen führen auch dazu, dass die Bezahlvorgänge kaum nachvollziehbar sind.
Von Phishing bis Europol-Masche: Wie Betrüger*innen an die Daten kommen
Zu den bekanntesten Methoden, um an die begehrten Informationen zu kommen, zählt Phishing. Diese Masche ist vor allem für ihre Spam-Mails bekannt, bei denen die Betroffenen dazu verleitet werden, auf einen Link zu klicken und vertrauliche Daten preiszugeben. Jedoch findet diese Methode inzwischen auch über das Telefon statt. Die Betrüger*innen tarnen sich beispielsweise als Europol-Mitarbeitende und fordern ihre Gesprächspartner*innen dazu auf, ihre IBAN-Nummer zu nennen. Mittlerweile ist selbst die Suche nach einer Wohnung oder einem Job nicht mehr sicher. So verwenden Trickser gefälschte Angebote und stellen ein vorgetäuschtes Identitätsverfahren vor, um Suchende dazu zu bringen, Fotos ihrer Ausweise zu übermitteln.
Eine weitere dreiste Masche besteht darin, Leidtragende während eines Gesprächs schnell zu einem eindeutigen „Ja“ zu animieren. Wenn die Person zum Beispiel zustimmt, dass das Telefonat aufgezeichnet wird, haben die Betrüger bereits fast alles erreicht, was sie wollten. Danach stellen sie einige harmlose Fragen, und schon haben sie genug Material gesammelt, um das Gespräch beliebig zusammenschneiden zu können. Dann scheint es, als hätten die Betroffenen mit ihrem „Ja“ einem Kaufvertrag oder einem Abonnement zugestimmt.
Finanzielle Ausbeute: So viel bis du wert
Im Darknet existiert bereits ein florierender Handel mit gestohlenen Identitäten, die es Käufer*innen ermöglichen, verschiedene kriminelle Aktivitäten durchzuführen. Doch wie viel Gewinn können die Betrüger*innen damit überhaupt erreichen? Im Report des auf Antiviren-Programme spezialisierten Herstellers Bitdefender wird deutlich, dass eine gestohlene Identität in Form eines biometrischen EU-Passes auf dem Schwarzmarkt bis zu 4.500 Euro bringen kann. Die McAfee-Studie „The Hidden Data Economy“ von 2018 enthüllte wiederum, dass Darknet-Händler*innen in der Europäischen Union bis zu 40 Euro für vollständige Kreditkartendaten verlangen können. Auch Konten von Online-Zahlungsdiensten werden hier gehandelt. Dabei ist jedoch der Preis abhängig vom Guthaben des gehackten Kontos und variiert zwischen 20 und 300 Euro. Um also Betrüger*innen nicht auf den Leim zu gehen und sich den Ärger mit geklauten Daten zu ersparen, ist der Datenschutz im digitalen Zeitalter auch für Privatpersonen wichtiger denn je!
Praktische Maßnahmen: Wie entgehe ich der Täuschung?
Identitätsklau per Telefon ist nach wie vor eine weitverbreitete Methode für Datenhändler*innen, über die jede(r) informiert sein sollte. Um die persönlichen Daten zu schützen, ist es wichtig, bei der Weitergabe sensibler Informationen generell vorsichtig zu sein. Hier sind einige wichtige Maßnahmen, die ergriffen werden können, um einem möglichen Betrugsversuch vorzubeugen: Wenn ein Anruf verdächtig erscheint oder eine unbekannte Person Geld verlangt, handelt es sich in den meisten Fällen um einen Schwindel. Die größte Sicherheit besteht darin, das Gespräch sofort zu beenden. Um Datenverluste und finanzielle Schäden zu vermeiden, sollten niemals persönliche Informationen wie Anschrift, E-Mail-Adresse, Geburtstag, Passwörter oder Bankdaten an Fremde weitergegeben werden. Seriöse Behörden oder Unternehmen werden am Telefon unter keinen Umständen nach solchen Angaben fragen.
Ist der Schaden bereits entstanden und die Daten wurden preisgegeben, sollte die Bundesnetzagentur eingeschaltet werden. Auch die Polizei sollte unter der Rufnummer 110 kontaktiert werden. Wurde beispielsweise Geld illegal vom eigenen Konto abgebucht, kann die Bank dieses innerhalb von vier Wochen zurückholen. Hier gilt es jedoch zu beachten, dass dies nur funktioniert, wenn die Überweisung nicht von der betroffenen Person selbst getätigt wurde. Daher sollten niemals Zahlungen an eine unbekannte Person getätigt werden. Häufig kommen betrügerische Anrufe aus dem Ausland. Daher ist besondere Vorsicht bei folgenden Vorwahlen geboten: +88 (Globales Navigationssatellitensystem), +225 (Elfenbeinküste), +231 (Liberia), +252 (Somalia), +257 (Burundi), +261 (Madagaskar) oder +370 (Litauen). Schließlich kann es auch helfen, sich regelmäßig über die neuesten Betrugsmaschen zu informieren und somit im Falle eines entsprechenden Anrufs sensibilisiert zu sein.
Der Autor Thomas Wrobel ist Spam-Schutz-Experte, CTO der Müller Medien-Tochter validio und Gründer von Clever Dialer. Die App liefert verlässliche Anrufinformationen und schützt Verbraucher*innen vor Spam-Telefonaten.
Datenschutz: Was 2023 auf Unternehmen zukommt
Das Jahr 2023 hält einiges in Sachen Datenschutz bereit – und dafür sollten sich Unternehmer*innen jetzt rüsten.
Elektronische Transaktionen und Daten, die von Endgeräten und anderen Quellen stammen, bilden die Grundlage für die Geschäftsmodelle einige der größten Unternehmen der Welt. Doch der jahrzehntelange Wildwuchs in der Datenspeicherung sorgte für Misstrauen der Verbraucher*innen und verlangte nach gesetzgeberischen und regulatorischen Maßnahmen.
Auch das Jahr 2023 wird einige neue Regelungen und Maßnahmen bringen, auf die sich die Unternehmen vorbereiten müssen. Hier vier Prognosen:
1. Internationale Datenübermittlungen
Bis Juli 2020 galten die USA laut eines Angemessenheitsbeschlusses der Europäischen Kommission (basierend auf dem EU-US-Privacy-Shield-Abkommen) als sicheres Drittland. Das Datenschutzniveau wurde also als ähnlich gut eingeschätzt wie das der EU. Dies änderte sich jedoch, als der Österreicher Max Schrems mit seiner Klage in der Sache „Schrems II“ vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) Erfolg hatte.
Am 16. Juli 2020 erklärte der EuGH das bis dahin geltende Privacy Shield für ungültig (Rechtssache C-311/18, Schrems II). Seitdem gelten die USA nicht mehr als sicheres Drittland, was den Datentransfer für Firmen bedeutend komplizierter gestaltete. Die rechtskonforme Gestaltung von Datenübermittlungen aus Europa in die USA ist inzwischen eines der komplexesten und zeitaufwendigsten Themen, mit denen sich Datenschutzbeauftragte in Unternehmen in den letzten zwei Jahren beschäftigen mussten.
Nun kommt Bewegung in die Sache: Die EU-Kommission hat Mitte Dezember 2022 ihren Entwurf für den bevorstehenden Angemessenheitsbeschluss veröffentlicht, die Arbeiten am neuen EU-U.S.-Data-Privacy-Framework laufen auf Hochtouren.
Bis zum Erlass, der in der ersten Jahreshälfte 2023 erwartet wird, bleibt es jedoch bei der derzeitigen Rechtslage. Bis dahin werden die anderen möglichen Übermittlungsinstrumente des Art. 46 DSGVO – insbesondere Standardvertragsklauseln (SCC) und Binding Corporate Rules (BCR) – sowie die Ausnahmetatbestände des Art. 49 DSGVO (speziell die Einwilligung der betroffenen Personen) genutzt werden, und zwar mit allen bekannten Herausforderungen und Nachteilen.
2. EU-Dateninitiativen werden verabschiedet
Neue EU-Dateninitiativen werden verabschiedet oder in Kraft treten. Sie beeinflussen, wie Daten mit anderen geteilt werden dürfen und zwingen Organisationen, die einen Wert aus personenbezogenen Daten ziehen, dazu, die Modalitäten für die Weitergabe, den Schutz und den Zugriff auf diese Informationen zu ändern. Besonders folgende:
- Digital Services Act (DSA): Der DSA wird die veraltete E-Commerce-Richtlinie aus dem Jahr 2000 ablösen. Sein extraterritorialer Geltungsbereich betrifft die derzeitigen Geschäftsmodelle vieler datengesteuerter Organisationen, darunter Internetdienst- und Cloud-Anbieter, soziale Medien und Online-Plattformen, Marktplätze und Suchmaschinen. So werden unter anderem zusätzliche Transparenzanforderungen für Online-Werbung, ein Verbot von „Dark Patterns“ und Einschränkungen für Werbung auf der Grundlage sensibler Daten erlassen.
- Data Act: Das Datengesetz soll harmonisierte Regeln für den fairen Zugang zu und die Nutzung von Daten schaffen. Es stellt sicher, dass ein breiteres Spektrum von Akteuren die Kontrolle über ihre Daten erhält. Es sollen mehr Informationen für innovative Zwecke zur Verfügung stehen, während gleichzeitig Anreize für Investitionen in die Datengenerierung erhalten bleiben. Das soll schließlich zu einem maximalen Wert der Daten für Wirtschaft und Gesellschaft führen.
- Europäischer Raum für Gesundheitsdaten: Befasst sich mit den gesundheitsspezifischen Schwierigkeiten beim Zugang zu elektronischen Gesundheitsdaten, der gemeinsamen Nutzung und der Gestaltung eines gemeinsamen Raums, in dem natürliche Personen ihre elektronischen Gesundheitsdaten leicht kontrollieren können. Zudem soll er es Forschern und politischen Entscheidungsträgern ermöglichen, diese elektronischen Gesundheitsdaten in einer vertrauenswürdigen und sicheren Weise zu nutzen, bei der die Privatsphäre gewahrt bleibt.
- Artificial Intelligence Act: Viele Umfragen zeigen, dass sich Verbraucher über die Verwendung ihrer personenbezogenen Daten in KI-Anwendungen Sorgen machen. Der Vorschlag für eine Verordnung mit harmonisierten Regeln für künstliche Intelligenz soll diese Bedenken ausräumen und die ethische Nutzung von KI gewährleisten. Flankiert wird er von den außervertraglichen, zivilrechtlichen Haftungsregeln für künstliche Intelligenz. Diese sollen dafür sorgen, dass Betroffene die gleichen Schutzstandards genießen, falls ihnen unter anderen Umständen durch KI-Produkte oder -Dienste ein Schaden entstehen sollte.
3. Umstellung auf neue Standardvertragsklauseln (SCC)
Im Juni 2021 erließ die Europäische Kommission neue Standardvertragsklauseln (SCC), die seit dem 27. September 2021 für alle neuen Verträge gelten. Diese neuen SCC sind modular aufgebaut und decken alle praktisch relevanten Varianten des Datentransfers ab, ohne wie bisher auf komplizierte und teilweise unpraktische Vertragskonstellationen zurückzugreifen.
In diesem Zusammenhang mussten Unternehmen bis zum 27. Dezember 2022 alle Altverträge auf die neuen Standardvertragsklauseln umstellen. Laut diversen deutschen Datenschutzbehörden soll es keine weitere Fristverlängerung geben, sie wollen also kein Auge mehr zudrücken. Daher müssen Firmen, die bis Ende Dezember 2022 alte Verträge nicht auf die neuen SCCs angepasst haben, mit Sanktionen der Aufsichtsbehörden rechnen.
4. Vormarsch neuer Instrumente der Rechtsdurchsetzung
Reine Kontrollmaßnahmen der Aufsichtsbehörden werden 2023 nicht mehr allein im Vordergrund stehen. Der Trend geht vielmehr zur zivilrechtlichen Durchsetzung der Beendigung datenschutzwidriger Verarbeitungen und der Entschädigung von Datenschutzverstößen. Dies zeigte sich bereits 2022 im Fall von Google Fonts.
Hunderte von Organisationen in Deutschland und Österreich sahen sich im Sommer und Herbst 2022 mit Abmahnungen und Unterlassungserklärungen wegen Google Fonts konfrontiert. Solche Trittbrettfahrer werden in Zukunft voraussichtlich vermehrt einzelne Gerichtsentscheidungen nutzen, um mit derartigen Massenverfahren gegen angebliche Datenschutzverstöße auf breiter Front vorzugehen. Davon dürften insbesondere Websites und Apps betroffen sein, da sich datenschutzwidrige Konfigurationen und nicht autorisierte Tools mit geringem Aufwand schnell und eindeutig nachweisen lassen. Dass sich solche Massenabmahnungen zumindest in einer Grauzone bewegen und die Schwelle zur Missbräuchlichkeit leicht überschritten werden dürfte, zeigen die ersten Gerichtsverfahren gegen die abmahnenden Anwälte.
Natürlich werden auch die Aufsichtsbehörden weiterhin die DSGVO durchsetzen, doch auch diese dürften in Zukunft Neuland betreten. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie zunehmend die ihnen nach Artikel 58 DSGVO zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen, um die Datenverarbeitung (vorübergehend) zu untersagen und die Löschung von Daten anzuordnen. Da die Wirkung dieser Maßnahmen sofort eintritt, sind die Auswirkungen und die Intensität der Intervention am größten. Aufgrund der rechtlichen Brisanz solcher Entscheidungen haben die Behörden bisher jedoch nur selten von ihnen Gebrauch gemacht. Doch ändert sich bald. So könnten in Fällen wie bei Google Analytics im Jahre 2022 zukünftig nicht nur eine Feststellung der Datenschutzwidrigkeit seitens Behörden erfolgen, sondern zusätzlich eine Untersagung der Übermittlung.
Die größte und wesentlichste Veränderung bei der Rechtsdurchsetzung dürfte jedoch das verstärkte Eingreifen von NGOs und anderen Verbraucherschutzverbänden darstellen. Organisationen wie NOYB haben bei verschiedenen europäischen Aufsichtsbehörden Hunderte von Beschwerden über Cookie-Banner und Websites eingereicht, die gegen Datenschutzgesetze verstoßen. Artikel 80 der DSGVO ermöglicht es NGOs und Verbraucherverbänden, Beschwerden bei den Behörden einzureichen und im Namen der betroffenen Personen Schadenersatz zu fordern. Diese Möglichkeit kannten bisher nur wenige, deswegen wurde sie kaum wahrgenommen. Allerdings dürfte es zu einer verstärkten Aktivität solcher Organisationen kommen, speziell nach dem Grundsatzurteil des EuGH über die Rechtsstellung von Verbraucherschutz-Organisationen im Mai 2022.
Der Europäische Verbraucherverband hat bereits angekündigt, dass seine Mitglieder ihre Befugnisse im Rahmen der DSGVO nutzen wollen, um den Verbraucherdatenschutz zu verbessern.
Der Autor Dr. Frank Schemmel (Practice Lead International Privacy & Compliance) ist seit 2018 bei DataGuard - der All-in-one-Plattform in Sachen Compliance-Anforderungen, Informationssicherheit und Datenschutz – tätig.
Rechtliche Aspekte der Einführung einer Zeiterfassungspflicht in Deutschland
Die Einführung einer Zeiterfassungspflicht in Deutschland bedeutet, dass Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen die tägliche Arbeitszeit genau erfassen müssen. Diese Regelung ist im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes festgelegt und soll sicherstellen, dass die tatsächlich geleistete Arbeitszeit nicht überschritten wird.
Die Zeiterfassungspflicht als Start-up ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeitswelt. Sie dient dazu, die Arbeitszeiten von Mitarbeitenden zu erfassen und zu überprüfen. Es gibt jedoch auch rechtliche Aspekte, die bei der Einführung einer Pflicht zur Zeiterfassung beachtet werden müssen. So muss sichergestellt sein, dass alle betroffenen Parteien vor Beginn der Umsetzung über den Sinn und Zweck der Maßnahme informiert werden. Immerhin dient sie nicht nur dem Personal, sondern auch dem Unternehmen.
Neueste Trends und Entwicklungen im Bereich der Zeiterfassungspflicht
In den letzten Jahren hat sich im Bereich der Zeiterfassung viel getan, und es gibt immer neue Trends und Entwicklungen. Einer der aktuellsten Trends ist die Einführung von Cloud-basierten Zeiterfassungssystemen, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Daten online zu speichern und zu verwalten. Diese Systeme bieten eine Vielzahl an Funktionen, wie beispielsweise automatische Erinnerungsfunktionen für Mitarbeitende oder Berichtsgenerierungsoptionen für Führungskräfte.
Auch biometrische Technologien haben sich als sehr nützlich erwiesen, da sie eine genauere Überwachung der Arbeitszeit ermöglichen. Mit Hilfe von Fingerabdruck- oder Gesichtserkennungssystem kann man sicherstellen, dass jeder Mitarbeitende seine tatsächliche Anwesenheitszeit registriert und nicht versucht, falsche Angaben zu machen.
Tipps zur effizienten Nutzung von Zeiterfassungssystemen
Zeiterfassungssysteme sind ein wichtiges Werkzeug, um die Produktivität und Effizienz in Unternehmen zu steigern. Sie helfen dabei, Arbeitszeiten zu verfolgen und den Fortschritt von Projekten zu überwachen. Um das Beste aus dem Zeiterfassungssystem herauszuholen, sollte man Folgendes beachten:
Sicherstellen, dass alle Mitarbeitende mit dem System vertraut sind. Eine gute Schulung ist unerlässlich, damit alle Mitarbeitende wissen, wie man es richtig benutzt. Daraufhin sollte man klare Richtlinien für die Nutzung des Systems erstellen und garantieren, dass alle Mitarbeitende diese befolgen. Darüber hinaus kann man automatisierte Berichte und Dashboards nutzen, um die Daten leicht zugänglich zu machen und den Überblick über den Fortschritt der Projekte zu behalten.
Das Zeiterfassungssystem kann mit anderen Tools wie Kalender- oder Aufgabenmanagement-Softwares integriert werden, um einen besseren Überblick über die Arbeit zu erhalten. Daraufhin sollten regelmäßige Meetings gehalten werden, um Feedback von allen Beteiligten einzuholen und Verbesserungsvorschläge vorzunehmen.
Wie können Start-ups die Zeiterfassungspflicht effizient umsetzen?
Start-ups können die Zeiterfassungspflicht effizient umsetzen, indem sie eine Software oder ein System verwenden, das die Erfassung und Verfolgung der Arbeitszeiten vereinfacht. Ein solches System ermöglicht es den Mitarbeitenden, ihre Arbeitszeiten zu erfassen und zu verfolgen, ohne dass manuelles Eingeben von Daten erforderlich ist. Es bietet auch Funktionen wie automatische Benachrichtigung bei Überstunden oder Abweichung vom Standardarbeitsplan.
Ein weiteres Tool, das Start-ups nutzen können, um die Zeiterfassungspflicht effizient umzusetzen, ist eine mobile App. Diese Apps ermöglichen es den Mitarbeitenden, ihre Arbeitszeit überall und jederzeit zu erfassen und zu verfolgen. Sie bietet auch Funktionen wie GPS-Tracking für Remote-Mitarbeitende sowie Berichte über geleistete Stundenzahl pro Tag oder Woche.
Abschließend sollten Start-ups sicherstellen, dass alle Mitarbeitende über die Richtlinien informiert sind und regelmäßig Schulungsprogramme anbieten, damit sie mit dem System vertraut sind.
Arbeitsvertragsrecht: Das ändert sich ab August 2022
Vor allem im Arbeitsrecht gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze, Bestimmungen und Stolperfallen, die Gründer*innen kennen sollten. Was sich ab August 2022 ändert.
Start-ups gelten als Vorreiter bei neuen Arbeitsweisen und -strukturen. Flache Hierarchien, digitale Lösungen, Innovationsfreude und Austausch zwischen verschiedenen Disziplinen schwirren dabei als Buzzwords in Sachen dynamische Unternehmenskultur durch die Medien. Trotz all der gelebten Offenheit empfiehlt es sich bei arbeitsrechtlichen Fragen, und hier insbesondere in Vertragsangelegenheiten, eher traditionelle Wege einzuschlagen. Vor allem im Arbeitsrecht gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze, Bestimmungen und Stolperfallen, die Gründer*innen kennen sollten. Schließlich unterliegt das Arbeitsrecht einem sehr dynamischen Wandel.
So kommen gemäß der Arbeitsbedingungenrichtlinie (EU 2019/1152) ab August 2022 neue Vorgaben hinzu. Ein erster deutscher Gesetzesentwurf, der die EU-Regelungen in nationales Recht übertragen soll, sieht weitreichende Änderungen vor. Bei Nichtbeachtung drohen Sanktionen.
Vom Müssen, Können und Sollen
Schon jetzt macht der Gesetzgeber bei Arbeitsverträgen Vorgaben zu verpflichtenden Inhalten. Gemäß § 2 des Nachweisgesetzes gehören dazu Name und Adresse der beschäftigten Person sowie Name und Adresse des Unternehmens – inklusive Nennung der Geschäftsleitung. Ebenso essenziell sind eine Jobbeschreibung sowie allgemeine Hinweise auf Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Darüber hinaus muss nicht nur der Beginn des Arbeitsverhältnisses, sondern auch der Arbeitsort und, wenn zutreffend, eine Information auf wechselnde Tätigkeitsorte angegeben werden. Ergänzt wird das Ganze von einzelnen Klauseln, die Details zu Vertragsdauer, Arbeitszeiten, Entgelt, Sonderzuwendungen, Kündigungsfristen und Urlaubsanspruch enthalten.
Unabhängig von diesen unbedingt erforderlichen Punkten räumt der Gesetzgeber Unternehmen jedoch Gestaltungspielräume ein, um auf die individuellen Bedürfnisse und Gegebenheiten im Unternehmen einzugehen. Konkret bedeutet das: Innerhalb der Grenzen des Arbeitsschutzrechts gilt die Vertragsfreiheit. Finden Gleichbehandlungsgrundsatz, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz und AGB-Recht Berücksichtigung, bestimmen beide Parteien nicht nur über den Inhalt, sondern auch über den Abschluss als solches, der dann mit den jeweiligen Unterschriften Gültigkeit bekommt. Insbesondere bei komplexen Vertragsinhalten lohnt es sich im Einzelfall, juristischen Beistand zu suchen, da eigene Formulierungen etwa zu Arbeitsunfähigkeit, Geheimhaltung oder Nebentätigkeiten im Streitfall nicht immer vor Gericht standhalten.
Zurück ans Reißbrett
In der Praxis wird en détail nicht jede einzelne Klausel diskutiert. Tatsächlich kommen einseitig vom Unternehmen erstellte, vorformulierte Muster zum Einsatz. Aus rechtlicher Sicht werden diese seit 2002 wie Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) behandelt und unterliegen daher einer strengen Inhaltskontrolle. Nichtsdestotrotz schleichen sich in dem ein oder anderen Vertragswerk unwirksame Klauseln ein. Wann Bestimmungen in AGBs als unzulässig gelten, ist dabei in § 307 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) klar geregelt. Entsprechend gilt es auf überraschende, unklare und missverständliche Klauseln zu verzichten, die die gesetzlichen Rechte von Arbeitnehmern einschränken und zu unangemessenen Benachteiligungen führen.
Dazu gehören beispielswese Regelungen, die Mitarbeiter gegenüber Kollegen zum Stillschweigen über ihr Gehalt verpflichten sollen (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Az. 2 Sa 183/09). Ist die Rede von einer unbestimmten Anzahl von „Überstunden“ (BAG, Az. 5 AZR 517/09) oder sogar „erforderlichen Überstunden“ (LAG Düsseldorf, Az. 9 Sa 1958/07), die nicht gesondert vergütet, sondern vollständig mit dem monatlichen Festgehalt abgegolten werden, ist die Klausel unwirksam. Gleiches gilt für sogenannte Versetzungsklauseln, die es etwa Unternehmen erlauben, Arbeitnehmern eine minderwertige Tätigkeit zuzuweisen. In der Vergangenheit mussten Gerichte aber auch über exzessiv hohe Vertragsstrafen bei Pflichtverletzungen, Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalte im Zusammenhang mit Sonderzahlungen oder sogar Schwangerschaftsverbote für erwerbstätige Frauen urteilen und sind zum Schluss gekommen, dass sie gegen geltendes Recht verstoßen. In der Folge wurden die entsprechenden Regelungen des Vertrags außer Kraft gesetzt.
Mehr Transparenz wagen
Mit der Umsetzung der Arbeitsbedingungenrichtline der EU (2019/1152) erweitert sich der Katalog von Pflichtangaben in Beschäftigungsverträgen. Ein erster Gesetzesentwurf sieht dabei weitreichende Neuerungen vor, wobei sich im Wesentlichen alles um die Ergänzung bestehender Nachweispflichten dreht. Sollte das Gesetz in dieser Form in Kraft treten, genügt es in Zukunft nicht mehr, etwa eine Arbeitszeit von 40 Wochenstunden anzugeben. Neben genauen Schichtzeiten gilt es vertraglich festzuhalten, wie viel Geld für Überstunden gezahlt wird und ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen. Darüber hinaus finden vereinbarte Ruhepausen ebenso Eingang in das Dokument wie die Dauer der Probezeit. Außerdem müssen alle Jobvereinbarungen, die nach dem 31. Juli 2022 aufgenommen werden, auch Kündigungsmodalitäten sowie die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgeltes inklusive Fälligkeit und Art der Auszahlung beinhalten.
Wichtig dabei: Die vorgesehenen Gesetzesänderungen wirken sich nicht nur unmittelbar auf die Gestaltung neuer Verträge aus – also alle Beschäftigungsvereinbarungen, die ab 1. August 2022 geschlossen werden. Im aktuellen Entwurf räumt der Gesetzgeber Lohnempfängern in bestehenden Arbeitsverhältnissen das Recht auf Offenlegung ein. Innerhalb von sieben Tagen müssen Unternehmen dann detailliert Auskunft über besonders wichtige Informationen wie beispielsweise Dauer der Probezeit oder Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts geben. Binnen eines Monats folgen in einer Niederschrift alle restlichen wesentlichen Bedingungen des Arbeitsverhältnisses.
Leisten Betriebe dem Widerstand, drohen Strafen. Schon in der EU-Richtline von 2019 ist festgelegt, dass ein wirksamer, angemessener und abschreckender Sanktionsmechanismus bei der Umsetzung in nationales Recht integriert werden muss. Entsprechend definiert der deutsche Gesetzesentwurf, dass Unternehmen ordnungswidrig handeln, wenn die Vertragsbedingungen nicht richtig, rechtzeitig, vollständig oder in der vorgeschriebenen Weise niedergelegt werden. Ein solcher Verstoß kann eine Geldstrafe von bis zu 2.000 Euro nach sich ziehen.
Der Autor Paul-Benjamin Gashon ist Fachanwalt für Arbeitsrecht bei der Korten Rechtsanwälte AG. Die 2003 gegründete Wirtschaftskanzlei mit Standorten in Hamburg, München und Göttingen bietet vor allem mittelständischen Unternehmen Unterstützung, Beratung und Expertise bei zivil- und wirtschaftsrechtlichen Fragen.