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Rechtssichere Daten-Speicherung in der Cloud
Was du als Unternehmer wissen und beachten solltest, damit personenbezogene Daten sicher in der Cloud gespeichert sind.
Immer häufiger greifen Firmen zu Cloud-Angeboten, um ihre Arbeit sowohl effizienter als auch flexibler zu gestalten. Und das ist heutzutage sehr wichtig, um sich nicht nur erfolgreich auf dem Markt zu etablieren, sondern um überhaupt konkurrenzfähig zu bleiben. Gleichzeitig eröffnen Clouds Arbeitgebern neue Möglichkeiten, um ihre Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. Ein Stichwort wäre Home Office. Alle diese Gründe sind natürlich auch für dich als Jungunternehmer interessant und relevant.
Doch neben den ganzen Vorteilen gibt es auch einen Punkt, der für Unsicherheit sorgt. Die Frage nach dem Datenschutz. Mittlerweile ist beinahe ein Jahr vergangen, seitdem die neue EU-DSGVO für alle europäischen Firmen rechtsgültig ist. Und noch immer beschäftigen sich zu wenige Betriebe mit diesem Thema. Wir erklären dir, wie du Kunden- und Mitarbeiterdaten rechtssicher in einer Cloud speichern kannst.
Kurz vorab: Was hat es mit der Datenschutzgrundverordnung überhaupt auf sich?
Die EU-DSGVO gibt dir als Unternehmer klare Richtlinien vor, was den Schutz personenbezogener Daten betrifft. Diese Regelungen beziehen sich unter anderen auf folgende Informationen von natürlichen Personen:
- Alter
- Geschlecht
- Adresse
- Religion
- politische Zugehörigkeit
Seit dem 25. Mai 2018 benötigst du die explizite Einwilligung deiner Kunden, Mitarbeiter oder Geschäftspartner, wenn du ihre personenbezogenen Daten in irgendeiner Weise verarbeiten willst. Zudem stehst du in der Pflicht, auf Wunsch alle Inhalte zu löschen – dies geschieht selbstverständlich nur im Rahmen der Aufbewahrungsfristen.
Wichtig ist zudem, dass du dich um einen Datenschutzbeauftragten bemühst. Dieser ist gesetzlich verpflichtend ab einer Mitarbeiterzahl von neun Personen, die Daten bearbeiten. Den Experten kannst du sowohl intern ausbilden als auch extern bestellen. Wie du dies handhabst, ist im Grunde dir überlassen. Relevant ist jedoch in erster Linie, dass der Beauftragte auch weiß, was er tut. Ist dem nicht so, musst du im schlimmsten Fall mit horrenden Bußgeldern rechnen. Du willst mehr über das Thema wissen? Dann lies dir am besten unseren Artikel DSGVO: Transparenz und Handlungstipps für Gründer durch.
Ist die Nutzung einer Cloud unter diesen Voraussetzungen sicher?
Innerhalb der EU ist das auf jeden Fall so. Denn durch die DSGVO sind alle Unternehmen, die einen Sitz innerhalb der Europäischen Union haben, dazu verpflichtet, die Richtlinien einzuhalten. Neu dazugekommen ist die Pflicht für Firmen aus Drittländern. Damit der Schutz personenbezogener Daten auch dann gewährleistet ist, müssen diese laut Artikel 27 einen Stellvertreter bestimmen, der sich um alles, was zum Thema Datenschutz gehört, kümmert.
Das bedeutet, wenn du dich für ein Softwareprogramm mit integrierter Cloud entscheidest, dann stehen sowohl du als auch der Hersteller in der Pflicht, die Richtlinien adäquat umzusetzen. Du solltest dich daher nicht komplett auf den Anbieter verlassen. Im Grunde ist dieser zwar dazu verpflichtet, alle von dir eingespeisten Daten zu schützen, doch du musst im Rahmen eures Vertrages darauf achten, dass alles mit rechten Dingen zugeht. Denn sollten sich Betroffene melden, die das Gefühl haben, dass ihre Daten widerrechtlich benutzt werden, kannst du ebenfalls haftbar gemacht werden.
Was bedeutet das konkret? Ein Beispiel an der Praxis
Immer mehr Unternehmen entscheiden sich beispielsweise für Warenwirtschafts- oder Buchhaltungssysteme. Gerade Start-ups nutzen oft sogenannte Insellösungen, weil diese kostengünstig in der Anschaffung sind. Große Konzerne hingegen implementieren mit der Zeit in der Regel ein sog. ERP-System, um ihre Strukturen und Prozesse effizienter zu gestalten. (In diesem Ratgeber findest du entsprechende Details). Egal, welche Lösung für dich und dein Unternehmen die Richtige ist: Die Frage nach dem Datenschutz bleibt bestehen. Denn in allen drei genannten Programmen, würdest du personenbezogene Daten verwenden:
- Gehaltsabrechnungen mit der Buchhaltungssoftware
- Versand von Bestellungen mit dem Warenwirtschaftssystem
- Marketingstrategien mit Daten innerhalb des ERP-Systems
Was kannst du also tun, um die notwendige Sicherheit zu gewährleisten?
1. Aktualität
Es ist enorm wichtig, dass du keine veralteten Systeme verwendest. Der Vorteil bei Cloud-Lösungen liegt darin, dass Hersteller die Updates durchführen. Dadurch schließt du automatisch eine große Sicherheitslücke.
2. Schnittstellen
Diese sind zwangsläufig für dich wichtig, wenn du im E-Commerce-Bereich tätig bist. Denn irgendwie musst du dein System ja mit den verschiedenen Marktplätzen verbinden. Nur so schaffst du es, reinkommende Bestellungen schnell zu bearbeiten und die entsprechenden Rechnungen zu verschicken bzw. anschließend zu verbuchen. Doch gerade diese Schnittstellen bergen immer die Gefahr des Datendiebstahls. Achte daher ganz besonders auf eine vernünftige SSL-Verschlüsselung!
3. Mitarbeiter
Fehler sind menschlich und können daher passieren. Es ist unabdingbar, dass du deine Angestellten für das Thema Datenschutz sensibilisierst. Es kann bereits der unbeabsichtigte Klick auf einen dubiosen E-Mail-Anhang reichen, um einen Virus in dein System einzuspeisen. Sobald der Mitarbeiter auf dein Firmennetzwerk zugreift, verbreitet sich dieser auch in deinen Cloud-Lösungen.
Fazit
Wenn du diese drei Punkte beachtest, legst du bereits ein stabiles Fundament für die Sicherheit personenbezogener Daten. Kontrolliere regelmäßig deine Systeme und setze dich mit den Cloud-Anbietern auseinander, deren Angebote du nutzt. Das sorgt für eine bessere Absicherung deinerseits. Und vergiss auf keinen Fall den Datenschutzbeauftragten. Denn dieser ist fit in dem Thema und kann dir weitere Ratschläge geben, wo er Verbesserungspotenzial sieht.
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Markenschutz im Netz
Wie Start-ups in der digitalen Welt die Kontrolle über ihre Marke behalten.
Die digitale Welt ist ein Ort voller Möglichkeiten: Sie öffnet Türen, wo früher Mauern standen, und ermöglicht es selbst jungen Unternehmen, in kürzester Zeit globale Reichweite zu erzielen. Plattformen wie TikTok Shop revolutionieren den Onlinehandel, indem sie Hürden abbauen und direkten Zugang zu Millionen potenzieller Kund*innen bieten. Für Start-ups ist das eine enorme Chance, aber auch ein Minenfeld.
Denn je einfacher der Markteintritt, desto schwieriger wird es, die Kontrolle über die eigene Marke zu behalten. Nicht autorisierte Händler*innen, verwässerte Markenbotschaften und plötzliche Lieferengpässe sind keine hypothetischen Risiken mehr, sondern Alltag für viele junge Unternehmen. Wer erfolgreich wachsen will, muss seine Marke nicht nur im Blick behalten, sondern sie aktiv schützen.
Warum Markenschutz für Start-ups überlebenswichtig ist
Markenschutz ist weit mehr als ein kosmetisches Thema. Es geht darum, das zu bewahren, was eine Marke ausmacht: Vertrauen, Wiedererkennbarkeit und eine klare Positionierung. Gerade für Start-ups, deren Markenidentität noch im Aufbau ist, kann ein unkontrollierter Außenauftritt schnell zur Wachstumsbremse werden. Eine starke Marke signalisiert Verlässlichkeit, Qualität und Haltung.
Werden diese Botschaften durch Dritte verwässert – etwa durch schlechte Produktbeschreibungen, fehlerhafte Logistik oder inkonsistente Preise –, leidet nicht nur das Image, sondern auch die Profitabilität. Kund*innenbindung entsteht nicht aus Zufall, sondern durch ein konsequent gelebtes Markenerlebnis. Und genau das steht auf dem Spiel, wenn der Vertrieb außer Kontrolle gerät.
Die unsichtbaren Gegner: Wo junge Marken heute angreifbar sind
Die größten Herausforderungen für Start-ups liegen oft im Verborgenen. Besonders kritisch sind diese drei Bereiche:
- Unautorisierte Händler*innen: Produkte, die über inoffizielle Kanäle verkauft werden, entziehen sich jeder Qualitätskontrolle. Diese Verkäufer*innen agieren außerhalb der geplanten Markenstrategie, bieten häufig keine einheitlichen Preise und liefern teils mangelhafte Ware oder einen unzureichenden Kund*innenservice. Das Ergebnis: Das Vertrauen potenzieller Kund*innen schwindet, obwohl das Start-up selbst keinerlei Fehler gemacht hat.
- Inkonsistente Markenbotschaften: Wer Produkte über Plattformen wie Amazon, eBay oder TikTok Shop vertreibt, ist auf die korrekte Darstellung seiner Marke angewiesen. Doch sobald mehrere Verkäufer*innen parallel agieren, entstehen Inkonsistenzen: unterschiedliche Bilder, widersprüchliche Texte, fehlerhafte Übersetzungen. Das Markenbild zersplittert – und mit ihm die Möglichkeit, sich klar vom Wettbewerb abzugrenzen.
- Unerwartete Bestandsprobleme: Wird der Markt von nicht autorisierten Drittanbietenden mit Ware geflutet, verzerren sich die Lagerbestände und die Nachfrage lässt sich nicht mehr sauber prognostizieren. Die Folge: Das Start-up verliert die Kontrolle über Preisgestaltung und Verfügbarkeit. Das gefährdet nicht nur den Umsatz, sondern auch die Zufriedenheit der Kund*innen.
TikTok Shop: Goldgrube oder Risiko?
Ein aktuelles Beispiel für neue Chancen und neue Risiken ist der TikTok Shop. Die Social-Commerce-Plattform ist seit Kurzem auch in Deutschland, Frankreich und Italien für Händler*innen geöffnet und bietet Start-ups einen direkten Zugang zu einem hoch engagierten, konsumfreudigen Publikum.
Allein in den genannten Ländern wird der E-Commerce-Markt bis 2030 ein Volumen von über 5,5 Milliarden US-Dollar erreichen – ein gigantisches Potenzial für junge Marken.
Doch diese Gelegenheit bringt auch Herausforderungen mit sich: Die Dynamik von TikTok erfordert schnelles Handeln, ein tiefes Verständnis kultureller Unterschiede und ein extrem feinjustiertes Markenbild. Was in einem Markt funktioniert, kann im nächsten verpuffen oder sogar Schaden anrichten.
Deshalb gilt: Ohne konsistente Markenführung, solide Vertriebsverträge und lokale Expertise ist der Schritt auf TikTok Shop riskanter als er scheint. Wer hingegen mit einem strukturierten Ansatz startet, kann hier nicht nur Umsatz, sondern auch Markenbindung aufbauen – vorausgesetzt, man behält die Zügel in der Hand.
KI als neuer Schlüssel zum Markenschutz
Die zweite große Entwicklung, die den Markenschutz im digitalen Raum transformiert, ist die künstliche Intelligenz (KI). Für Start-ups kann der gezielte Einsatz von KI zum Gamechanger werden. Denn während Ressourcen oft begrenzt sind, bietet KI die Möglichkeit, Prozesse zu automatisieren und datenbasiert zu optimieren – vom Produktlisting über das Monitoring bis hin zur Warenverfügbarkeit:
Personalisierung in Echtzeit: KI-basierte Algorithmen analysieren das Verhalten potenzieller Käufer*innen in Echtzeit und helfen, Inhalte gezielt anzupassen. So wird aus einem generischen Produkttitel ein individualisiertes Einkaufserlebnis, etwa durch Empfehlungen à la „Geschenkideen für Muttertag“, basierend auf bisherigen Suchverläufen. Das stärkt nicht nur die Conversion, sondern auch das Markenimage als relevante, kompetente Anbieter*innen.
Digital-Shelf-Optimierung: Auf Marktplätzen wie Amazon oder TikTok Shop entscheidet der digitale Auftritt über Sichtbarkeit und Verkaufserfolg. Mithilfe von KI lässt sich analysieren, anhand welcher Keywords die eigenen Produkte sichtbar sind, wie sie sich gegenüber dem Wettbewerb positionieren und warum sie (nicht) konvertieren. Diese Insights ermöglichen eine datengetriebene Optimierung der Listungen und eine konsequente Steuerung der Markenpräsenz.
Vorausschauende Bestandsplanung: Gerade für kleine Unternehmen ist die Balance zwischen Warenverfügbarkeit und Lagerkosten ein kritischer Faktor. KI hilft dabei, Nachfrageprognosen zu erstellen, saisonale Schwankungen zu erkennen und Nachschubzyklen präzise zu steuern. So lassen sich Lieferengpässe und Überbestände vermeiden, was wiederum die Performance und die Markenwahrnehmung stärkt.
Strategien für zuverlässigen Markenschutz
Die gute Nachricht: Es gibt wirksame Hebel, mit denen junge Unternehmen die Kontrolle über ihre Marke zurückgewinnen – oder gar nicht erst verlieren:
- Selektiver Vertrieb als Fundament: Ein effektiver Ansatz ist der selektive Vertrieb. Dabei legen Start-ups vertraglich fest, welche Partner*innen ihre Produkte unter welchen Bedingungen verkaufen dürfen. So lässt sich sicherstellen, dass nur Händler*innen zum Zug kommen, die die Markenstandards (etwa bei Verpackung, Kund*innenkommunikation oder Retourenmanagement) einhalten.
- Technologie gezielt einsetzen: Moderne Analysetools und KI-Lösungen helfen dabei, verdächtige Verkaufsaktivitäten zu identifizieren, Preisabweichungen zu erkennen und Verstöße gegen Markenrichtlinien schnell zu lokalisieren. Eine proaktive Überwachung der digitalen Verkaufskanäle ist unerlässlich, um auf Veränderungen unmittelbar reagieren zu können.
- Klare Vertragsregelungen und rechtlicher Rückhalt: Start-ups sollten von Anfang an rechtssichere Vertriebsverträge aufsetzen, die konkrete Regelungen zur Produktdarstellung, Preisbindung und Plattformpräsenz enthalten. Die EU bietet hierfür mit der Vertikal-Gruppenfreistellungsverordnung eine solide rechtliche Grundlage. Solange der Marktanteil eines Unternehmens unter 30 Prozent liegt, können Vertriebskanäle gezielt gesteuert und nicht autorisierte Händler*innen ausgeschlossen werden.
- Aufklärung als Vertrauensbooster: Auch die Kund*innen müssen wissen, worauf sie achten sollten. Durch gezielte Kommunikationskampagnen über Social Media oder Newsletter können Start-ups auf die Risiken nicht autorisierter Händler*innen hinweisen und den eigenen Onlineshop oder vertrauenswürdige Partnerschaften klar hervorheben.
Fazit: Markenschutz ist kein Luxus, sondern erfolgskritisch
Wer in der digitalen Welt bestehen will, muss nicht nur auffallen, sondern auch konsistent wirken. Für Start-ups bedeutet das: Markenschutz ist keine Kür, sondern Pflicht. Er schützt nicht nur vor kurzfristigen Schäden, sondern bildet das Fundament für nachhaltiges Wachstum, starke Kund*innenbeziehungen und echte Differenzierung im Wettbewerb. Je früher Gründende Markenschutz zur Chefsache machen, desto besser. Denn eine starke Marke ist kein Zufallsprodukt – sie ist das Ergebnis klarer Entscheidungen, strategischer Partnerschaften und eines intelligenten Technologieeinsatzes.
Der Autor Torsten Schäfer ist als Europe Managing Director bei Pattern für das Umsatz- und Rentabilitätswachstum in Europa verantwortlich.
Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung
Recht für Gründer*innen: Wie das Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung Unternehmen neue Perspektiven in schwierigen Zeiten aufzeigen kann.
Start-ups stehen in einer immer komplexeren und dynamischeren Wirtschaftswelt vor einer Vielzahl von Herausforderungen. Globalisierte Märkte, technologische Umwälzungen, volatile Lieferketten und unerwartete Krisen erhöhen den Druck, flexibel zu agieren und Strategien kontinuierlich anzupassen. Gerät ein Jungunternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten, erscheint der Weg in die Insolvenz oft unausweichlich. Dabei wird dieser Begriff häufig mit dem Ende assoziiert – Betriebsschließungen, Entlassungen und der Verlust von Jahren harter Arbeit.
Die Insolvenz in Eigenverwaltung eröffnet eine Alternative, die statt Stillstand neue Möglichkeiten offeriert. Dieses Verfahren schafft nicht nur den Raum für eine aktive Neuausrichtung, sondern bietet die Chance, Unternehmen zukunftsfähig zu gestalten. Im Unterschied zur klassischen Regelinsolvenz, bei der ein(e) externe(r) Insolvenzverwalter*in die vollständige Kontrolle übernimmt, bleibt die operative Leitung bei Schutzschirm und Eigenverwaltung in den Händen der Geschäftsführung. In diesem Zuge gewährleistet ein(e) Sachverwalter*in die gerichtliche Kontrolle zum Schutz der Interessen der Gläubiger*innen und zur Sicherstellung der Einhaltung aller rechtlichen Vorgaben. Dieses Modell vereint unternehmerische Handlungsfreiheit mit gerichtlicher Aufsicht und ermöglicht eine individuell angepasste Sanierung, bei der nicht die Zerschlagung, sondern die langfristige Stabilisierung und Wettbewerbsfähigkeit des Start-ups im Fokus stehen.
Präzise Vorbereitung als Schlüssel
Die Insolvenz in Eigenverwaltung setzt eine sorgfältige Planung und Vorbereitung voraus. Bereits bei der Antragstellung braucht es ein schlüssiges Konzept, das die Ursachen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten klar analysiert und realistische Lösungsansätze präsentiert. Eines der zentralen Elemente ist dabei der Sanierungsplan. Er legt dar, wie der Betrieb finanzielle Stabilität erreichen, die Liquidität sichern und die Wettbewerbsfähigkeit wiederherstellen kann. Neben Kostensenkungen und der Optimierung von Prozessen umfasst der Plan häufig auch Maßnahmen wie die Neuausrichtung des Geschäftsmodells oder die Fokussierung auf profitablere Kernbereiche. Ergibt eine gerichtliche Prüfung, dass das Management in der Lage ist, den Betrieb erfolgreich zu führen, und erscheint der Sanierungsplan glaubwürdig und realistisch, erfolgt eine Genehmigung des Verfahrens. Unternehmen, die hier frühzeitig eine Restrukturierungsberatung hinzuziehen, erhöhen ihre Erfolgsaussichten deutlich. Denn das Expert*innenwissen trägt stark dazu bei, mögliche Schwächen des Konzepts zu identifizieren und die Anforderungen des Insolvenzgerichts genau zu erfüllen.
In der Krise aktiv gestalten, statt aufzugeben
Nach der Anmeldung des Insolvenzverfahrens tritt der sogenannte Schutzschirm beziehungsweise die vorläufige Eigenverwaltung in Kraft, die das Start-up vor Zwangsvollstreckung durch Gläubiger*innen schützt. Mit diesem rechtlichen Rahmen verschafft sich die Geschäftsführung den notwendigen Spielraum, um geplante Restrukturierungsmaßnahmen umzusetzen. In dieser Phase steht nicht nur die kurzfristige Sicherung der Liquidität im Vordergrund, sondern auch die strategische Neuausrichtung des Unternehmens. Zudem schafft der Schutzschirm eine konstruktive Verhandlungsbasis mit den Gläubiger*innen.
Langjährige Partner*innen schätzen es eher, wenn die Gründer*innen aktiv an einer Lösung arbeiten, statt passiv auf eine Regelinsolvenz zuzusteuern. Damit stärken sie das Vertrauen und erleichtern Verhandlungen über Stundungen, Forderungsschnitte oder andere Maßnahmen, die für den Sanierungsprozess notwendig sind.
Individuell statt standardisiert
Die Insolvenz in Eigenverwaltung erlaubt es Gründer*innen, maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln und diese auf ihre spezifischen Unternehmensbedürfnisse zuzuschneiden. Im Gegensatz zur klassischen Insolvenz, bei der standardisierte Prozesse oft wenig Raum für individuelle Anpassungen lassen, eröffnen Schutzschirmverfahren und Eigenverwaltung die Möglichkeit, flexibel auf die Anforderungen des Markts und die internen Gegebenheiten zu reagieren. Zu den typischen Maßnahmen zählen beispielsweise die Reduktion von Fixkosten, die Umstrukturierung von Verbindlichkeiten und die Optimierung betrieblicher Abläufe. Häufig entscheiden sich Unternehmen auch dafür, unrentable Geschäftsbereiche aufzugeben und stattdessen ihre Ressourcen auf profitable Kernsegmente zu konzentrieren. Gleichzeitig bietet das Verfahren Raum für Innovationen und Investitionen, die langfristige Wachstumschancen eröffnen. Digitalisierung, neue Technologien und die Entwicklung zukunftsorientierter Produkte und Dienstleistungen spielen dabei eine entscheidende Rolle.
Positive Effekte auf Unternehmenskultur und Motivation
Die aktive Rolle der Geschäftsführung wirkt sich nicht nur auf den Restrukturierungsprozess aus, sondern auch auf die Unternehmenskultur. Mitarbeitende erleben, dass das Management Verantwortung übernimmt und entschlossen handelt, um die Krise zu bewältigen. Dies stärkt nicht nur das Vertrauen in die Gründer*innen, sondern auch den Zusammenhalt innerhalb der Belegschaft. Unsicherheiten, die in Krisensituationen häufig zu einem Rückgang der Motivation führen, lassen sich durch eine transparente Kommunikation und sichtbare Fortschritte deutlich reduzieren. Kund*innen und Lieferant*innen schätzen die Kontinuität, die durch diese Verfahren gewährleistet bleibt. Im Gegensatz zur Regelinsolvenz, bei der externe Verwalter*innen oft wenig Kenntnis über bestehende Geschäftsbeziehungen haben, bleiben in Schutzschirm und Eigenverwaltung die direkten Ansprechpartner*innen erhalten. Dies sichert den Erhalt wichtiger Kooperationen für die Zukunft.
Langfristig stabil und wettbewerbsfähig
Neben der Stabilisierung der finanziellen Lage eröffnen Schutzschirm und Eigenverwaltung strategische Chancen, die weit über die Bewältigung der akuten Krise hinausreichen. Viele nutzen diese Phase beispielsweise, um ihre Marktposition neu zu bewerten, ungenutzte Potenziale zu erschließen und sich auf zukünftige Herausforderungen vorzubereiten. Dazu gehören beispielsweise gezielte Weiterentwicklungen des Geschäftsmodells, die Integration neuer Technologien und die Erschließung neuer Märkte. Auch Gläubiger*innen profitieren von dieser Vorgehensweise. Statt sich mit einer möglicherweise geringen Quote zufriedenzugeben, erhalten sie durch die Eigenverwaltung die Aussicht auf eine deutlich höhere Rückzahlung ihrer Forderungen. Dieses Win-win-Prinzip zeigt, dass die Eigenverwaltung nicht nur für das Start-up, sondern auch für dessen Partner*innen eine attraktive Lösung darstellt.
Neuanfang mit Perspektive
Jungunternehmen, die frühzeitig auf die Eigenverwaltung setzen, schaffen sich den notwendigen Handlungsspielraum, um die Krise effektiv zu bewältigen. Je länger gewartet wird, desto schwieriger wird es, das Vertrauen von Gläubiger*innen, Mitarbeitenden und Geschäftspartner*innen zu erhalten. Frühzeitiges Handeln ermöglicht es, Schwachstellen gezielt zu adressieren und die Erfolgsaussichten des Verfahrens erheblich zu steigern. Erfolgreich abgeschlossene Verfahren zeigen, dass die Insolvenz in Eigenverwaltung nicht das Ende, sondern einen Neuanfang bedeuten kann. Unternehmen, die diesen Weg wählen, nutzen die Krise, um sich neu zu positionieren, ihre Strukturen zu modernisieren und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Mit einem klaren Plan, einer engagierten Führung und externer Unterstützung lassen sich so nicht nur kurzfristige Probleme bewältigen, sondern auch langfristige Erfolge erzielen.
Der Autor Ulrich Kammerer ist geprüfter ESUG- und StaRUG-Berater sowie Vorstand von UKMC eG – Die Unternehmer-Retter by Ulrich Kammerer.
Stellenausschreibung – so entgehen Sie der Diskriminierungsfalle
Wer bei der Formulierung einer Stellenausschreibung nicht wirklich gut aufpasst, verstößt schnell gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und muss mit einer Klage wegen Diskriminierung rechnen. Das kann letztlich teuer werden. Hier lesen Sie, worauf es bei einer rechtssicheren Stellenausschreibung ankommt.
Was ist eigentlich das AGG?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist als Verhinderungsgesetz vor allem von geschlechts- und sexualbezogenen arbeitsrechtlichen Benachteiligungs- und Belästigungsverboten anzusehen. Ziel des AGG ist es Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern bzw. zu beseitigen (vgl. § 1 AGG).
Für wen gilt das AGG?
Kurz: Es gilt für alle Beschäftigten. Konkret verbietet das AGG Benachteiligungen aller Beschäftigten. Dazu gehören gem. § 6 Abs. 1 S. 1 AGG folgende Personengruppen:
- Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen,
- die zu ihrer Berufsbildung Beschäftigten sowie
- arbeitnehmerähnliche Personen.
- Als Beschäftigte gem. § 6 Abs. 1 S. 2 AGG gelten aber auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.
Was hat das AGG mit einer Stellenausschreibung zu tun?
Leider eine ganze Menge! Im Gerichtsalltag machen die Klagen mit Fällen des Diskriminierungsvorwurfes in Stellenausschreibungen den größten Teil der AGG-Gerichtsverfahren aus.
Wie sensibilisiert sind Sie?
Würden Sie über die nachstehenden Formulierungen stolpern?
„suchen wir einen Verkäufer …“, „suchen wir eine Steuerberaterin …“, „dann sind Sie unser Mann …“, „dann sind Sie der ideale Kandidat“, „Vollzeitstelle“
O.k. Das war einfach. Die Formulierungen sind allesamt nicht geschlechtsneutral! Und ja, das gilt auch für die Vollzeitstelle. Diese Formulierung impliziert nämlich nach Ansicht der Gerichte eine mittelbare Benachteiligung insbesondere von Frauen.
Daher beachten Sie immer: Eignet sich der Arbeitsplatz für Teilzeit, sind Sie verpflichtet, ihn auch als Teilzeitarbeitsplatz auszuschreiben (§ 7 I TzBfG).
Wie sieht es mit den nachstehenden Formulierungen aus? Würde man die in Ihren Stellenanzeigen lesen?
„langjährige Berufserfahrung“, „jung und dynamisch“, „für unser junges Team“, „Sie sind körperlich belastbar …“, „mobil“, „geistig flexibel“, „Muttersprache Deutsch“
Richtig! Diese Formulierungen sind allesamt problematisch.
Worauf sollten Sie also achten?
Achten Sie auf Neutralität! Jede Art von Floskeln kann schnell zum Problem werden.
Die Rechtsprechung befasst sich in Fällen mit fehlerhaften Stellenausschreibungen am häufigsten mit Indizien, die eine Diskriminierung wegen des Alters nahelegen. Hier ist also besondere Vorsicht geboten. Selten liest man heutzutage noch Stellenausschreibungen, die nicht geschlechtsneutral formuliert sind und auch Indizien für Diskriminierungen wegen der Religion und der ethnischen Herkunft sind eher die Ausnahme. Auf Nummer sicher gehen Sie, wenn Sie einfach alles weglassen, was nicht direkt mit der Qualifikation und den gewünschten Eigenschaften des Bewerbers zu tun hat. Sogar bei den gewünschten Eigenschaften sollten Sie sich eher bedeckt halten, weil die Formulierung „jung und dynamisch“ bereits Rückschlüsse auf eine Alterdiskriminierung zulässt.
Welche Fehler sollten Sie unbedingt vermeiden?
- Formulieren Sie immer geschlechtsneutral, also keinen Geschäftsführer sondern mindestens einen Geschäftsführer w/m suchen.
- Bitten Sie um aussagekräftige Bewerbungsunterlagen und nicht um ein Lichtbild.
- Setzen Sie eine für die Position angemessene Berufserfahrung voraus und suchen Sie weder einen Berufsanfänger noch jemanden mit langjähriger Berufserfahrung.
- Erwarten Sie sehr gute Deutschkenntnisse, aber nicht Deutsch als Muttersprache.
- Beschreiben Sie die Tätigkeit spezifisch und nicht die körperlichen bzw. geistigen Anforderungen an den Bewerber.
Wie teuer kann eine Diskriminierung werden?
Dem vermeintlich Diskriminierten kann bis zu drei Bruttomonatsgehälter Schadensersatz zugesprochen werden. Geld, das Sie sicher besser verwenden können. Hinzu kommen hier ja dann auch noch Anwalts- und Gerichtskosten.
Was können Sie tun, wenn Sie verklagt werden?
Ist eine Benachteiligung wegen einer problematischen Formulierung in einer Stellenanzeige zu vermuten, müssen Sie als das ausschreibende Unternehmen nachweisen, dass die betroffene Person nicht tatsächlich benachteiligt worden ist, ihr Geschlecht, ihr Alter oder ihre Religion also bei der Auswahl überhaupt keine Rolle gespielt hat. Hierbei müssen Sie sich gegebenenfalls vom Gericht in die Karten sehen lassen. Sie müssen auf jeden Fall nachweisen können, dass Sie eine sachlich begründete Entscheidung getroffen haben. Ihre Behauptung allein wird dabei allerdings nicht genügen. Haben Sie eine „junge und dynamische“ Person gesucht und einen 45-Jährigen mit entsprechenden Qualifikationen nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen, dürfte es eng werden.
Insidertipp
Lassen Sie sich nicht erwischen! Sie dürfen ja einstellen, wen Sie wollen. Kein Mensch kann und darf Sie zwingen, jemanden einzustellen, den Sie nicht haben möchten. Formulieren Sie Ihre Stellenanzeige demzufolge absolut neutral und sieben Sie im weiteren Verfahren alles aus, was Sie nicht haben wollen. Beabsichtigen Sie eher die Einstellung einer Frau als die eines Mannes, dann laden Sie einfach nur die weiblichen Bewerber ein. Solange Sie in der Stellenanzeige kein Diskriminierungsindiz geliefert haben, ist das völlig unschädlich.
Die Autorin: Elishewa Patterson-Baysal ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht bei der MEIDES Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Sie ist zudem Geschäftsführerin der Online-ArbeitsrechtsAkademie.
Gleiches Recht für alle
Obwohl es das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz bereits lange gibt, wissen die wenigsten, was es damit alles auf sich hat. Und das kann sehr teuer werden. Was Sie als Arbeitgeber über das Gesetz wissen sollten.
Während Regelungen für Diskriminierungsverbote früher verstreut in verschiedenen Vorschriften und Gesetzen zu finden waren, hat das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eine einheitliche gesetzliche Grundlage geschaffen. Darin ist sowohl der Anspruch auf Entschädigung als auch der auf Schadensersatz erstmals klar geregelt. Zur Anwendung kommt das Gesetz immer dann, wenn eine Benachteiligung oder Diskriminierung von Bewerbern, Mitarbeitern oder auch von Kunden vorliegt bzw. vermutet wird. Relevant wird das AGG für Gründer spätestens dann, wenn der erste (freie) Mitarbeiter eingestellt werden soll und eine Stellenausschreibung zu formulieren ist.
Was untersagt das AGG?
Per Gesetz verboten sind nicht nur belästigende Verhaltensweisen wie Mobbing oder sexuelle Belästigung, sondern auch jede Art von unmittelbarer und mittelbarer Benachteiligung. Unter einer unmittelbaren Benachteiligung ist zu verstehen, dass eine Person aufgrund der im AGG genannten Kriterien schlechter behandelt wird als eine andere und daher beispielsweise nicht eingestellt wird. Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn Vorschriften oder Verfahren im Unternehmen eine Person ohne sachliche Rechtfertigung benachteiligen. Was heißt das?
AGG-sichere Stellenanzeigen
Wer in einer Stellenanzeige „einen persönlichen Assistenten“ oder eine „junge Aushilfe“ sucht, begibt sich bereits auf dünnes Eis. Denn diese geschlechts- oder altersbezogenen Formulierungen sind unzulässig. Ernsthaft an der Stelle interessierte Bewerber können die Stellenausschreibung als Indiz für eine Diskriminierung sehen und innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Nichteinstellung eine Entschädigung verlangen. Diese liegt im Ermessen des Arbeitsgerichts und ist nur für den Fall auf bis zu drei Monatsgehälter gedeckelt, dass der Bewerber auch bei einer diskriminierungsfreien Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Zwar lässt sich aus einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kein Beschäftigungsverhältnis begründen, dennoch lohnt sich die bewusste Formulierung von geschlechtsneutralen Stellenausschreibungen. Geschlechtsneutral muss dabei nicht nur die Überschrift, sondern auch das Kleingedruckte formuliert sein.
Auf Nummer Sicher gehen Sie, wenn Sie die im Job zu erledigenden Tätigkeiten in den Mittelpunkt stellen und keine detaillierten Anforderungen formulieren. Gefährlich können selbst Formulierungen wie „stresserprobt“ oder „belastbar“ sein, da diese möglicherweise behinderte Bewerber ausschließen.
EU-U.S. Privacy Shield ist ungültig - und nun?
Aus für Google, Facebook & Co. nach dem EuGH-Urteil „Schrems II“? Welche Auswirkungen das EuGH-Urteil auf die Nutzung von US-Tools und die Gestaltung deiner Online-Angebote wirklich hat.
In einer viel beachteten Entscheidung hat der Europäische Gerichtshof am 16. Juli 2020 das sog. EU-U.S. Privacy Shield für ungültig erklärt. Was bedeutet das in der Praxis? Nach manchen Äußerungen der Datenschutzaufsichtsbehörden müssen jetzt alle Übermittlungen personenbezogener Daten in die USA gestoppt werden. Sofort. Das wäre das Ende für die Einbindung von Google Tools, die unternehmerische Nutzung von Facebook oder auch von Service Tools wie Salesforce, Monday u.v.m. Aber ist die Lage wirklich so ernst?
Im Unternehmensalltag sind die helfenden digitalen Tools kaum noch wegzudenken, das CRM-System bis hin zur Reisebuchung oder Projektmanagement ist selbstredend digital. In den unternehmerischen Online-Angeboten sind etliche Tools von Drittanbietern eingebunden, Google analysiert die Website-Nutzung, der Facebook-Zählpixel hilft bei passgenauer Werbung und Vimeo garantiert das optimale Bewegtbild-Erlebnis.
Etliche dieser Tools werden dabei von US-Unternehmen bereitgestellt. Auf alle diese Tools hat das EuGH-Urteil vom 16. Juli 2020 daher ganz erhebliche Auswirkungen.
Warum?
Wenn ein Unternehmen personenbezogene Daten verarbeitet, muss es sicherstellen, dass das datenschutzkonform erfolgt. Dafür braucht es auf erster Stufe zunächst eine Erlaubnis, diese Daten überhaupt zu verarbeiten. Wenn die Daten den Europäischen Wirtschaftsraum verlassen (also etwa auf Servern gespeichert werden, die in den USA stehen), muss das Unternehmen auf zweiter Stufe zusätzlich noch absichern, dass in dem Zielland auch ein angemessenes Datenschutzniveau herrscht. Um diese zweite Stufe dreht sich das EuGH-Urteil.
Bisher nämlich war für die USA auf zweiter Stufe ein angemessenes Datenschutzniveau einfach nachzuweisen, wenn sich der Vertragspartner in den USA unter dem EU-U.S. Privacy Shield zertifiziert hatte. Die meisten großen Unternehmen hatten das erledigt und so konnten wir hier in der EU sehr einfach Daten auch in die USA schicken. Das geht jetzt nicht mehr so einfach. Das EU-U.S. Privacy Shield ist nach der EuGH-Entscheidung nämlich unwirksam. Es ist schlicht und einfach „weg“.
Was tun?
Unternehmen müssen auf die Suche nach einer anderen Möglichkeit gehen, ein angemessenes Datenschutzniveau auf der zweiten Stufe abzusichern (oder die Datenübermittlung sofort stoppen). Das heißt konkret:
1. Analyse: Du musst in deinem Unternehmen auf die Suche gehen, wo personenbezogene Daten in Drittländer außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums übermittelt werden. Das kann bei Einsatz von digitalen Tools schnell der Fall sein, wenn die Server weltweit platziert sind.
2. Prüfe dann, wie dafür das angemessene Datenschutzniveau abgesichert ist. Typische Mittel dafür sind sog. Angemessenheitsbeschlüsse der EU-Kommission wie früher das EU-U.S. Privacy Shield für die USA oder auch sog. Standardvertragsklauseln (standard contractual clauses – SCC), die von der EU-Kommission veröffentlicht wurden und oft in Data Processing Agreements einbezogen werden.
3. Bei allen Übermittlungen, die sich auf das EU-U.S. Privacy Shield stützen, musst du sofort handeln: Gibt es eine alternative Lösung für ein angemessenes Datenschutzniveau? Oft können dies Standardvertragsklauseln sein.
4. Bei allen Übermittlungen, die sich auf Standardvertragsklauseln stützen, besteht angesichts des EuGH-Urteils jetzt auch akuter Handlungsbedarf (auch außerhalb der USA):
- Die Standardvertragsklauseln müssen 1:1, so wie sie von der EU-Kommission veröffentlicht wurden, vereinbart werden.
- Du musst überprüfen, ob dein Vertragspartner die Standardvertragsklauseln auch tatsächlich einhalten kann und einhält. Diese Prüfpflicht ist so klar vom EuGH jetzt ganz neu formuliert worden und gerade für die USA wichtig: Kann dein Vertragspartner überhaupt ausschließen, dass der US-Geheimdienst auch deine Daten einsieht? Du musst hier aktiv werden und deinen Vertragspartner dokumentiert danach fragen. Notwendig wird eine kleine Due Diligence (die du auf Nachfrage auch der Aufsichtsbehörde zeigen musst).
- Ob US-Unternehmen, die elektronische Kommunikationsdienste anbieten, den Zugriff von US-Geheimdiensten unterbinden können, ist gerade ziemlich fraglich. Wenn nicht, dann können auch die Standardvertragsklauseln die Übertragung in die USA nicht retten. Helfen könnte dann im Einzelfall etwa noch eine wirksame Verschlüsselung der übertragenen Daten.
5. Denkbar sind auch noch andere Mittel, um ein angemessenes Datenschutzniveau sicherzustellen. So kann eine Verschlüsselung in Kombination mit den Standardvertragsklauseln helfen, im Einzelfall können auch Einwilligungen der Betroffenen eine taugliche Grundlage sein.
6. Findet sich kein anderes, gutes Mittel, muss die Datenübermittlung gestoppt werden und die Daten abroad müssen zurückgeholt werden. Geschieht dies nicht, drohen Beschwerden, Klagen und gar schmerzhafte Bußgelder. Die Datenschutzaufsichtsbehörden legen gerade ihren Fokus auf dieses Thema und greifen zunehmend auch zu schmerzhaft hohen Bußgeldern.
Und was bedeutet dies nun ganz konkret?
Du musst aktiv werden, US-Transfers identifizieren und entweder stoppen oder mit den US-Unternehmen gemeinsam nach alternativen Absicherungen suchen. Das höchste Bußgeldrisiko für dein Unternehmen entsteht, wenn du trotz des EuGH-Urteils „Schrems II“ und US-Datentransfers jetzt gar nichts tust.
Die Autorin Dr. Kristina Schreiber ist auf die rechtliche Begleitung von Digitalisierungsprojekten spezialisiert und Partnerin bei Loschelder Rechtsanwälte
Werbe-E-Mails rechtssicher versenden
Wer potenzielle Kunden per E-Mail anspricht, sollte die Rechtslage kennen. In bestimmten Fällen ist der Versand von Werbe-E-Mails nämlich nur bedingt erlaubt oder sogar verboten.
Wenn Unternehmen Kunden akquirieren und Kontakt zu diesen aufnehmen, nutzen sie dafür oft das Internet, um an die entsprechenden Daten - vorzugsweise E-Mail-Adressen - zu gelangen. Doch statt einen Marketing- oder Vertriebsmitarbeiter einzusetzen, der sich um professionelle Kundenakquise kümmert und dafür ein bestimmtes Budget benötigt, werden in vielen Fällen selbst Adressdaten recherchiert und potenzielle Kunden mittels Werbe-E-Mails angeschrieben.
Diese kurzsichtige Vorgehensweise ist aus rechtlicher Sicht gefährlich, denn wann solche E-Mails überhaupt versendet werden dürfen, wann nur bedingt und in welchen Fällen überhaupt nicht, wissen in der Regel nur die wenigsten Unternehmen beziehungsweise deren Marketing-Abteilungen. Die Problematik dabei: Werbe-E-Mails können in bestimmten Fällen unzulässige Werbung sein.
Wann Werbe-E-Mails erlaubt sind
Folgende Voraussetzungen müssen für den rechtmäßigen Versand von Werbe-E-Mails vorliegen:
Der Empfänger hat dem Empfang von Werbe-E-Mails zugestimmt und der Inhalt der Werbe-E-Mail passt zur Produktkategorie, für die er Werbung erhalten möchte. Handelt es sich um einen Newsletter, muss dafür eine Anmeldung vorliegen. Der Empfänger hat seine E-Mail-Adresse per Double-Opt-In-Verfahren über ein Anmeldeformular auf der Webseite des Unternehmens bestätigt. Um die Einwilligung zu beweisen, müssen dem Unternehmen sowohl die Einwilligung (Text und Klick auf "Bestätigen") als auch die positive Bestätigung der E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren vorliegen (jeweils Datum und Uhrzeit in der Datenbank).
Werbung im Internet und Vertragsabschluss
Viele halten das Internet für einen rechtsfreien Raum. Dieser Irrtum kann teuer werden. Hier erfahren Sie, was Sie beachten sollten, wenn Sie eine Internet-Präsenz aufbauen und betreiben wollen.
Betreiber geschäftlicher Internetpräsenzen werden immer wieder zu Adressaten kostspieliger Abmahnungen und einstweiliger Verfügungen, veranlasst durch Konkurrenten und Dritte. Denn viele Anbieter von Homepages und Webshops sind aufgrund der vergleichbar jungen Materie „Internetrecht“ verunsichert, wenn es um die rechtliche Bewertung ihres eigenen Handelns im Netz geht. Hier bringen wir Licht ins Dunkel.
Werbung im Internet
Wer zu geschäftlichen Zwecken eine Homepage oder einen Webshop betreibt, möchte auch durch Werbung im Internet auf seine Angebote aufmerksam machen. Vorsicht ist hier geboten, da ansonsten rechtliche Konsequenzen drohen können. Weit verbreitet ist etwa das Versenden von Werbemails. Diese Form der Werbung erscheint besonders vorteilhaft, da E-Mails sich für die massenhafte Versendung von Werbebotschaften gut eignen. E-Mail-Werbung ist kostengünstiger, arbeitssparender, schneller und gezielter einsetzbar als andere Werbemittel.
Bereits im Jahr 2004 hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Zulässigkeit unverlangter E-Mail-Werbung auseinandergesetzt und entschieden, dass die Zusendung solcher E-Mails grundsätzlich gegen die guten Sitten im Wettbewerb verstößt und nur ausnahmsweise zulässig ist. Und zwar dann, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent (d.h. ohne ausdrückliche Willenserklärung, aber dennoch rechtlich relevant) sein Einverständnis erklärt hat bzw. wenn bei Gewerbetreibenden ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.
Unverlangte E-Mail-Werbung ist gerichtlich verfolgbar und kann für den Versender teuer werden. Verschärft wurde dieser Umstand auch durch eine Änderung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), das in § 7 Abs. 2 Nr. 3 dieses Verbot jetzt ausdrücklich regelt und gleichzeitig die Rechtsprechung des BGH insofern verschärft, als eine vorherige ausdrückliche Einwilligung (nicht mehr nur die sog. konkludente Einwilligung) des Adressaten vorliegen muss.
Gewerberaum mieten
Der Mietvertrag über Gewerberaum weicht von den Regelungen des Wohnraummietvertrages ab. Hauptunterschied: Dem Gewerberaummietvertrag sind grundsätzlich keine gesetzlichen Schranken gesetzt. Daher sind vielfältige Ausgestaltungen im Gewerbemietrecht möglich, sofern die Vertragsparteien darüber Einigkeit erzielen. Es gilt umso mehr der stets aktuelle Grundsatz nach Friedrich Schiller: "Drum prüfe wer sich (ewig) bindet."
Denn der Gründer verliert als Gewerbetreibender oder auch als Freiberufler den Schutz des Verbraucherrechts, wenn er im Sinne seines Unternehmens handelt. Andererseits eröffnen sich jedoch für beide Vertragsparteien im Gewerbemietrecht flexiblere Gestaltungsmöglichkeiten. Über Inhalt und Abschluss des Mietvertrages entscheidet im Fall der Gewerberaummiete damit in gleichem Maße die Sympathie, die Marktsituation wie auch das Verhandlungsgeschick der Vertragspartner bzw. deren jeweiliger Interessenvertreter.
Definition: Wohnraum und/oder Gewerberaum?
Die Abgrenzung, ob es sich um einen Mietvertrag über Wohnraum oder Gewerberaum handelt, kann schwierig werden, wenn die vermieteten Räume zugleich zu Wohn- und Betriebszwecken genutzt werden sollen. Gerade bei Gründern und insbesondere bei Freiberuflern fällt die klare Abgrenzung des Gewerbemietrechts zum privaten Mietrecht oft nicht leicht.
Typische Beispiele im freiberuflichen Bereich sind der Arzt oder Steuerberater, der vorn in den Räumlichkeiten seine Praxis bzw. sein Büro einrichtet und den hinteren Teil der Räume als privaten Wohnraum nutzt. In erster Linie kommt es darauf an, was nach dem übereinstimmenden Willen der Vertragsparteien – wie er im Vertrag festgelegt wird – den Schwerpunkt des Vertrages bilden soll. Soll also ein Wohnraum- oder Gewerberaummietverhältnis begründet werden?
Zweckentfremdung von Wohnraum kann teuer werden.
Die Fälle sind jedoch nicht immer so klar: wie im Beispiel eines Online-Händlers, der aus seiner Wohnung kurzerhand ein Warenlager macht. Besonders im letztgenannten Beispiel droht allerdings die außerordentliche fristlose Kündigung, da die Aufnahme eines Gewerbebetriebes in einem Wohnraum ohne die Zustimmung des Vermieters die Rechte des Vermieters erheblich verletzt. Man spricht in diesem Fall von einer Zweckentfremdung durch den Mieter.
Zudem drohen ordnungsrechtliche Sanktionen: In Zeiten immer knapper werdenden Wohnraums haben die Städte und Kommunen ihre Bußgelder teilweise drastisch erhöht. Bis zu 100.000 Euro sind beispielsweise nach dem Zweckentfremdungsverbot-Gesetz des Landes Berlin für diese Ordnungswidrigkeit durch den Verursacher zu entrichten. Wird dem Vermieter eine Zweckentfremdung seiner Mietsache bekannt, wird er diese schnellstens unterbinden wollen, um seine Haftung zu vermeiden, und da ist die außerordentliche fristlose Kündigung meist das Mittel der Wahl.
Doch so weit muss es nicht kommen: Wer die eventuell negative Reaktion seines Vermieters nicht scheut, kann auf Verständnis hoffen und diesen fragen. Lässt sich der Vermieter ein, sollte das gemeinsam gefundene Verständnis schriftlich fixiert werden. Zur rechtssicheren Formulierung sollte ein Anwalt hinzugezogen werden.
Vertragslaufzeit im Gewerbemietrecht: endlos?
Mietverträge über Gewerberaum werden häufig auf Zeit geschlossen (3, 5 oder mehr Jahre). Nach der Konzeption des Gesetzgebers ist eine Beendigung vor Ablauf der vorbestimmten Zeit nur schwer möglich. Bei einem auf unbestimmte Zeit geschlossenen Gewerberaummietvertrag kann jedoch zum Ende eines jeden Quartals ohne Angabe eines Grundes unter Einhaltung der Kündigungsfrist (regelmäßig 6 Monate) gekündigt werden.
Die Vor- und Nachteile beider Regelungsmöglichkeiten sollten frühzeitig abgewogen werden. Gemeinsam mit einem Berater können die verschiedenen Konzepte zu bedarfsgerechten, flexiblen Regelungen besprochen werden. Soll der Mietvertrag ein vorbestimmtes Ende haben, so ist die Formvorschrift des § 550 BGB zu berücksichtigen. Diese Vorschrift ordnet für Zeitmietverträge zwingend die Schriftform an. Wird bei Vertragsabschluss hiergegen verstoßen, so gilt der Vertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen.
Wer trägt Rechte und Pflichten beim Gewerbemietvertrag?
Im Hinblick auf die gesetzlichen Mängelrechte können diese durch beide Vertragspartner einvernehmlich ausgeschlossen werden. Mit den sogenannten "Dach-und-Fach-Klauseln" kann es sogar noch einen Schritt weiter gehen: Dem Mieter kann vertraglich die Pflicht auferlegt werden, für die Instandsetzung und Instandhaltung des Gewerberaumes verantwortlich zu sein. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, macht sich der Mieter gegenüber dem Vermieter schadensersatzpflichtig. Dies hat die Rechtsprechung dann als zulässig angesehen, wenn dem Mieter im Gegenzug weitreichende Rechte ähnlich eines Eigentümers eingeräumt werden.
Wenn der Mieter durch den Vermieter also z.B. das Recht eingeräumt bekommt, erhebliche bauliche Veränderungen nach seinen eigenen, für den Gewerbebetrieb vorteilhaften Wünschen vorzunehmen, dann kann er grundsätzlich auch dazu verpflichtet werden, diese wirtschaftlich zu unterhalten. Gleichzeitig ist es möglich, von der gesetzlichen Verpflichtung des Mieters, die von ihm vorgenommenen baulichen Maßnahmen bei Beendigung des Mietverhältnisses wieder auszubauen, durch Vertrag abzuweichen.
Achtung: Mietrückstand!
Anders als im Wohnraummietrecht genießt der Mieter von Gewerberaum keinen besonderen Schutz, da dieser unter sozialen Gesichtspunkten nicht geboten ist. Dies hat letztendlich auch zur Folge, dass dem Mieter grundsätzlich auch schon bei Rückstand von weniger als einer Monatsmiete gekündigt werden kann.
Dies geht jedenfalls nach der Rechtsprechung dann, wenn besondere Umstände des Einzelfalles hinzukommen, die die Interessen des Vermieters gegenüber jenen des Mieters überwiegen lassen. Denkbar sind nach dem Bundesgerichtshof eine geringe Kreditwürdigkeit des Mieters oder eine kritische finanzielle Situation des Vermieters, die durch den Mietrückstand herbeigeführt wurde oder sie verschlimmert hat.
Abschließend lässt sich festhalten, dass Unternehmenserfolg neben wirtschaftlichem Sachverstand oft auch solide Kenntnisse der aktuellen Rechtslage erfordert. Und das fängt spätestens bei der Gestaltung des Gewerbemietvertrages an.
Der Autor, Mag. iur. Dennis Kallabis, ist als Jurist in einer Wirtschaftskanzlei in Düsseldorf tätig. Im Schwerpunkt hat er deutsches und europäisches Unternehmensrecht studiert.
Einkaufen mit Köpfchen
Was ist beim Wareneinkauf zu beachten? Welche Geschäftsbedingungen des Lieferanten müssen Sie akzeptieren? Was sollte im Einkaufsvertrag auf jeden Fall geregelt sein?
Professioneller Einkauf
Der Einkauf qualitativ sehr hochwertiger Ware zum günstigen Einkaufspreis entscheidet oft über den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens. Dabei kommt es nicht nur auf die Warenbeschaffenheit selbst an, sondern auch auf die Rahmenbedingungen, die dem Einkauf zugrunde gelegt werden. Der Einkauf kann mündlich oder schriftlich erfolgen. Im Handel ist Schriftform sinnvoll, da beide Seiten die Belege für ihre Buchhaltung und die Abführung von Steuern brauchen.
Rahmenliefervertrag
Nimmt der einkaufende Unternehmer regelmäßig größere Mengen von Waren bei einem bestimmten Hersteller, Großhändler oder Lieferanten ab, verfügt er über eine stärkere Position im Markt und kann den Abschluss eines Rahmenliefervertrages vorschlagen. Ein solcher individuell verhandelter Rahmenliefervertrag legt alle wichtigen Themen fest und sichert die regelmäßige fristgerechte Belieferung des einkaufenden Unternehmens umfassend ab, da viele zusätzliche Themen aufgenommen werden können, die von großer praktischer Bedeutung sein können. Der Rahmenvertrag gilt dann dauerhaft für die Geschäftsbeziehung.
Produktbeschaffenheit und Pflichtenheft
Bezüglich komplexer Produkte ist die Vereinbarung aller Beschaffenheitsmerkmale sehr wichtig, damit die Ware auch genau den Anforderungen entspricht, die man als Einkäufer für den eigenen Weiterverkauf benötigt. Sorgfältige Produktbeschreibungen werden als „Pflichtenhefte“ bezeichnet. Diese sind sehr zu empfehlen, um spätere Enttäuschungen und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Empfehlenswert ist auch die zusätzliche Klarstellung, dass die Ware allen in Deutschland zum Zeitpunkt der Auslieferung geltenden einschlägigen nationalen und EU-rechtlichen Rechtsnormen zu entsprechen hat.
Gewährleistung und Haftung
Wichtig ist es, dass für die Gewährleistung die gesetzlichen Regeln gelten, und der Hersteller, Lieferant oder Großhändler diese nicht wesentlich einschränkt. Viele Hersteller versuchen, die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr ab Warenauslieferung zu beschränken, was über allgemeine Geschäftsbedingungen im Verhältnis zu Unternehmern als Einkäufern zulässig ist. Hier lohnt es sich zu verhandeln, denn günstiger ist es für den Einkäufer, wenn die Gewährleistungsfrist von den gesetzlich vorgesehenen zwei Jahren bestehen bleibt oder sogar auf drei Jahre verlängert wird, was zulässig ist. Insgesamt empfiehlt sich beim regelmäßigen Bezug größerer Warenmengen ein sehr gut verhandelter individueller Rahmenliefervertrag, um für den Einkäufer ungünstige Verkaufsbedingungen des Herstellers, Lieferanten oder Großhändlers wegzuverhandeln.
Fehlerfrei und rechtssicher
Welche Arten von Produkt-, Produzenten- und Verkäuferhaftung gibt es? Was muss ich beachten, damit meine Kunden keine Opfer von Produktmängeln werden und Schaden erleiden?
Gefahren der zunehmenden Technisierung
Diese und viele Fragen mehr stellen sich allen Unternehmern, die ihre Produkte entweder selbst herstellen oder die Waren von Dritten beziehen und mit oder ohne Weiterverarbeitung an ihre Endkunden verkaufen. In der heutigen Zeit steigen wegen der zunehmenden Technisierung immer mehr die Risiken, dass Personen durch Produkte zu Schaden kommen. Die internationale Gesetzgebung hat die Schutzbedürftigkeit der Warenabnehmer vor Augen, denen angesichts der Komplexität und Unüberschaubarkeit industrieller Massenproduktion der Nachweis konkreter Verantwortlichkeit für Schädigungen wesentlich erschwert ist.
Die gesetzgeberische und gerichtliche Entwicklung in Deutschland ist maßgeblich geprägt durch die Hühnerpestentscheidung aus dem Jahre 1968, in welcher die Haftung des Warenherstellers für Schäden durch fehlerhafte Produkte endgültig von vertragsrechtlichen Begrenzungen befreit wurde und abstrakt ein Schutz für alle Verbraucher geschaffen wurde, die Schaden durch mangelhafte Produkte erleiden. Also sind nunmehr nicht nur die Konsumenten geschützt, die als Käufer Vertragspartner des Herstellers sind, sondern auch diejenigen, die zufällig Schaden durch die mangelhafte Ware erlitten haben.
Folgende wesentlichen Rechtsgrundlagen werden von den Gerichten im Zusammenhang mit Sach- und Personenschäden durch problematische Produkte geprüft:
- Vertragliche Haftung, in der Regel aus dem Kaufvertrag resultierend, soweit ein Verschulden des Verkäufers in Form von Vorsatz oder Fahrlässigkeit vorliegt und der Anspruchsteller Käufer ist.
- Deliktrecht bei schuldhaften Pflichtverletzungen des Herstellers und des Verkäufers, die Körper- oder Eigentumsverletzungen zur Folge haben. Auch Verstöße gegen Schutzgesetze wie das Elektro- und Elektronikgerätegesetz, das Gerätesicherheitsgesetz, das Produktsicherheitsgesetz und zahlreiche weitere Normen führen zu Schadensersatz.
- Organhaftung von Vorständen, Geschäftsführern und Aufsichtsräten.
- Strafrechtliche Verantwortung für Körperverletzung, Totschlag, Sachbeschädigung etc. mit der Folge einer Geld- oder Freiheitsstrafe im Falle der Verurteilung.
- Produkthaftung nach dem Produkthaftungsgesetz bei der Verletzung von Sicherheitspflichten.
Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz
Das Produkthaftungsgesetz ist zum 1.1.1990 in Kraft getreten. Nach dem Produkthaftungsgesetz weist ein Produkt einen Fehler auf, wenn es im Zeitpunkt des In-den-Verkehr-Bringens nicht die Sicherheit bietet, die unter Berücksichtigung aller Umstände berechtigterweise erwartet werden kann. Damit ersetzt das Gesetz den Fehlerbegriff durch einen anderen unbestimmten Rechtsbegriff, nämlich denjenigen der „berechtigten Sicherheitserwartungen“ des Adressatenkreises des vermarkteten Produkts sowie Dritter, die mit der Sache in Berührung kommen. Wendet sich der Hersteller mit seiner Ware ausschließlich an Fachpersonal, wie etwa bei Investitionsgütern, aber auch bei sonstigen technischen Geräten, hat das Produkt den Sicherheitserwartungen dieser Fachkreise zu genügen.
Produktrisiken, die geschultem Personal bekannt sind und deren Realisierung durch eigenes sorgfältiges Verhalten vermieden werden kann, begründen keinen Fehler. Wird das Produkt auf unterschiedlichen Vertriebskanälen mehreren Adressatenkreisen dargeboten, hat sich der Hersteller an der am wenigsten informierten und zur Gefahrsteuerung kompetenten Gruppe zu orientieren, also den jeweils höchsten Sicherheitsstandard zu gewährleisten. Relevant ist das etwa, wenn Betonmischmaschinen über den Fachhandel an Handwerksbetriebe und über Baumärkte an Heimwerker vertrieben werden.
Spar-Tipp: gebrauchte Software-Lizenzen
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dem Handel mit gebrauchten Software-Lizenzen grünes Licht gegeben. Hersteller können nun auch den Download ihrer Software übers Internet nicht mehr verhindern. Was Sie bei der Anschaffung und Nutzung gebrauchter Software rechtlich beachten sollten.
Nicht jedes Unternehmen kann es sich leisten, seine Rechner alle paar Jahre mit der neuesten Software, wie beispielsweise CRM-Systemen oder Datenverarbeitungsprogrammen, auszustatten. Dann stellt sich die Frage, ob es nicht auch gebrauchte Software tut. Dies kann eine lohnende Alternative sein, da oftmals auch ältere Programme den angestrebten Zweck erfüllen.
Wegweisendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
Gebrauchte Software-Lizenzen stammen meist aus Umstrukturierungsmaßnahmen in Unternehmen, Insolvenzen oder Geschäftsaufgaben. Aufgrund schneller werdender Datenverbindungen im Internet werden mittlerweile auch komplexe Softwaresysteme immer häufiger als Download vertrieben. Die klassische Kopie auf physischen Datenträgern tritt damit immer stärker in den Hintergrund. Klingt nach einer einfachen und vor allem kostengünstigen Lösung.
Die Frage, ob der Handel mit gebrauchter Software zulässig ist oder nicht, beschäftigt deutsche und europäische Gerichte schon seit Jahren. Berechtigte ökonomische Interessen der Softwarehersteller, einen Markt für gebrauchte Software zu verhindern, stehen denen von Softwarehändlern gegenüber. Ein erstes wegweisendes Urteil fällte 2012 der EuGH, als er zahlreiche bis dahin offene Fragen des Handels mit gebrauchten Softwarelizenzen beantwortete.
2013 entschied der BGH über die Klage des Softwareherstellers Oracle gegen Händler für Gebrauchtsoftware UsedSoft. Hintergrund: UsedSoft hatte zahlreiche Lizenzen von Oracle-Software gekauft und weiterveräußert. Das Unternehmen rief seine Kunden dazu auf, die entsprechende Software von der Webseite des Herstellers herunterzuladen. Daraufhin klagte Oracle mit dem Argument der unzulässigen Vervielfältigung und Verbreitung seiner Programme.
Genussrechte – eine bessere Alternative der Mitarbeitendenbeteiligung?
Seit der Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wird eine bisher wenig beachtete Methode der Mitarbeitendenbeteiligung für Jungunternehmen interessant: Genussrechte. Warum es sich lohnt, diese Alternative genauer zu betrachten.
Beteiligungen für Mitarbeitende sind für junge Unternehmen essentiell, um auf dem Arbeitsmarkt um die besten Talente konkurrieren zu können. Arbeitnehmende müssen sich dank gut ausgestalteter Beteiligungsprogramme nicht mehr zwischen lukrativem Gehalt und innovativem Arbeitgebenden entscheiden – wovon insbesondere Start-ups profitieren.
Die technische Umsetzung eines Beteiligungsprogramms für Mitarbeitende kann auf unterschiedliche Arten und Weisen erfolgen. Aktuell sind in Deutschland Virtual Stock Option Plans (VSOPs) die gängige Form in der Praxis. Doch seit der Verabschiedung des Zukunftsfinanzierungsgesetzes wird eine weitere – bisher wenig beachtete – Methode für Jungunternehmen interessant: Genussrechte. Doch welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben Genussrechte und VSOPs und warum lohnt es sich, diese Alternative genauer zu betrachten?
Virtuelle Beteiligung
Im deutschen Venture Capital-Markt werden Mitarbeitendenbeteiligungen typischerweise durch virtuelle Anteile abgebildet (VSOPs). Mitarbeiter*innen werden dabei wirtschaftlich so gestellt, als hätten sie eine echte (gesellschaftsrechtliche) Beteiligung am Unternehmen erhalten. Allerdings erhalten Beschäftigte bei VSOPs nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen das Unternehmen. Das bedeutet, dass sie im Falle eines Exits eine Sonderzahlung erhalten. Dabei ist der Strukturierungs- und Verwaltungsaufwand gering, da Unternehmen zur vertraglichen Beteiligung in der Regel auf standardisierte Verträge zurückgreifen können. Da keine Gesellschaftsanteile übertragen werden, gelangen keine Mitarbeiter*innen in das Cap Table und der Gang zum Notariat bleibt erspart. Nachteilig sind hingegen die steuerlichen Konsequenzen für die Mitarbeitenden: Bei entsprechender Ausgestaltung kommt es zwar zum Zeitpunkt der Ausgabe der virtuellen Beteiligung nicht zu einer Besteuerung der Mitarbeiter*innen. Allerdings unterliegt der Erlös dann bei Zahlung der normalen Lohnversteuerung mit einem Spitzensteuersatz von 45 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer.
Genussrechte als Alternative?
Aufgrund aktueller steuerlicher Gesetzesänderungen rückt eine andere Gestaltungsmöglichkeit (wieder) in den Fokus: eigenkapitalähnliche Genussrechte. Im Folgenden werfen wir einen detaillierten Blick auf das Beteiligungsmodell.
Ausgestaltung
Genussrechte können inhaltlich annähernd genauso flexibel ausgestaltet werden wie VSOPs und stellen aus juristischer Sicht ebenfalls keine reale Beteiligung dar, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen das Unternehmen auf die Beteiligung am Gewinn. Aber auch eine Teilhabe am klassischen Exit-Erlös kann vereinbart werden. Bei der Ausgabe der Genussrechte leistet der Arbeitnehmende entweder eine Kapitaleinlage oder er erhält das Genussrecht schlicht unentgeltlich/verbilligt. Genussrechte können vom Arbeitgeber zu einem beliebigen Nennwert ausgegeben werden und eine Teilhabe am Gewinn und/ oder einem Liquidations-/Exiterlös mit oder ohne Verzinsung sowie mit oder ohne Verlustbeteiligung vermitteln.
Aufwand und praktische Umsetzung
Verträge für Genussrechte können für nahezu jede Gesellschaft maßgeschneidert gestaltet werden. Die Ausgabe obliegt – wie auch bei VSOPs – grundsätzlich der Geschäftsführung. In der Praxis sollte bei der Ausgabe ein entsprechender Gesellschafterbeschluss die Geschäftsführungsmaßnahme flankieren, um mögliche Streitigkeiten in Bezug auf die Wirksamkeit der Maßnahme vorzubeugen. Oftmals ist dies aufgrund von satzungsrechtlichen Zustimmungsvorbehalten ohnehin notwendig.
Der Beteiligungs- und Verwaltungsaufwand ist gering, da Unternehmen – wie bei den VSOPs – auf standardisierte Verträge zurückgreifen können. Formerfordernisse sind nicht gegeben und ein Gang zum Notar ist ebenfalls nicht notwendig.
Die für Mitarbeitendenbeteiligungen üblichen Vesting- bzw. Leaver-Regelungen unterscheiden sich bei den Genussrechten von den VSOPs kaum. Ein Augenmerk sollte bei einem Verfall aufgrund eines Leaver-Events auf die Rückübertragung von Genussrechten an den Arbeitgebenden gelegt werden. Dies sollte im Beteiligungsprogramm geregelt werden.
Steuerliche Vorteile der Genussrechte
Die Gewährung von Genussrechten (wie auch von echten Anteilen) führte bislang zum Zeitpunkt der Zuteilung zu einer lohnsteuerpflichtigen Sachzuwendung in Höhe des Marktwerts der gewährten Beteiligung, auch wenn noch kein Exit-Erlös erzielt wurde (Dry-Income-Problematik). Dafür profitieren echte Anteile sowie Genussrechte von einem linearen Steuertarif für Kapitaleinkünfte mit einem maximalen Steuersatz von 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer (§ 32d EStG).
Zukunftsfinanzierungsgesetz – Steuerliche Begünstigung von Genussrechten
Mit Inkrafttreten des Zukunftsfinanzierungsgesetz (ZuFinG) am 1. Januar 2024 hat der Gesetzgeber die Regelungen des § 19a EStG überarbeitet, um die genannte Dry-Income-Problematik zu mildern und um Beteiligungen für Mitarbeitende im Venture Capital-Bereich attraktiver zu machen. Die Vorschrift findet sowohl auf echte Anteile wie auch auf Genussrechte Anwendung.
Eine Dry-Income-Problematik besteht zwar bei VSOPs nicht, denn die Lohnsteuerpflicht fällt bei entsprechender Strukturierung bei VSOPs erst zum Zeitpunkt eines Exits in Höhe des individuellen (progressiven) Steuersatzes mit maximal 45 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer an. Der lineare Steuertarif für Kapitaleinkünfte (max. 25 Prozent zzgl. Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) auf etwaige Wertzuwächse findet im Rahmen der VSOPs jedoch gerade keine Anwendung – im Gegensatz zu eigenkapitalähnlich ausgestalteten Genussrechten. Damit können Genussrechte bei entsprechender Ausgestaltung das „Beste aus beiden Welten“ vereinen: Einen Besteuerungsaufschub im Rahmen der Lohnsteuer für die unentgeltliche/verbilligte Einräumung des Genussrechts und einen niedrigen Steuertarif für Kapitaleinkünfte bei der Realisierung des Wertzuwachses beim Exit. Sollte der Wert des Genussrechts dann niedriger sein als zum Zeitpunkt der Gewährung, ist für die aufgeschobene Lohnsteuer dann auch nur der niedrigere Wert maßgebend.
Bedingungen für den Besteuerungsaufschub
Der Besteuerungsaufschub für etwaig anfallende Lohnsteuer im Zusammenhang mit der unentgeltlichen/verbilligten Einräumung wird unter bestimmten Voraussetzungen gewährt: Zu diesen zählt, dass eine qualifizierte Unternehmensbeteiligung vom Arbeitgebenden zusätzlich zum regulären Arbeitslohn unentgeltlich oder vergünstigt am Unternehmen eingeräumt wird (keine bloße Entgeltumwandlung), die Gründung des Unternehmens nicht länger als 20 Jahre zurückliegt und das Unternehmen zum Zeitpunkt der Einräumung des Genussrechts einen Jahresumsatz von EUR 100 Mio. oder eine Jahresbilanzsumme von EUR 86 Mio. nicht überschreitet sowie nicht mehr als 1.000 Mitarbeitende hat.
Dies stellt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal der eigenkapitalähnlichen Genussrechte gegenüber den VSOPs dar. Denn eine Beteiligung über virtuelle Anteile an einem Unternehmen gilt gerade nicht als Vermögensbeteiligung im Sinne des § 19a EstG i.V.m. dem 5. VermBG und profitiert somit – anders als die Genussrechte – nicht von der Begünstigung des § 19a EStG.
Der Besteuerungsaufschub endet nach § 19a EStG erst, wenn entweder das Genussrecht ganz oder teilweise entgeltlich oder unentgeltlich übertragen wird (Exit) oder das Dienstverhältnis beendet wird, spätestens aber nach 15 Jahre. Sofern das Unternehmen gegenüber dem Finanzamt unwiderruflich erklärt, im Exit-Fall für die Lohnsteuer zu haften, endet der Besteuerungsaufschub auch nicht beim Wechsel des Arbeitgebenden oder spätestens nach 15 Jahren, sondern tatsächlich erst beim Exit.
Fazit
Für die Einführung eines Beteiligungsprogramms für Mitarbeitende in Form von eigenkapitalähnlichen Genussrechten bzw. die Umstellung eines bestehenden virtuellen Mitarbeitendenbeteiligungsprogramms (VSOP) auf eigenkapitalähnliche Genussrechte sprechen steuerrechtliche Vorteile. Dazu zählt insbesondere der Besteuerungsaufschub für etwaig anfallende Lohnsteuer im Zusammenhang mit der unentgeltlichen/ verbilligten Einräumung und die Anwendung des linearen Steuersatzes für Kapitaleinkünfte auf etwaige Wertzuwächse. Hierdurch bekommen Start-ups im umkämpften Arbeitsmarkt um die besten Talente starke Argumente im Vergleich zur Konkurrenz.
Allerdings sollten sich Unternehmer*innen durch eine fachkundige Beratung absichern, um Risiken von eigenkapitalähnlichen Genussrechten vorzubeugen. Dazu zählen insbesondere die saubere Strukturierung zur Einhaltung der steuerlichen Erfordernisse sowie die Abwägung mit alternativen Modellen, insbesondere virtuelle und reale Beteiligungsmodelle für Mitarbeitende.
Die Autoren:
Dr. Andreas Demleitner ist Rechtsanwalt & Steuerberater im Bereich Corporate Tax bei PwC und berät als Partner sowohl Start-ups als auch Investor*innen im Venture Capital-Umfeld mit den Schwerpunkten Durchführung von Finanzrunden und Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsmodellen, Andreas.demleitner@pwc.com
Dr. Minkus Fischer, EMBA, ist Local Partner bei PwC Legal im Bereich Legal Deals im Stuttgarter Büro. Er berät seit über zehn Jahren in den Bereichen Corporate/M&A, mit einem Schwerpunkt in Venture Capital-Transaktionen, Minkus.fischer@pwc.com
Stolperstein Verpackungsgesetz
Wer Verpackungen in den Umlauf bringt, muss sich laut Gesetzgeber im Anschluss finanziell an deren Verwertung beteiligen. Wir zeigen, was E-Commerce-Gründer*innen beachten sollten, um rechtssicher zu agieren.
Wer Verpackungen in den Umlauf bringt, muss sich laut Gesetzgeber im Anschluss finanziell an deren Verwertung beteiligen. Das betrifft insbesondere Gründer*innen im E-Commerce, deren Waren in den meisten Fällen per Paketdienst oder Spedition zugestellt werden. Denn das Verpackungsgesetz, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist, gilt für die meisten Unternehmer*innen, die mit Ware befüllte und beim Endverbrauchenden anfallende Verpackungen inklusive Füllmaterial in Verkehr bringen. Vielen Gründer*innen ist nicht bewusst, dass sie als Onlinehändler*in vom Prinzip der erweiterten Produktverantwortung betroffen sind. Und das bedeutet konkret, dass sie für die Rücknahme und Verwertung zu sorgen haben.
Konkret statt abstrakt
Besteht Unsicherheit, ob ein Unternehmen ein sogenannter Erstinverkehrbringer ist, sind ein paar einfache Fragen zu beantworten. Zunächst einmal muss geklärt sein, ob die Ware von einem anderen Händler erhalten oder zuerst in den Umlauf gebracht wurde. Dann gilt es herauszufinden, ob die Verpackung systembeteiligungspflichtig ist und ob sie als Müll beim Endverbraucher anfällt. Zu den systembeteiligungspflichtigen Verpackungen gehören sowohl Um- und Verkaufsverpackungen als auch Packstoffe und Packmittel. Das umfasst Kartonagen genauso wie beispielsweise Stretchfolie. Aber auch Glas, Kunststoffe und Naturmaterialien zählen dazu. In der Praxis ist oftmals zu sehen, dass sich Gründer*innen mit der Definition des Begriffs Endverbraucher*in schwertun. In diesem konkreten Fall sind damit nicht ausschließlich Privathaushalte gemeint, der Gesetzgeber schließt auch sogenannte vergleichbare Anfallstellen mit ein. Dazu können beispielsweise Gastronomiebetriebe zählen, wenn sie ein bestimmtes Volumen an Müll nicht überschreiten. Fallen Händler*innen unter das Verpackungsgesetz, steht vor dem ersten Versand die Pflicht zur Registrierung bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister LUCID. Im Anschluss muss die Lizensierung durch ein duales System erfolgen. Beim Überschreiten von bestimmten Mengen schreibt der Gesetzgeber zudem eine Vollständigkeitserklärung gemäß Verpackungsgesetz vor.
Unwissenheit schützt vor Strafe nicht
Erfahrungsgemäß verstehen einige Unternehmen die Nichteinhaltung des Gesetzes als eine Art Kavaliersdelikt. Dabei gilt es zu bedenken, dass es sich dabei um eine Ordnungswidrigkeit handelt, die nach § 34 Abs. 1 und Abs. 2 VerpackG mit einer Geldbuße von bis zu 200.000 Euro geahndet werden kann. Da der Gesetzgeber keine Unterschiede bei der Unternehmensgröße macht, betrifft das Großhändler*innen genauso wie Kleinunternehmen. Um Gründer*innen Support bei der Erfüllung des Verpackungsgesetzes zu geben, hilft ein(e) verlässliche(r) Partner*in, der/die weiß, wie das optimale Vorgehen ist und Tipps bei der Umsetzung geben kann.
Der Autor Jens Mühlenbruch ist Verantwortlicher für Projekt- und Vertriebsentwicklung bei der BB-Verpackungen GmbH in Stuhr.
Der Beteiligungsvertrag
Recht für Gründer*innen: Wir zeigen die wesentlichen Themen und Standards eines Beteiligungsvertrags.
Soweit Investor*innen im Rahmen einer Finanzierungsrunde Eigenkapital zur Verfügung stellen, werden die Terms üblicherweise im Rahmen eines Beteiligungsvertrages vereinbart. Strukturell umfasst ein Beteiligungsvertrag eine Beteiligungs- und Gesellschaftervereinbarung (Investment and Shareholders Agreement). Die Beteiligungsvereinbarung beinhaltet die Struktur und die Konditionen des Investments, wohingegen die Gesellschaftervereinbarung die gegenseitigen Rechte und Pflichten der künftigen Gesellschafter*innen sowie das Verhältnis zur Gesellschaft definiert.
Beteiligungsvereinbarung
Regelmäßig werden die durch die Investor*innen zu übernehmenden Geschäftsanteile im Rahmen einer Bar-Kapitalerhöhung neu ausgegeben. Die Beteiligungsvereinbarung beinhaltet die wesentlichen Konditionen der Beteiligung und der hierfür zu erbringenden Gegenleistung ausgehend von der (im Rahmen eines Cap Table) festgelegten Pre-Money-Bewertung.
Die Gegenleistung der Investor*innen besteht zunächst aus dem unmittelbar zu leistenden Nominalwert. Als weitere Leistungen werden Zuzahlungen in die Kapitalrücklage der Gesellschaft gemäß § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, die Einbringung von Darlehensforderungen (soweit Wandeldarlehen gewandelt werden sollen), Sachleistungen (häufig bei strategischen Investor*innen) oder sonstige Leistungen vereinbart. Die Leistungspflichten können hierbei von sog. Milestones abhängig sein, mithin von bestimmten durch das Start-up zu erreichenden Zielen. Zur Vermeidung von Konflikten sind eine klare Beschreibung der Ziele und ein Konfliktlösungsmechanismus sinnvoll. Aus Sicht der Gründenden, aber auch der weiteren Gesellschafter*innen, ist ferner ein Mechanismus wichtig für den Fall, dass ein Investor seine Leistungsverpflichtung nicht (vollständig) erfüllt. Eine solche Investor-Default-Klausel sieht regelmäßig die Rückübertragung der übernommenen Anteile durch den betroffenen Investor für den Fall seiner Nichtleistung vor.
Beteiligungsvereinbarungen enthalten zudem regelmäßig eine Verwässerungsschutzklausel. Diese räumt den Investor*innen das Recht ein, weitere neu auszugebende Geschäftsanteile zum Nominalwert zu übernehmen, falls in einer späteren Finanzierungsrunde Anteile an der Gesellschaft zu einem geringeren Anteilspreis als dem der gegenwärtigen Finanzierungsrunde ausgegeben werden (sog. Downround). Die Anzahl der zusätzlich auszugebenden Geschäftsanteile berechnet sich auf Grundlage der Ausgabepreise der betreffenden Finanzierungsrunden.
Häufig wird eine Weighted-Average-Betrachtung vereinbart, bei der der gewichtete Durchschnittspreis aus dem Anteilspreis der Downround und der ursprünglichen Finanzierungsrunde gebildet wird. Die Investor*innen werden nachträglich so gestellt, als hätten sie zwar nicht zum
Anteilspreis der Downround gezeichnet (dies wäre ein recht investorenfreundlicher Full-Ratchet-Verwässerungsschutz), aber zu dem entsprechend definierten Durchschnittspreis.
Wichtig in der Beteiligungsvereinbarung sind ferner die dort beinhalteten Garantieregelungen und deren Rechtsfolgen. Hierbei zu unterscheiden sind sog. Title-Garantien, die insbesondere das Bestehen des gesellschaftsrechtlichen Status der Gesellschaft und der Geschäftsanteile betreffen, von den Business- und/oder Company-Garantien, die den (auch operativen) Status der Gesellschaft umfassen. Abhängig vom Zuschnitt des Geschäftsbetriebs und dem Sicherungsinteresse des/der Investor*in werden die operativen Themen häufig umfassend in einem Garantiekatalog abgebildet. Im Gegensatz zu Exit-Transaktionen sind Freistellungen für Themen aus einer Due Diligence grundsätzlich nicht gebräuchlich, hier können aber sog. Post-Closing-Conditions verlangt sein, durch die den Gründenden Pflichten nach Signing auferlegt werden, um bestehende rechtliche Themen zu lösen.
Gebräuchlich sind Haftungs-Cap, etwa in Höhe des Gesamtinvestments des/der betreffenden Investor*in und/oder der betreffenden Finanzierungsrunde. Für die persönliche Haftung der Gründenden (soweit etwa bei einem Early-Stage-Investment vereinbart) wird häufig auf einen Cap in der Größenordnung eines Jahresgehalts der Gründenden zurückgegriffen. Die beste Absicherung der Gründenden ist jedoch eine gewissenhafte Offenlegung der Themen gegenüber dem/der Investor*in, da die Kenntnis der Investor*innen von einem Sachverhalt einen Garantieverstoß auf dieser Grundlage ausschließt. Im Sinne der Vermeidung von Konflikten empfiehlt es sich, die Art der Offenlegung in der Beteiligungsvereinbarung zu referenzieren, etwa unter Bezugnahme auf den dokumentierten Status eines Datenraums.
Gesellschaftervereinbarung
Die Gesellschaftervereinbarung regelt im Wesentlichen die Rechte und Pflichten der Gesellschafter*innen untereinander und gegenüber der Gesellschaft. Regelmäßig unterliegen die Geschäftsanteile bestimmten Verfügungsbeschränkungen, die festlegen, ob und in welchem Umfang diese übertragen und/oder belastet werden dürfen. Die Gründenden werden häufig für einen definierten Zeitraum generell daran gehindert sein, über ihre Anteile ohne Zustimmung der Investor*innen zu verfügen (sog. Lock Up). Üblich ist zudem die Vereinbarung eines Vorerwerbsrechtes (Right of First Refusal) und eines Mitverkaufsrechts (Tag-Along). Umgekehrt sind (Minderheits-)Gesellschafter*innen beim Vorliegen bestimmter weiterer Bedingungen auf Verlangen regelmäßig verpflichtet, ihre Beteiligung an einen Dritten mitzuveräußern (Mitverkaufspflicht bzw. Drag-Along).
Mittels der sog. Liquidationspräferenz (Liquidation Preference) erhalten die Investor*innen im Rahmen eines Erlösereignisses, insbesondere eines Exits, vorrangig ihre Investitionssumme. Marktüblich ist hier derzeit ein Vorzug in Höhe des 1,0-Fachen des getätigten Investments. Verbleibende Erlöse werden anteilig auf alle Gesellschafter*innen verteilt, wobei sich die Investoren den Erlösvorzug anrechnen lassen müssen (Non-Participating-Liquidation-Preference).
Für Gründende wesentlich ist die Regelung zum Vesting. Diese legt fest, welche Konsequenzen das Ausscheiden eines Gründenden aus seiner Tätigkeit bei der Gesellschaft auf seine Beteiligung hat. Anknüpfend an ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis (i.d.R. Geschäftsführeranstellungsvertrag) werden bestimmte Ausscheidensszenarien in sogenannte Good-Leaver- und Bad-Leaver-Fälle aufgeteilt. Da das selbstverschuldete Ausscheiden eines Gründenden sanktioniert werden soll, muss dieser in Bad-Leaver-Fällen (i.d.R. Kündigung durch die Gesellschaft aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB; Straftaten gegenüber der Gesellschaft) sämtliche Anteile zum Nominalwert abgeben. In Good-Leaver-Fällen wird er, abhängig von der Dauer der Zugehörigkeit zur Gesellschaft, einen Teil seiner Anteile behalten dürften (die „gevesteten“ Anteile). Mitunter sind diese treuhänderisch auf einen anderen Gesellschafter zu übertragen.
Ferner werden in der Gesellschaftervereinbarung Regelungen zur Corporate Governance und zum Wettbewerbsverbot enthalten sein. Mitsprache- und Informationsrechte stellen sicher, dass die Investor*innen bzw. die Investor*innenmehrheit bei bestimmten Grundsatzentscheidungen, ein Mitspracherecht erhält. Üblich sind Zustimmungsvorbehalte, im Einzelfall die Einrichtung eines Beirats und regelmäßig die Verabschiedung einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführung.
Fazit
Ein Beteiligungsvertrag beinhaltet überwiegend Standardregelungen, wobei sich im Detail gründer*innen-/oder investor*innenfreundliche Ausgestaltungen zeigen. Bei den Verhandlungen über die Ausgestaltung dieser Regelungen ist im Einzelfall ein Ausgleich zu finden zwischen dem (Sicherungs-)Interesse der Investor*innen und den Interessen der Gründenden.
Die Autoren:
Alexander Weber, LL.M. ist Rechtsanwalt und Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek in München.
Roman Ettl-Steger, LL.M. (King’s College London) ist Senior Associate im Bereich Venture Capital am Münchner Standort derselben Kanzlei, www.heuking.de

