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Behavioral Intelligence: Verhalten ist wichtiger als Know-how
Weshalb Unternehmen mehr Augenmerk auf das Verhalten ihrer Mitarbeitenden richten sollten, statt nach dem Gießkannenprinzip verschiedenste Weiterbildungsmöglichkeiten für die Entwicklung von Skills anzubieten.
Egal ob Pandemien, Kriege oder Lieferengpässe – in krisengeplagten Zeiten zählt Anpassungsfähigkeit mehr als alles andere. Um diese Eigenschaft bei ihren Mitarbeitenden auszubilden, setzen viele Unternehmen auf Upskilling. Doch Know-how allein macht noch lange keine krisenfesten Angestellten. Wichtiger ist das Verhalten.
Upskilling ist das Modewort der Stunde, wenn es darum geht, das eigene Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Firmen investieren dabei oft viel Zeit und Geld, um Skills zu definieren, komplexe Modelle zu entwerfen und Trainingsprogramme aufzusetzen.
Doch wer von uns kann schon wissen, welche Skills in Zukunft tatsächlich gebraucht werden? Anfang der 90er gab es für die breite Öffentlichkeit weder Suchmaschinen noch Internetzugang. Heutzutage wird hingegen der routinierte Umgang mit Office-Lösungen und Google als Mindeststandard vorausgesetzt. Die Mitarbeitenden sitzen zudem global verteilt im Büro, im Home Office oder am Laptop auf Geschäftsreise. Es ist eine neue Welt, die ein vollkommen anderes Skill-Repertoire erfordert. Die Geschichte zeigt also, dass der Blick in die Glaskugel selten zu fruchtbaren Fortbildungsmaßnahmen führt. Es wird immer umwälzende Ereignisse und Entwicklungen geben, die bahnbrechende Effekte auf Mensch, Gesellschaft und Wirtschaft haben und somit unsere Anpassungsfähigkeit herausfordern.
Statt nach dem Gießkannenprinzip verschiedenste Weiterbildungsmöglichkeiten für die Entwicklung von Skills anzubieten, sollten Unternehmen daher ihr Augenmerk auf das Verhalten ihrer Mitarbeitenden richten. Denn es reicht nicht, Wissen anzuhäufen, wenn es in der Praxis keine Anwendung findet. Die Frage ist nur: Wie erkennt und fördert man erfolgversprechendes Verhalten der Mitarbeitenden? Genau hier kommt Behavioral Intelligence ins Spiel.
Mit Behavioral Intelligence Verhalten von Top-Performern skalieren
Obwohl es unmöglich ist, vorherzusagen, welche Skills die Zukunft konkret erfordern wird, können die meisten Unternehmen sehr wohl Mitarbeitende benennen, die neuen Herausforderungen am besten gewachsen sind. Doch was unterscheidet diese Menschen von anderen? Behavioral Intelligence kann dieses Rätsel entschlüsseln. Sie analysiert menschliche Verhaltensweisen und macht diese messbar. Zu diesem Zweck wertet die KI anhand von Millionen von Datenpunkten zahlreiche unterschiedliche Merkmale aus, wie etwa die Sprache, die Stimme, den Tonfall, die Mimik und die Gestik.
Um nun festzustellen, was Top-Performer*innen im Unternehmen besser machen als andere, lädt man diesen Personenkreis zu einer Videosimulation auf einer Behavioral-Intelligence-Plattform ein. Am Bildschirm sehen sich die Mitarbeitenden im Rahmen von Tests mit verschiedenen realitätsnahen Gesprächssituationen konfrontiert. Sie müssen etwa die unbequemen Fragen eines aufgebrachten Kunden beantworten oder sollen eine Krisensituation souverän lösen. Während sie mit dem virtuellen Gesprächspartner interagieren, analysiert die Video-KI im Hintergrund das Verhalten im Gespräch und den Umgang mit der jeweiligen Problemlage. Aus diesen Daten gewinnt das Unternehmen ein Erfolgsprofil – das zukünftig als Zielvorgabe für die angestrebte krisenfeste Unternehmenskultur gilt. Das versetzt Personaler*innen in die Lage spezielle Trainings zu erstellen, um auch andere Mitarbeitende auf den Kurs zum/zur Top-Performer*in zu bringen.
Qualität statt Quantität
Die Trainings laufen dabei ähnlich ab wie der Prozess zur Erstellung des Zielprofils: Mitarbeitende durchlaufen realistische Video-Simulationen mit verschiedenen Gesprächssituationen. Die Gespräche werden aufgezeichnet, analysiert und auf Übereinstimmung mit dem Zielprofil bewertet. So erhalten die Mitarbeitende von der KI objektives Feedback und erfahren, wie ihr Verhalten auf andere Menschen wirkt. Sie lernen, was sie verbessern sollten, um etwa offener oder sympathischer rüberzukommen. Ganz konkret werden die Aspekte und Skills gefördert, die auch tatsächlich im beruflichen Einsatz benötigt werden.
Die Trainings lassen sich individuell auf die unterschiedlichsten Gesprächs- und Krisensituationen anpassen. Die Bereitstellung erfolgt über die Plattform global für alle Standorte. So ist es möglich, Mitarbeitende beispielsweise gezielt auf neue Produktauslieferungen und Kund*innengruppen vorzubereiten oder eine aktuelle Krise zu stemmen. Mit menschlichen Trainern wäre ein Unterfangen dieser Art wesentlich langsamer, aufwendiger und teurer.
Die richtige Unternehmenskultur fördert Upskilling ganz von alleine
Eine Video-KI in der Mitarbeitendenentwicklung einzusetzen, steigert die Performance und senkt Kosten. Menschliche Erfolgsfaktoren wie eine ausgeprägte Krisenfestigkeit und die Bereitschaft, neue Herausforderungen zu stemmen, werden durch die Behavioral-Intelligence-Plattform identifiziert und gefördert. Die daraus resultierende fortschrittsorientierte Unternehmenskultur motiviert Mitarbeitende dann von ganz allein, neue Skills zu erlernen – denn Upskilling ist natürlich nicht vollkommen unwichtig. Jedoch sollten Unternehmen sich zunächst darauf konzentrieren, den kulturellen Wandel zu fördern und Verhalten zu optimieren. So gewinnt man Mitarbeitende, die in einem volatilen Business-Umfeld bestehen können – und sich aus eigenem Antrieb weiterbilden möchten.
Der Autor Dr. Patrick Oehler ist Co-Founder und Managing Director von Retorio. Das HR-Tech Unternehmen mit Sitz in München bietet eine wissenschaftlich fundierte Behavioral-Intelligence-Plattform.
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Die Einsamkeit gründet mit
Von außen wirkt die Start-up-Welt bunt, laut und gut vernetzt. Wer gründet, lernt oft auch das Gegenteil kennen.
Wer montags beim Networking auftaucht, dienstags mit anderen Gründer*innen sportelt und mittwochs vor Investor*innen pitcht, wirkt nach außen alles andere als allein. Und doch: Das Gründen kann sich einsamer anfühlen, als es aussieht. „Am Anfang kapselst du dich automatisch ab; nicht, weil du willst, sondern weil du einfach keine Zeit hast“, so Paul Lind, Co-Founder und CEO von reebuild. „Ich glaube, viele, mich eingeschlossen, unterschätzen, wie viel Zeit eine Gründung wirklich frisst.“ Und da die Zeit fehlt, leiden Schlaf, Gesundheit und soziale Kontakte.
Verbindungen ersetzen keine Verbundenheit
Netzwerkveranstaltungen helfen kaum. „Jeder erzählt, wie geil alles läuft, aber keiner spricht über Probleme“, so Lind. Es sei ein bisschen wie eine Fassade. In seiner eigenen Branche, der Bauwirtschaft, erlebt er es anders: „Da reden die Leute offener.“ Mit reebuild haben Lind und sein Team eine Softwarelösung entwickelt, die administrative Prozesse auf Baustellen automatisiert. „In der Baubranche gibt es noch echte Handschlagqualität. Du kannst Kunden sagen: ‚Hey, wir haben da ein Problem‘ – und die Leute sind verständnisvoll und helfen auch gern“, erzählt Lind. In der Start-up-Szene sei das anders; viele seien auf der Suche nach Funding, da wolle niemand sein Image negativ konnotiert haben.
Maggie Childs, unter anderem Co-Founderin und CEO von mypaperwork.ai, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: Besonders belastend findet sie die soziale Leere in Momenten, in denen man niemanden zum ehrlichen Austausch hat: „Diese Events sind gut, um Kontakte zu knüpfen. Aber wenn’s dir richtig schlecht geht, ist da oft niemand. Dann merkst du: Du kannst genauso einsam sein unter Tausenden von Menschen.“
Arbeitspsychologe Kurt Seipel hat etwa 7000 Gründungen von Start-ups begleitet und beobachtet dasselbe Muster: „Viele stellen sich super dar, weil sie Investoren oder die Community überzeugen wollen. Probleme bleiben da eher im Verborgenen.“ Networking sieht er trotzdem als wichtig – solange der Austausch auf Augenhöhe stattfindet. Gründer*innen rät er, sich Verbündete zu suchen, die wirtschaftlich nicht vom Unternehmen profitieren. „Man braucht jemanden, der keinen Nutzen vom Start-up hat, aber zuhört“, so Seipel.
Viele Gründer*innen kämpfen
Tatsächlich zeigt eine Studie aus England, dass sich drei Viertel der Start-up-Gründer*innen einsam fühlen – ein signifikant höherer Anteil als unter den CEOs im Allgemeinen, also jenen Personen, die an der Spitze eines Unternehmens stehen, unabhängig davon, ob sie es gegründet haben oder nicht. Hinter der Untersuchung steckt unter anderem Christina Richardson, Gründerin der Coaching-Community Foundology und Professorin am University College London. Sie und ihr Team haben 400 Founder*innen befragt. Ihr Fazit: Viele Gründer*innen berichten von Problemen mit ihrer mentalen Gesundheit – und nur vier von zehn fühlen sich gut unterstützt.
Derart drastische Beobachtungen hat Arbeitspsychologe Seipel zwar nicht gemacht, aber dass es die Problematik gibt, steht außer Frage. Zudem können Faktoren wie das Fehlen eines geregelten Arbeitslebens, Unsicherheit oder finanzielle Probleme zur Verunsicherung beitragen, die mit sozialer Isolation verbunden sein kann.
Co-Founder*innen als Fels in der Brandung
Zwar kein Allheilmittel, aber ein guter Stützpunkt sind Co-Founder*innen. Und die haben oft nicht nur einen sozialen Mehrwert: „In Deutschland hat man herausgefunden, dass Gründungen dann am erfolgreichsten sind, wenn es Teamgründungen sind. Sie sind erfolgreicher, weil man sich gegenseitig erdet – wenn die Kommunikation stimmt“, so Seipel.
Founderin Maggie Childs hat in der Vergangenheit sowohl alleine als auch im Team gegründet – und spricht von einem enormen Unterschied. „Am Anfang war ich alleinige Gründerin im Sinne von: Ich hatte zwar ein Gründungsteam, aber das waren Angestellte. Ich habe als einzige Gesellschafterin und Geschäftsführerin angefangen. Und das ist schon hart – alles liegt bei dir, alles ist deine Schuld, alles ist dein Problem“, erzählt Childs. Bei mypaperwork.ai, wo Migrationsprozesse einfacher gemacht werden sollen, arbeitet sie mit zwei Co-Foundern zusammen. „Das Schöne an Co-Foundern ist wirklich, dass wir die Bereiche klar verteilt haben, dass wir uns gegenseitig um Rat fragen und ehrlich miteinander reden können, wenn wir überfordert sind.“ Natürlich gebe es auch Nachteile, immerhin muss man in einem Team auch Kompromisse eingehen. Childs nimmt es mit Humor: „Manchmal will ich beide natürlich erwürgen – das sind dann die Momente, in denen ich denke: Ich will es ganz anders machen. Aber ja, besser als alles alleine entscheiden zu müssen ist es auf jeden Fall.“
Auch Paul Lind hat einen Co-Founder und empfindet das als absolute Bereicherung. „Ich könnte mir überhaupt nicht vorstellen, Solo-Founder zu sein. Ich bin extrem froh, einen Co-Founder zu haben. Du hast dann irgendwie das Gefühl, ‚gemeinsam einsam‘ zu sein. Vielleicht seid ihr beide unglücklich – aber ihr könnt euch trotzdem gegenseitig pushen. Und das hilft einfach“, erzählt er. Trotzdem bleibe jeder mit manchen Dingen auch allein.
Gehaltstransparenz wird zur Pflicht – wie offene Zahlen die Jobsuche verändern
Die neue EU-Richtlinie zur Gehaltstransparenz, die 2026 in Kraft tritt, dürfte die Jobsuche wieder einmal entscheidend verändern. Das sollten Arbeitgebende wissen.
So sollen Gehaltsangaben künftig bereits im Bewerbungsprozess erfolgen, jährliche Informationen zu Entgeltkriterien werden Pflicht, und bei Lohndiskriminierung liegt die Beweislast künftig bei dem / der Arbeitgeber*in. Sanktionen bei Verstößen sorgen für zusätzlichen Druck auf Unternehmen, faire Vergütungen umzusetzen.
Damit ist klar: Wer sich jetzt schon auf die neuen Spielregeln einstellt, verschafft sich nicht nur einen Wettbewerbsvorteil im Kampf um Fachkräfte, sondern vermeidet auch rechtliche Risiken. „Gehälter offen kommunizieren – für viele Unternehmen noch eher ungewohnt, für Bewerberinnen und Bewerber heute jedoch ein entscheidender Faktor“, bestätigt Jan-Niklas Hustedt, Geschäftsführer der Sparkassen-Personalberatung. Laut einer Stepstone-Befragung von 2024/2025 erhöhen klare Gehaltsangaben die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kandidatinnen und Kandidaten bewerben, deutlich. Jede zweite Person hat schon auf eine Bewerbung verzichtet, wenn das Gehalt fehlt.
Wer schweigt, verliert?
Transparenz in Sachen Gehalt prägt das Image eines Unternehmens in der heutigen Zeit nachhaltig. So erhalten Bewerber*innen durch entsprechende Angaben eine realistische Orientierung. Für 76 Prozent der Befragten entscheiden Informationen über die Vergütung darüber, ob ein Jobangebot interessant erscheint. „So vermeiden klare Zahlen auch Frust in späteren Gesprächsrunden, wenn Gehaltsvorstellungen plötzlich auseinandergehen“, weiß der Recruiting-Experte. „Gleichzeitig signalisieren Unternehmen damit auch eine offene Kommunikation, Wertschätzung und Vertrauen.“ Ganze 82 Prozent der Menschen hierzulande befürworten eine allgemeine Gehaltstransparenz ausdrücklich. Spätestens mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie wird Offenheit nicht mehr nur ein Nice-to-have sein, sondern ein Muss, für Arbeitgebende, die wettbewerbsfähig bleiben wollen.
Klare Zahlen schaffen Vertrauen
Unternehmen profitieren so auch von einem besseren Employer Branding, denn 86 Prozent der Kandidat*innen bewerten Firmen positiv, wenn Stellenanzeigen transparente Gehälter enthalten. Gehaltsangaben fördern relevante Bewerbungen und reduzieren Zeitverluste durch unpassende Kandidaturen. Klare Kommunikation schafft zudem eine Situation auf Augenhöhe, in der keine überflüssigen Verhandlungen nötig sind. Gehaltstransparenz wirkt zudem als Instrument gegen den Gender Pay Gap. Aktuell liegt die Lohnlücke in Deutschland bei rund 15 Prozent – 2020 lag sie noch bei knapp 19 Prozent. Der Experte hält fest: „Offene Gehaltsstrukturen ermöglichen eine faire Vergütung und tragen so dazu bei, Diskriminierungen zu vermeiden.“ Unternehmen, die eine solche Transparenz in ihrem Bewerbungsprozess leben, positionieren sich damit auch als fortschrittliche Arbeitgeber und setzen ein starkes Zeichen für Gleichberechtigung.
Offenheit lohnt sich doppelt
Das Entgelttransparenzgesetz existiert zwar schon seit 2017 und gewährt Beschäftigten in Firmen ab 200 Mitarbeitenden Auskunft über vergleichbare Gehälter. Ab 500 Mitarbeitenden verpflichtet das Gesetz Unternehmen zusätzlich zu regelmäßigen Berichten über Entgeltgleichheit. Doch erst durch die neue EU-Richtlinie erhält das Thema echten Schub: Offene Gehaltsangaben fördern Vertrauen, sparen Zeit und ziehen passende Bewerber*innen an. Gleichzeitig leisten sie einen Beitrag zu fairer Bezahlung und Gleichberechtigung. „Wer diese Transparenz jetzt schon aktiv lebt, kann die kommenden Vorgaben nicht nur stressfrei erfüllen, sondern sich als moderner, verantwortungsvoller Arbeitgeber positionieren“, so Hustedt. Für Kandidat*innen bedeutet das: eine fundierte Entscheidungsgrundlage und mehr Sicherheit bei der Jobsuche.
Ratschläge können auch Schläge sein
Wir haben Gründer*innen nach dem schlechtesten (und besten) Ratschlag gefragt, an den sie sich gehalten haben – und wie sie mit den Folgen umgegangen sind.
Man starrt in die Luft, die schwer wie Blei ist, und denkt sich: „Ja, guter Rat ist teuer. Doch wie viel kostet schlechter Rat?“ Nun weiß man es: Man blickt auf die Folgen seines Handelns, das zwar freiwillig, aber dennoch getrieben von den Ideen anderer war.
Die Erkenntnis, einen Fehler begangen zu haben, bricht über einen herein wie eine Monsterwelle im Meer oder wie ein Haufen hungernder Investor*innen, wenn es sich um ein hochskalierbares Produkt dreht, das kein(e) andere(r) besitzt. Zumindest bleibt nach dem schlechten Ratschlag, dem man tatsächlich gefolgt ist, etwas übrig: Man hat etwas gelernt.
Firma nach den Wünschen einer Person umbauen
Nicht so ganz dramatisch, aber ähnlich ist es Armand Colard gegangen. Er ist geschäftsführender Gesellschafter bei ESG Plus – einem Unternehmen, das sich auf die Überprüfung der Nachhaltigkeit von Anlageprodukten spezialisiert hat.
„Der schlechteste Vorschlag, den ich jemals befolgt habe, war, die Struktur meines Unternehmens so zu verändern, dass sie zur Wunsch-Job-Description einer leitenden Person im Unternehmen passte und nicht zu dem, was das Unternehmen in diesem Moment tatsächlich gebraucht hätte. Mein Learning daraus war, niemals mehr Jobs um eine Person herum zu ‚bauen‘, egal wie talentiert diese auch sein mag.“
Die Folgen seiner Entscheidung waren aus Sicht des gesamten Unternehmens eine ineffizientere Struktur sowie der Verlust der Agilität und eine veränderte (negative) Teamdynamik. „Und höhere Fluktuation, als ich die Sache wieder in Ordnung gebracht habe“, erinnert sich Colard. „Reparieren konnte ich es nur, indem ich die Person gehen ließ, da unsere Vorstellungen zu weit auseinanderlagen.“
Eine hilfreiche Anmerkung dagegen, die der Founder befolgt hat: Mehr auf den Markt zu hören, statt die eigenen Wunschprodukte auf Biegen und Brechen durchsetzen zu wollen. „Dadurch konnten wir in den letzten Jahren eine skalierbarere Lösung finden, die weniger ressourcenintensiv ist und sich breiter ausrollen lässt“, sagt Colard. „Als direkte Folge daraus sind wir (kosten-)effizienter geworden und können jetzt mehr Kund*innen mit derselben Anzahl an Mitarbeiter*innen bedienen.“
Calm your Monkey Mind
Die Selbstklärungskette ist ein Tool, das dabei hilft, den gedanklichen Affenzirkus im eigenen Kopf aufzulösen, die Gedanken zu ordnen und sie so wieder besser in den Griff zu bekommen.
Gründen heißt: mutig entscheiden, schnell handeln, mit Unsicherheit leben. Doch was, wenn genau das plötzlich nicht mehr gelingt? Wenn der Mut versiegt, der Fokus verschwimmt und man auf dem eigenen Gründungsdeck wie gelähmt steht, während um einen herum der Sturm tobt?
Was viele Start-up-CEOs nicht ahnen: Hinter Entscheidungsschwäche steckt oft kein Mangel an Strategie, sondern ein Zuviel an innerer Unklarheit. Nicht der Markt bremst – sondern der eigene Affenzirkus im Kopf.
Wenn Gründer*innen blockieren
In Phasen hoher Unsicherheit melden sich im Inneren verschiedene Stimmen zu Wort: „Du darfst jetzt keinen Fehler machen!“, „Wenn du das vergeigst, war alles umsonst!“, „Warum hast du bloß ...?“ – ein chaotischer Chor aus Angst, Druck, Selbstkritik. Das Resultat: Denkblockade statt Klarheit, Aktionismus oder Lethargie statt Strategie.
Hier setzt die Selbstklärungskette an. Sie ist kein weiteres Tool zur Selbstoptimierung, sondern ein Erkenntnisweg. Sie macht innere Dynamiken sichtbar und strukturiert in einfachen, aber tiefgreifenden Schritten. Und sie führt zurück zur inneren Kommandozentrale: dem Ort, von dem aus Gründer*innen wieder klar und wirksam handeln können.
Die Arbeit mit der Selbstklärungskette besteht im Wesentlichen aus folgenden sechs Schritten, in denen das intrapsychische Erleben systematisch offengelegt wird.
Schritt 1: Das Thema eingrenzen – Fokussieren statt Grübeln
Die Methode beginnt nicht mit einem pauschalen „Ich bin überfordert“, sondern mit einer konkreten Frage: „Warum war ich heute im Pitch so fahrig?“ oder „Weshalb lähmt mich das Feedback von unserem Lead-Investor?“ So wird das diffuse Erleben greifbar und veränderbar.
Schritt 2: Innere Stimmen sammeln – Das eigene Kopfkino anschauen
Versetze dich in die aktuelle Situation. Welche Gedanken und Gefühle sind da – ungefiltert? Notiere sie, so wie sie auftauchen: „Ich hab null Ahnung, was ich da sage!“ (Unsicherheit) oder „Die erwarten, dass ich alles im Griff habe!“ (Druck). Sechs bis acht solcher Gedanken-Gefühls-Paare reichen aus. Wichtig dabei: Nicht bewerten, nur benennen.
Schritt 3: Vom Chaos zur Kette – Die innere Logik erkennen
Jetzt beginnt die Strukturarbeit. Sortiere: Was ist ein ursprüngliches inneres Erleben (z.B. Kränkung, Ohnmacht)? Und was ist eine Reaktion darauf (z.B. Wut, Ironie, Rückzug)? Beispiele: „Ich fühl mich überfordert.“ „Ich tu so, als wär alles easy.“ „Ich fühl mich wie ein Fake.“ Diese Prozesskette macht Muster sichtbar und damit veränderbar.
Schritt 4: Die blinden Flecken aufdecken – Die Lücke vor der Lähmung
Meist sind es nicht die lauten Reaktionen, die uns blockieren, sondern die unausgesprochenen Gefühle davor: Scham, Angst, Selbstzweifel. Die Methode lädt zur Rückwärtsanalyse ein: Was muss ich gedacht oder gefühlt haben, bevor ich innerlich so reagierte?
Schritt 5: Die Kette auf sich wirken lassen – Erkennen verändert schon
Ist die Kette vollständig, zeigt sie mehr als einen Moment: Sie offenbart oft einen inneren Algorithmus. Etwa: „Ich darf keine Schwäche zeigen.“ Ein Glaubenssatz, der in der Start-up-Welt besonders verbreitet ist. Diese Erkenntnis ist kein Endpunkt, sondern der Anfang echter Selbststeuerung.
Schritt 6: Die neue Perspektive einüben – Von der/dem Gründenden zum/zur inneren CEO
Die Kette ist kein Dogma, sondern ein innerer Kompass. Wer regelmäßig mit ihr arbeitet, trainiert eine Form von Selbstführung, die tiefer geht als manche Tools und Hacks. Man wird weniger Spielball der eigenen Reaktionen und mehr Gestalter*in der eigenen Haltung.
Fallbeispiel: Wenn der CTO plötzlich nichts mehr entscheidet
Ein Tech-Gründer, Anfang 30, gilt als brillanter Entwickler. Doch seit der Seed-Runde trifft er keine klaren Entscheidungen mehr. Das Team ist frustriert. Im Coaching zeigt sich: Er hat Angst, mit seinen Entscheidungen zu enttäuschen – und damit das Vertrauen der Investor*innen zu verlieren. Die Selbstklärungskette macht sichtbar: Nicht fehlende Kompetenz blockiert ihn, sondern ein unbewusster Glaubenssatz: „Wenn ich Fehler mache, bin ich nicht mehr tragbar.“ Durch die Arbeit mit der Kette erkennt er: Diese Angst stammt aus einer ganz anderen Zeit, hat aber heute Steuerungsmacht. Allein diese Erkenntnis öffnet Handlungsräume. Sein Fazit: „Ich dachte, ich muss härter pushen. Jetzt sehe ich: Ich muss zuerst mir selbst begegnen.“
Positive Nebenwirkungen der Kette
Die Anwendung der Selbstklärungskette löst oft einen Aha-Effekt aus: Ich bin nicht meine inneren Abläufe, sondern kann diese beobachten und analysieren – was auch bedeutet, dass es einen Raum jenseits dieser Abläufe gibt, der sich kultivieren lässt: unsere „innere Kommandobrücke“, der Ort, von dem aus echte Selbstführung möglich wird.
Jede Anwendung der Selbstklärungskette stärkt die Kommandobrücke, es fällt einem leichter, inneres Erleben und (emotionale) Reaktionen auf dieses Erleben zu beobachten, auseinanderzuhalten, es zu steuern oder eben auch zu entscheiden, es einfach nur freundlich zu akzeptieren. Die ersten Einsätze des Tools lassen darüber hinaus folgende positive Nebenwirkungen erwarten:
- Stärkung von Resilienz und der Fähigkeit zur Selbststeuerung.
- Förderung eines agilen Mindsets (psychologische Flexibilität).
- Schnellere Selbstorientierung: weg von „Nebenschauplätzen“ und „Umgebungslärm“ hin zum eigentlichen inneren Hindernis (Fokus auf die eigene Erlebenswelt).
- Stärkung der Eigenverantwortung bzw. Selbstermächtigung (Self-Empowerment).
Fazit: Selbstführung beginnt mit Selbstklärung
In unsicheren Zeiten brauchen Gründende keine weiteren Ratschläge. Sie brauchen innere Klarheit. Die Selbstklärungskette ist kein Shortcut, aber ein ehrlicher Pfad dorthin. Wer ihn geht, gewinnt nicht nur Entscheidungsstärke, sondern auch eine neue Qualität der Selbstwirksamkeit. Und das ist vielleicht die wichtigste Ressource im Start-up-Kosmos.
Der Autor Christoph Zill ist Diplom-Pädagoge, Coach und Mediator. Die von ihm entwickelte Selbstklärungskette wurde 2024 als Finalist beim Psychologie Award ausgezeichnet.
Startup your Energy
Wer ein Unternehmen aufbauen will, das nicht nur die ersten Jahre übersteht, sondern nachhaltig wächst, muss Energie als Schlüsselressource verstehen und gezielt in Wellbeing investieren.
Die Start-up-Kultur steht für Innovation, Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit. Doch hinter der glitzernden Fassade von disruptiven Ideen und ambitionierten Zielen verbirgt sich oft ein Risiko: die Vernachlässigung von Wellbeing und Gesundheit. Gerade in einer Umgebung, die konstant hohe Leistungen und kreative Lösungen fordert, sind Energie und Regeneration unverzichtbar. Ohne sie drohen Erschöpfung, Burnout und letztlich der Verlust der unternehmerischen Kraft. Für kleinere Unternehmen stellt das ein vielfach höheres Risiko dar als für große, vor allem dann, wenn das Gründungsteam direkt betroffen ist. In den letzten 18 Monaten habe ich (zu) viele Gründende getroffen, die nahe am oder im Burnout waren. Dabei muss es nicht so weit kommen.
Der Energiehaushalt als Basis von Leistung
Energie ist die essenzielle Ressource, die es uns Menschen ermöglicht, fokussiert und innovativ zu arbeiten. Doch gerade diese Energie steht in Start-ups häufig unter Druck. Lange Arbeitszeiten, permanente Erreichbarkeit und der ständige Druck, schneller und besser zu sein als die Konkurrenz, zehren an den Reserven und lassen den individuellen Energielevel rapide sinken.
Chronischer Stress aktiviert das Stresssystem im Körper und setzt die Ausschüttung von Cortisol frei. Kurzfristig ist das ein sinnvoller Mechanismus und mag helfen, akute Herausforderungen zu bewältigen. Doch ohne ausreichende Erholungsphasen bleibt der Körper in einem permanenten Alarmzustand, was langfristig zu Erschöpfung und Krankheiten führen kann. Ohne Energie ist nicht nur die Gesundheit gefährdet – auch Kreativität und Innovationskraft, die Grundlagen für den Erfolg eines Start-ups, bleiben auf der Strecke. Der erfolgreiche Aufbau eines Start-ups ähnelt eher dem Lauf eines Marathons und sollte genauso angegangen werden. Und so wie niemand einen Marathon im Sprinttempo absolviert, sollte es auch mit dem Management der eigenen Ressourcen aussehen.
Die doppelte Belastung von Gründenden
Gründende tragen die doppelte Verantwortung: Sie sind sowohl für die strategische Entwicklung des Unternehmens als auch für ihre Teams verantwortlich. Ihre eigene Gesundheit und Energie geraten dabei oft ins Hintertreffen. Eine Studie der University of San Francisco zeigt, dass Gründende häufiger unter psychischen Belastungen wie Angstzuständen und Depressionen leiden als andere Erwerbstätige.
Die Anforderungen an Gründende sind dabei enorm: Entscheidungen unter Zeitdruck, die Akquise von Kapital, der Aufbau eines Teams – all das erfordert mentale Klarheit und emotionale Stabilität. Doch genau diese Qualitäten schwinden, wenn Energiequellen nicht regelmäßig aufgefüllt werden. Gründende, die keine gesunde Balance finden, riskieren nicht nur ihre persönliche Gesundheit, sondern auch den Erfolg ihres Unternehmens.
Energie: Basis für Kreativität und Problemlösung
Wer aus einem leeren Reservoir schöpfen will, wird scheitern. Kreative Höchstleistungen und die Fähigkeit, komplexe Probleme zu lösen, setzen voraus, dass das Energielevel stimmt. Regelmäßiger Schlaf, gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und gezielte Erholung sind daher keine Luxusgüter, sondern essenziell und sollten sich in täglichen Routinen wiederfinden.
Langfristige Motivation und Engagement im Team
In einer dynamischen Umgebung wie der Start-up-Welt ist es entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, in dem Mitarbeitende langfristig engagiert arbeiten können. Doch Engagement entsteht nicht in einem Umfeld chronischer Überarbeitung. Kurzzeitige Flowzustände sind wunderbar, aber hier geht es um Teams, die sich langfristig energisch und gesund fühlen – nur dann sind sie produktiver und engagierter.
Nachhaltiger Erfolg durch Resilienz
Start-ups müssen mit Unsicherheiten und Rückschlägen umgehen können. Eine Kultur, die Wellbeing priorisiert, stärkt die Resilienz – sowohl auf individueller als auch auf organisationaler Ebene. Im Grundsatz gilt das für alle Menschen. Die Herausforderungen der Start-up-Welt sind nur noch konzentrierter und mit mehr Risiken behaftet. Die Ratgeberliteratur dazu füllt ganze Bibliotheken und ist nicht immer widerspruchsfrei. Aus meiner Arbeit mit Vorständen, Führungskräften und Teams in allen Unternehmensbereichen haben sich einige praktische Ansätze bewährt, die sozusagen mit 20 Prozent des Aufwands 80 Prozent der gewünschten Wirkung erzielen.
Die 80:20 einer leistungsfähigen Organisation
1. Energiequellen bewusst fördern
Das gilt für uns alle, und besonders Führungskräfte sollten darauf achten, dass Schlaf, Bewegung und Ernährung fest als Alltagsroutinen integriert werden. Unternehmen können das unterstützen, indem sie gesunde Snacks ohne zugesetzten Zucker anbieten statt dem energiefressenden Kaffee und Kuchen am Nachmittag. Gerade in hochproduktiven Situationen ist der „Return of Invest“ einer gemeinsamen, gesunden Essenspause immens, und mit gesunder Nahrung und der sozialen Gemeinschaft werden gleich zwei menschliche Grundbedürfnisse befriedigt.
Analoges gilt für gemeinsame Zeit für Bewegungsmöglichkeiten: Sitzen ist das neue Rauchen, und ununterbrochenes Sitzen hat noch schwerwiegendere negative Konsequenzen. Fünfminütige Bewegungspausen (wie Treppensteigen, Rumpfbeugen, Beckenrotation oder Schulterkreisen) jede Stunde unterbrechen diesen Teufelskreislauf, erfrischen unsere Gehirnzellen und erfordern kein Fitnessstudio. Der britische Schlafforscher Matthew Walker bezeichnet Schlaf als unsere „beste Lebensversicherung“, die wir haben. Auch kurzfristig hat Schlaf entscheidenden Einfluss auf unsere Leistungsfähigkeit (immerhin führt Schlafentzug schneller zum Tod als der Mangel an Flüssigkeitsaufnahme). Gesunde Routinen vor dem Schlafen, wie beispielsweise der Verzicht auf Alkohol, ausreichender Abstand zur letzten Mahlzeit und keine Bildschirmzeit in den letzten zwei Stunden vor dem Schlafengehen, dunkle, ruhige und kühle Schlafumgebung, werden sich positiv auf die Schlafqualität auswirken.
2. Den Tag bewusst strukturieren und Teamrituale etablieren
Videocalls und lange Meetings erschöpfen unser Gehirn. Wieder helfen häufige und kurze (Bewegungs-)Pausen, den Energiehaushalt zu stabilisieren. 1:1-Meetings können gut durch Walk-and-Talks (Twalks) substituiert werden, funktionieren auch telefonisch und entlasten unser Gehirn, setzen kreative Impulse frei und zahlen auf unser Bewegungskonto ein. Steve Jobs war bekannt für seine extensiven Spaziergänge mit Mitarbeitenden, und auch wissenschaftlich ist die Pomodoro-Technik belegt, die konzentriertes Arbeiten mit regelmäßigen Pausen verbindet. Technisch können Tools wie Microsoft Viva helfen, sogenannte Fokuszeiten im Kalender zu reservieren, um sicherzustellen, dass in dieser Zeit keine ungewollten Termine dazwischenkommen. Zudem können smarte Tracking Devices dabei unterstützen, die Auswirkungen des eigenen Lebensstils auf Faktoren wie Stress, Energie und Resilienz zu messen und zu optimieren.
Das lässt sich mit Apps auch transparent im Team teilen – wenn jeder einzelne damit einverstanden ist – und sich so zu einer gemeinsamen Teamchallenge gestalten, um die gemeinsamen Leistungswerte zu steigern – ein Win-win für das Team und jede(n) Einzelne(n).
3. Psychische Gesundheit enttabuisieren
Offene Gespräche über Stress und mentale Herausforderungen fördern eine gesunde Unternehmenskultur. Führungskräften kommt hier eine besondere Vorbildfunktion zu: Sie sollten vorleben, dass es in Ordnung ist, Schwächen zu zeigen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die psychologische Sicherheit, die dadurch in einer Organisation entsteht, hilft nicht nur der mentalen Gesundheit, sondern ist nach Googles „Aristoteles“-Studie einer der Haupttreiber für hochperformante Teams.
Der Autor Oliver Herrmann verantwortet bei der Deutschen Telekom AG weltweit das Ressort Employee Wellbeing, Health und Safety.
Digitale Nähe neu denken: Wie Plattformen Gespräche fördern
In der Welt der Online-Dating-Plattformen rückt das Gespräch wieder in den Mittelpunkt. Warum das mehr ist als nur ein Trend – und was sich verändert hat.
Dating-Apps sind längst kein Nischenthema mehr – sie sind Teil des digitalen Alltags geworden. Millionen Menschen in Deutschland nutzen Plattformen, um neue Kontakte zu knüpfen, Freundschaften zu schließen oder den Partner fürs Leben zu finden. Doch trotz der Fülle an Angeboten ist etwas verloren gegangen, was einst der Kern zwischenmenschlicher Begegnung war: das echte Gespräch.
Immer mehr Nutzerinnen und Nutzer sehnen sich nach Authentizität, nach Verbindungen, die über das Wischen nach links oder rechts hinausgehen. Inmitten dieser Entwicklung setzen einige Plattformen bewusst auf Qualität statt Quantität – und rücken das gesprochene oder geschriebene Wort wieder ins Zentrum des Kennenlernens.
Zwischen Tempo und Tiefe: Was Online-Dating heute herausfordert
Der Erfolg von Online-Dating basiert auf Schnelligkeit und niedrigschwelligen Einstiegsmöglichkeiten. Ein paar Klicks, ein Foto, ein Satz zur eigenen Person – und schon ist man mittendrin. Doch genau darin liegt auch das Problem: Die schiere Masse an Profilen, die Oberflächlichkeit vieler Begegnungen und der Druck zur ständigen Selbstinszenierung führen oft zu Frustration.
Menschen, die ernsthaft auf der Suche nach einem Gegenüber sind, erleben häufig, dass Gespräche nicht zustande kommen oder nach wenigen Nachrichten abbrechen. Die klassische Idee vom langsamen Kennenlernen, vom Austausch über Interessen, Werte oder Alltagsthemen scheint verloren zu gehen – obwohl gerade diese Momente das Fundament für echte Nähe bilden.
Ein neuer Fokus: Kommunikation statt Spielprinzip
In Reaktion auf diese Entwicklungen entstehen zunehmend digitale Räume, die den Schwerpunkt neu setzen. Statt schnellen Matches und algorithmusgesteuerter Auswahl liegt der Fokus auf Interaktion: Nutzerinnen und Nutzer werden ermutigt, miteinander zu schreiben, Fragen zu stellen, aufeinander einzugehen.
Dieser Wandel ist mehr als eine Funktion – er ist eine bewusste Entscheidung. Denn wer sich auf ein Gespräch einlässt, zeigt Interesse, öffnet sich, nimmt sich Zeit. Genau das schafft Verbindung, gerade in einem Medium, das so häufig auf Geschwindigkeit setzt.
Ein Beispiel für diesen Ansatz sind gute Gesprächen auf Michverlieben, einer Plattform, die sich auf genau diesen Aspekt konzentriert: Kommunikation fördern, statt nur Profile zu zeigen. Der Fokus liegt dabei auf respektvollem Austausch und einem ehrlichen Miteinander – jenseits von Schlagwörtern und Oberflächenglanz.
Vertrauen aufbauen: Der Ton macht die Plattform
In der digitalen Partnersuche ist Vertrauen ein sensibler Punkt. Nutzer wollen nicht nur wissen, mit wem sie sprechen, sondern auch, dass sie dies in einem sicheren, wertschätzenden Rahmen tun. Gerade Plattformen, die ihre Strukturen und Inhalte gezielt auf Dialog ausrichten, schaffen genau diesen Rahmen: durch klare Regeln im Umgangston, durch Moderation und durch die Förderung konstruktiver Kommunikation.
Dabei geht es nicht darum, jede spontane Nachricht zu hinterfragen, sondern darum, ein Klima zu schaffen, in dem Offenheit möglich wird. Das gelingt dann besonders gut, wenn Plattformen selbst aus der Vergangenheit gelernt haben – und heute klarer, transparenter und zielgerichteter agieren.
Was Nutzerinnen und Nutzer heute suchen
Die Motivation, sich auf einer Plattform anzumelden, ist so vielfältig wie die Menschen selbst. Manche suchen neue Kontakte in ihrer Stadt, andere den großen Wurf. Doch was viele vereint, ist der Wunsch nach echter Verbindung – und diese beginnt fast immer mit einem guten Gespräch.
Fragen wie „Was inspiriert dich?“ oder „Was bedeutet dir ein freier Abend?“ öffnen Türen, die in standardisierten Profilbeschreibungen oft verschlossen bleiben. Plattformen, die diesen Ansatz unterstützen, bieten mehr als nur Matching-Logik – sie bieten Raum für Begegnung.
Digitalisierung braucht Haltung
Dass digitale Produkte und Plattformen ständig im Wandel sind, ist kein Geheimnis. Doch in sensiblen Bereichen wie Dating und sozialem Austausch zählt nicht nur Technik, sondern auch Haltung. Wer ernsthaft daran interessiert ist, Menschen miteinander zu verbinden, muss Räume schaffen, in denen Gespräche nicht untergehen, sondern entstehen dürfen.
Es ist ermutigend zu sehen, dass sich Plattformen diesem Anspruch stellen – auch wenn sie sich dabei weiterentwickeln, neu positionieren oder bestehende Konzepte überdenken. Der digitale Raum ist kein statischer Ort, sondern ein Spiegel unserer gesellschaftlichen Bedürfnisse.
Nähe beginnt mit einem Satz
Online-Dating ist gekommen, um zu bleiben. Aber wie wir es nutzen – das kann sich verändern. Während viele Angebote auf Effizienz und Masse setzen, rückt bei einigen der Mensch wieder in den Mittelpunkt. Das Gespräch als Brücke zwischen Fremden, das Interesse am Gegenüber, das Zuhören – all das sind Qualitäten, die auch digital ihren Platz haben.
Wer also auf der Suche ist – nicht nur nach einem Match, sondern nach einer echten Verbindung –, wird Angebote schätzen, die dem Gespräch den Raum geben, den es verdient. Denn oft beginnt das Wesentliche mit einem einfachen Satz: „Erzähl mir mehr von dir.“
Kein Wagnis ohne Risiko
Gefahren, mit denen Startups rechnen müssen, und wie man sie bestmöglich minimiert.
Ein eigenes Unternehmen zu gründen, ist natürlich immer und grundsätzlich ein Risiko. Der Erfolg ist keineswegs garantiert, davon zeugen auch die vielen gescheiterten Gründer*innen. Doch nicht alle Gefahren in der Startup-Welt drohen allein dem Betrieb – viele betreffen auch die Köpfe hinter den jungen Unternehmen. Deshalb gilt es, in alle Richtungen die Fühler auszustrecken, um mögliche Gefahrenherde rechtzeitig zu erkennen und wenigstens zu minimieren.
ALLE RISIKEN IM BLICK
Es ist naheliegend, sich als Gründer*in zuallererst Gedanken um das Wohlergehen der Firma zu machen. Immerhin bildet sie die Lebensgrundlage, nicht nur für einen selbst, sondern genauso für Partner und Mitarbeiter. Dabei sollte aber keinesfalls übersehen werden, dass auch die Gründer*innen selbst persönliche Risiken zu tragen haben.
Betriebliche Risiken
Ohne Frage ist nachvollziehbar, dass eine Firma gerade in ihren Kindertagen die volle Aufmerksamkeit braucht. Bevor sie konsolidiert ist, erscheinen selbst übliche Risiken umso größer – schlichtweg, weil die Folgen schwerwiegender sind. Dabei ist es erst einmal unerheblich, ob die Gefahren schon im Vorfeld abzusehen waren oder ob sie ohne jede Vorwarnung zugeschlagen haben.
Versicherungen helfen zwar, den finanziellen Schaden abzufangen, der etwa durch einen Einbruch, einen Brand oder auch Haftungsansprüche von Geschäftspartnern entstehen kann. Dennoch bleiben die empfindlichen Störungen des laufenden Betriebs, die ein frühes Aus für ein junges Unternehmen bedeuten können.
Leadership: Wenn Haltung Fachwissen schlägt
Wie du leichter erkennst, wer aus deinem Team das Zeug dazu hat, eine Leadership-Funktion auszufüllen.
Fachliche Exzellenz allein reicht nicht mehr. Unternehmen, die auch morgen noch relevant sein wollen, brauchen Menschen, die Komplexität navigieren, Wandel gestalten und Teams inspirieren können. Doch wie lassen sich Führungspersönlichkeiten erkennen, bevor sie offiziell führen? Führung beginnt nicht erst mit der Visitenkarte. Sie zeigt sich viel früher – in Momenten, in denen Menschen Verantwortung übernehmen, ohne dass es von ihnen verlangt wird.
Die Besten sind nicht die Lautesten
Auch eine Analyse des Harvard Business Review belegt, was viele längst wissen: 71 Prozent der Arbeitgebenden halten emotionale Intelligenz für wichtiger als technische Skills. Wer reflektiert, empathisch und lösungsorientiert handelt, bringt oft mehr nachhaltige Führungsqualität mit als jemand mit reinem Fachfokus. Die besten Führungskräfte von morgen sind nicht die Lautesten. Fachwissen lässt sich erlernen, Haltung nicht. Wer Konflikte deeskaliert, sich selbst hinterfragt und andere mitnimmt, zeigt echte Führungsreife.
Leadership zeigt sich im Alltag
Führungspotenzial zeigt sich nicht im Assessment Center, sondern in der Praxis: in Projekten, bei neuen Rollen, in interdisziplinären Teams. Wer Verantwortung übernimmt, Initiative zeigt und andere involviert, gibt mehr über sich preis als jedes Kompetenzmodell. Besonders deutlich wird das, wenn gewohnte Strukturen wegbrechen: Wenn Prioritäten sich verschieben, Rollen unklar sind oder Konflikte entstehen. Wer in solchen Momenten Orientierung bietet, zeigt, dass hier echte Führung entsteht. Dabei zählt nicht nur das Ergebnis, sondern wie es erreicht wurde – mit welcher Haltung, Kommunikation und welchem Umgang mit Rückschlägen.
Entwicklung beginnt mit Selbstreflexion
Die Praxis zeigt: Zum einen ist die Beobachtung über einen längeren Zeitraum entscheidend. Führungsqualitäten sind schwer messbar, aber sichtbar. Wer genau hinschaut, erkennt sie im Verhalten im Moment. Wie geht jemand mit Druck um? Wie führt jemand ein Team, ohne sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen? Zum anderen braucht es ein Entwicklungsumfeld, das fordert und fördert – keine Standardschulungen, sondern echte Sparring-Partner mit eigener Führungserfahrung. Menschen, die wissen, wie es ist, unter Unsicherheit zu entscheiden. Und last but not least: Entwicklung beginnt mit Selbstreflexion. Wer führen will, muss bereit sein, sich selbst infrage zu stellen. Denn wer sich selbst kennt, kann andere besser führen.
Führung entsteht nicht im luftleeren Raum
Ebenso entscheidend, wie die Person ist das Umfeld. Unternehmen, die Eigenverantwortung, kritisches Denken und Offenheit fördern, schaffen Raum für Führungspotenziale. Doch das verlangt Mut. Denn wer Entwicklung will, muss bereit sein, Macht zu teilen und Unsicherheit auszuhalten. Kultur ist kein Poster im Flur, das ein flottes Vision-Statement darstellt, sondern gelebter Alltag. Sie zeigt sich darin, ob Menschen unbequeme Wahrheiten aussprechen dürfen, ob Fehler als Risiko gelten – oder als Chance zu lernen. „Führung entsteht nicht im luftleeren Raum“, führt Thiele an. „Sie wächst in einer Kultur, die Fehler zulässt, Diversität anerkennt und Dialog stärkt.“
Der Autor Lars Thiele ist Geschäftsführer der EMENDO Leadership Consultants GmbH. Seit 2023 berät EMENDO mittelständische Unternehmen zu Themen wie Führung, Vertrieb und Verhandlung.
Female Leadership vs. Tech-Bro-Mentalität?
Der Blick nach USA zeigt: Mark Zuckerberg fordert mehr männliche Energie in Unternehmen und vielerorts werden Diversity-Programme eingestellt, weil das Thema als überstrapaziert gilt. Ist Female Leadership, kaum flächendeckend verbreitet, bereits wieder ein Relikt? Vier weibliche Führungskräfte erklären ihre Perspektive.
Auch in der Kommunikationsbranche zeigt sich ein Rückschritt in Sachen Female Leadership: Laut der Global Women in PR-Umfrage hat sich der Gender-Pay-Gap vergrößert, die Zahl weiblicher Führungskräfte ist gesunken, und über 50 Prozent der Frauen berichten von Mobbing oder Belästigung am Arbeitsplatz. Stellt sich die Frage: Wo stehen wir beim Thema Female Leadership? Vier weibliche Führungskräfte erklären ihre Perspektive.
Empathie statt Genderfokus
Nora Feist, CEO von Mashup Communications: „Gute Führung hängt nicht vom Geschlecht ab. Eigenschaften wie Einfühlungsvermögen oder gutes Zuhören sind wichtig, aber sie sind keine speziellen ,weiblichen‘ Qualitäten. Statt über Female Leadership als besondere Kategorie zu sprechen, sollten wir uns darauf konzentrieren, Arbeitsumgebungen zu schaffen, in denen alle ihre Stärken zeigen können. Dazu gehört, den Mitarbeitenden zuzuhören, offen zu kommunizieren und Fehler als Teil des Lernprozesses zu sehen. So entsteht eine Unternehmenskultur, in der sich jeder wohlfühlt und sein Bestes geben kann.“
Charismatische Mitarbeitende: vier unliebsame Wahrheiten
Sich für charismatische Bewerber*innen zu entscheiden oder „beliebte“ Mitarbeitende zu befördern, mag logisch erscheinen, aber ist das stets auch die richtige Wahl?
Nur wenige von uns können der magnetischen Anziehungskraft von Charisma widerstehen. Charismatische Mitarbeitende werden oft als wertvolle Ergänzung für jedes Büro betrachtet, da sie einnehmend sind und einen starken Eindruck hinterlassen. Allerdings gibt es einige Kehrseiten von Charisma und dessen Auswirkungen, die Führungskräfte, HR-Mitarbeitende und alle in Büroumgebungen kennen sollten. Die Expert*innen von Hogan Assessments – einem globalen Anbieter im Bereich Persönlichkeitsbeurteilung am Arbeitsplatz und Führungsberatung – haben folgende vier unliebsame Wahrheiten im Zusammenhang mit Charisma herausgestellt.
1. Nachteil: Ein schneller Weg zum Burnout
Charisma kann zum Impression-Management, das heißt zur Selbstdarstellung, sowohl bei Vorstellungsgesprächen als auch am Arbeitsplatz genutzt werden. Impression-Management ist ein bewusster oder unterbewusster Prozess, bei dem Menschen versuchen, die Wahrnehmung anderer bezüglich ihrer Person zu beeinflussen. Mitarbeitende, die sich mehr darauf konzentrieren, eine starke und sympathische Rolle zu verkörpern, verbringen mehr Zeit damit als mit ihren Verantwortlichkeiten. Dies kann Produktivität und Leistung erheblich beeinträchtigen und einen großen Nachteil für die Belegschaft mit abträglichen Konsequenzen darstellen.
Das Streben nach sozialer Akzeptanz am Arbeitsplatz hatte schon immer eine eher unscharfe Grenze, und dies hat sich in einem stark von sozialen Medien beeinflussten Umfeld noch verstärkt. Ohne einen klaren Indikator können charismatische Mitarbeitende sich daher leicht einem höheren Risiko von Überanstrengung aussetzen und am Ende in ihrer Rolle schwächer werden.
„Dieses Szenario ist oft auf ein geringeres Selbstbewusstsein in Bezug auf die eigenen Fähigkeiten oder das Vermögen zur Ausführung der zugewiesenen Arbeit zurückzuführen. Daher haben solche Mitarbeitende das Gefühl, dass sie ihren Platz in einem Team rechtfertigen müssen, und vertrauen dabei möglicherweise zu sehr auf die sympathischen oder charismatischen Eigenschaften, für die sie vielleicht belohnt werden könnten“, erläutert Dr. Ryne Sherman, Chief Science Officer bei Hogan Assessments und Co-Host beim Science of Personality Podcast.
2. Nachteil: Scheitern bei betrieblichen Abläufen
Charisma zu haben ist kein Synonym für gutes Urteilsvermögen oder die moralischen Qualitäten, die nötig sind, um die Herausforderungen einer Rolle erfolgreich zu meistern. Charismatische Mitarbeitende können überzeugend sein, aber das ist bedeutungslos, wenn sie nichts Nennenswertes zu sagen haben. Ebenso können Bewerberinnen und Bewerber Recruiting- und Personalfachkräfte mit ihrem Charisma in den Bann ziehen, dann jedoch in ihrer Rolle versagen, da sie möglicherweise nicht die Leistung auf dem erwarteten Niveau erbringen.
„Charismatische Führungskräfte haben oft Probleme zuzugeben, dass sie nicht alle Antworten parat haben – eine Stärke, die jedoch jeder haben muss, der eine leitende Position in einem komplexen Unternehmen innehat. Daher sind solche Mitarbeitende in geringerem Maß bereit, Rat einzuholen und zu befolgen, was für jedes Unternehmen nachteilig sein kann, da kritisches Feedback oder Erkenntnisse ihres Teams leicht abgetan werden“, so Dr. Ryne Sherman.
3. Nachteil: Ungleichheiten am Arbeitsplatz und Unmut im Team
Beruflicher Erfolg ist von erheblichen Diskrepanzen gekennzeichnet. Nicht alle beginnen ihre Karriere mit den gleichen Voraussetzungen, und nicht alle Wege führen zum selben Ziel. Während einige die Karriereleiter emporsteigen und beträchtlichen Wohlstand erreichen, sehen sich andere mit der harten Realität konfrontiert, in Rollen festzustecken, in denen sie kaum das Existenzminimum verdienen. So gesehen kann die Persönlichkeit den Karriereerfolg erheblich beeinflussen, da charismatische Mitarbeitende oft als „bessere Führungskräfte“ betrachtet werden, obwohl es ihnen in Wirklichkeit vielleicht an Qualifikationen fehlt. Darüber hinaus kann es leicht zu Unmut führen, wenn charismatische Teammitglieder bei Beförderungen über Arbeitsmoral oder Leistung gestellt werden, da sich andere Mitarbeitende bei solchen Entscheidungen dann geringgeschätzt oder übergangen fühlen können.
„Charismatische Mitarbeitende mit ausgeprägten zwischenmenschlichen Fähigkeiten können zwar eine große Bereicherung sein. Jedoch müssen auch deren andere Fähigkeiten berücksichtigt werden, die nötig sind, um die Arbeit nach dem vom Unternehmen geforderten Standard auszuführen“, empfiehlt Dr. Ryne Sherman.
4. Nachteil: Sie versprechen viel und halten wenig
Im Bemühen, vor allem bei ihren Vorgesetzten Akzeptanz zu erlangen, neigen charismatische Personen dazu, unrealistische Ziele und Erwartungen zu setzen. Dies ist eine natürliche Tendenz bei Menschen, die in ihrem Unternehmen kurzfristig gut dastehen wollen, ohne sich mit den langfristigen Konsequenzen zu beschäftigen. Hin und wieder laufen die Dinge wie geplant, und sie sind die ersten, die sich dafür loben. Es ist jedoch viel wahrscheinlicher, dass die Erwartungen nicht erfüllt werden, und diese Personen geben dann schnell den anderen die Schuld, ohne die Verantwortung für ihre eigenen Misserfolge zu übernehmen.
„Ob absichtlich oder nicht, charismatische Menschen können nicht anders, als mehr zu versprechen, als sie realistisch abliefern können. Das Problem ist, dass es sich um gewiefte Personen handelt, die sich immer wieder ihrer Verantwortung entziehen. Dieses Verhalten ist auf lange Sicht vielleicht nicht tragbar, aber Charismatiker*innen erkennen dies für gewöhnlich und setzen ihren Charme ein, um einen anderen Job zu finden, wo sie den Zyklus als unbeschriebenes Blatt von vorne beginnen können“, erklärt Dr. Ryne Sherman abschließend.
Ein eigener Fuhrpark für Start-ups
Jedes gewerblich genutzte Fahrzeug bringt einen enormen Aufwand mit sich: Anschaffung, Versicherung, Wartung und Pflege verschlingen viel Zeit und Geld. Darüber hinaus sind zentrale Parkmöglichkeiten knapp und die Mieten für eigene Stellplätze entsprechend hoch. Für Gründer*innen und Selbständige kann CarSharing hier eine ideale Lösung sein.
Was ist CarSharing?
CarSharing ist die geteilte Nutzung von Autos. Halter der Fahrzeuge ist ein CarSharing-Anbieter. Unternehmen können ihre Mitarbeitenden registrieren, die dann selbstständig und rund um die Uhr die Autos des Anbieters – in der Regel per App – buchen können. Jede Fahrt wird in der Rechnung detailliert aufgeschlüsselt und Kosten fallen nur bei tatsächlicher Nutzung an.
Was ist der Unterschied zu Dienstfahrzeugen oder Leasing?
Durch das Pay-Per-Use-Modell wird beim CarSharing im Gegensatz zu klassischen Dienstwägen oder Leasingfahrzeugen kein Kapital gebunden. Sprit und Versicherung sind immer im Preis inklusive und der Anbieter übernimmt Wartung und Reinigung der Fahrzeuge.
Die wichtigsten Vorteile von CarSharing auf einen Blick:
Kosten nur bei tatsächlicher Nutzung
Für Gründer*innen ist CarSharing in sehr vielen Fällen günstiger als ein eigenes Firmenfahrzeug. Kosten entstehen nur dann, wenn tatsächlich gefahren wird. So entfallen hohe Anschaffungskosten oder Leasingraten und das Startkapital kann statt in einen Firmenwagen in das Kerngeschäft investiert werden. Betriebswirtschaftlich sorgt CarSharing in jedem Fall für eine Entlastung: sämtliche Verwaltungsaufgaben werden komplett ausgelagert und sind im Preis inbegriffen. Dasselbe gilt für Versicherung, Benzin oder Strom, Reinigung und Wartung.
Zugriff auf eine ganze Fahrzeugflotte
Einer der größten Vorteile von CarSharing liegt in der Flexibilität: Mit CarSharing haben Startups Zugang zu einer großen Fahrzeugflotte. In den allermeisten Fällen besteht diese auch aus vielen verschiedenen Modellen unterschiedlicher Größe. Für Termine bei Kund*innen reicht ein Kleinwagen, für Veranstaltungen ist vielleicht ein größeres Modell besser geeignet.
Nachhaltige Mobilität
Neben organisatorischen Vorteilen und Kosteneinsparungen lohnt sich CarSharing auch aus ökologischer Perspektive. Durch die geteilte Nutzung werden insgesamt weniger Autos benötigt und viele CarSharing-Anbieter setzen auf spritsparende sowie elektrische Modelle. Das gilt besonders für Anbieter, die mit dem „Blauen Engel“ ausgezeichnet sind. So können Start-ups von Beginn an ihren ökologischen Fußabdruck kleinhalten.
Vier Punkte zur Auswahl des richtigen CarSharing-Anbieters
1. Der Standortfaktor
Der Standort der CarSharing-Fahrzeuge ist ein maßgeblicher Faktor. Steht das Auto zu weit weg, lohnen sich vor allem kurze Nutzungen zeitlich nicht. Im Idealfall sollte sich mindestens eine CarSharing-Station mit reservierten Stellplätzen in fußläufiger Entfernung befinden. In Großstädten gibt es häufig „Free Floating“-Angebote, wobei die Fahrzeuge in einem definierten Geschäftsgebiet nach Bedarf am Straßenrand abgestellt werden. Diese Fahrzeuge eignen sich eher für kurze One-Way-Fahrten innerhalb der Stadt. Längere Dienstfahrten gehen bei dieser Variante sehr schnell ins Geld. Stationsbasiertes CarSharing bietet zusätzlich den Vorteil, dass jedes Auto einen reservierten Stellplatz hat. Dadurch entfällt die Suche nach einem freien Parkplatz.
2. Die Fahrzeuge müssen zum eigenen Bedarf passen
Müssen häufig große Gegenstände oder viel Gepäck transportiert werden, kommt nur ein CarSharing-Unternehmen in Frage, das auch größere Fahrzeugmodelle zur Verfügung stellen kann. Manche Anbieter bieten außerdem an, das Fahrzeug temporär mit dem eigenen Firmenlogo auf einer Magnetfolie auszustatten.
3. Der Service zählt
Ein guter CarSharing-Service ist rund um die Uhr erreichbar und bietet ein einfaches Handling. Einige CarSharing-Unternehmen bieten für Geschäftskunden auch exklusiv reservierte Zeitfenster für bestimmte Fahrzeuge an oder bei entsprechender Auslastung eine eigens eingerichtete CarSharing-Station auf dem Firmengelände. Die Verbreitung des Angebots kann besonders für Unternehmen mit überregionalem Fokus wichtig sein. Der Anbieter cambio ist beispielsweise in vielen Städten – vor allem in Norddeutschland und NRW – mit einer eigenen Flotte aktiv und ermöglicht darüber hinaus durch Partnerschaften die Nutzung in hunderten deutschen und belgischen Städten.
4. Kosten und Leistungen vergleichen
Logischerweise ist ein Preisvergleich zwischen der Nutzung von CarSharing und dem Kauf oder Leasing eines eigenen Firmenwagens sinnvoll. Dasselbe gilt auch für verschiedene CarSharing-Anbieter, wenn die Voraussetzungen ansonsten gleich gut ausfallen. Viele Anbieter haben maßgeschneiderte Tarife für Unternehmen im Angebot. Zählt man sämtliche Kosten für ein eigenes Fahrzeug zusammen, ist CarSharing in vielen Fällen die günstigere Alternative. In jedem Fall gewinnen junge Unternehmen und Startups beim CarSharing eine hohe Flexibilität und durch die Auslagerung von Pflege, Wartung und Verwaltung der Fahrzeuge deutlich mehr personelle Kapazitäten für andere Aufgaben.
Der Autor Norbert Jagemann ist seit 2022 Geschäftsführer der Holdinggesellschaft cambio Mobilitätsservice GmbH & Co. KG. cambio unterhält in zahlreichen deutschen und belgischen Städten mehr als 5.500 Fahrzeuge für über 200.000 Kund*innen.
5 Missverständnisse, die Purpose-Start-ups kennen sollten
Wenn dein Purpose-Start-up nicht zu den 60 Prozent zählen sollen, die in den ersten drei Jahren scheitern, musst du folgende fünf Missverständnisse kennen und überwinden. Insights von Michael Stausholm, Gründer und CEO von SproutWorld.
Die Gründung eines erfolgreichen, nachhaltigen Unternehmens von Grund auf liefert unschätzbare Erkenntnisse. Was ich heute als „Lernprozesse“ bezeichne, sehen viele zielorientierte Start-ups oft als moderne Tabus. Doch die Wahrheit ist: Wenn dein Start-up nicht zu den 20 Prozent gehören soll, die ihr erstes Jahr nicht überstehen, oder zu den 60 Prozent, die in den ersten drei Jahren scheitern, musst du die folgenden fünf Missverständnisse überwinden, um erfolgreich zu sein.
1. Missverständnis: Gewinn ist nicht wichtig
Das wohl hartnäckigste Missverständnis vieler zielorientierter, grüner und nachhaltigkeitsfokussierter Start-ups ist die Annahme, dass Gewinn keine Rolle spielt. Ich habe zahlreiche leidenschaftliche Menschen getroffen, die die Welt verändern wollen, aber das Thema Gewinn scheuen. Diese Denkweise kann jedoch fatal sein. Wie willst du dein Produkt oder deine Dienstleistung entwickeln, produzieren und vermarkten, ohne Einnahmen zu generieren.
Ein Start-up zu führen, ist teuer, und die Konzentration auf Ihre Einnahmen ist entscheidend, um das erste Jahr zu überleben. Es wird oft erwartet, dass grüne Unternehmer*innen den Impact über den Gewinn stellen. Manche glauben sogar, dass man Gewinne verbergen sollte, falls sie erzielt werden. Doch um zu florieren, brauchst du einen klaren Finanzplan. Nachhaltige Produkte sind oft teurer als konventionelle Alternativen, also musst du strategisch vorgehen. Überlege, wie du mit billigeren, konventionellen Alternativen konkurrieren kannst.
Ein Beispiel: Unser pflanzbarer Sprout-Bleistift. Für den Preis eines einzigen Sprout-Bleistifts könntest du dreimal so viele Plastik-Kugelschreiber kaufen. Trotzdem haben wir über 80 Millionen Sprout-Bleistifte in mehr als 80 Ländern verkauft. Wir konkurrieren nicht mit billigem Plastik- Merchandise – und wir wollen das auch nicht. Stattdessen haben wir eine neue Nachfrage bei bewussten Kund*innen geschaffen, die Marken unterstützen möchten, die ihre Werte teilen. Erkenntnis: Auch wenn der Gewinn zu Beginn nicht deine oberste Priorität ist, sollte er kein Tabu sein.
2. Missverständnis: Es ist nicht wichtig, auf Zahlen zu fokussieren, um Investor*innen anzuziehen
Um dein Unternehmen auszubauen, benötigst oft externe Finanzierung durch Investor*innen, Kredite oder Crowdfunding. Wenn dein Hauptaugenmerk jedoch auf den ökologischen Vorteilen deines Produkts oder deiner Dienstleistung liegt, könnte dies Investor*innen abschrecken. Diese messen den Erfolg in der Regel am Gewinn.
Forschung der Warwick Business School zeigt, dass grüne Unternehmer*innen „was mir wichtig ist“ mit „was ihnen wichtig ist“ in Einklang bringen müssen, um Kapital anzuziehen und erfolgreich zu sein. Eine vierjährige Studie über sechs grüne Start-ups kam zu dem Ergebnis, dass Unternehmer*innen den Mehrwert für Investor*innen betonen müssen. Auch wenn es frustrierend ist, sich mehr auf Gewinn als auf Nachhaltigkeit zu konzentrieren, ist es entscheidend. Ein finanziell nachhaltiges Unternehmen ermöglicht es dir letztendlich, langfristig ökologisch und wirkungsvoll zu handeln.
3. Missverständnis: Erfolg erfordert eine revolutionäre Idee
Gute Ideen sind wertvoll, aber nicht alles. Viele Menschen nutzen das Fehlen einer bahnbrechenden Idee als Ausrede, um nicht mit ihrem Unternehmen zu starten. Die Wahrheit ist: Gute Ideen werden oft überbewertet.
Erfolg hängt nicht nur von der Idee ab, sondern von den Maßnahmen, die du ergreifst, um sie umzusetzen. Viele erfolgreiche Start-ups und etablierte Unternehmen gedeihen nicht, weil sie eine völlig neue Idee hatten, sondern weil sie bestehende Produkte oder Dienstleistungen verbessert haben. Warte nicht auf die große Inspiration – du könntest ewig warten.
4. Missverständnis: Du musst von Anfang an 100 % nachhaltig sein
Ambitionierte Nachhaltigkeitsziele sind wichtig, können aber überwältigend wirken und von der Umsetzung abhalten. Stattdessen solltest du deine Ziele in kleinere Schritte unterteilen. Frage dich: Was können wir sofort tun, um ein bisschen umweltfreundlicher zu werden?
Ein Beispiel: Wir wollten ursprünglich organische Samen in unseren Sprout-Bleistiften verwenden. Doch organische Samen sind teuer und schwer zu beschaffen, was die Vielfalt der Pflanzen eingeschränkt hätte. Daher starteten wir mit nicht-GMO-Samen. Heute sind einige unserer Samen organisch, andere nicht. Aber das ist in Ordnung, solange wir kontinuierlich daran arbeiten, unseren ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
5. Missverständnis: Lebenslauf ist wichtiger als Einstellung und Cultural-fit
Ohne ein Team mit der richtigen Einstellung bleiben deine Ideen und Ziele bedeutungslos. Eine der wichtigsten Lektionen, die ich gelernt habe, ist die Bedeutung des Mindsets der Menschen, mit denen man arbeitet. Suche nach Teamplayern, die bereit sind, überall mit anzupacken – besonders in den ersten Jahren eines Start-ups. Stelle nur Menschen ein, mit denen du gern acht Stunden im Flugzeug sitzen würdest. Im Englischen gibt es das Sprichwort „Culture eats strategy for breakfast“ – ich würde sogar noch weitergehen und sagen „Cultures consumes everything – breakfast, lunch and dinner included.“
Der Autor Michael Stausholm ist Gründer und CEO von SproutWorld, dem B-Corp-zertifizierten Unternehmen hinter dem weltweit einzigen pflanzbaren Bleistift. Zuvor hat Michael Stausholm Unternehmen wie Nike und Walmart dabei beraten, nachhaltigere Produktionspraktiken einzuführen und war Mentor für grüne Start-ups in seinem Heimatland Dänemark.
Flow it till you make it
Gründer*innen bewegen sich ständig im Spannungsfeld zwischen der Sorge vor dem Scheitern und der Begeisterung für den Erfolg. Immer wieder taucht die Frage auf: „Werde ich es schaffen?” Die Chancen für ein Ja steigen, wenn du einige wesentliche Dinge richtig machst.
Sein(e) eigene(r) Chef*in zu sein, ist eine tolle Sache, aber auch eine extreme Verantwortung. Klappt etwas nicht, trägt man die volle Verantwortung und kann schnell das Gefühl bekommen, versagt zu haben. Als Gründer*in und Unternehmer*in muss man sich ständig beweisen. Anfangs arbeitet man oft in einer Art Einzelkämpfer*innenmentalität und investiert unermüdlich Zeit und Energie – erstaunlicherweise oft mit großer Freude. Doch sobald das Geschäft richtig Fahrt aufnimmt, stößt man schnell an die Grenzen der Arbeitskapazität eines kleinen Kernteams, das bislang mit blindem Verständnis fungiert hat.
Die nächste Herausforderung besteht darin, neue Mitarbeitende einzustellen und einzuarbeiten. Anstatt zu sinken, steigt die Belastung weiter. Nun steht man vor doppelter Verantwortung: Man muss nicht nur das Unternehmen und seine Vision am Markt verteidigen und durchsetzen, sondern auch das eigene Team führen und mitnehmen. Die zusätzliche Aufgabe der Mitarbeitendenführung führt häufig zu einer erhöhten psychischen Belastung, die sich auf die ohnehin schon hohe physische Belastung aus den langen Arbeitsstunden aufsetzt.
Viele Gründer*innen laufen in dieser Phase Gefahr, entscheidende Fehler zu machen und dann an Selbstzweifeln und Überforderung zu scheitern. Trotz eines gut laufenden operativen Geschäfts können die psychosozialen Herausforderungen überwältigend sein und letztlich zu einem Misserfolg führen.
Manchmal sind es kleine Fehlentscheidungen, die später das Aus eines Unternehmens bedeuten können. Neue Erkenntnisse, insbesondere aus den Neurowissenschaften, bieten wertvolle Einblicke in effektive Selbstführung und können als Katalysator für nachhaltigen persönlichen und geschäftlichen Erfolg dienen.
1. Stress und Überlastung (mit bewährten Methoden reduzieren)
Als Gründer*in bist du oft hohem Arbeits- und Entscheidungsdruck ausgesetzt, was zu chronischem Stress und Burnout führen kann. Chronischer Stress kann den Cortisolspiegel erhöhen, was dich auf Dauer krank macht und die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Achtsamkeitsübungen reduzieren nachweislich den Cortisolspiegel und verbessern die kognitive Kontrolle. Das heißt, du kannst dein Gehirn fast wie einen Muskel auf Stressresilienz trainieren und bleibst unter Druck ruhiger und triffst bessere Entscheidungen. Nach nur acht Wochen Mediation ist beispielsweise nachweisbar, dass die Aktivität der rechten Amygdala deutlich abnimmt. Die Amygdala ist das Alarmsystem im Gehirn, und die rechte Amygdala ist vor allem dafür da, aus den Umgebungsreizen herauszufiltern, was Stress machen könnte und was Aufmerksamkeit kriegen soll. Auch deine Angst vorm Scheitern hat hier ihren Ursprung. Eine Reduktion der Tätigkeit der rechten Amygdala bedeutet nichts anderes, als dass uns Außenreize seltener stören. Mit anderen Worten: mehr Fokus! Regelmäßiger moderater Sport senkt zusätzlich Stresshormone und fördert das allgemeine Wohlbefinden.
2. Schlafmangel und falsches Essen (vermeiden)
Schlafmangel ist weitverbreitet und kann die Entscheidungsfindung, Kreativität und emotionale Stabilität beeinträchtigen. Vergiss den 5AM-Club, wenn du nicht um 22 Uhr ins Bett gehst. Denn der Effekt auf das Gehirn ist eindeutig: Schlafmangel macht dumm. Schlaf ist entscheidend für die Konsolidierung von Gedächtnisinhalten und die Wiederherstellung kognitiver Funktionen. Guter Schlaf, in Dauer und Schlafenszeit deinen individuellen biologischen Bedürfnissen folgend, ist aus neurowissenschaftlicher Sicht der zentrale Baustein effizienter Selbstführung für Gründer*innen. Auch wenn Schlafdisziplin in spannenden Zeiten und bei dem tollen Team, das du hast, oft schwerfällt, solltest du unbedingt darauf achten. Zentral meint in diesem Kontext wirklich zentral. Denn aus deinen individuellen, durch deine Biologie vorgegebenen Schlafenszeiten lassen sich die Zeitphasen ableiten, in denen du am leistungsfähigsten bist.
Verstehst und beachtest du den Zusammenhang zwischen zirkadianem Rhythmus und Produktivität, kannst du diese Hochleistungsphasen bewusst nutzen, um einen Flow-Zustand zu aktivieren, der bis zu fünf Mal mehr Produktivität verspricht. 500 Prozent Produktivitätssteigerung sind wirklich möglich, allerdings nur, wenn du dich nicht selbst durch deine Essgewohnheiten sabotierst. Deine Ernährung hat nämlich großen Einfluss auf deine Produktivität. Das gilt sowohl für die Menge und die Qualität als auch für die Essenszeiten. Es nützt dir nichts, deine Hochleistungsphasen zu kennen, wenn du deinen Körper durch zu schwere Ernährung zum falschen Zeitpunkt selbst sabotierst. Da ist unser Körper gnadenlos: Verdauung hat Vorrang vor Konzentration. Mit einer Portion Currywurst-Pommes oder Käse-Nachos im Magen hat dein Körper kaum Kapazität für Flow.
3. Dein persönliches Produktivitätsprofil erkennen (und nutzen)
Der zirkadiane Rhythmus ist unsere innere Uhr und beeinflusst Schlaf-Wach-Zyklen, Hormonproduktion, Körpertemperatur und unser Verhalten. Er hat einen großen Einfluss auf unsere Produktivität, da er bestimmt, wann wir geistig am fittesten oder müde sind. Das biblische „Alles hat seine Zeit“ kann deshalb tatsächlich physiologisch begründet werden. Unser Testosteronspiegel ist beispielsweise morgens am höchsten. Auch unser Cortisolspiegel ist in den frühen Morgenstunden (etwa um 6 bis 8 Uhr) am höchsten. Ein moderat hoher Cortisolspiegel am Morgen hilft, wach und aufmerksam zu sein, um den Tag zu beginnen. Ein chronisch erhöhter Cortisolspiegel stört dagegen den Schlaf-Wach-Zyklus. Um 4.30 Uhr wach zu liegen und Sorgen zu wälzen, hat einen Namen: Stress-induzierte Schlaflosigkeit. Es ist die durch den eigenen Körper ausgesprochene Einladung, mit einem/einer Coach oder Therapeut*in das Thema Stress zu diskutieren.
Aufbauend auf diesen natürlichen biologischen Zyklen habe ich gemeinsam mit meinem Team das „BioTimeBoxing“ entwickelt. Die Idee dieser Zeitmanagement- und Produktivitätstechnik ist, bestimmte Aufgaben in festgelegte Zeitintervalle zu legen. Dabei berücksichtigt man die individuellen physiologischen und mentalen Tagesrhythmus, identifiziert Höchstleistungsphasen des Tages und beugt durch klügere Planung einer Überforderung vor. Aus physiologischer Sicht gibt es auch Zeitphasen, in denen wir besonders konzentriert arbeiten und einen Flow-Zustand aktivieren können. Laut Forschung können wir in diesen Phasen bis zu fünf Mal produktiver sein als sonst.
4. Motivationsverlust und miese Laune verhindern (durch natürliches Dopamin)
Mangelnde Motivation zeigt sich auch bei Gründer*innen in der gefürchteten Prokrastination. Wir fangen lieber gar nicht erst mit der schwierigen Aufgabe an. Wir drücken uns genauso gern darum, den neuen Businessplan oder die Präsentation für die Investor*innen fertigzustellen, wie davor, dem/der Mitarbeitenden in der Probezeit zu sagen, dass er/sie doch nicht ins Team passt. Das eine ist kognitiv herausfordernd, das andere macht uns schlechte Gefühle. Beides will unser Gehirn vermeiden. Kurzfristig fühlen wir uns zwar besser, weil wir die Aufgabe nicht angehen müssen. Aber schon mittelfristig sorgt die Entscheidung für Frust und miese Laune. Prokrastination ist allerdings kein Bug unseres Gehirns, sondern ein Feature. Denn unser Gehirn will uns jetzt vor schlechter Stimmung bewahren, es pfeift gern mal auf morgen.
Aber auch Motivation hat eine physiologische Grundlage: den Botenstoff Dopamin, den wir über unser Belohnungssystem aktivieren können. Denn wenn wir ein Ziel verfolgen, wird Dopamin freigesetzt, was uns antreibt und zu Handlungen motiviert. Es fördert die Lust an der Aufgabenbewältigung und an Erfolgen. Im Gegensatz zur verbreiteten Meinung wird Dopamin nicht nach Erreichen des Ziels (als Belohnung) freigesetzt, sondern im Gegenteil, davor. Dazu muss das Ziel allerdings für uns passend sein. Bei der Formulierung unserer Ziele müssen wir für den passenden Dopaminschub sorgen, um unser evolutionär auf Prokrastination programmiertes Denkorgan mit seinen eigenen Mitteln zu schlagen:
- Setze dir klare und spezifische Ziele: Anstatt „Ich will mein Start-up wachsen lassen“, ist „Ich möchte innerhalb der nächsten drei Monate zehn neue Kund*innen gewinnen“ effektiver. Formuliere deine Ziele positiv: Statt „Ich möchte weniger Zeit mit ineffizienten Meetings verschwenden“, ist „Ich möchte jede Woche eine Stunde für fokussierte Produktentwicklung einplanen“ effektiver. Klare Ziele erleichtern es dem Gehirn, eine konkrete Handlung zu planen und durchzuführen – vor allem wenn jedes Zwischenziel auf eine große Vision einzahlt.
- Über erreichbare Zwischenziele zu einer großen Vision und umgekehrt: Durch die Unterteilung in kleinere, erreichbare Zwischenziele wird die kontinuierliche Freisetzung von Dopamin gefördert. Jeder kleine Erfolg sorgt für einen Schub und motiviert zum Weitermachen. Das Endziel ist deine große Vision von dem, was du erreichen möchtest. Und jetzt kommt ein entscheidender Trick. Mit einer Technik namens Visionskaskade kannst du dir klarmachen, wie jede Aufgabe, beispielsweise die nervige Präsentation, auf das Endziel einzahlt und dadurch Dopamin im Überfluss generieren. Wie das genau funktioniert, beschreibe ich in meinem Buch „Follow Your Flow“ (s. Tipp am Ende des Beitrags). Auch wie du deine persönlichen Produktivzeiten findest und optimal nutzen kannst, um deine Ziele mit und nicht gegen deinen Körper zu erreichen, erkläre ich dir step-by-step. So kannst du zwar auch als Gründer*in dem Tag nicht mehr Stunden geben, aber du kannst deine Zeit effizienter nutzen und deine Ziele stressfreier erreichen.
Du schaffst das (wenn du Ratschläge annimmst)
Ich habe selbst als junger Gründer jede dieser Phasen durchlebt und überlebt. Inzwischen müsste ich nachzählen, wie viele Unternehmen ich gegründet habe, aber ich kann dir deshalb versprechen: Du schaffst das auch. Ich habe mich vielleicht zu sehr auf Trial and Error verlassen und musste beispielsweise mit einer unglaublichen Prokrastinationsphase für meine Doktorarbeit bezahlen. Mein Rat: Hör auf das, was dir erfolgreiche Gründer*innen raten – nicht auf diejenigen, die selbst am Rande ihrer Kräfte sind und eigentlich aufgeben möchten; aber bleib vor allem in deinem eigenen Rhythmus.
Wenn du deinem Körper durch ausreichend Schlaf und eine gute Ernährung genügend Energie zuführst und deinen Tag richtig planst, gelangst du zur richtigen Zeit in den Flow-Zustand. Dadurch steigerst du deine Wirksamkeit um ein Vielfaches. Diese Wirksamkeit bringt dich nach vorn und gibt Ruhe für gute Entscheidungen. Mit der Zeit wird es immer einfacher, wenn du weißt, wie es richtig gemacht wird, und du wirst jede deiner Aufgaben erfolgreich bewältigen. Fortschritte stellen sich dann systematisch ein. Statt „Fake it till you make it“ gilt daher besser: „Flow it till you make it.“
Der Autor Dr. Frederik Hümmeke ist Experte in den Bereichen Coaching, Leadership, Konfliktbewältigung, Krisenmanagement und Buchautor von:
Follow your Flow. Mit neuster Forschung und erprobten Praxistipps wirklich wirksam und zufrieden werden. ISBN: 978-3-86470-988-3, Books4success 2024, 19,19 Euro (Taschenbuch), 17,99 Euro (eBook)
Fehlermanagementkultur statt Fehlerkultur
Statt eine Fehlerkultur zu leben, gilt es im Start-up eine Fehlermanagementkultur mit Fokus auf Management zu etablieren. So geht’s.
Dass Fehler zum (Arbeits-)Leben dazugehören, ist mittlerweile fast überall common sense – glücklicherweise. Wo aber in vielen Unternehmen, auch in Start-ups, noch jede Menge Potenzial geborgen werden kann, ist im Umgang mit Fehlern. Denn jeder Fehler enthält wertvolle Informationen und das Potenzial für Innovationen, die ein erfolgreiches von einem sehr erfolgreichen Start-up unterscheiden.
Doch statt eine Kultur der Fehler, also eine „Fehlerkultur“ zu etablieren, muss der Umgang mit Fehlern viel mehr in den Vordergrund gerückt werden; es braucht eine „Fehlermanagementkultur“, mit einem deutlichen Fingerzeig auf das Wort Management.
Diese zu etablieren, muss ein wichtiges Ziel für ein Start-up sein, das langfristig offen und innovativ sein möchte. Denn über Fehler zu sprechen, aus ihnen zu lernen und sie nicht nur verhindern zu wollen, ist der Kern einer guten Fehlermanagementkultur.
Diese zu etablieren ist grundsätzlich Aufgabe des gesamten Teams. Aber, wie bei allen zentralen Entscheidungen im Unternehmen, kommt es letztlich auf die Gründer*innen und die Führungskräfte an. Sie sind verantwortlich für die Unternehmenskultur, zu der eine gute Fehlermangementkultur gehört.
Die gute Nachricht ist: Es lassen sich drei wissenschaftlich fundierte Strategien identifizieren, wie eine Fehlermanagementkultur etabliert werden kann.
Gründer*innen sind Vorbilder, auch beim Managen von Fehlern
Fehler zu machen und darüber zu reden, klingt wie eine Binse. Aber die wichtigen Fehler, über die schweigen wir dann doch gern: Wenn wir das Potenzial eines Projekts einfach falsch eingeschätzt haben. Oder die Marketing-Kampagne doch nicht abgehoben ist wie gehofft. Finden wir dann Ausreden – die Kampagne oder das Projekt hat einfach nicht die richtige Zielgruppe erreicht und war in einem schwierigen Umfeld? Oder sagen wir: Ja, das war ein Fehler, wir haben etwas falsch gemacht – aber daraus ziehen wir diese oder jene Schlussfolgerung?
Das ist ein zentraler Unterschied in der Haltung und im Umgang mit Fehlern. Und den schauen sich gerade juniorige Kolle*innen sehr genau an, weil sie ihr eigenes Verhalten nach dem ihrer Vorgesetzten und Vorbilder ausrichten. Oft adaptieren wir, was wir sehen und es wird zur Norm. Das gilt nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch im Berufsleben. Deswegen sollten Gründer*innen mit gutem Beispiel vorangehen, auch beim Fehlerumgang.
Gründer*innen geben den Rahmen fürs Fehlermachen vor
Mit dem Komplexitätsgrad der Aufgabe steigt oder sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, Fehler zu machen. Wer also in seinem Team Kolleg*innen auch mit themenfremden Herausforderungen betraut, fördert sie, auch indem er sie eigene Fehler machen lässt. Der berühmte Sprung ins kalte Wasser, aber in einem Rahmen, in dem man sich weiterentwickeln kann. Dies entspricht dem sogenannten Aktionslernen, also dem „Learning by Doing“. Eigenverantwortung ist hier das Zauberwort, denn die Entscheidungen werden im gesteckten Rahmen den Kolleg*innen übergeben, der oder die Gründer*in unterstützt nur, steht aber mit ausgestreckter Hand zur Seite. Eigene Erfahrungen sollen also im Team gesammelt werden, ohne dass die Gefahr besteht, das Projekt gegen die Wand zu fahren.
Bereits dieses Loslassen und Aufgaben übergeben mag manche(n) Gründer(in), die bzw. der sehr an einzelnen Projekten hängt, vor Schwierigkeiten stellen; denn loslassen ist immer schwer. Aber: Damit wird wiederum ein normalisierender Umgang mit Fehlern etabliert und gleichzeitig werden die Mitarbeiter*innen in ihrer Entwicklung gefördert. Also ein Win-win für Unternehmen und Mitarbeiter*innen.
Gründer*innen müssen beim Umgang mit Fehlern coachen
Gründer*innen sind Getriebene. Das ist nachvollziehbar in ihrer Mission, die Welt zu erobern. In diesem ständigen Drang kann aber auch das Innehalten und Reflektieren vergessen werden – dabei ist das entscheidend. Denn egal ob ein Projekt, eine Finanzierungsrunde oder ein Launch „gut“ oder „schlecht“ geklappt hat: Das Team sollte sich danach die Zeit zum Einordnen nehmen. Was haben wir mitgenommen, was können wir nächstes Mal besser machen? Die Erkenntnisse zu verschriftlichen – auf einem Whiteboard, auf Post-its, auf dem eigenen LinkedIn-Profil, wo auch immer –, hilft für die Zukunft. Hier sollten Gründer*innen zu Coaches werden, die zum (kritischen) Reflektieren animieren – und somit langfristig für Lernen, Innovationen und Resilienz sorgen.
Fehlermanagementkultur bedeutet: Fehler machen und sie aktiv managen ist besser als Fehler immer nur verhindern zu wollen
Alle drei genannten Prinzipien sorgen dafür, dass Fehler nicht verdammt und verhindert werden. Sie sorgen dafür, dass über Fehler gesprochen wird und wir daraus lernen, ihnen positive Aspekte abzugewinnen. Für Gründer*innen und Führungskräfte in Start-ups ist es daher wichtig, diese drei Strategien anzunehmen und so oft wie möglich im Joballtag zu leben. Wann immer möglich offensiv mit Fehlern umzugehen, sie einordnen und erklären, damit andere davon lernen können – das unterscheidet langfristig erfolgreiche Start-ups von sehr erfolgreichen Start-ups.
Der Autor Christoph Seckler leitet seit 2019 den Lehrstuhl für Entrepreneurial Strategy an der ESCP Business School in Berlin. Er forscht zu Entrepreneurship und speziell zum Lernen aus Fehlern und zu Fehlermanagementkultur.

