Nachfolgen statt gründen

Autor: Jan Friedrich
44 likes

Sieben Tipps für eine erfolgreiche Unternehmensnachfolge im Mittelstand.

Ein bereits laufendes Unternehmen als Nachfolger zu übernehmen, kann eine attraktive und spannende Alternative zum Selbstgründen sein. Gerade im Mittelstand stehen aktuell viele inhabergeführte Betriebe vor der Wahl: Nachfolger finden oder Aufgeben. Eine gute Chance für Jungunternehmer, ein alteingesessenes Unternehmen zu übernehmen und ihm trotzdem die eigene Handschrift zu verleihen, vor allem im Bereich Digitalisierung.

Der Mittelstand ist eine wichtige Säule der deutschen Wirtschaft. Doch viele kleine und mittlere Betriebe stehen vor einer unsicheren Zukunft, weil ihre Inhaber keine Nachfolger finden. Bereits jetzt sind über 1,5 Millionen Inhaber und Inhaberinnen 55 Jahre oder älter. Das ist eine Chance für Jungunternehmer, die gerne ein eigenes Unternehmen starten möchten, ohne den Druck und das Risiko einer Neugründung.

Ein gut am Markt positioniertes Unternehmen zu übernehmen, dabei von einem bereits existierenden Kundenstamm und langjährigen Beziehungen sowie einer eingespielten Belegschaft zu profitieren, sind gewichtige Vorteile gegenüber einer Neugründung.

Offen stehen Nachfolgern aktuell zwölf Prozent der mittelständischen Betriebe in Deutschland, die laut KfW Research in den kommenden Jahren ihre Tore schließen müssten, wenn ihre Inhaber keinen Nachfolger finden.

Nachfolgeoptionen genau prüfen

Wer eine Unternehmensnachfolge plant, sollte ausschließlich Betriebe in die engere Auswahl nehmen, die zu den eigenen Ambitionen und Zielen passen. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, das Businessmodell und die Branche, in der das einzelne Unternehmen beheimatet ist, genau zu prüfen. Hierzu gehört auch, sich einen umfassenden Überblick über die laufenden Geschäfte der Firmen sowie deren infrastrukturellen und personellen Status quo zu verschaffen. Es gilt etwa Fragen zu klären, wie groß das Wachstumspotenzial des jeweiligen Betriebs ist, welche Investitionen geplant sind, auf welchem Stand Maschinenpark und IT sind und ob die Mitarbeiter mit dem größten Know-how nach dem Eigentümerwechsel bleiben werden.

Von Experten beraten lassen

Die vielen Fragen, die bei einer Unternehmensnachfolge wichtig sind, lassen sich kaum in Eigenregie oder auf die Schnelle beantworten. Daher ist es wichtig, den Rat von Experten einzuholen. Sie können beispielsweise bei Rechtsfragen unterstützen, steuerliche Aspekte erläutern oder einschätzen, und Hinweise geben wie viel die Übernahme eines bestehenden Betriebs insgesamt kosten darf. In diesem Zusammenhang können etwa Banken mit fachlicher Expertise unterstützen. Kurzum: Wer sich mit dem Gedanken einer Unternehmensnachfolge trägt, braucht nicht zu befürchten, das gesamte Projekt alleine stemmen zu müssen.

Finanzierung richtig angehen

Ausschlaggebend für eine erfolgreiche Nachfolge ist neben der Sondierung eines geeigneten Betriebes, der Analyse dessen Geschäftsmodells und des Zukunftspotenzials die Klärung der Finanzierung, vor allem wie viel Eigenkapital der Jungunternehmer aufbringen kann und soll. Im Allgemeinen wird ein Anteil von etwa 20 Prozent empfohlen, über den Nachfolger beim Kauf eines Unternehmens verfügen sollten. In der Regel ist aber zusätzliches Fremdkapital erforderlich, sei es als Geschäftskredit der Hausbank oder in Form von Ratenzahlungen auf den Kaufpreis. Als weitere Fremdkapitalquelle bieten sich Risikokapitalgeber an. Für Venture-Capital-Firmen gelten zukunftsfähige mittelständische Betriebe mit überzeugender Digital-Strategie als interessantes Investment.

Bund und Länder haben ebenfalls verschiedene Programme zur Unterstützung von Existenzgründern aufgelegt, die auch Firmennachfolgen abdecken. Beispiele hierfür sind der „ERP-Gründerkredit“ und das „ERP-Kapital für Gründung“ der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Und mit dem Mikrokreditfond Deutschland hat der Bund ein Bürgschaftssystem gestartet, das eine weitere Alternative sein kann. Darüber hinaus können sich Nachfolger in Kooperation mit ihrer Hausbank bei diversen Förderprogrammen der Bundesländer bewerben.

Eine wichtige Entscheidungshilfe für Fremdkapitalgeber sind in diesem Zusammenhang die Jahresabschlüsse des zu übernehmenden Betriebes mit Gewinn- und Verlustrechnung der vergangenen drei Jahre sowie die entsprechenden hinterlegten Sicherheiten des Kaufinteressenten. Neben den reinen Finanzaspekten spielen aber auch Aspekte wie das jeweilige Marktumfeld, die Kunden- und Wettbewerbssituation sowie der Digitalisierungsgrad des Betriebs und die daraus abzuleitenden Potenziale eine wichtige Rolle.

Kaufpreis umfassend ermitteln

Ein weiterer Meilenstein und nicht selten auch eine Herausforderung im Rahmen eines Übernahmeprozesses ist die Ermittlung des Kaufpreises für das mittelständische Unternehmen. Klassische Ansätze wie das EBIT-Verfahren oder die Orientierung am Ertragswert greifen dabei häufig zu kurz. Auch immaterielle Werte wie Geschäfts- oder Produktideen, das implizite Know-how der Mitarbeiter, die Unternehmenskultur, etablierte Beziehungen zu Lieferanten und Kunden sowie die Marktposition sollten in die Bewertung einfließen. Nicht zu unterschätzen ist zudem der emotionale Wert, der insbesondere beim Verkauf von Familienunternehmen eine wichtige Rolle spielt. Denn hier geht es vielen scheidenden Firmenlenkern weniger um rein finanzielle Aspekte als vielmehr um die Anerkennung ihres Lebenswerks.

Übergabeprozess nachhaltig planen

Ist die Entscheidung für eine Übernahme gefallen, sollte sich ein sauber strukturierter Übergabeprozess anschließen. Dieser ist in zweierlei Hinsicht sinnvoll. Zum einen wird der neue Eigentümer in die Strukturen des Unternehmens eingeführt. Der Vorgänger macht ihn mit notwendigen operativen Aufgaben vertraut und stellt ihn bei Kunden und Geschäftspartnern vor. Zum anderen kann der ehemalige Firmenlenker Vertrauen zu seinem Nachfolger aufbauen. Denn wer sein eigenes Unternehmen ein gesamtes Berufsleben lang aufgebaut hat, tut sich oft schwer, sein Lebenswerk in fremde Hände zu legen. Eine gemeinsame Übergangszeit hilft somit beiden Seiten – fachlich und emotional.

Digitale Neuausrichtung berücksichtigen

Unternehmensnachfolger sollten zudem überprüfen, inwieweit die Digitalisierung im Betrieb bereits fortgeschritten ist. Steckt die Entwicklung diesbezüglich noch in den Kinderschuhen, haben Nachfolger die Gelegenheit, Prozesse zu überdenken und als Firma innovativer am Markt aufzutreten. Nur wer Arbeitsabläufe und Geschäftsmodelle digital abbilden kann, bleibt konkurrenzfähig – auch im globalen Wettbewerb. Unternehmensnachfolge kann in diesem Zusammenhang die Chance sein, einen Paradigmenwechsel herbeizuführen und eine neue, digitalere Unternehmenskultur zu implementieren. Eine sinnvolle Maßnahme in diesem Kontext ist es, das digitale Know-how der Mitarbeiter in Form von Weiterbildungen oder Workshops zu fördern. Sind weitere Kompetenzen erforderlich, können Nachfolger neue Stellen schaffen und diese mit von außen rekrutierten Fachkräften besetzen, die über entsprechende digitale Kenntnisse verfügen.

Kontakt zu den Mitarbeitern suchen

Bei Nachfolgeprozessen ist von Beginn an ein enger Dialog mit den Mitarbeitern notwendig. Eine offene Kommunikation hilft dabei, die Akzeptanz geplanter Veränderungen wie Modernisierungsmaßnahmen bei der Belegschaft zu steigern. Indem Unternehmensnachfolger auf jeden einzelnen persönlich eingehen und neue Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen, können sie Vertrauen zu den Beschäftigten aufbauen und den Teamgeist stärken.

Es muss nicht immer Gründen sein

Die Unternehmensnachfolge ist ein solider Weg in die Selbständigkeit. Wer einen bestehenden Betrieb übernimmt, profitiert beispielsweise davon, dass es zu Lieferanten und Partnern bereits eine langjährige vertrauensvolle Beziehung gibt. Kunden und oft auch Stammkunden sind vorhanden. Und nicht zuletzt bilden die Mitarbeiter ein eingespieltes Team.
     
Der Autor Jan Friedrich ist Vice President Field Marketing Central Europe bei Sage, das Gründern, Selbständigen und kleinen Unternehmen Desktop-Software für Auftragsbearbeitung, Warenwirtschaft und Finanzbuchhaltung bietet.

Diese Artikel könnten Sie auch interessieren:

Wie fit ist dein Start-up?

Eine medizinisch-unternehmerische Checkliste für Start-ups mit wichtigen Krankheitssymptomen und erprobten Therapievorschlägen.

Mit einer guten Portion Humor verpackt, erkennt man unschwer, dass Start-ups und der menschliche Körper einiges gemeinsam haben. Und es zeigt sich: Diese Analogien können helfen, ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie ein Start-up funktioniert, welche Rollen und Verantwortlichkeiten jeder Teil des Unternehmens hat und wie Krankheiten bzw. Probleme bekämpft werden können.

Welche Organe gibt es im Start-up-Körper?

Das System Start-up besteht aus verschiedenen Organen, die sich gegenseitig brauchen und unterstützen. Starten wir mit dem Wichtigsten: Das Team bildet das Herz eines Start-ups. Als einer der stärksten Muskeln im Körper, pumpt das Herz das Blut durch die Adern des Start-ups, hält es am Laufen und ist die Grundvoraussetzung dafür, zu wachsen und Muskeln aufzubauen. Apropos Muskeln: Die meisten Start-ups starten mit kleinen Muskeln, also kleinen Budgets, einem Kernteam und der Basis-Büroausstattung. Durch Finanzierungsrunden und Umsatzsteigerungen können diese Muskeln Stück für Stück aufgebaut werden.

Das Geschäftsmodell ist das Skelett des Start-ups: Wie das menschliche Skelett gibt auch das Geschäftsmodell Struktur und Stabilität. Es ist die Basis des Unternehmens, mit der der gesamte Kreislauf steht und fällt. Dabei ist ein Skelett jedoch nicht starr, sondern kann sich je nach Situation beugen – ohne dabei seine ursprüngliche Form zu verändern. Diese Flexibilität ist wichtig, um Veränderungen und Herausforderungen zu bewältigen, dabei die ursprüngliche Geschäftsidee aber nicht zu vergessen.

Zu guter Letzt: Die Kommunikationskanäle, sprich Website, Social Media und Marketing, symbolisieren das Gesicht eines Start-ups. Sie sind in der Regel die ersten Berührungspunkte, die ein(e) Kund*in oder Nutzer*in mit einem Start-up hat. Sie spiegeln somit die Identität des Start-ups wider und kommunizieren das Angebot, also die Dienstleistung oder das Produkt, sowie die Unternehmenswerte nach außen. Ein offenes und freundliches Gesicht ist eine wichtige Voraussetzung, um mit Kund*innen, Talenten und Investor*innen in Kontakt zu kommen.

Gängige Krankheitssymptome und Therapien

Je nach Krankheitsbild können verschiedene Heilmethoden angewendet werden:

  • Nährstoffmangel: Ein Nährstoffmangel kann über einen Bluttest festgestellt werden. Wie beim Menschen gibt es dabei Richtwerte, die möglichst nicht über- oder unterschritten werden sollten. Bei einem Start-up kann ein „Bluttest“ über eine Analyse des Soll- und Ist-Zustands durchgeführt werden. Der Soll-Zustand zeigt den Richtwert an und der Ist-Zustand, wo auf der Skala sich das Start-up aktuell befindet. Bei großen Abweichungen der Werte kann man von einer Mangelerscheinung sprechen. Diese kann dann zum Beispiel über frisches Kapital, personelle Verstärkung oder neues Equipment behoben werden.
  • Entzündungswerte: Wenn der Bluttest mit einem Negativ-Befund zurückkommt, sollten auch die Entzündungswerte gecheckt werden. Das bedeutet: Hat sich der Mangel bereits auf das Team ausgewirkt? Gibt es Unstimmigkeiten, weil beispielsweise Zuständigkeiten nicht klar aufgeteilt sind? Hier hilft es dann einerseits, den Mangel (s.o.) zu beheben und andererseits gleichzeitig die Symptome zu behandeln – sprich: aktiv auf das Team zuzugehen und seine Bedürfnisse zu besprechen bzw. umzusetzen.
  • Rückenschmerzen: Durch falsche Bewegungen oder unnatürliche Haltung können Rückenprobleme entstehen. In der Start-up-Welt bedeutet das: Das Skelett, also das Geschäftsmodell, wurde womöglich zu sehr oder zu schnell verbogen. Da es buchstäblich das Rückgrat des Start-ups ist, muss man hier besonders vorsichtig vorgehen und besser nicht zum Knochenbrecher gehen. Veränderungen innerhalb des Geschäftsmodells sind ganz natürlich, müssen aber in kleinen Schritten vollzogen werden – ansonsten tut es weh.
  • Blässe und Augenringe: Beides ist keine richtige Krankheit, aber dennoch Ausdruck davon, dass etwas nicht ganz optimal läuft. Das Erscheinungsbild eines Start-ups sollte jedoch vor Kund*innen, Investor*innen und potenziellen Talenten gepflegt und frisch wirken. Entdecken Gründer*innen, dass dies nicht der Fall ist, sollten sie auf die Suche nach dem Problem gehen.

Vorbeugende Therapien

Natürlich ist es am besten, Krankheitssymptome gar nicht erst aufkommen zu lassen. Wie so häufig, hilft es auch dem Start-up-Körper, regelmäßig Sport zu treiben. Nur wer sich anstrengt, kann etwas erreichen. Und ja, auch Schwitzen und Muskelkater gehören dazu. Geduld ist dabei jedoch ein wichtiges Attribut, um das Herz bzw. Team nicht zu überanstrengen oder das Skelett bzw. das Geschäftsmodell durch falsches Trainieren so zu belasten, dass es nicht mehr standfähig ist. Langsamer Muskelaufbau ist ohnehin gesünder und langfristig erfolgreicher.

Aktiv zu sein, heißt aber nicht nur, Sport zu machen. Wertvolle soziale Verbindungen können im Sportverein, auf Veranstaltungen oder über gemeinsame Kontakte geknüpft werden. Rege Gespräche erweitern nicht nur den Horizont, sie halten auch den Kopf fit.

Gegen viele Erkrankungen kann man sich zudem impfen lassen. Die beste Impfung ist dabei Know-how. Dieses lässt sich auf drei Arten ins Unternehmen holen: entweder durch Fortbildungen für das Bestandsteam, durch das Einstellen von qualifizierten neuen Mitarbeitenden oder über externe Berater*innen wie Business Angels und Frühphaseninvestor*innen. Letztere stärken dabei nicht nur mit ihrem Wissen, sondern auch mit ihren finanziellen Mitteln die Abwehrkräfte des Start-ups.

Gesundheits-Checkliste für Start-ups

  • Laufanalyse: Wie performt euer Geschäftsmodell auf dem Markt? Sind die Umsätze und der Cashflow stabil? Reagiert das Unternehmen flexibel auf Veränderungen?
  • Sporttest: Macht ihr regel­mäßig „Sport“? Dazu zählt nicht nur Gehirnjogging, also die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells, sondern auch die Unterstützung der Mitarbeitenden in Fortbildungen – damit sie gesund und stark bleiben.
  • Blutwerte checken: Gibt es Mangel­erscheinung und/oder erhöhte Entzündungswerte?
  • Vereinsamung: Seid ihr ausreichend unter Menschen, knüpft Kontakte und tauscht euch aus?
  • Der Blick in den Spiegel: Repräsentieren die Website, Social-­Media-Kanäle und das Marketing die Produkte und Werte des Unternehmens noch korrekt? Schließlich ist bei Start-ups in diesem Bereich viel Bewegung. Für Außenstehende muss jederzeit die aktuelle Identität ersichtlich und verständlich sein.
  • Vorbeugung: Ist der Impfschutz aktuell?

Auf gute Gesundheit

Um die Gesundheit seines Start-ups zu prüfen, gilt es also, internes und externes Feedback für sämtliche Bereiche rund um das Unternehmen einzuholen und seinen Status einzuschätzen. Wie wichtig das ist, wurde hoffentlich durch den Vergleich mit Krankheiten deutlich.

Der Autor Maximilian Block ist Geschäftsführer des Frühphaseninvestors ESB Invest sowie Gründer und Landessprecher des Bundesverbands Deutscher Startups sowie Digitalisierungsbotschafter.

Erfolg ist kein Zufallsprodukt

Warum Strategieentwicklung im Start-up von Anfang an ein Must-have ist.

Wer träumt nicht davon, mit seiner Geschäftsidee innerhalb kürzester Zeit erfolgreich zu sein, vom schnellen Wachstum, einem geglückten Börsengang und satten Gewinnen? Dass es solche Erfolgsstorys gibt, beweisen Start-ups immer wieder. Ist ein solcher Erfolg ein reines Zufallsprodukt? Wohl kaum. „Et hätt noch emmer joot jejange“ – dieser rheinische Glaubenssatz mag für viele Lebenslagen taugen. In Unternehmen ist er generell fehl am Platz. Dies gilt auch für Start-ups. Stattdessen ist Strategiearbeit ein Schlüssel zum Erfolg.

Oftmals erscheinen einem Erfolgsgeschichten von Unternehmern, bei denen nur wenige Jahre zwischen Gründung und geglücktem Börsengang liegen, rückblickend so, als hätten diese lediglich einen aufkommenden Trend intelligent für sich zu nutzen gewusst. Geht die Betrachtung jedoch tiefer, wird offenkundig, dass alle erfolgreichen Gründungen eines gemeinsam haben: Ihnen liegt eine gute Strategie zugrunde. Doch was ist überhaupt eine Strategie? Die wohl einfachste Antwort darauf lautet: Strategie ist der Weg, auf dem du vom Heute zu deinem Wunschziel in der Zukunft gelangst. Wenn du keine Idee davon hast, wo du hinwillst, wirst du deinen Wunschort wohl kaum erreichen – und wenn, dann nur mit sehr viel Glück.

Eine Strategie hilft, begrenzte Ressourcen und Dynamik des Umfelds in Einklang zu bringen

Warum sich Unternehmer*innen mit der Strategieentwicklung befassen sollten, lässt sich auf zwei Gründe reduzieren. Einer davon ist die Knappheit vorhandener Ressourcen. Jede(r) Unternehmer*in – egal ob jung oder am Markt etabliert –, ist gezwungen, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln auszukommen. Effizienz ist gefragt, insbesondere bei Start-ups: Die Zahl der Mitarbeitenden ist oft (noch) sehr klein, die zahlreichen Aufgaben auf wenigen Schultern verteilt. Die Banken halten sich darüber hinaus mit der Vergabe von Startkapital zurück. Und auch die ersten Investor*innenrunden liegen meistens noch in weiter Ferne. Trotz dieser Restriktionen – oder gerade deswegen – ist es für dich als Gründer*in umso wichtiger, deine Zeit und Energie auch in die Strategieentwicklung zu investieren.

Eine Strategie zu entwickeln, erfüllt jedoch noch einen anderen wichtigen Zweck: Sie dient als Kommunikationsplattform – sowohl nach innen betrachtet als auch nach außen hin. Wenn sie für alle Beteiligten verständlich formuliert, nachvollziehbar und überzeugend ist, wird sie dein Team begeistern und entsprechend umsetzen. Sie dient darüber hinaus als Kommunikationsmittel, um das Kapital zu gewinnen, das du zur Weiterentwicklung deiner Geschäftsidee dringend benötigst. Eine Strategie muss deine Stakeholder*innen zu 100 Prozent überzeugen, damit sie deiner Idee und dir als Person ihr Vertrauen schenken und Geld in dich investieren. Ohne Vertrauen kein Kapital.

Der zweite Grund, dich intensiv mit der Strategie zu befassen, lautet Wettbewerb. Kein Unternehmen bewegt sich im luftleeren Raum. Das gilt selbst für jene Start-ups, die Märkte komplett neu erschließen und nach deren Gründung zunächst auf der Erfolgswelle surfen. Auch sie werden irgendwann angreifbar. Hinzu kommt die Dynamik unserer heutigen Welt, in der das einzig Beständige der permanente Wandel ist. Man denke nur an die Entwicklung der letzten drei Jahre zurück: Corona, unterbrochene Lieferketten, Krieg in Europa, Rekordinflation und Energiekrise. Zu diesen makro­ökonomischen Faktoren kommen weitere Trends und Ereignisse hinzu, von denen heute noch niemand so recht weiß, wann und in welcher Form sie eintreten werden, beispielsweise die nächste Pandemie, disruptive Technologien, geopolitische Konflikte, Terroranschläge oder verheerende Naturkatastrophen.

Flexibel agieren und die Strategie immer wieder hinterfragen

Diese Dynamik zu beherrschen – und dies alles mit sehr begrenzten Mitteln –, ist nicht nur für Start-ups, sondern für alle Unternehmen eine komplexe und schwierige Aufgabe. Was die Sache jedoch speziell für Gründer*innen heikel macht: Oftmals fehlt es ihnen an Erfahrungswerten aus der Vergangenheit, da einige Märkte bisweilen komplett neu erschlossen werden. Zwar sind Start-ups häufig sehr agil – und müssen es auch sein! Sie können im Gegensatz zu großen Unternehmen meist viel schneller auf kurzfristige Entwicklungen reagieren. Es mangelt ihnen jedoch nicht selten an einer organisch gewachsenen Organisationsstruktur. Das Start-up-Team ist entweder erst noch am Entstehen oder so schnell gewachsen, dass von Struktur kaum die Rede sein kann. Daraus folgt, dass Gründer*innen sowohl ihre strategischen Ziele als auch ihre Organisationsstruktur an die äußeren Rahmenbedingungen besonders flexibel anpassen müssen. Auch du solltest die Bedürfnisse deiner Kund*innen, das Marktumfeld und nicht zuletzt den Wettbewerb im Blick behalten, um deine Strategie im Bedarfsfall schnell nachjustieren zu können. Das alles natürlich, ohne deine ursprüngliche Geschäftsidee über Bord zu werfen.

Gut gemachte Strategiearbeit setzt durchdachte Planung voraus

Doch wie und wann mit der Strategiearbeit beginnen? Eine nachhaltig tragende Strategie zu entwickeln, funktioniert am besten, wenn du die Entwicklung als einen Prozess begreifst. Damit dir der Einstieg in diesen Prozess gelingt, ist eine gute Planung das A und O. Dazu solltest du dir zunächst die folgenden fünf Fragen beantworten:

  • Was willst du erreichen?
  • Wer legt in deinem Start-up fest, wonach ihr strebt? Wer trifft die zielrelevanten Entscheidungen und führt sie aus?
  • Warum und für wen willst du gerade diese Ziele erreichen?
  • Wo und wann willst du deine Ressourcen und Kompetenzen einsetzen?
  • Wie sollen Ressourcen und Kompetenzen eingesetzt werden?

Beginnen solltest du mit der Entwicklung deiner Strategie dann, wenn deine Geschäftsidee ausgereift ist, wenn du beispielsweise einen Prototyp fertig entwickelt hast. Spätestens loslegen ist dann angesagt, wenn von Investor*innenseite das erste Geld fließen soll und du Banken oder sonstige Investor*innengruppen mit ins Boot holst.

Nimm deine Strategieentwicklung selbst in die Hand und binde dein Team mit ein

Wichtig ist, dass du den Prozess der Strategieentwicklung selbst gestaltest und keine externen Berater*innen damit beauftragst. Betrachte zunächst deine Ausgangslage, trage quantitative und qualitative Daten zusammen und analysiere diese intensiv. Setze dich mit den für dich relevanten Märkten, deinen Wettbewerber*innen und den Bedürfnissen deiner Kund*innen aus­einander. Reflektiere die Ergebnisse, fokussiere dich auf das Wesentliche und entwickle die Maßnahmen, mit denen du dein Ziel am besten erreichst. Indem du dich dabei an fest definierte Prozessschritte hältst, gibst du dem Prozess deiner Strategieentwicklung eine Struktur. Dies sorgt für Klarheit, Transparenz und zudem für ein gemeinsames Verständnis bei allen Beteiligten. Das wiederum hilft dir, die Strategie zu verinnerlichen und sie in deinem Start-up zu implementieren. Natürlich ist die Entwicklung einer Strategie immer mit Arbeit und Mühen verbunden. Aber es macht auch sehr viel Spaß, wenn ihr die Sache gemeinsam und zielgerichtet anpackt. Und es spart obendrein Geld, wenn euch keine Flut an PowerPoint-Folien und Excel-Tabellen von externer Seite präsentiert wird, mit der letztendlich niemand so recht etwas anzufangen weiß.

Strategiearbeit endet nie

Bis zur Formulierung deiner fertigen Strategie solltest du mit einem Zeitraum von mindestens drei Monaten rechnen. Diese umzusetzen, wird hingegen sehr viel länger dauern. Und wirklich fertig wirst du mit der Strategiearbeit nie, da sie ein in sich geschlossener Prozess ist. Die Welt dreht sich weiter, sodass du auch in Zukunft deine Strategie immer wieder hinterfragen und nachschärfen solltest. Indem du diesen Workflow in den operativen Alltag deines Start-ups integrierst und ihn nicht als notwendiges Übel, sondern als Chance betrachtest, legst du den Grundstein zu deinem Erfolg.

Die Autoren

Christian Underwood ist Gründer mehrerer Start-ups. Gemeinsam mit Prof. Jürgen Weigand hat er 2022 das Düsseldorfer Unternehmen StrategyFrame aus der Taufe gehoben. Dieses bietet Strategiemacher*innen mit dem gleichnamigen Produkt eine Strategy-as-a-Service-Lösung auf analoger und digitaler Ebene, www.strategy-frame.com

Prof. Jürgen Weigand ist Professor für Ökonomie und Akademischer Direktor des Instituts für Industrieökonomie sowie des Instituts für verantwortungsvolle Unternehmensführung an der WHU – Otto Beisheim School of Management in Vallendar

Mitgründer werden – wie finde ich ein passendes Start-up?

Auch Personen ohne geniale Ideen können einen wertvollen Beitrag für junge Unternehmen leisten und bspw. als Mitgründer oder Mitgründerin in ein Start-up einsteigen.

Ein Unternehmen von Grund auf zu gestalten, kann eine spannende und auch lohnende Angelegenheit sein, wenn das Unternehmen später erfolgreich ist. Aber nicht jeder ist mit Ideen ausgestattet, die gleich ein ganzes Unternehmen begründen können oder hat die Zeit dazu, sich eingehend mit einer eigenen Idee zu beschäftigen. Dafür gibt es eine Lösung: Auf zahlreichen Plattformen gibt es Gründer von Start-ups, die „Mitgründer“ suchen. Ein Mitgründer ist nicht einfach nur Teil des Unternehmens, wie etwa ein Angestellter. Stattdessen ist ein Mitgründer ein Geschäftspartner, der in alle wichtigen Entscheidungen einbezogen wird.

Warum ist ein Mitgründer für viele Unternehmen wichtig?

Die Idee allein reicht für die Gründung eines Unternehmens nicht aus. Egal, wie erfolgsversprechend diese Idee ist oder scheinen mag: Die Umsetzung ist letztlich entscheidend. Ein Unternehmen muss bei der Umsetzung so viel beachten, dass eine Person damit meist überfordert ist. Von Buchhaltung über Entwicklung des eigentlichen Produktes oder der Dienstleistung bis zum Marketing sind die Aufgaben vielfältig. Da niemand ein Fachmann für alles ist, brauchen die meisten Gründer Unterstützung.

Bewerbung als Mitgründer

Wer sich für das Modell Start-up interessiert, aber nicht selbst gründen möchte oder kann, sollte sich deshalb überlegen ein Mitgründer zu werden. Dabei sollte der Bewerbung als Mitgründer viel Aufmerksamkeit geschenkt werden. Eine solche Bewerbung kann nicht wie die eines Nebenjobs einfach kurz gemacht und abgeschickt werden. Schließlich geht es hier nicht einfach darum, einen Mitarbeiter zu finden, der im Zweifel auch wieder gekündigt werden kann.

Vielmehr geht es darum, einen Partner zu finden. Daher sollte aus der Bewerbung klar hervorgehen, mit welcher Persönlichkeit der Gründer rechnen kann und welche Stärken oder Schwächen der neue Geschäftspartner mitbringt. Die Bewerbung sollte auch ansprechend gestaltet sein. So können Vorlagen für einen ansprechenden Lebenslauf verwendet werden. Die einzelnen Dokumente wie Anschreiben und eine Vorstellung der eigenen Person sollten dabei stilistisch ineinandergreifen.

Welche Gründungsphase eignet sich am besten für den Einstieg?

Ein Einstieg in ein Start-up macht nicht zu jedem Zeitpunkt der Gründungsphase Sinn. Der geeignete Zeitpunkt hängt aber auch von den eigenen Fähigkeiten ab und wann diese zum frühesten Zeitpunkt gebraucht werden. Generell gilt: Je früher in das Unternehmen eingestiegen wird, desto leichter wird die „Verpartnerung“ der Geschäftspartner. Wird erst sehr spät eingestiegen, kann es passieren, dass immer ein leichtes Ungleichgewicht zwischen dem „eigentlichen“ Gründer und dem „später dazu gekommenen“ Gründer bleibt.

Viele Gründer suchen daher bereits in der Pre-Seed Phase nach einem Mitgründer. Pre-Seed Phase beschreibt die Phase vor der eigentlichen Gründung. In dieser Phase wird das Unternehmen noch entwickelt, die Ideen werden angepasst und der Businessplan geschrieben. Gegründet wird das Unternehmen egal in welcher Rechtsform dann offiziell zu zweit und das ist auch gut und richtig so, damit es später nicht zu Differenzen kommt.

Start-ups finden, die einen Mitgründer suchen

Für die Suche nach einem Start-Up in der Gründungsphase, bei dem ein Mitgründer gesucht wird, eignet sich unter anderem die Internetsuche. Es gibt zahlreiche Plattformen, auf denen Gründer nach Mitgründern suchen und ihre Ideen vorstellen. Mit dazu gehören:

  • Founderio
    Die Plattform founderio dürfte in Deutschland die bekannteste Plattform sein, auf der sich Interessierte nach Start-Ups umschauen können. Auf founderio werden nicht nur Mitgründer gesucht, daher sollte die Ausschreibung genau angeschaut werden. Manchmal suchen Unternehmen hier auch Mitarbeiter oder Mentoren, die das Projekt von Anfang an begleiten.
  • Startup sucht
    Startup sucht ist eine weitere Plattform, auf der hauptsächlich deutsche Gründer und Gründerinnen nach Mitgründern suchen. Auch hier werden nicht immer nur Mitgründer gesucht. Auch Freelancer, Angestellte oder Büroflächen werden hier gesucht.
  • Founders Nation
    Für alle, die im internationalen Raum nach einem Start-up suchen wollen, kann Founders Nation die richtige Plattform sein. Founders Nation ist neben einer Suchseite für Mitgründer auch eine Seite, die dabei hilft, Ideen für ein Start-up zu finden.
  • Letslunch
    Letslunch ist eine Suchplattform für Gründer und Mitgründer, die mit einem ganz eigenen Konzept daherkommt. Hier kommen die Mitglieder zu einem „Lunch“ zusammen, entweder persönlich vor Ort oder im virtuellen Raum. Das Treffen dauert zwischen 45 und 90 Minuten und soll dazu dienen, den möglichen Geschäftspartner gleich persönlich kennenzulernen.
  • XING und Co.
    Auch auf bekannten Plattformen wie Xing können Start-ups gefunden werden, die sich in der Gründungsphase befinden und Mitgründer suchen. Wer sich über Xing bei einem Start-up bewerben will, sollte darauf achten, dass das eigene Profil auf dem neuesten Stand ist.
  • Facebook
    Es gibt mittlerweile für beinahe alles eine Facebook-Gruppe, so auch für die Suche nach einem Unternehmen in der Gründungsphase, das Mitgründer sucht. Allerdings gibt es hier, um die Sache gleich kompliziert zu machen, nicht nur eine, sondern zahlreiche Gruppen, die mehr oder weniger gut funktionieren. Wer diese Option wählt, sollte ein wenig Zeit mitbringen, um die Gruppen erst einmal zu sichten.

Gründer treffen – Offline-Suche nach geeigneten Start-ups

Natürlich ist es auch möglich, offline nach geeigneten Start-ups zu suchen. Hierfür eignen sich zum Beispiel Gründertreffen, welche von speziellen Netzwerken organisiert werden. Beispielsweise organisiert das Netzwerk BNI regelmäßig entsprechende Events, bei denen Gründer, Mentoren und potenzielle Mitgründer aufeinandertreffen und sich austauschen können. Aber auch andere Organisatoren bieten ähnliches an. Beim FAZ-Institut gibt es zum Beispiel eine Art Speed-Dating.

Das passende Projekt finden

Das Wichtigste bei der Suche nach einem passenden Start-up ist es letztlich, das richtige Unternehmen und – nicht zu vergessen – den richtigen Gründer als potenziellen Geschäftspartner zu finden. Das richtige Unternehmen sollte mit der Idee überzeugen. Kommt bei der Idee keine innere Begeisterung auf, sollte lieber weitergesucht werden. Eine Mitgründung funktioniert nur dann, wenn die Idee an sich schon eine Saite zum Schwingen bringt.

Mindestens genauso wichtig ist es aber, den richtigen Geschäftspartner zu finden. Stimmt hier die Chemie nicht, ist das Projekt meist zum Scheitern verurteilt. Der passende Geschäftspartner sollte in ähnlicher Weise denken und das Ziel sollte beiden schnell gemeinsam klar werden. Auch sollten Stärken und Schwächen sich am besten jeweils ergänzen. Es bringt nichts, wenn sich mit jemandem blendend verstanden wird – aber beide Personen keine Ahnung von Marketing haben. Daher sollte schon bei der Suche die Unternehmensvorstellung genau gelesen werden. Meistens stellen die Gründer hier schon vor, was sie suchen und wo sie noch Bedarf haben. Passt dies zu den eigenen Stärken, ergibt eine Bewerbung Sinn.

Change Management: Keine Angst vor Veränderungen

Wir zeigen, wie gutes Change Management effizient gelingen kann.

Auf das Thema Change Management reagieren viele mit Abwehr oder Angst vor Veränderung. Dabei ist Veränderungsmanagement vielfach der Schlüssel für den Erfolg eines Unternehmens und zufriedenere Mitarbeitende. Wie kann also Change Management zur Zufriedenheit aller beteiligten Stakeholder eingesetzt werden und warum sind Kommunikation und Empowerment dabei die entscheidenden Erfolgsfaktoren?

Der richtige Zeitpunkt für Veränderung

Change Management ist die systematische Anpassung eines Unternehmens an sich wandelnde Umstände. Es ist deswegen so wichtig, weil es Unternehmen mittels einer Reihe von Methoden und Prozessen dabei unterstützt, sich an Veränderungen anzupassen, die außerhalb ihrer Kontrolle liegen. Durch ein gutes Veränderungsmanagement können Firmen den inneren Widerstand verringern, der bei Umgestaltungen häufig aufkommt. Deswegen hängt auch der Zeitpunkt, wann ein Unternehmen spätestens einen Change-Management-Prozess anstoßen sollte, von verschiedenen Faktoren ab, je nachdem, was das Unternehmen konkret verändern möchte: Ein guter Zeitpunkt ist, sobald firmenintern eine signifikante Änderung der Strukturen, Prozesse oder Technologien erfolgen soll. Damit ist beispielsweise eine Umstrukturierung einer Abteilung, eine neue Unternehmensstrategie oder die Einführung einer neuen Technologie gemeint.

Wichtig ist, dass der Prozess so früh wie möglich angestoßen wird. Das Schöne am Change Management ist, dass es ein universelles Werkzeug für wirklich jedes Unternehmen ist, das die eben genannten Veränderungen in seinem Geschäftsbetrieb umsetzen möchte. Dabei hängt die Dauer der Umstellung stark von der Komplexität und dem Umfang des Veränderungsprozesses ab. In der Regel kann man aber von einer Zeitspanne von mindestens einigen Monaten ausgehen, in einigen Fällen sogar bis zu mehreren Jahren.

Erfolgreich wandeln in fünf Phasen

Für die Durchführung eines Change-Management-Prozesses gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Frameworks. Bekannte Modelle sind beispielsweise das nach Lewin, nach McKinsey, Kübler-Ross oder der Psychotherapeutin Virginia Satir. Gemeinsam ist all diesen Frameworks, dass sie von unterschiedlichen Phasen ausgehen, die eine tiefgreifende Veränderung normalerweise begleiten, wie etwa Schock, Widerstand, Angst, Verleugnung etc. Am Ende eines gelungenen Change-Management-Prozesses steht immer die Akzeptanz des Neuen, das dann wertstiftend in die eigene Persönlichkeit und das eigene Umfeld integriert werden kann.

Da Unternehmen in der Mehrzahl hierarchisch organisiert sind und wenn die Veränderung ein klar definiertes Ergebnis und einen bekannten Lösungsweg hat (Leitfragen: „Was wollen wir erreichen?“ sowie „Wie erreichen wir es?“), empfehle ich das Phasenmodell des traditionellen Projektmanagements, das fünf folgende Phasen umfasst:

Phase 1: Analyse und Initiierung

Hier geht es um eine Bestandsaufnahme und die Ermittlung des Ist-Zustands im Hinblick auf die Frage, ob ein Prozess oder eine Aktivität geändert werden müssen.

Phase: 2 Planung

Im zweiten Schritt steht die Entwicklung eines Change-Konzepts und die Erstellung eines entsprechenden Plans im Vordergrund.

Phase 3: Umsetzung

In dieser Phase wird das Change-Konzept implementiert und der Change-Plan umgesetzt.

Phase 4: Kontrolle

Diese Phase dient der Überwachung des Change-Prozesses und stellt die Ermittlung von Abweichungen sicher.

Phase 5: Abschluss

In der letzten Phase wird der Change-Prozess in der Rückschau bewertet, die neuen Prozesse und Systeme werden überwacht und es wird ein Abschlussbericht erstellt.

Selbst in diesem traditionellen Modell gibt es den so genannten „Change Request“, der Veränderungen berücksichtigt. Bei Veränderungsanliegen, bei denen das Ergebnis sich im komplexen Raum (siehe Stacey-Diagramm) befindet, also das „Was“ und „Wie“ eher unbekannt sind, kann es helfen, ein agiles Framework zu nutzen. So können Veränderungen in kleinen Teilabschnitten umgesetzt und im Nachgang kontrolliert werden, bevor der nächste Schritt erfolgt.

Vollständig agil beispielsweise mittels SCRUM in Sprints zu arbeiten, ist insbesondere bei vielen Ungewissheiten der neuen Umgebung ein hilfreiches Vorgehen. Der Plan-Do-Check-Act-Kreislauf, auf dem SCRUM letztendlich basiert, ist vielen Unternehmen im Bereich der Qualitätssicherung bereits bekannt. Dem Artefakt „Check“ des PDCA-Kreislaufs oder in SCRUM das „Review“ und die „Retrospektive“ sind dabei von besonderer Bedeutung, da sie alle Stakeholder einbeziehen und den Veränderungsprozess prägen.

Das Ziel und die Umwelt diktieren also die richtige, nämlich erfolgversprechende Taktik.

Impulse der Führungsebene

Gutes Veränderungsmanagement beginnt mit einer klaren Vision des Führungskreises, wie und wohin sich das Unternehmen in der Zukunft entwickeln möchte. Wenn sich die Verantwortlichen dafür einsetzen, schaffen sie ein Umfeld, in dem sich die Mitarbeitenden auf die anstehenden Veränderungen innerlich vorbereiten können. Denn wer die Chancen von Veränderung nachvollziehen kann, akzeptiert sie leichter. Um alle beteiligten Unternehmensbereiche wertstiftend in den Veränderungsprozess zu integrieren, sollte zunächst ein Change-Management-Team oder ein Change Management-Beauftragter ausgewählt werden, das oder der die Verantwortung für die Umsetzung des Veränderungsprozesses übernimmt. Handelt es sich dabei um ein ganzes Team, sollte es aus Personen aller beteiligten Unternehmensbereiche gebildet werden und interdisziplinär aufgestellt sein. Es hilft den involvierten Abteilungen, wenn es Zeitpläne erstellt, Ressourcen bereitstellt und den Fortschritt überwacht.

Drei Basisregeln für die Zusammenstellung eines Change-Management-Teams:

1. Fähigkeiten erkennen: Die Beteiligten eines Change-Management-Prozesses sollten bestimmte Skills haben, damit der Wandel gelingen kann. Dazu zählen – neben dem technischen und organisatorischen Wissen – Attribute wie Kommunikationsstärke, Stakeholdermanagement, Geduld und Führungsvermögen. Natürlich müssen sich diese Fähigkeiten nicht in einer einzelnen Person bündeln – besser noch ist es, wenn das Team möglichst verschiedene Blickwinkel abbildet.

2. Ressourcen gewähren: Veränderungsmanagement ist durchaus anstrengend, was nicht nur an der anstehenden Veränderung als solcher liegt, sondern auch am zeitlichen Aspekt. Daher ist es wichtig, dass die beteiligten Akteure während des Prozesses auf die oben genannten Ressourcen zurückgreifen können. Tun sie das nicht, kommt es zu Verzögerungen, Frust und Fehlern.

3. Vertrauen schenken: Denn das ist die Basis, um sich überhaupt auf die Veränderung innerlich einzulassen und sie dann im Außen auch erfolgreich durchziehen zu können.

Negative Abwehrhaltung durchbrechen

Wichtig sind dabei vor allem regelmäßige Feedbackschleifen zwischen den Abteilungen und dem Change-Management-Team, weil nur so sichergestellt werden kann, dass sich die gemeinsam beschlossenen Änderungen erfolgreich implementieren lassen. Neben diesen formalen Aspekten ist eine wertschätzende und kooperative Haltung aller Teammitglieder ungemein hilfreich.

Dass man dabei nicht immer von Anfang an bei allen Beteiligten auf Akzeptanz stößt, darf nicht verwundern. Meist hängt eine Abneigung damit zusammen, dass Change-Management-Prozesse eine Veränderung einleiten, die einen Abschied bedeutet von Gewohntem, das Sicherheit suggeriert. Das kann dann bei manchen Beteiligten zu negativen Gefühlen führen, die mit der Angst vor dem Unbekannten zusammenhängt. Letztlich ist diese menschlich und auch bis zu einem gewissen Ausmaß normal. Jede und jeder von uns war sicherlich schon einmal in einer völlig neuen Situation, die nicht steuerbar schien und auf die wir dann mit Abwehrmechanismen reagiert haben. Bei Veränderungsprozessen in Unternehmen können solche Gefühle besonders dann ausgelöst werden, wenn sich die Mitarbeiter durch das Neue bedroht oder überrumpelt fühlen und ihnen nicht genügend Informationen oder Zeit gegeben wurde, um die Veränderungen zu verstehen. Führungskräften kommt die wichtige Aufgabe zu, Sicherheit und klare Ziele zu vermitteln und als Vorbild voranzugehen.

Wertschätzung und Kooperation

Ein gelungenes Change Management bindet alle ein. Denn wer die Notwendigkeit von Veränderung nachvollziehen kann, ihre Chancen, aber auch die damit verbundenen Risiken sehen darf, kann einen Change auch akzeptieren. Ein solches Einbeziehen kann beispielsweise über Workshops oder Schulungen geschehen. Wichtig ist, jegliche Bedenken und Zweifel, aber auch alle Ideen und Meinungen der Mitarbeiter aufzugreifen und ernst zu nehmen und alle ganz aktiv in den Veränderungsprozess einzubinden. Empathie zu den Beteiligten ist entscheidend und vermittelt Verständnis und Akzeptanz. Dies bedeutet nicht, dass Einigkeit beim Vorgehen herrschen muss oder Entscheidungen demokratisch getroffen werden. Zudem ist es hilfreich, positionsunabhängig diejenigen Mitarbeitenden einzubinden, die einen starken positiven Einfluss auf ihre Teammitglieder haben. Denn diese Personen haben meist eine Vorbildfunktion und beeinflussen, vergleichbar mit „Influencern“ in den sozialen Medien, mit ihrem Standpunkt und Verhalten ihr Umfeld.

Geduld ist die Mutter jeder Veränderung

Wichtig ist, nicht davon auszugehen, dass die angestoßenen Veränderungsprozesse sofort für alle sichtbare Endergebnisse liefern. Gutes Veränderungsmanagement ist nachhaltig und daher braucht es Zeit, bis sich die erwarteten Ergebnisse zeigen. Es bietet sich an, Erfolgskriterien auf dem Weg dahin zu schaffen, die sich messen lassen. Auch vier von fünf Sterne in einer Umfrage sind ein solches Messergebnis.

Der Autor Rafael Koch ist Head of Customer Success bei Operations1. Zusammen mit seinem Team führt er die Operations1-Software bei den Kund*innen ein und hat schon viele Change-Management-Prozesse erfolgreich begleitet.

Product Discovery Workshop für Start-ups

Wie du mithilfe eines Product Discovery Workshops deine Produktideen validieren, neue Erkenntnisse gewinnen, die Dynamik erhöhen sowie die Teamarbeit und Entscheidungsfindung verbessern kannst.

Jedes digitale Produkt ist anders. Wenn wir also mit der Entwicklung eines neuen Produkts beginnen wollen, müssen wir uns die Bedürfnisse des Produkts, seinen geschäftlichen Kontext und die Branche ansehen. Deshalb ist der Product Discovery Workshop so wichtig, denn er ist der Ausgangspunkt für das Verständnis der gesamten Vision und hilft, potenzielle Schwachstellen zu erkennen. Allerdings kann er auch zu zusätzlichen Problemen führen, wenn er nicht richtig durchgeführt wird. 

Agiles, innovatives und nutzerzentriertes Arbeiten ist heute in den meisten Start-ups längst kein optionales Add-on mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. Der Product Discovery Workshop ist ein allgemeiner Ansatz, der nicht nur punktuell, sondern dauerhaft im Unternehmen eingesetzt werden kann. Er lässt sich in Dauer, Länge und Intensität flexibel an jedes Start-up und jedes Thema anpassen, sodass das Tagesgeschäft nicht auf der Strecke bleibt.

Der Product Discovery Workshop ist ein ergebnisoffener Deep Dive mit dem gesamten Team. Das jeweilige Team taucht in ein neues oder bekanntes Themengebiet ein, das auf sein Potenzial hin untersucht werden soll – bevor es voll entwickelt ist und Änderungen daran sehr kostspielig werden. Denn oft liegt die Herausforderung nicht so sehr in der Entwicklung selbst, sondern in der Identifizierung eines Problems oder Bedarfs, welches für Nutzer*innen relevant ist. Die Ideen werden in einem sehr frühen Stadium mit Nutzer*innen getestet, um die Spreu vom Weizen zu trennen, und zwar immer zu einem Zeitpunkt, an dem Änderungen noch sehr schnell und kostengünstig vorgenommen werden können.

Insgesamt ist der Product Discovery Workshop ein wertvolles Instrument, um Produktideen zu validieren, neue Erkenntnisse zu gewinnen, die Dynamik zu erhöhen und die Teamarbeit und Entscheidungsfindung zu verbessern. Um das Beste daraus zu machen, sollten die folgenden Schritte befolgt werden: 

  • Definiere klare Ziele: Vor dem Workshop müssen klare Ziele festgelegt werden, um zu definieren, was erreicht werden soll. 
  • Strukturiertes Vorgehen: Die richtigen Werkzeuge und Techniken helfen, den Fluss des Workshops aufrechtzuerhalten. Zu diesem Zweck können beispielsweise User Story Mapping, Product Canvas oder Roadmaps eingesetzt werden.
  • Aktive Zusammenarbeit: Alle Teilnehmer*innen sollten aktiv in den Prozess eingebunden werden. So wird sichergestellt, dass alle Perspektiven berücksichtigt werden und die besten Ideen zum Vorschein kommen.
  • Ergebnisse dokumentieren und Prioritäten setzen: Die Ergebnisse des Workshops sollten dokumentiert werden, damit sie anschließend nach Prioritäten geordnet werden können.
  • Nachbereitung und Umsetzung: Nach dem Workshop sollten die Ergebnisse nachbereitet werden, damit Maßnahmen zur Umsetzung der vereinbarten Ziele ergriffen werden können. 
  • Produktideen validieren: Start-ups sollten ihre Produktideen validieren und sicherstellen, dass sie auf die Bedürfnisse und Wünsche ihres Zielmarktes abgestimmt sind. 

Wenn diese Tipps befolgt werden, lassen sich Probleme bei der Produktentwicklung mit größerer Wahrscheinlichkeit vermeiden. Allerdings können Unternehmen und Teams im Allgemeinen während eines Product Discovery Workshops mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert werden. Ohne klare Ziele und Vorgaben kann der Workshop unkonzentriert sein und vom Thema abschweifen, was zu einer Verschwendung von Zeit und Ressourcen führt.

Außerdem sollte darauf geachtet werden, die richtigen Teilnehmer*innen und Ansprechpartner*innen einzuladen, da sonst die Gefahr besteht, dass der Workshop nicht richtig strukturiert ist und somit keine sinnvollen Erkenntnisse liefert. Darüber hinaus stoßen die Teams oft auf den Widerstand von Interessengruppen, die an ihren eigenen Ideen festhalten oder den Wert der Workshop-Ergebnisse nicht erkennen.

Wenn Teams diese Möglichkeiten und Herausforderungen erkennen und Maßnahmen ergreifen, um sie zu bewältigen, können sie sicherstellen, dass ihre Produktentdeckungsworkshops produktiv und effektiv sind. Was sind also die Vorteile?

  • Klärung: Der Workshop trägt dazu bei, den Zweck des Produkts, die tatsächlichen Bedürfnisse der Nutzer*innen und die spezifischen Marktgegebenheiten zu klären.
  • Bessere Abstimmung: Der Workshop kann dazu beitragen, die Abstimmung zwischen den verschiedenen Interessengruppen – darunter Produktmanager*innen, Designer*innen, Entwickler*innen und Kund*innen – zu verbessern.
  • Generierung neuer Ideen: Der Workshop kann neue Ideen und Erkenntnisse hervorbringen, die die Innovation vorantreiben und das Produkt verbessern können.
  • Stärkung der Motivation: Der Workshop kann dazu beitragen, den Produktentwicklungsprozess zu beleben und sicherzustellen, dass sich alle Beteiligten für das Produkt interessieren und engagieren.
  • Verbesserung der Teamarbeit: Durch die Förderung der Zusammenarbeit und der aktiven Beteiligung kann der Workshop die Teamarbeit verbessern und die Qualität der Ergebnisse steigern.
  • Entscheidungsfindung: Der Workshop kann die Entscheidungsfindung erleichtern und die Prioritäten für die nächsten Schritte können klarer festgelegt werden.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Product Discovery Workshops ein wichtiger Schritt im Entwicklungsprozess sind, welcher dabei hilft, die wichtigsten Herausforderungen und Chancen zu identifizieren. So kann der Erfolg eines digitalen Produkts besser bestimmt werden. Es ist jedoch nicht ungewöhnlich, dass während des Entwicklungsprozesses Probleme auftauchen, die einen erheblichen Einfluss auf das Endergebnis haben können. Product Discovery Workshops sind für Unternehmen jeder Größe von Vorteil. Wenn Produktteams diese Best Practices befolgen und potenzielle Probleme proaktiv erkennen und angehen, können sie (häufige) Hindernisse während der Entwicklung vermeiden und Produkte liefern, die die Anforderungen der Benutzer*innen erfüllen und die Erwartungen übertreffen. Letztendlich hängt der Erfolg eines Produkts von seiner Fähigkeit ab, ein echtes Problem für Benutzer*innen zu lösen – ein gründlicher und durchdachter Product Discovery Workshop kann dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen.

Die Autorin Aneta Orszewska ist Product Strategist bei Boldare, einem agil arbeitenden Unternehmen mit fast 20 Jahren internationaler Erfahrung in der Produktentwicklung und Beratung. Das Unternehmen hilft seinen Kund*innen dabei, ihre Geschäftsfelder neu zu definieren, indem es gemeinsam mit ihnen digitale Produkte entwickelt, die ihre User*innen wirklich wollen.

Start-ups und Corporates: die Kluft überwinden

Illai Gescheit – Partner bei Siemens Energy Ventures, Risikokapitalgeber, Unternehmer, Mentor und Autor – über die Herausforderungen und die Notwendigkeit der Zusammenarbeit zwischen Start-ups und Corporates, um gemeinsam die Dekarbonisierungsziele erreichen zu können.

Start-ups und Konzerne stellen völlig unterschiedliche Welten dar, und die Beziehung zwischen ihnen ist kompliziert. Große Unternehmen verfügen über zahlreiche Strategien und Verfahren, um Risiken zu minimieren, und Entscheidungen und Maßnahmen können Zeit in Anspruch nehmen. Auf der anderen Seite müssen Start-ups agil sein und schnell Änderungen vornehmen.

Um die Herausforderungen der Dekarbonisierung zu meistern, sind jedoch weder Corporates noch Start-ups exklusiv in der Lage, Antworten zu liefern. Wenn wir die ökologischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, erfolgreich bewältigen wollen, müssen die Denkweisen dieser beiden Unternehmenswelten weiterentwickelt werden, damit sie schneller und effizienter zusammenarbeiten können. Nur so werden wir die Dekarbonisierungsziele rechtzeitig erreichen.

Corporates, die mit Start-ups zusammenarbeiten wollen, müssen sich auf Start-ups konzentrieren und sich die Zeit nehmen, eine Beziehung aufzubauen und zu verstehen, was Start-ups brauchen: sei es Kapital, Mentoring oder Zugang zu Kund*innen. Ohne dieses Verständnis ist es schwierig, innerhalb des Corporates den richtigen Partner für eine konkrete Partnerschaft zu finden, was im Worst Case zum Fehlstart oder zumindest zu Verwirrung führt und gleich zu Beginn der Beziehung mangelndes Vertrauen und die Verschwendung von Energie und Ressourcen zur Folge hat.

Corporates sind darauf ausgelegt, auf Nummer sicher zu gehen, und ihre Prozesse sind so gestaltet, dass hohe Risiken vermieden werden. Neugründungen hingegen bewegen sich von Natur aus in einem risikoreichen Umfeld, müssen schnell Fehler machen und aus ihnen lernen, wenn sie erfolgreich sein wollen. Diese unterschiedliche Mentalität hat zur Folge, dass mit Misserfolgen ganz anders umgegangen wird. Damit Start-ups und Corporates erfolgreich zusammenarbeiten können, muss diese Kluft verstanden und überbrückt werden.

Auch denken Corporates zu Beginn eines Projekts oft in großen Dimensionen, während Start-ups erst einmal in kleinen Dimensionen agieren und ihre Marktanpassung finden müssen, da sie sonst Gefahr laufen, viel Geld zu verbrennen, wenn sie sich schnell in die falsche Richtung bewegen, oder zu langsam, um die richtige Lösung zu finden.

Wie kann vor diesem Hinterrtrund die Beziehung zwischen Corporates und Start-ups gelingen?

1. Die richtige Mentalität entwickeln

Corporates müssen sich von einer „Start-up-taker“-Organisation zu einer „Start-up-giver“-Organisation wandeln. Auch wenn der Schwerpunkt des Corporates auf der Frage liegt, welches Potenzial ein Start-up mitbringt, muss das Corporate zunächst einen Mehrwert für die Beziehung schaffen, wenn eine solide, auf Vertrauen basierende Beziehung entstehen soll. Es gilt zu fragen, wie das Corporate helfen kann, die Bedürfnisse des Start-ups zu verstehen, und sich einen Ruf als guter Partner für Start-ups aufzubauen. Es gibt einige gute Beispiele von Corporates, die sich das „Start-up-Geber“-Denken zu eigen gemacht haben: Google for Startups, Nvidia VC Alliance, Intel Ignite und natürlich Siemens Energy Ventures.
Eine der offensichtlichen Gelegenheiten zum "Geben" ist, wie bereits erwähnt, das Mentoring. Es bietet eine Quelle von Wissen und Unterstützung, die Gründer*innen hilft, ihre ersten Schritte selbstbewusster zu unternehmen und ihre Positionierung zu verbessern. Die Erfahrung, die ein Mentor aus der Welt der Corporates mitbringt, und die Zeit, die er mit dem Start-up verbringt, tragen dazu bei, eine Brücke zwischen den beiden Welten zu schlagen und sicherzustellen, dass die Beziehung wachsen kann.

Die Zusammenarbeit mit Start-ups erfordert Geduld und Verständnis. Corporates müssen hierbei einen anderen Ansatz wählen als im normalen Tagesgeschäft. Wenn sie ein erfolgreicher Partner sein wollen, müssen sie langfristig denken und bereit sein, kurzfristige Misserfolge in Kauf zu nehmen, während beide Parteien wachsen und lernen.

2. Aufbau von Mechanismen

Mechanismen sind sich wiederholende Prozesse, die skaliert werden können. Mentoring und Schulungen sind Mechanismen, die dem Start-up mit nur begrenztem Aufwand und Unternehmensressourcen einen großen Mehrwert bringen. Sie sind eine Möglichkeit für das Corporate, zu Beginn einer Beziehung einen Mehrwert zu schaffen, und bieten einen Weg, die Bedürfnisse des Start-ups zu verstehen und Vertrauen aufzubauen. Abgesehen von den Mechanismen, um ein erstes Verständnis für die Bedürfnisse und die Eignung eines Start-ups zu erlangen, muss das Betriebsmodell des Corporates in der Lage sein, diese Anforderungen zu erfüllen. Nicht alle Start-ups wollen Kapital und nicht alle brauchen Unterstützung für Pilotprojekte.

Bei Siemens Energy Ventures haben wir drei Abteilungen mit spezifischen Mechanismen geschaffen, um den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Start-ups gerecht zu werden: Venture Building, Venture Clienting und Venture Capital.

Venture Building hilft internal entrepreneurs beim Aufbau neuer, wachstumsstarker Unternehmen, die entweder in das Unternehmensportfolio aufgenommen oder in eigene kommerzielle Unternehmen ausgegliedert und sich als eigenständige Unternehmen entwickeln können. Venture Clienting untersucht die Lücken im Portfolio, um betriebliche Probleme zu identifizieren und Start-ups zu finden, die zur Lösung des Problems beitragen können. Neue Lösungen werden erprobt und können bei Erfolg in das Portfolio aufgenommen werden. Venture Capital basiert auf langfristigen strategischen Investitionen und einer engen Zusammenarbeit zur Erforschung neuer Technologien und neuer Märkte.

War der Ansatz von Siemens Energy Ventures erfolgreich?

Wir wissen noch nicht, ob die Investitionen rentabel sein werden, aber es weist in diese Richtung. Wir sehen, dass sich die Visionen der Companies, mit denen wir zusammenarbeiten, geändert haben, und entwickeln neue Strategien zur Dekarbonisierung und zur Erzielung einer echten Wirkung. Derzeit haben wir vier Investitionen (mit dem Ziel, in fünf weitere pro Jahr zu investieren), zehn laufende Pilotprojekte und acht aktive interne Unternehmen in unserem Start-up-Portfolio.

Wir haben festgestellt, dass die Mechanismen zur Unterstützung von Start-ups einen Mehrwert schaffen. Wir haben ein aktuelles Beispiel für ein Start-up-Unternehmen, mit dem wir eine Partnerschaft anstreben. Es wurde von einem Mitarbeiter von Siemens Energy gescoutet und als Mentor betreut. Wir haben zudem ein Beispiel für ein internes Projekt im Bereich Blockchain und Clean Energy Certification system, das wir unterstützt haben, um diesen Ansatz auf den eines externen Start-ups zu transformieren. Dies trug dazu bei, die Agilität und Innovation zu fördern, und das Team spricht nun mit Kund*innen, baut eine Demo auf und erzielt eine starke kommerzielle Wirkung.

Das Clean Energy Certification system ermöglicht den Vergleich und die Überprüfung von Quellen "grüner" Energie und bietet die Rückverfolgbarkeit, welche die Hersteller*innen benötigen, um ihren CO2-Fußabdruck zu ermitteln. Ein offenes und rückverfolgbares Zertifizierungssystem bedeutet, dass künftige Energieanwendungen und -produkte mit einem Zertifikat versehen werden können, welches die Energieherkunft des Produkts entlang der gesamten Wertschöpfungskette identifiziert. Das offene System, das sektor- und grenzübergreifend eingesetzt werden kann, nutzt die Distributed-Ledger-Technologie (DLT) und verbindet physische Vermögenswerte mit dem Blockchain-Netzwerk, um die Ausstellung von Zertifikaten auf staatlich genehmigte Weise zu ermöglichen.

Monika Sturm, Head of Incubation and Strategy bei Digital Solutions Siemens Energy, sagt: „Die Bereitstellung von Energie und ihre Verwendung in der Produktion von Produkten sind für uns normalerweise unsichtbar. Deshalb wollen wir sie mit einem Label versehen, das auf ihre Nachhaltigkeit hinweist.“

Eine Straße in beide Richtungen

Als Gründer habe ich immer gedacht, dass Corporates Start-ups nicht verstehen. Als ich anfing, Corporate-Venturing-Einheiten und -Teams aufzubauen, wurde mir klar, dass es sich um ein doppeltes Problem handelt und dass auch Start-ups die Corporates nicht verstehen bzw. nicht wissen, wie sie mit ihnen zusammenarbeiten sollen.

Jede Beziehung erfordert Einfühlungsvermögen und Verständnis für die andere Partei, und sowohl Start-ups als auch Corporates sollten sich gegenseitig zuhören und verstehen, wie der andere arbeitet, um einen Mittelweg zu finden, bei dem sie zusammenarbeiten und sich gegenseitig helfen können.

Das Potenzial für die Zusammenarbeit zwischen Corporates und Start-ups ist riesig, nicht nur im Energiesektor, sondern auch in anderen Bereichen wie dem Bildungs- und Gesundheitswesen. Der Erfolg erfordert jedoch Durchhaltevermögen, Fleiß und Geduld bei Investitionen und Ressourcen. Es ist zu einfach, ein Corporates als zu langsam oder ein Start-up als zu schnell und zu riskant zu bezeichnen. Beide sollten davon überzeugt sein, dass die Zusammenarbeit mit dem jeweils anderen zu positiven Auswirkungen führen wird.

Ein gegenseitiges Verständnis und eine Kommunikation in beide Richtungen bringen auch einen weiteren potenziellen Vorteil mit sich: den Talentfluss. Wenn Corporates und Start-ups enger zusammenarbeiten, führt dies auch zu einem größeren Personalfluss, da Gründer*innen in Corporates wechseln und Mitarbeitende von Corporates in Start-ups. Dies kann nur dazu beitragen, den Wissensaustausch zu verbessern, das Verständnis zu fördern und unsere Erfolgschancen zu erhöhen.

Die Notwendigkeit zu scheitern, wenn wir gewinnen wollen ...

Wenn wir mit unserer Mission, Netto-Null zu erreichen, Erfolg haben wollen, müssen wir Risiken eingehen und bereit sein, Klima- und Energieunternehmen aufzubauen, die scheitern werden. Bei der Gründung von Start-ups besteht eine 90-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass sie scheitern. Aber ohne die damit einhergehenden Misserfolge können wir nicht lernen, was wir aufbauen müssen, um bei unserer allgemeinen Netto-Null-Mission erfolgreich zu sein.

Letztendlich müssen mehr Corporates und Start-ups versuchen, zusammenzuarbeiten, wenn wir die heutigen Umweltprobleme lösen wollen. Selbst wenn ein Vorhaben scheitert, werden beide Parteien daraus lernen und langfristig profitieren. Wir können die Entwicklung dadurch beschleunigen, wie wir auf Misserfolge reagieren und wie schnell wir aufstehen und weitermachen, um zu lernen, Fortschritte zu machen und schneller voranzukommen. Wir brauchen das Scheitern – aber wir müssen schnell scheitern, damit wir lernen und zum nächsten Schritt übergehen können. Wenn wir versuchen, Misserfolge gänzlich zu vermeiden, werden wir unser Ziel, Netto-Null zu erreichen, nicht erreichen.

Es ist wichtig, die Notwendigkeit, in einer Beziehung Risiken einzugehen, voranzutreiben, aber dies muss mit der richtigen Einstellung einhergehen, um Misserfolge zu akzeptieren. Wenn wir Angst vor dem Scheitern haben, werden wir die vor uns liegenden Herausforderungen nicht meistern. Ein Start-up, das gescheitert ist, hat auch gelernt und hat mit Unterstützung des Corporates eine viel bessere Chance, beim nächsten Mal erfolgreich zu sein. Das Scheitern mit dem gesamten Ökosystem zu teilen, wird auch anderen helfen, die gleichen Fallstricke zu vermeiden, und wird uns letztendlich helfen, die Dekarbonisierungsziele zu erreichen.

Wir stehen bei den Herausforderungen, die die globale Erwärmung mit sich bringt, nicht alleine da, sondern wir sitzen alle im selben Boot! Ich habe beide Welten erlebt, als Gründer und Investor in Start-ups und heute als Partner in einem Corporate Venture Capital. Eine der spannendsten und herausforderndsten Aufgaben bei meiner Arbeit ist es, diese beiden Welten zu verbinden und ihnen zu helfen, schneller und besser zusammenzuarbeiten.

Skalierbarkeit von Geschäftsmodellen – ein wesentlicher Indikator für Start-ups

Die Skalierbarkeit von jungen Unternehmen spielt eine entscheidende Rolle für das Wachstum und der Rentabilität eines Unternehmens. Denn mit einem skalierbaren Geschäftsmodell gelingt es, die Wachstumsfähigkeit eines Start-ups zu definieren. Vor allem Investoren achten darauf, wie skalierbar ein Start-up ist, wie sich das Wachstum gegen verschiedene Marktführer verhält und welche Möglichkeiten für die Zukunft bereitliegen.

Was ist ein skalierbares Geschäftsmodell?

Der Begriff Skalierung leitet sich aus dem lateinischen ab und bedeutet „Stufe“. Die Skalierbarkeit eines Geschäftsmodells zeigt demnach, wie weit ein Unternehmen auf dem Markt in die nächsthöhere Ebene aufsteigen kann. Hiermit ist vor allem die Expansionsfähigkeit gemeint, sodass sich durch steigende Umsatzzahlen auch Kunden in neuen Märkten gewinnen lassen. Die Erschließung neuer Märkte benötigt einen genauen Plan und Partner.

Um das Wachstum eines Unternehmens voranzubringen, gilt es, auch die Identität eines Unternehmens in den Vordergrund zu stellen. Durch eine umweltbewusste Produktion und entsprechende PR-Aktivitäten gelingt es zum Beispiel, Verbrauchern den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit zu erfüllen. Unternehmen müssen bei der Skalierbarkeit demnach auch die Identität eines Start-ups beachten, um das Marktpotenzial abschätzen zu können. So besteht die Skalierung aus sehr unterschiedlichen Facetten. Wir haben für Sie einen Blick auf die wichtigsten Faktoren geworfen, wenn es darum geht, die Skalierbarkeit eines Unternehmens unter die Lupe zu nehmen.

Höhere Nachfrage muss bedient werden können

Die Skalierbarkeit ist bei einem Start-up eine der primären Triebfedern. Das Geschäftsmodell sollte im Idealfall wiederholbar, profitabel und skalierbar sein. Dabei gilt es, Produktionslösungen zu finden, um einer zunehmenden Nachfrage gerecht zu werden. Um die Serienproduktion zu starten, braucht es zuerst eine klare Strategie, einen Zeitplan und in weiterer Folge ein Gesamtsystem an Maschinen. Hier kommt Automatisierung ins Spiel. Effizientes und schnelles Arbeiten sowie der Einsatz digitaler Lösungen führen zu guter Skalierbarkeit. Um Investoren zu gewinnen, ist es notwendig, ausbaufähige Kapazitäten sicherzustellen.

Für Start-ups ist es außerdem relevant, sich von Beginn an Partner zu suchen, die den Weg nach oben mitgehen und offen für Neues sind. Im Maschinenbau kann es beispielsweise sinnvoll sein, sich zunächst auf das Innenleben des Produkts zu konzentrieren. Für die Hülle gibt es Spezialisten, die sich auf das Engineering und die Produktion individueller Gehäuse fokussieren. Dadurch bleibt intern mehr Zeit für die Prozesskomponenten. Enger Kontakt zwischen Start-up und Partner sowie eine parallele Entwicklung sind dabei essentiell. Außerdem muss darauf geachtet werden, dass sich bei der Produktion keine Verzögerungen ergeben. Denn für die Erschließung neuer Märkte im Ausland ist es wichtig, Produkte termingerecht zu liefern und somit eine gestiegene Nachfrage bedienen zu können.

Geringe Fixkosten & hohe variable Kosten

Jedes Unternehmen hat Fixkosten: Büro-Miete, Löhne, Versicherungsbeiträge etc. Diese Fixkosten müssen natürlich berücksichtigt werden. Allerdings sind sie bei skalierbaren Geschäftsmodellen vergleichsweise gering. Nach einmal getätigten Investitionen gibt es keine hohen Fixkosten mehr. Auch in Zeiten der Expansion sollen diese Fixkosten nicht stark ansteigen. Das Verhältnis zu den Gesamtkosten ist niedrig. Die variablen Kosten haben hingegen einen wesentlich höheren Anteil an den Gesamtkosten.

Investoren achten auf eine hohe Skalierbarkeit

Das Wachstumspotenzial eines jungen Unternehmens hat für Investoren obersten Stellenwert. Kapitalgeber wollen oftmals schnell dafür sorgen, Produkte in großer Stückzahl anzufertigen oder die Produktpalette zu erweitern. Unternehmen mit einer hohen Skalierbarkeit schaffen es demnach deutlich leichter, Investoren zu finden, sodass sich die Erwartung eines schnellen Wachstums oftmals zügig erfüllen lässt.

Verbrenn dich nicht!

Warum sich viele junge Unternehmen in der Wachstumsphase (unnötig)schwertun und wie sie es verhindern können.

Denke ich an die Zeit der Gründung meines Unternehmens, kommt es mir vor, als sei es eine Ewigkeit her. Die Idee traf den Zeitgeist. Es lief nicht immer alles einfach, aber irgendwie lief es gut. Kund*innen, Mitarbeitende und Investor*innen wurden überzeugt. Nun wächst das Business rasant.“

So wie in dem Zitat ergeht es vielen Gründer*innen, deren Business wir als erfolgreich bezeichnen würden. Im nächsten Step geht es dann so richtig los. Die Wachstumspläne werden immer größer, die Vision scheint greifbarer. Und genau an dieser Stelle beginnen Funken zu sprühen. Das ist gut, denn wenn wir für etwas richtig brennen, also echte Leidenschaft fühlen, ist das die beste Voraussetzung für Erfolg. Allerdings sind diese Funken auch gefährlich. Nicht selten verbrennen sich Gründer*innen und Mitarbeitende daran und die viele Energie verpufft. Plötzlich fühlt sich alles schwer und anstrengend an. Denn auf einmal verändern sich die Rahmenbedingungen im und am Unternehmen.

Teamleiter*in über Nacht: Mehr Menschen, mehr Zündholz

In der Anfangsphase geht es vor allem um das Produkt, die Vermarktung und das Geschäftsmodell. Es wird erschaffen, gefeilt und optimiert. Das Team ist überschaubar, jeder packt mit an und irgendwie läuft es. Vieles wird improvisiert. Kein Thema. Doch nun kommen mehr Menschen dazu. Es entstehen neue Teams, die alten Strukturen und Prozesse reichen nicht mehr aus. Auf einmal geht es nicht mehr nur um Fachlichkeit, es bedarf einer Organisation. Kultur und Werte werden nötig. Wo Menschen sind, da menschelt es, heißt es so schön: Je größer die Firma wird, desto mehr zwischenmenschliche Probleme gilt es zu lösen.

Plötzlich kommt Stress auf: Die Glut wird heiß

Die hohen Wachstumsziele sowie die Rechtfertigung gegenüber den Investor*innen lösen Druck auf das Führungsteam aus. Oft werden gar nicht schnell genug neue Leute gefunden. Wenn dann noch die Strukturen und Prozesse unausgereift sind, führt das oft zu Frustration, Unzufriedenheit und Stress. Führungskräfte und Mitarbeitende sind gleichermaßen überlastet. Unproduktivität, Demotivation und im schlimmsten Fall gesundheitliche Probleme sind die Folgen. Eigentlich wollen alle an der großen Vision mitarbeiten und mit ihrer Arbeit zu etwas Sinnvollem beitragen. Wieso fühlt sich das bloß manchmal so schwer an?

Wachstumsschmerz und Selbst-Sabotage

Die folgenden fünf Ursachen sind häufige Gründe, wieso sich junge, schnell wachsende Firmen schwertun.

Feuerstelle Nr. 1: Führungskräfte sind noch unerfahren

In jungen Unternehmen arbeiten oft auch junge Menschen mit wenig Führungserfahrung. Durch den hohen Personalbedarf erhalten sie schnell eine Managerrolle und führen plötzlich Teams von fünf, zehn, zwanzig oder mehr Leuten. Das eigene Aufgabenfeld verändert sich von operativen Aufgaben hin zur Lösung von zwischenmenschlichen Konflikten, verantwortungsvollen Entscheidungen über Personal oder Budget. Uns hilft ein klares und einheitliches Verständnis von Führung sowie eine gemeinsame Leadership-Toolbox, auf die jeder zugreifen kann. Auch der Austausch mit anderen Führungskräften aus anderen Unternehmen macht es leichter, Herausforderungen zu lösen. Diese sind nämlich oft überraschend ähnlich!

Feuerstelle Nr. 2: Auf jede Frage eine Antwort geben

Oft höre ich von Führungskräften, dass sie bei ihren Mitarbeitenden unternehmerisches Denken vermissen, dass diese keine selbständigen Entscheidungen treffen. Gleichzeitig erwische ich mich oft selbst dabei, wie ich auf jede Frage meiner Mitarbeitenden eine Antwort parat habe und alle Lösungen vorkaue. Zum einen mache ich es dem- bzw. derjenigen damit sehr bequem. Gleichzeitig lasse ich dem bzw. der Anderen keine Chance, eine eigene, möglicherweise viel bessere Lösung zu finden. Ich versuche daher, mich mehr als Coach denn als Captain zu verhalten und stelle Rückfragen. Welche Lösungsoptionen siehst du? Gibt es noch mehr Optionen? Oder: Wie würdest du dich selbst entscheiden? Fragen statt Antworten regen die Kreativität und Lösungsfindung an. In der Regel kommt am Ende immer ein besseres Ergebnis heraus, als das, was ich in Eile selbst entschieden hätte.

Feuerstelle Nr. 3: Führungskräfte delegieren ungern

Kennst du das auch? Ach komm her, ich mach das schnell. Viele Führungskräfte neigen dazu, zu glauben, dass die Aufgaben nur dann richtig gemacht werden, wenn sie diese selbst übernehmen – getreu dem Motto: Es geht schneller, wenn ich es kurz selbst erledige. Diese Leader delegieren nicht ausreichend an das Team und haben in der Folge zu viele Tasks auf dem eigenen Tisch. Sie wollen diese dann auch noch perfekt erledigen und überfordern sich. Das zeigt auch nicht unbedingt Vertrauen gegenüber dem Team. Idealerweise stelle ich deshalb Leute ein, die in ihrem Fachgebiet besser qualifiziert sind als ich. Mein Co-Founder Christian sagt gern: „Wenn ich der Dümmste im Raum bin, habe ich alles richtig gemacht.“ Das Modell des situativen Führens hilft zudem, Mitarbeitende weiter in ihrer Rolle zu entwickeln, sodass sie mir immer mehr Arbeit abnehmen und ich mich auf gute Ergebnisse verlassen kann.

Feuerstelle Nr. 4: Alle Teammitglieder ticken gleich

Menschen neigen dazu, andere Menschen sympathisch zu finden, die ihnen ähnlich sind. Was im Freundeskreis vielleicht funktioniert, kann beim Teamaufbau schaden. Denn wenn ich nur Personen einstelle, die genauso ticken wie ich, fehlt es an Diversität, verschiedenen Perspektiven und unterschied­lichen Arbeitsweisen. Sobald es auf die eine, von allen bevorzugte Weise nicht funktioniert, kennt niemand eine andere Lösungsoption oder es fehlt die Motivation, einen anderen Weg auszuprobieren. Ich achte daher darauf, dass unser Team aus unterschiedlichen Persönlichkeitstypen besteht. Wichtig dabei ist: Trotz Verschiedenartigkeit teilen alle ähnliche Werte, und zwar die Unternehmenswerte. So stellen wir sicher, dass wir alle an einem Strang ziehen.

Feuerstelle Nr. 5: Meetings sind ineffizient

Acht von zehn Teamleiter*innen bestätigen mir, dass viele Meetings überflüssig sind, sich zu lang hinziehen oder keine klaren Ergebnisse hervorbringen. Oft fehlen eine Agenda, ein(e) Verantwortliche*r und das Timeboxing. Ein fester und verbindlicher Meetingrhythmus hilft, zumindest die meisten Meetings produktiv zu gestalten. Strategische und operative Themen trennen wir dabei klar. Jeder im Team weiß, welche Punkte in welches Meeting gehören: Daily Huddle für das Team-Update und Melden von kurzfristigen Problemen, wöchentliche 1:1 für Personalthemen, extra Meetings für operative Aufgaben, Financial-Meetings monatlich. Strategisches wird einmal pro Quartal besprochen und fachliche Inhalte gesondert nur mit den Beteiligten. Jedes Meeting hat ein Ziel, eine(n) Moderator*in und eine klare Zeitlinie.

Führungskompetenz in Start-ups: Aus Funken Energie erzeugen, statt sich zu verbrennen

Als Führungskraft habe ich dann einen entspannten Job, wenn mein Team einfach funktioniert: Wenn es motiviert ist, Spaß hat und produktiv ist. Wir nennen das bei CoA „Entspannte Produktivität“. Dafür darf ich die richtigen Leute finden und ihnen die passende Rolle zuweisen, sodass sie selbständig ihre Stärken und Kompetenzen ausleben können und einen wichtigen Beitrag zu unserer gemeinsamen Vision leisten. Ich darf sie dabei unterstützen und die Rahmenbedingen zur Verfügung stellen, ihr Potenzial zu entfalten. Führung ist in erster Linie ein Peoples Business. Je größer das Team ist, das ich führe, desto entscheidender ist meine Führungskompetenz für den Gesamterfolg des Teams. Dazu gehört auch eine gesunde Portion Selbstreflexion. Das Gute ist: Beides kann ich lernen und die gröbsten Fehler verhindern.

Die Autorin Leonie Schulze Bölling ist Co-Autorin des Leadership-Buchs CHIEF OF ANYTHING sowie CEO der CoA Academy, die Führungskräfte in Wachstumsfirmen ausbildet.

Agiles Performance-Management

Das traditionelle Performance-Management hat ausgedient. So nutzt und förderst du das Potenzial deiner Leute.

Menschen wollen Leistung erbringen. Aber nur, wenn im Unternehmen die persönliche Entwicklung im Mittelpunkt steht, wird auch das Engagement der Mitarbeitenden wachsen. Nur wenn Befähigung statt Überforderung die Prämisse ist, steigen die Motivation und Arbeitsmoral. Nur wenn das Thema Leistung nicht nur einmal im Jahr besprochen wird, sondern ein kontinuierlicher Prozess ist, können Unternehmen ihr Potenzial tatsächlich voll ausschöpfen, ohne dass das Fass irgendwann leer ist. Wichtig dafür ist die Erkenntnis, wie eng das Prinzip des Performance-Managements mit der Selbstbestimmungstheorie verbunden ist.

Die Theorie von Deci und Ryan beschreibt die grundlegenden psychologischen Bedürfnisse, die beim Menschen eine hohe Motivation und ein hohes Wohlbefinden bewirken, und wie diese in verschiedenen sozialen Kontexten gefördert werden können. Kompetenz, Autonomie und Verbundenheit stehen dabei an erster Stelle. Ein wesentlicher Treiber des Menschen ist von Natur aus sein Bedürfnis nach Kompetenz – die positive Erfahrung, eine Tätigkeit zu beherrschen und effektiv zu sein. Am Arbeitsplatz drückt sich dies meistens als grundlegender Wunsch nach (guter) Leistung aus. In anderen Bereichen ist es manchmal auch der Reiz der Herausforderung.

Ein selbstwirksames Umfeld schaffen

Dabei unterscheidet die Selbstbestimmungstheorie zwischen Verhaltensweisen, die dem eigenen Selbstverständnis entspringen, also selbstbestimmt sind, und solchen, die nicht repräsentativ für das eigene Selbst sind. Während es sich bei ersteren um freiwillige Verhaltensweisen handelt, die mit der Erfahrung von Autonomie einhergehen, werden letztere stattdessen oft mit Kontrolle und Druck assoziiert. Den damit zusammenhängenden Unterschied zwischen intrinsischer und extrinsischer Motivation kennen wir alle. Für Unternehmen und deren Performance-­Management ist es demzufolge entscheidend, ein Umfeld zu schaffen, das die psychologischen Bedürfnisse des Menschen unterstützt, um die richtige Motivation zu nähren.

Keine Diskussion über Motivation wäre vollständig, ohne das Thema der Selbstwirksamkeit angesprochen zu haben. Dabei handelt es sich weniger um ein Bedürfnis, ondern vielmehr um eine Eigenschaft, die die Leistung und zugleich das Wohlbefinden jedes Menschen ganz entscheidend beeinflusst. Sind Mitarbeitende von ihrer Selbstwirksamkeit überzeugt, setzen sie sich erfahrungsgemäß höhere Ziele, sind in der Lage, größere Mühen auf sich zu nehmen, um diese zu erreichen und halten auch bei Schwierigkeiten länger durch. Zudem stecken sie – sollte der Fall eintreten – Misserfolge leichter weg. Auch deshalb, weil sie ebenfalls davon überzeugt sind, Leistung erbringen und damit ihr Leben beeinflussen zu können.

Das traditionelle Performance-Management hat ausgedient

Im heutigen Arbeitsumfeld ist eine Kultur gefragt, die veränderungsfähig und experimentierfreudig ist, die durch kontinuierliches Lernen eine persönliche Entwicklung des Einzelnen sowie die kollektive Entwicklung eines Teams ermöglicht. Eben jene Anreize, die durch ein traditionelles Performance-Management nicht mehr gegeben sind oder sogar zunichtegemacht werden. Der Tayloristische Ansatz der industriellen Effizienzsteigerung sowie alles und jeden einzeln messbar zu machen, widerspricht der zunehmenden Autonomie und dem wachsenden Teamgefüge, inklusive Projektarbeit, Netzwerkstrukturen und Solidarität.

Die Probleme mit aktuell gängigen Methoden im Performance-Management-Review-Prozess lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:

  • Die Bewertung von Menschen für vergangene Leistungen steht möglichen Verbesserungen in „Echtzeit“ gegenüber.
  • Jährliche Leistungsbewertungen sind nachweislich nicht hilfreich, weil Menschen sich gedanklich meist auf die letzten Ereignisse (4 bis 6 Wochen) beziehen und nicht auf die Entwicklungen und Leistungen davor.
  • Welche Ziele vom Anfang des Jahres ergeben im letzten Quartal überhaupt noch Sinn, um darauf hinzuarbeiten?
  • Der Prozess ist für alle Beteiligten (insbesondere Führungskräfte) sehr zeitaufwändig.
  • Allerdings gilt auch: Performance-Bewertungen sind kein Performance-Management.

All das half in der Vergangenheit zu kontrollieren (ursprünglich der Sinn und Zweck), ist inzwischen aber wenig hilfreich, wenn es darum geht, das tatsächliche und so wertvolle Poten­zial von Mitarbeitenden zu entfalten. Agile Prinzipien sind also auch im Performance-Management gefragt. Der Bedarf verändert sich von Produktivität und Output hin zu Kreativität, Innovation und sog. Knowledge Working. Demzufolge braucht es mehr Raum für die eigene Autonomie, den Sinn und dafür, in bestimmten Dingen eine Meisterschaft zu erreichen, die uns als Menschen, als Führungskräfte und als Mitarbeitende sowie als Leistungsträger*innen voll und ganz erfüllt.

Mitarbeitende befähigen, ohne zu überfordern

Wenn heutzutage von Agilität, Selbstorganisation oder Teal die Rede ist, scheint Empowerment der Kern vieler Konzepte zu sein, die in Unternehmen verwendet werden – und doch scheinen viele noch immer mit „echter Befähigung“ zu kämpfen. Betrachtet man die Oxford-Definition, so sollte es recht einfach sein: Die Menschen übernehmen in ihrem Arbeitsbereich die Kontrolle und entscheiden über alles, was damit zusammenhängt. Klingt doch leicht, oder? Ist allerdings einfacher gesagt als getan! Weil viele Führungskräfte „ihre“ Mitarbeitenden nicht wirklich als Erwachsene mit bestimmten Fähigkeiten sehen und behandeln. Dabei wäre genau das wichtig, und heißt übrigens nicht, dass sie alles können (müssen), sondern Erfahrung in bestimmten Fertigkeiten haben und in der Lage sind, weiter zu lernen. Im Kern bedeutet das vielbesagte Empowerment also nichts anderes, als ein sicheres Umfeld zu schaffen, in dem sich die Menschen ermutigt fühlen, neue Dinge auszuprobieren, Entscheidungen zu treffen und keine Angst zu haben, dafür verantwortlich gemacht zu werden, wenn etwas nicht funktioniert.

Wichtig ist dabei: Der Aufbau und die Pflege dieses Umfelds sind keine einmalige Angelegenheit, sondern ein fortlaufender Prozess, der nie endet. Führungskräfte sind also immer gefordert und können sicher sein: Probiert ein mutiges Teammitglied etwas aus und bekommt keine Unterstützung, hält dies höchstwahrscheinlich andere davon ab, es überhaupt zu versuchen. Hier ist Verantwortung gefragt! Also die Situation erkunden, in der sich der/die Mitarbeitende gerade befindet und gemeinsam schauen, wo sich das Hindernis befindet. Führungskräfte sind dann aber nicht dazu da, das Problem für den/die Mitarbeitende(n) zu lösen, sondern allenfalls Hinweise zu geben, wie er oder sie es selbst überwinden kann. Sind Dinge gut gelaufen, spricht übrigens nichts gegen eine Bestätigung – gern öffentlich und bei besonderen Erfolgen vielleicht sogar im Rahmen einer kleinen Feier, um auch dem Rest des Teams zu zeigen, dass gute Arbeit anerkannt wird.

Sieben kleine Dinge, die du sofort tun kannst

Bei jeder Interaktion mit dem Team können und sollten Führungskräfte beweisen, dass ihnen die Befähigung der Mitarbeitenden wirklich am Herzen liegt – beispielsweise mit folgenden sieben kleinen Anregungen:

1. Hör deinem Team zu und mach dich zum Teil der Lösung

Gib regelmäßig Feedback und zeig deinen Mitarbeitenden, dass dir ihr Einfluss wichtig ist und du ihre Meinung schätzt. Aber Vorsicht: Eine zu hohe Taktzahl beim Feedback kann auch den Druck erhöhen und einen gegenteiligen Effekt erzielen. Die Kultur bei Amazon mit ständigem Feedback führte über einen bestimmten Zeitraum dazu, dass Mitarbeitendenzufriedenheit und -produktivität negativ beeinflusst wurden. Außerdem ist Feedback eben nur Feedback und kann demzufolge auch ignoriert oder nicht umgesetzt werden. Du musst also in jeder Hinsicht loslassen können von den eigenen Ideen. Die Verantwortung ist und bleibt beim Team.

2. Sei dir bewusst, dass deine Emotionen Auswirkungen auf dein Team haben

Es kann sein, dass etwas schief geht – das ist ein natürlicher Bestandteil der Schaffung von Neuem und Großem. Angenommen, etwas klappt nicht wie geplant oder erwartet: Bleib positiv und optimistisch – aber bitte nicht nur um des Optimismus willen. Deine Emotionen und die Bedeutung, die du den Dingen beimisst, spiegeln wider, wie dein Team danach über die Dinge denkt. Trotzdem darfst und sollst du natürlich auch sachlich analysieren, was schiefging. Wichtig aus Sicht der Führungskraft sind Fragen wie bspw.: Wie hätte ich besser unterstützen können? Welche Einblicke oder Skills haben allenfalls gefehlt?

3. Sei dankbar und zeige Wertschätzung

Es ist nur ein kleines Wort, aber es kann den großen Unterschied machen: Danke. Wenn du deinem Team zeigen willst, dass du ihm vertraust und es wertschätzt, sag Danke. Im Idealfall mit einer kurzen Begründung, wofür du sich bedankst – je spezifischer, desto besser. Übrigens ist ein Dankeschön manchmal gerade dann angebracht, wenn etwas schiefgegangen ist. Solange dein Team etwas daraus gelernt hat. Zeig jedem/jeder, dass du den individuellen Beitrag anerkennst. Dies wird langfristig dazu beitragen, Vertrauen aufzubauen, weil deine Leute sehen und spüren, dass sie Teil von etwas sind.

4. Unterstütze dein Team dabei, seine Leidenschaft zu finden

Jeder Mensch hat Stärken, und wenn er oder sie sich dieser Stärken bewusst ist und bereit ist, diese zu entfalten, unterstütze ihn oder sie dabei, sich zugehörig und erfolgreich zu fühlen. Unterstütze dein Team dabei, seine individuellen Stärken zu erkunden, und gib ihm am Arbeitsplatz die Möglichkeit, diese auch zu nutzen. Das wird die Motivation steigern und das Wohlbefinden fördern.

5. Sei ein Vorbild für das Verhalten, das du in deinem Team sehen willst

Es kommt darauf an, dass du es vorlebst, also sei ein lebendiges Vorbild für das Verhalten, das du von deinem Team erwartest.

6. Gib deinem Team Freiheiten – ermutige es, seinen Weg zu finden

Auch, wenn dieser Weg nicht deinem Weg oder deinen Erfahrungen entspricht. Nur so entsteht Innovation! Das ist besonders wichtig in einer Zeit, in der immer mehr aus der Ferne und in virtuellen Teams, gearbeitet wird. Das ist eine großartige Gelegenheit für dich, deinem Team zu zeigen, dass du ihm vertraust. Es kann frustrierend sein, nicht immer den Überblick zu haben, aber Mikromanagement ist das Gegenteil von Befähigung der Mitarbeitenden. Zeig ihnen, dass du ihnen zutraust, die Arbeit rechtzeitig zu erledigen, und dass sie sich an dich wenden können, wenn sie nicht weiterkommen oder Hilfe benötigen.

7. Schaffe unterstützende Strukturen

Klarheit, Transparenz und Leitplanken helfen den Mitarbeitenden, sich einen Überblick zu verschaffen, und unterstützen sie dabei, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen. Ein definierter Prozess, in dem ausdrücklich erklärt wird, wer wozu befugt ist, ist für Menschen von großer Bedeutung. Nicht wichtig ist hingegen ein Konsens über den Entscheidungs­findungsprozess an sich. Probier verschiedene Strukturen aus und finde heraus, welche am besten zu dir und deinem Team passen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Es ist gerade jetzt sinnvoll, den Review-Prozess zu überdenken und erste Schritte in Richtung agiles Performance-Management zu gehen. Auf klassische Leistungsbewertungen zu verzichten, sollte den Effekt erzielen, von „die Vergangenheit rechtfertigen“ hin zu „über aktuelles Wachstum und zukünftige Entwicklung nachdenken“ zu gelangen. Die Mitarbeitenden sollten sich befähigt und bestärkt fühlen, die Führungskräfte mehr Zeit haben, um sich auf die Kultur und Verhaltensweisen sowie Werte zu fokussieren statt nur auf strategische Ziele. Pilotprojekte helfen, um experimentierfreudig zu werden und gezielt vorwärtszukommen anstatt überall auf einmal zu sein. Davon profitieren sowohl die Leistung jedes einzelnen Mitarbeitenden als auch die Gesamt-Performance deines Unternehmens.

Der Autor Timm Urschinger ist Mitgründer und CEO von LIVEsciences, einem experimentierfreudigen Beraterteam, dessen Vision es ist, den Erfolg von Unternehmen und Organisationen zu katalysieren.

Der klassische Zollstock ist überholt

Der altbekannte Meterstab ist ein Paradebeispiel dafür, wie Digitalisierung und Innovationskraft zu Arbeitserleichterung und mehr Effizienz im Unternehmen führen können.

Viele Jahre lang war der klassische Zollstock das Werkzeug Nummer eins für jeden Handwerker, um Maße zu ermitteln. Doch die Zeiten haben sich geändert und der digitale Zollstock hat die klassische Variante abgelöst. Die Laserdistanzmessung ist von den Baustellen nicht mehr wegzudenken, und auch Softwarelösungen und Apps erleichtern die Arbeit ungemein. Der klassische Zollstock wird nicht mehr gebraucht – es ist höchste Zeit, sich zu verändern! Wie Sie Aufmaß-Herausforderungen meistern und wie die Arbeitserleichterung mittels digitaler Maßerfassung funktioniert, behandelt dieser Artikel.

Aufmaß per Zollstock: Zeitaufwand und Genauigkeit auf dem Prüfstand

Aufmaße sind ein wesentlicher Bestandteil eines jeden Bauprojekts. Ganz klassisch mittels Zollstock Aufmaß zu nehmen, erfordert Übung. Doch auch dann sind Fehler nicht gänzlich zu vermeiden. Darüber hinaus ist es zeitaufwändig, mit Zollstock, Zettel und Stift auf einer Leiter stehend zu hantieren. Außerdem können bei der Bestellung von Material auf der Grundlage eines falschen Aufmaßes spätere Fehler auftreten.

Es ist wichtig zu beachten, dass es bei der Vermessung von Bauprojekten nicht nur darum geht, genaue Zahlen zu erhalten. Darüber hinaus hat das Aufmaß auch eine rechtliche Komponente, denn es bildet die Grundlage für die Abrechnung der erbrachten Leistungen. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) gibt an, wie beim Aufmaß vorgegangen werden muss und wo Abzüge für z.B. Nischen, Ecken oder Fenster nötig sind. Daher ist es wichtig, dass Baufachleute die VOB genau kennen, um spätere rechtliche Probleme zu vermeiden. Bei der Abrechnung nach Flächenmaß sind beispielsweise Öffnungen bis 2,5 m² zu übermessen und ab 2,5 m² abzuziehen.

Wird zur Ermittlung der erforderlichen Maße der klassische Zollstock herangezogen, bedeutet das, dass jede Öffnung, Nische etc. einzeln von Hand ausgemessen werden muss, um ein VOB-konformes Aufmaß zu erstellen. Die Einhaltung der VOB erhöht also den Aufwand beim Aufmessen per Zollstock, ist aber gleichzeitig die Grundlage, zur ordnungsgemäßen Abrechnung der erbrachten Leistungen.

Zu guter Letzt muss der Handwerker die händisch erfassten Daten im Büro ins Angebot übertragen. Dies birgt das Risiko von Übertragungsfehlern, ganz zu schweigen vom Verlust des Notizzettels.

Mit Aufmaß-Software schneller und effizienter arbeiten

In der heutigen Zeit muss kein Handwerker mehr mit dem Zollstock aufmessen. Stattdessen setzen viele Unternehmen im Handwerk bereits moderne Handwerkersoftware und digitale Aufmaßlösungen ein – vom kleinen Ein-Mann-Betrieb über mittlere bis hin zu großen Handwerksbetrieben. Die Vorteile sind für alle gleich: Fehleranfälligkeit und Zeitaufwand reduzieren sich und Angebote sind schnell erstellt.

Bestandteil moderner Softwarelösungen ist immer auch eine App. Heutzutage hat der Handwerker eine Aufmaß-App auf seinem Smartphone, das er mit einem digitalen Lasermessgerät verbindet. So überträgt das Lasermessgerät die Daten automatisch in die App, die die Daten wiederum an die Software im Büro gibt. Die Erstellung des Angebots erfordert dann nur noch wenige Klicks.

Auch Fotos können als Grundlage für ein Aufmaß genutzt werden: Ein einfaches Foto der aufzumessenden Fläche, z.B. einer Fassade, reicht schon. Der Handwerker lädt das Foto in die Software, markiert die betreffenden Flächen, spart Fenster aus – und das Aufmaß ist fertig.

Wenn bereits Messdaten, z.B. vom Architekten oder Bauherrn, vorliegen, können diese direkt in die Software eingetragen und als Grundlage für ein Angebot verwendet werden. Ebenso kann ein digitalisierter Grundriss direkt in die Software geladen und auf dieser Grundlage ein Angebot erstellt werden. In beiden Szenarien wird nachweislich Zeit gespart, da An- und Abfahrt zum Kunden entfallen und nicht händisch Aufmaß genommen wird. Die automatische Datenübermittlung verringert auch die Fehlerquote.

Dass die VOB Anwendung findet, ist dabei selbstverständlich. Moderne Aufmaß-Software berücksichtigt sie von ganz allein. Was hinzugefügt oder abgezogen werden muss und was übermessen ist, wird gesondert ausgewiesen.

Firmengründung im Ausland – was gibt es zu beachten?

Wir geben Tipps für die Firmengründung im Ausland und zeigen Wege auf, wie Start-ups und andere Unternehmen am meisten profitieren.

Eine Firmengründung im Ausland kann diverse Vorteile bieten, sollte aber reiflich überlegt sein. So sind die rechtlichen und kulturellen Besonderheiten im Zielland zu berücksichtigen, aber auch das deutsche Außensteuergesetz, das Outsourcing eindämmen soll und schnell zu einer Doppelbesteuerung führen kann. Wir geben Tipps für die Firmengründung im Ausland und zeigen Wege auf, wie Start-ups und andere Unternehmer am meisten profitieren.

Warum eine Firma im Ausland gründen? Die Vorteile

Deutschland zehrt als einst hoch entwickeltes Industrieland von seiner Substanz. In vielen Bereichen war das Land in der Mitte Europas einst führend. Dies betraf die chemische Industrie, Ingenieurskunst, Autoindustrie, Stahlfertigung und den Maschinenbau. Doch es ist kein Geheimnis, dass der Lack zunehmend abblättert. In wichtigen neuen Branchen, die mit der Industrie 4.0 entstanden sind, droht Deutschland den Anschluss an die Spitze zu verlieren.

Sträfliche Versäumnisse bei der Digitalisierung, hohe Arbeitskosten, eine überbordende Bürokratie, die begabte Macher schier zur Verzweiflung bringen, und eine hohe Steuerlast werden als Gründe für die Abwanderung in andere Länder immer wieder genannt.

Wer an Steuern sparen möchte, sollte besonders auf sogenannte Steueroasen achten. Dies sind Länder wie Luxemburg, Liechtenstein, Estland, Litauen, Panama, Monaco, Andorra, Gibraltar, Zypern, Malta, die Kanaren und die Isle of Man. Andere Motive zur Gründung im Ausland sind geringere Arbeitskosten, weniger Bürokratie sowie die Erschließung neuer Absatzmärkte und Einflusssphären.

Wo kann eine Firma gegründet werden?

Wer eine Firma im Ausland gründen möchte, kann zunächst den Wirtschaftsraum der EU sondieren. Die EU selbst setzt im Zuge des EU-Freizügigkeitsrechts für Unternehmen die Standards zunehmend durch, dass eine Firmengründung nicht länger als drei Werktage und nicht mehr als 100 EUR kosten soll. Außerdem forciert sie die digitale Abwicklung des Procederes über eine einzige Behörde.

Gründer können bei ihrem Vorhaben mit einer großzügigen Unterstützung durch EU-Fonds rechnen und für die EU spricht auch die Vielzahl an Steueroasen, die noch lange nicht trockengelegt sind. Alternativen bestehen in den asiatischen Tigerstaaten, die mit geringen Arbeitskosten, wenig Bürokratie und einem hohen Digitalisierungsgrad locken.

In Amerika ist Panama für Gründer ein Geheimtipp, denn in puncto Bürokratie und Verwaltungsaufwand kann das mittelamerikanische Land durchaus als Deutschlands Antithese aufgefasst werden.

Liechtenstein, Norwegen und Island gehören zwar nicht zur EU, genießen aber aufgrund der hohen Kaufkraft seiner Einwohner und der herausragenden auch digitalen Infrastruktur als Standorte einen exzellenten Ruf.

Woran man vor der Firmengründung im Ausland achten sollte

Wichtig ist es, sich vor der Gründung mit den rechtlichen Gepflogenheiten im Ausland bekannt zu machen, um rechtliche Folgen mit negativen Auswirkungen auf Reputation und Finanzen zu vermeiden. Was die Unternehmenskultur betrifft, so gibt es zwar eine Reihe an allgemeinen Trends wie etwa das Ideal der flachen Hierarchien bis hin zu den sich selbst organisierenden, nahezu autonom agierenden Einheiten.

Dennoch hat jedes Land seine kulturellen Gepflogenheiten, die im Umgang mit den Mitarbeitern zu berücksichtigen sind. Außerdem wird Werbung je nach Land anders wahrgenommen. In Frankreich ist die Werbung emotionaler als im eher faktenorientierten Deutschland, und wer mit seiner Werbung in anderen Kulturkreisen provozieren möchte, sollte darauf achten, dass die Botschaft von den Menschen auch verstanden wird.

Die richtige Unternehmensform

Unternehmensformen gibt es reichlich, angefangen von der AG und UG, fortgesetzt bei der GbR und AHG und weitergeführt bis zur GmbH und KG. Jede Rechtsform ist mit steuerlichen Vor- und Nachteilen verbunden, die zu prüfen sind und mit der eigenen Branche verglichen werden sollten. Zu bedenken ist auch, dass im Ausland die Würfel neu gemischt werden:

Ein pointiertes Beispiel ist die GmbH, die in Polen Sp. z. o. o. heißt und in der mündlichen Sprache Spólka. Während in Deutschland als Voraussetzung für die Rechtsform 25.000 EUR als Stammkapital gefordert werden, sind es in Polen nur 5.000 Zloty, was nicht mehr als 1.100 EUR entspricht.

Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet!

Warum der Cultural Fit beim Exit oder Merger so wichtig ist.

Ein Exit, also der Verkauf des eigenen Unternehmens, ist für viele Start-up-Gründer*innen der Nordstern, dem sie jahrelang hinterherjagen. Klar, denn M&As, also Mergers and Acquisitions, sind alltäglicher Bestandteil unserer Industrie. Unternehmen werden aufgekauft, in Teilen oder komplett, sie werden in neue Kleider gesteckt oder in größere Strukturen integriert.

Und da fangen die Herausforderungen an: Immer dann, wenn zwei Teile, die noch nicht zusammengehören, miteinander verbunden werden, entsteht Reibung. Selbst wenn die beiden Unternehmen wirtschaftlich und hinsichtlich ihrer Geschäftsmodelle zusammenpassen, treffen doch zwei Welten aufeinander, die meist sehr unterschiedlich sind: jung vs. etabliert, agil vs. wasserfallartig, Slack vs. E-Mail, Remote Work vs. Einzelbüro etc. Damit sich diese scheinbar kleinen Details nicht zu unüberbrückbaren Differenzen auswachsen, an denen das Projekt scheitern kann, ist ein Faktor entscheidend: Der Cultural Fit. Es gilt: Neben den Bilanzen und Büchern muss auch die Unternehmenskultur Teil einer gründlichen Due Diligence sein. Davon profitieren beide Seiten.

Über Zahlen lässt sich streiten, über die Kultur nicht

Der Cultural Fit meint, dass zwei Unternehmen grundsätzlich dieselben Werte und dasselbe Leitbild teilen. Ziele können sich über die Zeit verändern, insbesondere, weil man bei Zukäufen nur einen limitiert tiefen Einblick erhält und somit sein Gegenüber auch nur bedingt kennen und verstehen lernt. Wenn man sich aber im Vorfeld auf ein Leitbild und dieselben Werte verständigt hat, ist das Anpassen von Zielen und das Reagieren auf neue Erkenntnisse eine reine Formsache. Geteilte Werte und ein gemeinsames Leitbild geben Mitarbeitenden im Unternehmen in einer solchen Stresssituation, die M&As zweifelsohne darstellen, Sicherheit und Vertrauen. Leitbilder und Werte bilden dann den Kompass, an dem sich Mitarbeitende orientieren können, wenn es mal schwierig wird. Sie erhöhen außerdem die Motivation der Mitarbeitenden, sich auf die anstehende Veränderung einzulassen, weil sie so besser verstehen, warum sich etwas ändert, zugleich aber wissen, was sich bestenfalls eben nicht ändert – die Werte und Leitbilder.

Bei den hier angesprochenen Werten handelt es sich im Wesentlichen um das Menschen- sowie das Führungsleitbild, umfasst aber letztlich auch all das, was die handelnden Personen antreibt, motiviert und ihre persönlichen Hintergründe und Motive sind. Erst mit diesem tiefen Verständnis ist großer Erfolg ohne starke Reibungsverluste möglich. Wenn sich bspw. Zahlen nicht wie im angedachten Investmentcase realisieren lassen, kann man auf unterschiedliche Arten reagieren. Kosten runter (gemeint ist: Leute raus) oder Produkt stärken (Leute rein), oder bspw. Kontrolle verstärken und Vertrauen nehmen vs. Kontrolle verringern und Vertrauen geben. Fundamental unterschiedliche Herangehensweisen an ein und dasselbe Problem führen mitunter zu ganz unterschiedlichen Reaktionen bei den Mitarbeitenden. Werte und Leitbilder helfen in dieser Situation, die passende Herangehensweise zu finden, die das ganze Unternehmen mitträgt.

Meinungsdifferenzen als Dealbreaker?

Zunächst einmal: Rein inhaltlich können Meinungen immer auseinandergehen. Es ist sogar hilfreich und verbessert Entscheidungen, wenn Menschen mit unterschiedlichen Erfahrungen und Hintergründen auf dasselbe Problem schauen. Genau dazu dient Sparring. Was nicht jedoch auseinandergehen darf, ist das Wertesystem. Für mich ist deshalb klar, dass ein M&A-Case nur dann erfolgreich sein kann, wenn alle harten Faktoren passen und darüber hinaus die Unternehmenskulturen miteinander kompatibel sind. Bei den weichen Faktoren ist durchaus Raum für Unterschiede gegeben – gerade die Auseinandersetzung bietet Potenziale zur Verbesserung.

Was soll’s – nach mir die Sintflut?

Weder aus Sicht des Kaufenden noch des Verkaufenden wäre es klug, die Unternehmenskultur außer Acht zu lassen. Ein CEO, der ein Unternehmen akquiriert, kauft womöglich die sprichwörtliche Katze im Sack und muss sich nach Abschluss des Deals damit beschäftigen, die beiden Unternehmen zu einem Ganzen zu formen. Im Zuge einer Integration sollte man deshalb von Anfang an integrativ und flexibel sein, die persönlichen Perspektiven aller Beteiligten achten und einbeziehen sowie versuchen, inhaltlich mit guten Argumenten zu überzeugen. Sind die gemeinsamen Werte gegeben, wird dies in der Regel gelingen.

Auch aus Sicht des verkaufenden Start-ups ist es sinnvoll, nicht einfach „nur“ eine(n) Käufer*in zu finden und nicht zu hinterfragen, ob neben dem wirtschaftlichen auch der kulturelle Part übereinstimmt. Am ehesten leuchtet das noch ein, wenn man als Gründer*in Bestandteil des neuen Unternehmens ist. Schon aus egoistischem Interesse haeraus sollte klar sein, dass der Cultural Fit wichtig ist, um im neuen Setting in der neuen Rolle glücklich zu werden. Zwar ist das eigene Konto nach dem Exit gut gefüllt, eine passende Arbeits- und Unternehmenskultur ist trotzdem wichtig, um weiterhin Erfüllung bei der Arbeit zu finden, gerade, wenn man das Unternehmen über Jahre mühsam aufgebaut hat. Selbiges gilt natürlich auch für die Mitarbeitenden, für die man auch Verantwortung trägt.

„Nach mir die Sintflut“ ist selbst dann ein schlechtes Motto, wenn man einen klassischen Exit hinlegt und das Unternehmen nach dem Verkauf verlässt. Die Mitarbeitenden, die gemeinsam mit einem das Unternehmen aufgebaut haben und die für die Erfolgsgeschichte bis hin zum Exit mitentscheidend waren, entlässt man in eine ungewisse Zukunft. Aufrichtig und dankbar ist das nicht. Gerade, weil die Start-up-Welt klein ist und man sich bekanntlich immer mehrfach im Leben trifft, bleibt hier eine gewisse Verantwortung – auch über den Zeitpunkt eines Verkaufs hinaus.

Der Autor Patrick Leibold verantwortet als Co-CEO zusammen mit Steffen Behn die Geschäfte der celebrate company. Der Operations und Finance Experte blickt auf über 12 Jahre Erfahrung in der Druck- und Medienbranche sowie im E-Commerce zurück.

Newbie am Markt: Mauern einreißen

Wie du als Newbie am Markt die Reserviertheit und Skepsis potenzieller Kund*innen leichter überwindest.

Aufgrund ihrer kurzen Historie im Markt stoßen junge Unternehmen oft auf Skepsis. Auch wenn sie mit ihrem Angebot erste Neugier wecken können, schieben mögliche Kund*innen eine Kaufentscheidung oft vor sich her oder gehen ihr gar ganz aus dem Weg. Sie möchten kein unnötiges Risiko eingehen.

Die Überwindung dieser entscheidenden Hürde stellt für viele junge Unternehmen nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die folgenden Erkenntnisse aus der Marketingwissenschaft und der Konsumverhaltensforschung kannst du nutzen, um ihr zu begegnen und Skepsis und Reserviertheit von möglichen Kund*innen auf systematische Weise zu adressieren und zu überwinden.

Auf drei Verkaufsargumente setzen

Bei der Überzeugung von Kund*innen handeln viele Unternehmen nach dem Prinzip viel hilft viel. Entsprechend geben sie Interessent*innen möglichst viele Argumente für ihre Produkte und Leistungen an die Hand. Die Forschung zeigt jedoch, dass dieser Ansatz nicht effektiv ist und sogar kontraproduktiv wirken kann. In einer Studie erhielten Proband*innen Anzeigen für verschiedene Produkte, die zwischen einem und sechs Kaufgründe enthielten. Die Teilnehmenden studierten die Anzeigen und evaluierten sie anschließend. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass die Überzeugungskraft der Anzeigen von einem auf zwei Argumente und von zwei auf drei Argumente klar anstieg. Ab dem vierten Argument viel die Überzeugungskraft jedoch wieder deutlich ab. Gleichzeitig zeigte die Studie, dass die Skepsis gegenüber den Anzeigen ab dem vierten Argument einen erheblichen Sprung machte.

Vor diesem Hintergrund solltest du die Argumentation für dein Angebot auf maximal drei Punkte beschränken. Ein prominentes Beispiel für diesen Ansatz ist Amazon. Bereits in frühen Jahren propagierte der Gründer Jeff Bezos, dass im Wesentlichen „3 Big Ideas“ für Amazon sprechen: niedrige Preise, eine sehr breite Auswahl an Produkten sowie eine schnelle Lieferung.

Inkongruenzen auflösen und ein Aha-Erlebnis hervorrufen

Inkongruenz ist der Grad, zu dem ein neues Produkt oder ein neuer Service von bereits bestehenden Alternativen im Markt abweicht. Sie drückt somit die Andersartigkeit von neuen Leistungen gegenüber dem Status quo aus. Insbesondere bei den Angeboten von innovativen Start-ups ist die Inkongruenz oft sehr hoch. Dies hat zwar den Vorteil, dass man hohe Aufmerksamkeit erzeugt. Gleichzeitig hat hohe Inkongruenz aber auch den Nachteil, dass man schnell Verwirrung stiftet. Wenn potenzielle Kund*innen keinen Sinn aus einem neuen Produkt oder einer neuen Leistung ziehen können, reagieren sie mit Abneigung oder Misstrauen. Der Misserfolg im Markt ist dann vorprogrammiert.

Start-ups können dieser Problematik entgegenwirken, indem sie Inkongruenzen auflösen. Wie das funktioniert, zeigte ein einfaches Experiment einer Gruppe von Forschenden der University of Colorado. Sie stellten den Teilnehmenden der Studie einen neuartigen Vodka vor, der mit Vitaminen versetzt war. Diesen zeichnete hohe Inkongruenz aus, da gesunde Vitamine und schädlicher Alkohol eigentlich nicht zusammenpassen. Die Forschenden lösten bei einer Gruppe der Teilnehmenden die Vorteile hinter der Inkongruenz des neuen Vodkas auf, indem sie darauf hinwiesen, dass Vitamine in Vodka einem möglichen Kater entgegenwirken. Der zweiten Gruppe von Teilnehmenden gaben die Forschenden keine Zusatzinformationen. Die Studie zeigte klar auf, dass die Auflösung der Inkongruenz des Vodkas zu einer fast zwanzigprozentigen Steigerung der Bewertung durch die Teilnehmenden führte.

Entsprechend zeigt auch die Unternehmenspraxis, dass sehr erfolgreiche Start-ups hohes Augenmerk auf die Auflösung des Nutzens hinter ihren oftmals sehr inkongruenten Produkten legen. So zeigte On Running bei der Einführung seines neuartigen Laufschuhs auf, dass seine innovative CloudTec-Sohle nicht nur einfach eine bessere Dämpfung bietet. Stattdessen arbeitete das Marketing konkret heraus, dass Laufschuhe von On eine „weiche Landung UND einen explosiven Abstoß“ ermöglichen. Sofern also dein Angebot hohe Inkongruenz gegenüber bereits verfügbaren Leistungen im Markt aufweist, stell sicher, dass du den Nutzen hinter diesr Nichtübereinstimmung auf prägnante Weise auflöst.

Hohe Fluency erzielen

Fluency ist der Grad, zu dem wir Dinge auf einfache beziehungsweise „flüssige“ Weise verarbeiten können. Dies weckt auf unterschwellige Weise positive Emotionen und führt dazu, dass wir auf Marken sowie Botschaften positiver reagieren und sie auch als glaubwürdiger einschätzen.

Wie effektiv Fluency wirkt, zeigt eine Studie von Forschenden der University of Michigan. Die Teilnehmenden sahen eine Reihe von Aussagen wie zum Beispiel „Orsono liegt in Chile“ auf einem Computerbildschirm. Bei jeder der Ausagen gaben sie an, ob diese ihrer Meinung nach stimmten oder nicht. Dabei variierten die Forschenden die Lesbarkeit der Aussagen. Die eine Hälfte der Zeit waren die Aussagen besonders gut lesbar (schwarze Schrift auf weißem Hintergrund), die andere Hälfte der Zeit waren sie hingegen weniger gut lesbar (hellgraue Schrift auf weißem Hintergrund). Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass die Teilnehmenden die gut lesbaren Aussagen glaubwürdiger pfanden als die inhaltlich gleich, jedoch weniger gut lesbaren Aussagen.

Diesen Effekt kannst du nutzen, indem du an deinen verschiedenen Markenkontaktpunkten wie zum Beispiel in Anzeigen oder auf deiner Website eine hohe Fluency erzielst. Neben hoher Lesbarkeit kannst du eine flüssige Verarbeitung sicherstellen, indem du Informationsumfänge reduzierst und eine möglichst einfache und schlüssige Struktur anstrebst. Dadurch fällt Kund*innen die Aufnahme von Informationen einfacher. Die daraus folgende Fluency erhöht deine Glaubwürdigkeit.

Ein Start-up, dass Fluency sehr gut beherrscht, ist Beyond Meat. Die Website des Unternehmens verfügt über einen sehr strukturierten und logischen Aufbau mit einfachen Botschaften. Darüber hinaus besticht auch das visuelle Erscheinungsbild durch visuelle Klarheit und Aufgeräumtheit.

Der eigenen Marke eine menschliche Note geben

Aufgrund der fortschreitenden Maschinisierung, Automatisierung und Digitalisierung wirken Marken heutzutage immer mehr technisch und damit gleichzeitig immer weniger menschlich. Eine Gruppe von Forschenden fand jedoch heraus, dass Kund*innen deutlich eher eine emotionale Bindung zu einer Marke aufbauen, wenn diese menschlich wirkt. Bereits sehr unterschwellige Signale können hier eine erhebliche Wirkung entfalten. So zeige eine Studie, dass Handschrift auf der Verpackung eines neuen Produkts ein Gefühl von Menschlichkeit erzeugen und dadurch zu einer Kaufrate von 34 Prozent führen kann. Maschinelle Schrift auf der Verpackung führte hingegen lediglich zu einer Kaufrate von 5,6 Prozent.

Neben der Nutzung von Handschrift kann eine Reihe weiterer Faktoren deinem Markenauftritt zu einer menschlichen Note verhelfen. So zeigen Studien, dass besonders lebhafte und emotional aufgeladene Texte mit reichhaltigen Adjektiven eine Marke menschlich wirken lassen. Eine weitere Rolle spielen Abbildungen von Menschen, die mit deiner Marke interagieren. Dabei ist ihre Wirkung umso stärker, je mehr diese Menschen echt und greifbar erscheinen. Ein prominentes Beispiel ist Peleton. Das Unternehmen bietet ein innovatives Fitnessbike an, über das Kund*innen per Streaming an Spinning Classes teilnehmen können. Auf seiner Website widmet Peleton allen Trainer*innen einen eigenen Auftritt. Dieser enthält nicht nur Hintergrundinformationen zu ihrer Person, sondern darüber hinaus auch ihre persönliche Spotify-Playlist. Zusätzlich beinhaltet der Online-Auftritt vielfältige Abbildungen von Menschen, die mit dem Bike sowie anderen Produkten der Marke interagieren.

Der Autor Dr. Dennis Vogt unterrichtet Marketing an der Universität St. Gallen und ist Geschäftsführender Partner der Transformation Group AG.