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Zurück zu den Wurzeln

Von der einstigen Faszination von den Möglichkeiten der Technik ist nicht mehr viel geblieben. Zwar habe er damals „im vollen Bewusstsein gehandelt, das Richtige zu tun“, sagt Schweisfurth. Später jedoch musste er feststellen, „dass ich mich geirrt hatte.“ Diese Feststellung kam allerdings nicht über Nacht, der Wandel vom Industriellen zum Öko-Visionär dauerte Jahre. Die allerersten Zweifel kamen dem dreifachen Vater, als ihm seine Kinder die Frage nach dem Sinn des Lebens stellten. Anfangs wollte der Unternehmer, Metzgermeis-ter und Diplomkaufmann dieser Frage noch aus dem Weg gehen. Doch sie stand im Raum, Schweisfurth konnte sie nicht mehr ignorieren. In den nächsten Jahren wuchsen seine Bedenken. Sie wuchsen bei der Lektüre des Buches „Die Grenzen des Wachstums“ vom Club of Rome, sie wuchsen während Wanderungen im Himalaja, sie wuchsen während des Besuchs der Meisterschule, wo das Handwerk im Mittelpunkt stand und nicht die Technik.

Besonders groß aber wurden die Zweifel, als er die Ställe besuchte, wo die Tiere, die er in großen Mengen geschlachtet hatte, herkamen. „Wissen Sie“, sagt Schweisfurth, „es ist etwas anderes, ob man Massentierhaltung im Fernsehen sieht oder in Echt. Nur wenn man da hingeht, steigt einem der Geruch in die Nase.“ Nach diesem Erlebnis konnte der Herta-Chef sein Unbehagen nicht mehr unterdrücken. Und er konnte auch nicht mehr leugnen, dass die Tiere, die er schlachtete, „nervös“ waren und das Fleisch „nichts wert“. „Da tropfte das Wasser nur so raus“, erinnert sich der Unternehmer. Es kam, was kommen musste. Als der Herta-Chef im Dezember 1983 gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau zum jährlichen Fasten nach Spanien fuhr, hatte er eines Morgens eine „Vision“. Die Vision, sich „auf die Wurzeln der Natur zurückzubesinnen“. Die Vision namens Herrmannsdorfer Landwerkstätten.

Visionär aus Erfahrung

Aus dem Bio-Hof ist ein florierendes Unternehmen geworden, das seine Produkte deutschlandweit in 14 eigenen Läden und zahlreichen Bioläden und Restaurants verkauft und damit 15 Millionen Euro umsetzt. Gemessen an Herta ist das wenig, in der Biobranche aber gehört Herrmannsdorfer zu den Großen. Angesichts dieses wirtschaftlichen Erfolges, des zweiten in seinem Leben, könnte sich Schweisfurth mit gutem Gewissen zurücklehnen – zumal die Geschäfte seit einigen Jahren von den Kindern geführt werden, und seine Stiftung, die sich den Fragen nach einer sinnvollen Agrar- und Ernährungskultur widmet, ebenfalls in guten Händen ist.

Doch Schweisfurth denkt nicht ans Aufhören, sein fast missionarischer Eifer steht ihm im Weg. „Es sollte tausend Herrmannsdörfer geben“, findet der Kunstliebhaber – und deshalb unterstützt er andere Unternehmer, etwas ähnliches auf die Beine zu stellen. Sogar in Russland hilft er beim Aufbau eines ökologischen Landwirtschaftsbetriebes. Aber auch in Glonn setzt der Senior noch immer neue Ideen um, zum Beispiel die Idee von der „symbiotischen Landwirtschaft“, was so viel wie das Zusammenleben von mehreren Tieren und Pflanzen bedeutet. „Die Hühner sitzen auf den Schweinen und picken ihnen die Parasiten heraus“, schwärmt Schweisfurth. 2006 hat er außerdem in der Nähe des Hofes ein „Dorf für Kinder und Tiere“ errichtet, um Grundschülern zu zeigen, dass Lebensmittel nicht aus dem Supermarkt kommen. Als nächstes ist eine „Dorf-Hochschule für Agrarkultur und Praktisches Lernen“ geplant.

Bei all dem denkt Schweisfurth nicht in erster Linie an den Profit, wenngleich dieser trotzdem fließt. Ihm gehe es um soziale, ökologische und ethische Grundwerte, um Schönheit, um Erfüllung. Und weil er von seinem Tun überzeugt ist, können ihm auch Rückschläge nicht dauerhaft zusetzen. Auch darüber berichtet der Visionär aus Erfahrung: Niemand interessierte sich für sein Ökodorf, das er im Rahmen der Expo 2000 vor den Toren Hannovers aufgebaut hatte. Eine „große Schlappe“ sei das gewesen, so Schweisfurth, und es dauerte eine Zeit, bis er sich davon erholt hatte. Doch letztlich sei Resignation kein Ausweg, findet er, für einen Unternehmer schon gar nicht. Lieber hält Schweisfurth in schwierigen Situationen inne und verinnerlicht die Weisheiten Lao Tses, zum Beispiel den zweiten Teil des Spruchs am Fuße des Kunstwerks: „Das Labyrinth ist das Gleichnis des Lebens, denn der schnellste Weg führt nicht unmittelbar zum Ziel“.


Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Ausgabe 04/2008

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Nie wieder zwei Chefs

Nie wieder zwei Chefs

Doch die Goldgräberstimmung hielt nicht lange an. Die Böttcher Hinrichs AG, 1999 mit Hilfe von mehreren Millionen Mark Risikokapital an den Start gegangen, war bereits 2001 insolvent. Mit dem Platzen der Internetblase platzte auch Hinrichs Traum vom großen Unternehmer. Aber Hinrichs schiebt sein Scheitern nicht auf die Umstände. Er hat eine andere Erklärung für das Aus, eine längere und eine kürzere. Die längere: „Wir haben jeden Managementfehler gemacht, den man nur machen kann.“ Die kürzere: „Zwei Chefs.“ Nie wieder lasse er sich darauf ein, mit dem Duo an der Spitze sei das Projekt „zum Scheitern verurteilt“ gewesen. „Eine Firma ist keine Demokratie, in der abgestimmt wird“, erklärt Hinrichs seine mittlerweile unverrückbare Position, dass es nur einen Chef geben kann.

Mit XING zum Internet-Star

Hinrichs spricht nicht gern über die Pleite. Worüber Hinrichs sehr wohl spricht, sind die Lehren daraus. Über die wertvolle Erfahrung von „Trial & Error“. Hinrichs würde nie behaupten, dass er schon immer alles gewusst habe. Auch er macht Fehler. Aber er macht sie kein zweites Mal. „Unternehmertum ist nichts anderes, als jeden Tag etwas Neues zu lernen“, sagt er. Und woraus lernt man am meisten? Aus Fehlern! Deshalb hat Hinrichs nach der Firmenpleite 100 Dinge aufgeschrieben, die schief gelaufen sind. Die Liste halft ihm, als er 2003 Open BC startete. Die Plattform, die er später in XING umbenannte, machte ihren Gründer zum gefeierten Star der Internetszene und darüber hinaus.

Aber selbst dieser Erfolg führte bei Hinrichs nicht dazu, sich auf die Schulter zu klopfen. Noch immer galt (und gilt) für ihn die Devise, dass man täglich versuchen muss besser zu werden, weil man sonst irgendwann aufhört, gut zu sein. Deshalb hat Hinrichs, nachdem er 2008 vom Vorstand in den XING-Aufsichtsrat wechselte, noch einmal aufgeschrieben, was gut und was schlecht gelaufen war. 127 Punkte sind es geworden.

Freitagsrunden gegen Sollbruchstellen

Unter „Positives“ hat Hinrichs die „Company-Meetings“ notiert. Er hat sie eingeführt, als er etwa zehn Mitarbeiter beschäftigte und feststellte, dass nun nicht mehr jeder alles weiß, was im Unternehmen vor sich geht. Hinrichs fürchtete, dass „Sollbruchstellen“ in der Kommunikation entstünden und viel Arbeitszeit verloren ginge, wolle man jeden Mitarbeiter auf den aktuellen Wissenstand bringen. Also führte der Unternehmer wöchentliche Treffen ein, erst mit allen Mitarbeitern, später, als die Firma größer war, trafen sich die Abteilungsleiter zum Austausch. Noch heute, bei HackFwd, gibt es diese „Freitagsrunden“, in denen Probleme besprochen und die neuesten Zahlen auf den Tisch gelegt werden. „Das ist gelebte Unternehmenskommunikation“, ruft Hinrichs in den Hörer. Man merkt ihm an, dass er die Treffen für einen gelungenen Coup hält.

Andi, der tollkühne Partyhengst

Es gibt aber noch einen anderen Grund, warum Corporate Finance Partners unter hunderten M&A-Beratungsfirmen in Deutschland heraussticht. Es ist der Faktor Mensch. Es ist Andreas Thümmler selbst. Der Andi, wie er in der Branche meist genannt wird, und seine Qualitäten als Partyhengst. Schon zu Londoner Zeiten waren seine Feiern legendär - und sie sind es mehr denn je. "Auf einer Party mit gutem Schampus, Musik und Zigarren kann man runter kommen", erklärt Thümmler seinen ausgeprägten Hang zum Feiern.

Gleichzeitig sagt er: "Wir brauchen es nicht bieder, sondern spektakulär." Die Geschichten, die über die feuchtfröhlichen Partys kolportiert werden, sind jedenfalls (fast) genauso berauschend wie der Champagner, der in den Nächten flaschenweise fließt. Eine dieser Storys erzählt von einer alkoholreichen Party in einem Berliner Club, die damit endete, dass Thümmler zwei Türsteher mit einem Sektkübelständer niederstreckte.Eine andere Geschichte besagt, dass Thümmler mit Robbie Williams auf der Piste war. Eine seiner letzten großen Partys schmiss das "Feierbiest" (Impulse) im Mai, im schicken Frankfurter Westhafen. Der Gentleman genießt und schweigt über Details. Nur so viel verrät der Gastgeber: "Ich habe meinen 39. Geburtstag gefeiert." Thümmler feiert seit vier Jahren seinen 39. Geburtstag.

Im Moment ist High Noon.
Es gibt viel Liquidität,
und die muss sich entladen

Investmentbanker-Heißsporn

Auch das ist logisch und konsequent: Seine Klienten sind mehrheitlich zwischen 20 und 30. Da will er nicht als alter Sack daneben stehen. Außerdem: Wer sich dauerhaft für Ende 30 ausgibt, der glaubt vielleicht auch, auf Dauer die Energie eines jungen Mannes zu besitzen. Und die braucht, wer so wild lebt wie Thümmler, wer mithalten will mit den Heißspornen aus der Start-up-Branche. Immerhin fährt der Mann mit der Brille auch ein Gegenprogramm. „Regelmäßig Sport, ab und zu Wellness, also schwitzen“, sagt Thümmler.

Mindestens einmal im Jahr zieht er sich außerdem in ein Luxus-Ayurveda-Ressort an der Mosel zurück, um zu „entgiften“. Aber es sind sowieso nicht nur die nächtlichen Sausen, die Thümmlers Ruf als vielleicht „irrsten“ Investmentbanker in ganz Deutschland zementieren. Thümmler hat noch mehr auf Lager, wenn es darum geht zu provozieren und zu polarisieren. Einmal erschien er zum Beispiel im Darth-Vader-Kostüm auf einer Veranstaltung. Als mehrere Start-ups vor Investoren ihre Geschäftsideen präsentierten, kam Thümmler aus dem Nichts, zog sein Lichtschwert und fuchtelte damit herum.

Es ist nur eine von etlichen skurrilen Geschichten. Thümmler hat schon so viele erlebt, dass er es für angemessen hielt, seine Autobiografie zu schreiben. Der erste Teil, „Neuneinhalb Deals“ ist schon fertig, wenn auch (noch) nicht veröffentlicht, zwei weitere Teile sollen folgen. Eigentlich, sagt Thümmler, wollte er sein Leben verfilmen. Jetzt wird es nur ein Buch. „In ein paar Jahren dient es mir als Reflexion“, sagt er.

Vom Hacker zum Finanzprofi

Vom Hacker zum Finanzprofi

Thümmler ist fasziniert vom Internet und den vielen Möglichkeiten, die es bietet. Die Möglichkeit, Geld damit zu verdienen. Aber auch die Technik begeistert ihn. Schon als Jugendlicher in den 80er-Jahren war er vernarrt in die damals noch klobigen, grauen Kisten. Auf seinem Commodore 64 eignete er sich das Programmieren an, schnell beherrschte er Programmiersprachen wie Assembler oder Basic.

Im Alter von 13 Jahren war Thümmler bereits so versiert, dass er Programme knacken konnte. Er war ein bekannter Hacker. Bekannt bei der Polizei und "beinahe im Gefängnis gelandet", wie Thümmler in einem Interview mit internetrepublik.de erzählt. "Die Bertelsmann-Tochter Ariola Soft hat uns verklagt, weil wir Computerspiele geknackt haben, es gab sogar eine Hausdurchsuchung", sagt er stolz.Die Begeisterung für Technik riss nicht ab.

Aber während der letzten Schuljahre kam eine neue Leidenschaft hinzu: die Welt der Finanzen. Den Grundstein dafür legte ein Lehrer, der ihn während eines Austauschjahres an einer amerikanischen Highschool in die Geheimnisse der Börse einführte. Aber auch die Tatsache, dass Thümmler seine Promotion abbrechen musste, weil seine Eltern ihn nicht mehr finanzieren konnten, mag ein Schlüsselerlebnis gewesen sein.

Im Moment ist High Noon.
Es gibt viel Liquidität,
und die muss sich entladen

Der Unterfranke in London

Zu spüren, was Geldknappheit bedeutet, hat schon so manchen dazu angestachelt, das große Geld zu machen. Gleich die erste Anstellung, die Thümmler 1995 annahm, stellte denn auch die Weichen für alles Kommende. Der gebürtige Unterfranke heuerte bei Rothschild an, einer M&A-Boutique in Frankfurt. Als ihm die Arbeit dort zu langweilig wurde, ging er nach London zu UBS Warburg (heute UBS). Es war die Zeit der großen Privatisierungen im Bereich Telekommunikation. "Und ich war mittendrin und durfte die großen Deals machen", sagt Thümmler.

Der Deutsche in London machte sich einen Namen, vor allem in seinem Heimatland, wo gerade mit großem Getöse der "Neue Markt" entstand. Firmen wie Mobilcom oder Intershop gingen an die Börse. Und sie kamen auf Thümmler zu, um mit seinem Arbeitgeber ins Geschäft zu kommen. Nur war eine Investmentbank wie UBS, die gewöhnlich Milliarden-Deals abschließt, an den vergleichsweise kleinen 100-Millionen-Deals aus Deutschland nicht interessiert. "Die Leute, die mich damals ansprachen, wurden meine Freunde", sagt Thümmler. "Ins Geschäft konnten wir aber leider nicht kommen."

Kreativ und erfolgreich listig

Kreativ und erfolgreich listig

Doch Grundig hielt sich nicht lange auf mit solch pessimistischen Gedanken. Außerdem gab es zwei frühere Angestellte, die bei ihrem Chef erschienen und ihn ratlos anschauten. Da blieb dem Unternehmer gar nichts anderes übrig, als von vorne zu beginnen. Und so startete Grundig bereits im Juni 1945 und 15 Jahre nach seinem ersten Anlauf einen zweiten – und legte damit den Grundstein für Europas bedeutendstes Werk der Unterhaltungselektronik. Dass er es so weit bringen würde, konnte Max Grundig kurz nach Kriegsende freilich noch nicht wissen. Schließlich standen am Anfang seiner Erfolgsgeschichte eine Menge Probleme. Vor allem fehlte es an Material und Maschinen. „Verkaufen können wir nichts. Es gibt nichts“, soll Grundig gesagt haben, als er gemeinsam mit den beiden Mitarbeitern den alten Laden in Fürth aufgesperrt hatte. „Aber reparieren“ könne man, stellte Grundig fest.

Er hatte ja das Glück, dass die alten Wickelmaschinen den Krieg unbeschadet überlebt hatten. Auch Drähte, Bleche und Werkzeuge waren noch vorhanden. Außerdem: Zu reparieren gab es eine ganze Menge. Nicht nur durch den Krieg waren viele Geräte beschädigt. Hinzu kam, dass Nürnberg noch immer Wechselstrom, Fürth dagegen Gleichstrom hatte. Die amerikanischen GIs aber, die in Franken nun regierten und diese Absonderlichkeit nicht verstehen konnten, steckten immer wieder Nürnberger Geräte ins Fürther Netz und umgekehrt. Das Resultat waren durchgebrannte Trafos und kaputte Sicherungen.

Grundigs Geschäft lief nach kurzer Zeit auf Hochtouren. Zwar gab es noch immer Hürden zu überwinden, doch Grundig bewies Pragmatismus. Um das erste Radiogerät, den berühmten „Heinzelmann“ produzieren zu können, musste der Sohn eines Lagerarbeiters sogar mit List vorgehen. Denn erstens hatte er von den amerikanischen Siegermächten keine Genehmigung zum Bau von Radios, zweitens waren Radiogeräte streng bewirtschaftet und damit bezugsscheinpflichtig.

Grundig aber hatte die grandiose Idee, den Heinzelmann als Spielzeug herzustellen. Schließlich stand nirgends geschrieben, dass es verboten war, Spielzeug zu produzieren oder zu vertreiben. Also lieferte Grundig den Heinzelmann als Baukastensystem zum selber zusammen basteln und ohne Röhren. Die gab es sowieso nur auf dem Schwarzmarkt, außerdem hätten sie das „Spielzeug“ zum Radio gemacht. Grundig vertraute folglich auf das Organisationstalent seiner Kunden – sie würden schon irgendwo eine Röhre auftreiben. Der Visionär sollte recht behalten: Im August 1946 wurde das erste Radio gebaut. Im Oktober verließen die ersten 75 Heinzelmänner die Fürther Fabrik in der Jakobinenstraße, im November waren es bereits 136, im Dezember 180.

Expansion und Billigkonkurrenz

Doch kaum war die Produktion angelaufen, schwirrte in Grundigs Kopf bereits Gerät Nummer zwei herum. Es sollte der „Weltklang“ werden, das erste komplette Radiogerät mit Röhren aus Grundigs Firma, die seit August 1946 als „RVF Elektrotechnische Fabrik, Inhaber Max Grundig“ firmierte. 1946 war auch das Jahr des Durchbruchs. Seither ging es mit der Firma stetig bergauf. 1949 lief bereits das 150.000. Radiogerät vom Band, 1957 übernahm Grundig die Aktienmehrheit an den Büromaschinenherstellern Triumph in Nürnberg und Adler in Frankfurt, 1960 errichtete Grundig ein Werk in Nordirland, Fertigungsstätten in Portugal und Italien, ebenso in Grundigs Heimat Franken folgten, 1972 wurden die Grundig-Werke GmbH in eine AG umgewandelt.

Der erste Knick kam Anfang der 80er-Jahre: Die Billigkonkurrenz aus Asien überrollte den Weltmarkt, gleichzeitig verspekulierte sich Grundig bei Videorekordern. Seine Mannschaft entwickelte das Format „Video 2000“, ein System, das zwar als Glanzstück deutscher Ingenieurskunst galt, aber zu teuer war und außerdem zu spät auf den Markt kam. 1984 gab Grundig dann die Führung des Unternehmens ab, der niederländische Philips-Konzern stieg mit einer Kapitalbeteiligung ein. Fünf Jahre später starb Grundig. Die Produktion von MP3-Playern und LCD-Displays überließ er seinen Nachfolgern.

Erfolg gegen alle Widerstände

Erfolg gegen alle Widerstände

Es kostete Beate Uhse viel Kraft und Geld, sich zur Wehr zu setzen. In den ersten Jahren erschien sie schließlich „fast wöchentlich zu Vorladungen“. Doch Uhse war nicht der Typ, der sich von Hindernissen hätte entmutigen lassen, lieber ergriff sie die Flucht nach vorn. Ordnete Überstunden an, um alles Werbematerial an einem einzigen Tag aussenden zu können – und somit zu verhindern, dass ein Teil der Prospekte beschlagnahmt wurde.

Denn erstens gaben ihr die Kunden Recht. In zahlreichen Zuschriften drückten sie ihre Dankbarkeit aus, versicherten, dass Beate Uhse ihre „Ehen rette“. Zweitens führte der wachsende Zuspruch in der Bevölkerung zur wachsenden  Nachfrage nach Aufklärungsbroschüren, Kondomen und Potenzmitteln – und damit zum Erfolg des Unternehmens. Bereits im Jahr 1954 erwirtschaftete die Firma 500.000 Mark Umsatz, zwei Jahre später waren es bereits 1,3 Millionen. Beate Uhse wollte sich diesen Erfolg nicht mehr nehmen lassen. Der zierlichen, blonden Frau blieb also gar nichts anderes übrig, als beharrlich zu sein. Und so wurde sie – dank ihrer Zähigkeit – zur Vorkämpferin für die sexuelle Freiheit, zur erfolgreichen Unternehmerin.

Eigenwillig und mutig war Beate Uhse zeit ihres Lebens. Die 1919 in Ostpreußen geborene Beate Köstlin besuchte als einzige weibliche Flugschülerin eine Flugschule, machte mit 18 Jahren den Flugschein und wurde Einfliegerin beim Flugzeugwerk Straußberg in Berlin, später für die Luftwaffe. Gegen Ende des Krieges, ihr Mann Hans-Jürgen Uhse war nach kurzer Ehe gestorben, flüchtete sie mit der letzten noch flugtüchtigen Wehrmachtsmaschine aus dem von den Russen eingekesselten Berlin nach Nordfriesland. Mit an Bord war ihr zweijähriger Sohn Klaus. Beate Uhse war Mitte zwanzig, als sie – Flüchtling, Mutter und Witwe – eine neue Existenz aufbauen musste. Sie wartete nicht lange damit. 1948 gründete sie nicht nur ihr Unternehmen, sie heiratete den Kaufmann Ernst-Walter Rotermund, 1949 gebar Beate Uhse ihren zweiten Sohn Ulrich Rotermund.