Fünf Schlüssel zur Zukunft des Tech-Standorts Deutschland


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„Deutschland steht an einem Scheideweg“, konstatiert Business Angel des Jahres Carsten Kraus und benennt fünf zentrale Hindernisse, die unsere Innovationskraft gefährden und fordert mutige Investitionen und smarte Regulierung.

Carsten Kraus ist Serial Entrepreneur, KI-Experte, Business Angel des Jahres und Mitglied des Forbes Technology Council. Kraus startete 2021 mit dem Angel Investing, blickt auf insgesamt 18 Investments zurück und unterstützt aktuell 11 Start-ups – darunter auch seine eigene Gründung Casablanca.ai, die mittels KI den natürlichen Blickkontakt in Videocalls wiederherstellt. Er setzt sich dafür ein, die Chancen von KI zu nutzen und vielversprechende Start-ups zu fördern, denn er ist davon überzeugt, dass neue Technologien Wert für Unternehmen und Menschen zugleich stiften. Kraus warnt vor Blockaden, die durch Abwanderung von Start-ups, fehlende Infrastruktur oder überregulierende Gesetze entstehen könnten, und fordert gezielte Maßnahmen, um Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

„Deutschland steht an einem Scheideweg,“ sagt Carsten Kraus. „Wir haben das Potenzial, ein global führender Innovationsstandort zu bleiben – aber nur, wenn wir mutig investieren und gleichzeitig ein Umfeld schaffen, in dem Regulierung die Innovation nicht hemmt.“

Als KI-Experte, Seriengründer und Investor kennt Kraus die Herausforderungen aus erster Hand. Er benennt fünf zentrale Hindernisse, die Deutschlands Innovationskraft gefährden:

1. Entwicklung eigener Large Language Models (LLMs)

„Die Abwanderung von KI-Start-ups ins Ausland ist ein alarmierendes Signal,“ warnt Kraus. Large Language Modells (LMMs) – die Basis moderner KI – müssen in Europa entwickelt werden, um demokratische und kulturelle Werte zu bewahren. „Modelle aus den USA oder China tragen deren Weltanschauungen. Europa benötigt eigene Technologien, um kulturelle Eigenständigkeit zu gewährleisten.“ Er setzt sich dafür ein, Anreize für Start-ups zu schaffen, die an solchen Technologien arbeiten, um die Abwanderung ins Ausland zu verhindern.

2. Investitionen in Infrastruktur und Start-ups

Kraus kritisiert, dass Deutschlands technologische Basis hinterherhinkt: „Der erste europäische KI-Supercomputer steht in Finnland, nicht im wirtschaftsstärksten Land Europas. Um Deutschland als attraktiven KI-Standort zu positionieren, braucht es Investitionen in vergleichbare Leuchtturmprojekte.” Er betont: Ohne Investitionen kann Deutschland keine Vorreiterrolle einnehmen – nicht nur bei High-Tech, sondern in allen Branchen. KI wird als Querschnittstechnologie Effizienzgewinne in allen Prozessen der Wertschöpfungskette und in sämtlichen Branchen schaffen. Wer dieses Potenzial nicht nutzt, wird langfristig kein Weltmarktführer bleiben. Wir müssen Innovation aktiv fördern, um nicht abgehängt zu werden.

3. Überwindung der Neidkultur und positive Narrative

Deutschlands Start-up-Ökosystem leidet unter einer ungünstigen Mischung aus Missgunst und übertriebenen Hypes. „Wir erleben oft, wie junge Unternehmen zu schnell in den medialen Fokus geraten, ohne ihre Potenziale vollständig unter Beweis stellen zu können,“ erklärt Kraus. Sobald der Hype abflacht, kippt die Stimmung schnell ins Negative. „Diese extreme Dynamik schadet Gründerinnen und Gründern und untergräbt das Vertrauen in Innovation.“ Kraus fordert eine realistische und konstruktive Kultur: „Wir müssen Erfolgsgeschichten feiern, Gründerinnen und Gründer langfristig begleiten und ihnen den Raum geben, ihre Visionen nachhaltig umzusetzen.“

4. Ausgewogene Berichterstattung

Kraus betont, wie wichtig es ist, Start-ups und Technologien differenziert und mit dem notwendigen Know-how zu betrachten. Er ruft dazu auf, den Dialog zu suchen – beispielsweise über Hintergrundgespräche mit Expert*innen. „Clickbaiting und vorschnelle Urteile bringen kurzfristige Aufmerksamkeit, können aber langfristig innovative Unternehmen gefährden.“ Kraus nutzt aktiv seinen LinkedIn-Account, um Missverständnisse richtigzustellen, seine Einschätzungen zu Technologien zu teilen und für einen fairen Umgang mit Innovationen zu werben. „Wir müssen Berichterstattung nutzen, um Innovation zu fördern, statt sie durch Sensationalismus zu hemmen.“

5. Verantwortungsvoller Umgang mit dem AI Act

Carsten Kraus bringt nicht nur seine Erfahrung als KI-Pionier mit 25 angemeldeten Patenten ein, sondern auch seine Perspektive als Unternehmer. Er sieht den AI Act als wichtigen Versuch, KI verantwortungsvoll zu regulieren, warnt jedoch vor unbeabsichtigten Folgen: „Der AI Act könnte den Mittelstand dazu bewegen, auf den Einsatz von KI zu verzichten, um das Risiko hoher Strafen zu vermeiden – ähnlich wie bei der DSGVO.“ Dies würde nicht nur die Innovationskraft blockieren, sondern auch Europas Wettbewerbsfähigkeit gefährden. „Wir brauchen eine Regulierung, die Sicherheit bietet, ohne Innovation zu ersticken. Wenn Unternehmen Technologien nicht nutzen, verlieren wir im globalen Wettbewerb und behindern unsere eigene wirtschaftliche Entwicklung,“ betont Kraus. Sein Ziel ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Fortschritt fördern, statt ihn zu hemmen.

„Unsere Zukunft hängt davon ab, wie mutig wir investieren und wie klug wir mit den Maßgaben von Regulierungen umgehen. Künstliche Intelligenz ist der Schlüssel zur Sicherung unserer Wettbewerbsfähigkeit und zur Gestaltung einer resilienten, zukunftsorientierten Gesellschaft", fasst Kraus zusammen. Mit seinem Engagement setzt er nicht nur Maßstäbe für den Technologiestandort Deutschland, sondern gibt Start-ups, Investor*innen und politischen Entscheidungsträger*innen eine klare Richtung vor.

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Gründer*in der Woche: GEMcore – SEO ist out, die Zukunft promptet

Alexander Leist und Amir Gdamsi entwickeln mit GEMcore eine SaaS-Plattform, die Unternehmen dabei hilft, nicht bei Google, sondern in KI wie ChatGPT oder Gemini sichtbar zu werden.

Hinter GEMcore stehen Alexander Leist und Amir Gdamsi, Letzterer erlangte mit 15 Jahren als einer von Deutschlands jüngsten Unternehmern mediale Bekanntheit. Heute – mit fünf Jahren Erfahrung im digitalen Marketing, überstandener Insolvenz und erfolgreichem unternehmerischen Neustart – hat Gdamsi eine klare Vision: Die Zeit der Keywords ist vorbei. Künstliche Intelligenz (KI) wird zur primären Informationsquelle. „SEO ist tot – die Zukunft promptet. Wer in den Antworten von GPT & Co. nicht vorkommt, wird im digitalen Raum unsichtbar“, so Gdamsi.

Früh erkannten Alexander Leist und Amir Gdamsi den Trend, dass generative KI-Systeme das Nutzer*innenverhalten grundlegend verändern wird. Ihre Antwort: ein Tool, das genau dort ansetzt, wo klassische SEO versagt – bei der strukturierten Optimierung von KI-Relevanz. Das Tool von GEMcore analysiert, wie gut Marken, Produkte oder Services heute bereits in KI-Antworten vorkommen – und zeigt, wie sich diese Sichtbarkeit strategisch steigern lässt.

Wir bauen Substanz – kein Pitchdeck

Trotz intensiver Gespräche mit internationalen Investor*innen – darunter auch VCs aus dem Silicon Valley und der EU – entschieden sich die Founder bewusst gegen externes Kapital – bis jetzt. „Wir hatten von Tag eins eine klare Linie: Wir bauen Substanz – kein Pitchdeck. Das Geld war da, die Türen waren offen. Aber wir wollten volle Kontrolle, volle Konzentration auf das Produkt – keine Meetings mit Partnern, die auf schnelles Exit-Denken aus sind“, erklärt Gdamsi. „Jede Stunde, die wir nicht mit Term Sheets verschwenden, fließt ins Produkt.“

Die Nachfrage ist spürbar

Gestartet mit einem Team von vier Leuten, alle Studierende an der privaten Hochschule ISM in Dortmund, wächst GEMcore schnell. Aktuell laufen konkrete Gespräche mit internationalen Marktführern, u.a. aus der Kosmetik- und Automobilindustrie. Die Nachfrage ist spürbar, so Gdamsi, da viele Unternehmen merken: Klassische SEO funktioniert nicht mehr. KIs liefern die Antworten – nicht Google.

Mit dem Begriff GEO – Generative Engine Optimization definiert GEMcore eine neue Disziplin. Es geht nicht mehr um Ranking bei Google, sondern um Relevanz bei KI-Modellen. Dabei analysiert die Plattform die semantische Struktur, Datenqualität, Content-Formate und Auffindbarkeit eines Unternehmens – und macht KI-Sichtbarkeit messbar. „Wir sind das erste Tool weltweit, das sich ausschließlich auf KI-Reichweite fokussiert. Es gibt keinen zweiten Anbieter, der das auf diesem Niveau abbildet“, so Gdamsi selbstbewusst.

Wir werden der Kompass, der Marken sichtbar macht

Wo steht GEMcore aktuell? Die Plattform zeigt live, wo man in KI-Antworten erscheint, optimiert Inhalte automatisch (Text, Bild, Video, Audio) und korrigiert Fehler in Echtzeit. Der nächste Schritt sind Modellvergleiche, automatisierte Strategiepläne sowie tägliche KI-Wettbewerbsanalysen. „Unser Ziel: In einer Welt voller generativer Antworten werden wir der Kompass, der Marken sichtbar macht – egal, welche KI gefragt wird“, ist sich Gdamsi sicher.

Ranking: Das sind Deutschlands innovativste Städte

Welche deutschen Städte im Ranking der Innovation aktuell vorne liegen, zeigt die aktuelle Analyse von Adobe Express. Hier die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.

Für das Ranking wurden Faktoren wie Leistungen im Bereich Forschung und Innovation analysiert, sowie die Dichte an Start-ups, verfügbare Stellen im Feld Technologie, Hochschulrankings und mehr analysiert, um die wahren Hotspots der Innovation zu ermitteln.

Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick

Berlin liegt auf dem Siegerplatz, mit 81 von 100 Punkten. In der Hauptstadt gibt es satte 2018 Start-ups und ebenso über 2000 aktuelle Stellenangebote im Bereich Technologie & Innovation - mehr als in jeder anderen Stadt.

München folgt auf Platz zwei und überzeugt mit dem höchsten Wert im Forschungs- und Innovationsindex der Europäischen Kommission (164,3 Punkte). Hier gibt es 770 Start-ups und außerdem die Ludwig-Maximilians-Universität, die im globalen Hochschulranking auf Platz 58 liegt.

Karlsruhe überrascht auf Platz drei. Trotz seiner geringen Größe erhält Karlsruhe 154,5 Punkte im europäischen Innovationsindex. Auf rund 310.000 Einwohner*innen finden sich hier 68 Start-ups – ein Beweis für die starke Innovationskultur der Region. Außerdem liegt das Karlsruher Institut für Technologie unter den Top 100 (Platz 98) im globalen Hochschulranking.

Hamburg erreicht Platz vier mit einer Gesamtpunktzahl von 40,06. Die Hansestadt verbindet einen Innovationsindex von 148,1 mit 440 Start-ups. Als wichtiger Wirtschafts- und Logistikstandort bietet die Stadt ein lebendiges Umfeld für Gründer*innen aus verschiedensten Branchen. Das spiegelt sich auch in über 900 offenen Stellen wider.

Heidelberg rundet die Top 5 ab. Die Stadt beeindruckt mit ihrer berühmten Universität, die auf Platz 80 im globalen Hochschulranking landet, und einem Innovationsindex von 154,5. Mit „nur“ rund 160.000 Einwohner*innen ist sie Heimat von 41 Start-ups – und zeigt damit, dass Innovationsgeist nicht an die Größe einer Stadt gebunden ist.

Zur Methodik

Die Studie bewertet 25 Städte in Deutschland, basierend darauf, wie innovativ fortschrittlich sie sind. Dazu wurden verschiedene Faktoren verwendet. Nachdem die Daten für jeden Faktor gesammelt wurden, wurden sie normalisiert, um jedem Faktor einen Wert zwischen 0 und 1 zuzuweisen. Bei fehlenden Daten wurde ein Wert von 0 vergeben. Die normalisierten Werte wurden anschließend summiert und multipliziert, um jeder Stadt eine Gesamtpunktzahl von 100 zu geben. Die Städte wurden dann basierend auf dieser Gesamtpunktzahl vom höchsten zum niedrigsten Wert gerankt.

Die verwendeten Faktoren sind:

Innovationsindex-Wert: Offizieller Forschungs- und Innovationsindex der europäischen Kommission. Misst die Forschungs- und Innovationsleistung in jeder Region. Datenstand 2023. Verfügbar hier.

Hochschulranking (weltweit): verfügbar hier.

Tech-Jobs pro 100.000 Einwohner*innen:
Die Anzahl der Stellenanzeigen, die die Wörter „Tech“ oder „Technologie“ enthalten, auf Indeed, pro Stadt und pro 100.000 Einwohner*innen. Verfügbar hier.

Anzahl der Start-ups: Anzahl der Start-ups pro Stadt laut dieser Analyse

Breitbandabdeckung & WLAN-Geschwindigkeit: Die mittlere WLAN-Download-Geschwindigkeit in jeder Stadt, ausgedrückt in Mbit/s. Quelle: https://www.speedtest.net/global-index

Hinweis von Adobe Express: Datenstand August 2025. Die präsentierten Daten basieren auf einer Zusammenstellung mehrerer Datenquellen und erheben keinen Anspruch auf eine vollständige Darstellung der Realität. Alle Daten sind in Bezug auf die verwendeten Quellen korrekt.

Weitere Infos zur Erhebung / zum Ranking gibt’s hier.

LegalTech-Start-up Libra erreicht 2 Mio.-Euro-ARR binnen eines Jahres

Mit dem aktuellen Wachstum positioniert sich das 2023 von Viktor von Essen und Dr. Bo Tranberg gegründete gegründete Libra als eines der dynamischsten LegalTech-Start-ups Europas und unterstreicht den Wandel, den die KI in der Rechtsbranche vorantreibt.

Gegründet 2023 von dem ehemaligen Freshfields-Anwalt Viktor von Essen und dem dänischen Software Engineer Dr. Bo Tranberg, unterstützt Libra nach eigenen Angaben heute bereits über 6.000 Jurist*innen in mehr als 500 Kanzleien und Rechtsabteilungen. Die Plattform bietet maßgeschneiderte, KI-gestützte Anwendungen für Recherche, Analyse und Dokumentenerstellung, die sich nahtlos in bestehende Arbeitsabläufe integrieren.

Neben innovativen Team-Workflows für die gemeinsame Mandats- und Dokumentenbearbeitung verfügt Libra über direkte Anbindungen an Fachinhalte des Dr. Otto Schmidt Verlags sowie Handelsregisterdaten via OpenRegister. Damit können Nutzer*innen relevante Informationen direkt in der Chatfunktion abrufen.

Sicherheit und Vertraulichkeit stehen im Zentrum der Plattform: Libra hostet ausschließlich in der EU, ist ISO 27001-zertifiziert und erfüllt sämtliche Anforderungen von DSGVO, BRAO und § 203 StGB.

Jetzt hat Berliner LegalTech-Start-up einen wichtigen Meilenstein erreicht: Nicht einmal zwei Monate nachdem Libra die Grenze von 1 Million Annual Recurring Revenue (ARR) erreicht hat, erzielt die Plattform bereits 2 Millionen Euro ARR. Damit positioniert sich Libra als eines der dynamischsten LegalTech-Start-ups Europas und unterstreicht den Wandel, den die KI in der Rechtsbranche vorantreibt.

„Dass wir in so kurzer Zeit die Marke von 2 Millionen ARR überschreiten konnten, zeigt die enorme Nachfrage nach praxisnahen, sicheren und intelligenten LegalTech-Lösungen“, sagt Co-Founder und CEO Viktor von Essen. „Wir sehen uns bestätigt, dass die Zukunft juristischer Arbeit in der Kombination aus höchster Datensicherheit, nahtloser Technologie-Interaktion und leistungsfähiger KI liegt.“

Millionen-Deal für Pflanzen-Tech-Start-up FYTA

Das von Alexander Schmitt und Claudia Nassif 2018 gegründete Berliner Start-up FYTA entwickelt smarte Pflanzensensoren, die Pflanzenliebhaber*innen dabei unterstützen, die Signale ihrer Pflanzen frühzeitig zu erkennen und sie besser zu verstehen. In der TV-Show Die Höhle der Löwen überzeugte das Start-up. Es kam zum Handschlag für einen Kombi-Deal – 1 Million Euro für zehn Prozent der Firmenanteile. Im Nachhinein kam der Deal einvernehmlich dennoch nicht zustande. Was dann geschah …

Die Höhle der Löwen ist zurück – mit dabei ist das Tech-Start-up FYTA aus Berlin. Die Gründer Claudia Nassif und Alexander Schmitt geben Pflanzen mithilfe von smarten Pflanzensensoren und einer KI-gestützten App eine Stimme. Auf dem B2C-Markt ist das zwölfköpfige Team aus Berlin damit sehr erfolgreich, konnte seinen Umsatz in den vergangenen zwei Jahren jährlich jeweils verdoppeln und hat auch auf dem B2B-Markt und in der Forschung große Pläne für die Zukunft. In der Höhle der Löwen sucht FYTA 500.000 Euro für fünf Prozent der Firmenanteile.

Die Löwen zeigen sich von Produkt und Team schnell begeistert, wollen mehr als die fünf Prozent: Frank Thelen erkennt das große Potenzial in den Daten, die FYTA mit ihren Sensoren sammelt, auch Janna Ensthaler und Carsten Maschmeyer wollen investieren. Noch bevor FYTA ihren Pitch wirklich abschließen kann, liegen dem Start-up gleich vier Angebote vor: Frank Thelen erhöht sein erstes Angebot auf 800.000 Euro für zehn Prozent der Firmenanteile. Janna Ensthaler und Carsten Maschmeyer bieten gemeinsam im Kombi-Deal 1 Million Euro für zehn Prozent, würden aber auch einzeln mit 500.000 Euro für fünf Prozent mitgehen.

1 Million Euro für zehn Prozent: Darum gibt es doch keinen Deal

Für Claudia Nassif und Alexander Schmitt keine einfache Entscheidung: „Frank Thelen ist sehr erfahren im Technologie-Bereich und hat unsere Vision direkt verstanden. Dasselbe gilt allerdings auch für Janna Ensthaler und Carsten Maschmeyer, die nicht nur ihre beeindruckende Expertise in vielerlei Hinsicht unter Beweis gestellt haben, sondern gemeinsam auch das größere Netzwerk, doppeltes Know-how und das höhere Angebot eingebracht haben”, so Claudia Nassif.

Der Handschlag für den Kombi-Deal – 1 Million Euro für zehn Prozent der Firmenanteile – fällt. Im Nachhinein kommt der Deal einvernehmlich dennoch nicht zustande. Nach guten Gesprächen einigen sich die FYTA-Gründer, Ensthaler und Maschmeyer, aus strategischen Gründen aktuell von einem Investment abzusehen.

Nach der Sendung: Abschluss der Finanzierungsrunde und neue Produktgeneration

Nach der Aufzeichnung geht es für FYTA erfolgreich weiter. Das Team konnte seine Finanzierungsrunde mit bestehenden Investoren abschließen und bereitet aktuell den Launch der nächsten Produktgeneration mit fünf neuen Produkten für Ende September vor. Mit dem neuen FYTA Terra werden dann erstmals auch Außenpflanzen mit einem smarten Tracker ausgestattet. Als nächsten Schritt plant das Team die Erschließung des B2B-Marktes mit einer Kombination aus Hardware und B2B-Subscriptions, die professionelle Nutzer*innen mit präziser Umweltintelligenz versorgen und gleichzeitig den Datensatz weiter ausbauen.

Die Vision: Der weltweit größte Datenpool für Pflanzen – für Forschung und Wirtschaft

Für FYTA ist das allerdings nur der Auftakt zur Realisierung ihrer großen Vision: Sie wollen alle grüne Infrastruktur weltweit mess- und trackbar machen und damit die größte Datenbasis für in- und outdoor Pflanzen weltweit aufbauen. Diese Daten will das Team für Benchmarking oder zur Bewertung grüner Vermögenswerte im Rahmen von CO2-Zertifikaten nutzen und diese auch der Forschung zur Verfügung stellen, um neue Erkenntnisse zu Bodenqualität oder den Auswirkungen des Klimawandels zu gewinnen.

Dahinter steht auch die ursprüngliche Vision der Gründung von FYTA: Ökonomin und Datenwissenschaftlerin Claudia Nassif stellt fest, dass in einer Welt, in der alles trackbar ist, gerade die so wichtige grüne Infrastruktur noch immer auf Mutmaßungen angewiesen ist. Der Grund: In der Pflanzenwelt gelten Sensoren als technologische Herausforderung, sind kaum bezahlbar in der Skalierung und die Analyse der Daten ist sehr komplex. In vier Jahren baut Nassif gemeinsam mit Schmitt FYTA auf, bringt mehr als eine Million eigenes Kapital ein und schafft einen Sensor für Pflanzen, der Umweltparameter wie Bodenfeuchtigkeit, Licht, Nährstoffgehalt oder Temperatur misst und anhand der Daten individuelle Pflegehinweise für jede Pflanze gibt.

Gründer*in der Woche: Strandbutler – smarter in den Strandkorb

So smart kann der Strandbesuch sein: Wie das Hamburger Start-up Strand & Mehr die Vermietung von Strandkörben digitalisiert.

Echte Tüftler schalten auch im Urlaub nicht ab. So wie im Fall von Bernhard Sourdeau, Gründer und Geschäftsführer des Hamburger Start-ups Strand & Mehr. Beim Urlaub auf Föhr wollte Sourdeau spontan einen Strandkorb mieten. Doch dabei fiel ihm auf, wie umständlich die traditionelle, analoge Vermietung sein kann. Was, wenn das Kassenhäuschen geschlossen oder nicht besetzt ist? Was, wenn bereits viele Menschen Schlange stehen? Oder aber, wenn statt Karten- nur Barzahlung akzeptiert wird? Für Sourdeau war klar: Eine digitale Lösung muss her. Mit seinem Start-up entwickelte er Strandbutler – ein Online-Verleihsystem, das auf digital vernetzten Schlössern beruht.

Tüfteln an der Hardware

„Von Anfang an war klar, dass wir sowohl eine Software-Plattform als auch eine Hardware-Komponente – das Schloss – benötigen würden“, sagt Geschäftsführer Sourdeau. Die Entwicklung eines robusten, smarten Schlosses für die rauen Küstenbedingungen stellte dabei die größte Herausforderung dar. Nach zahlreichen Tests gemeinsam mit einem chinesischen Hersteller gelang es, ein passendes Modell zu entwickeln. „Am Anfang war die Idee, dass man das Schloss über das Mobiltelefon öffnen können soll, in dem Fall über Bluetooth“, sagt Sourdeau. Zusätzlich zur Bluetooth-Funktion bietet Strandbutler auch RFID-Chips als alternative Öffnungsmethode an – für Gäste, die ihr Smartphone nicht mit zum Strand nehmen wollen.

Durchbruch gelingt mit IoT-Technologie

Entscheidend für den Durchbruch war die Anbindung ans Internet of Things (IoT) und die Integration der nuSIM-Technologie der Telekom in die Schlösser. Diese integrierte Mobilfunk-SIM bietet mehrere Vorteile: Sie ermöglicht die Fernortung und -wartung der Schlösser sowie das Auslesen wichtiger Gerätedaten, etwa des Akkuladestands. Die Unterstützung der Mobilfunkstandards LTE und NarrowBand IoT (NB-IoT) ermöglicht eine Anpassung an die jeweilige Empfangssituation. „Die nuSIM war perfekt für uns, da sie sich komplett in unser Schloss integrieren ließ“, sagt Sourdeau. Die neueste Generation der Schlösser verfügt zudem über eine Kombination aus Solarzellen und Akkus, was den Wartungsaufwand und den Energieverbrauch erheblich reduziert.

Strandgäste und Verleiher profitieren

Nachdem die technische Aufgabe gelöst war, setzte Strand & Mehr in Zusammenarbeit mit den Strandkorbvermietern eine digitale Vermietungsplattform auf. Über eine App können Touristen ihren Wunschstrandkorb bereits vor der Anreise reservieren. Die Tage des frühmorgendlichen Anstehens und der Suche nach Bargeld sind damit vorbei. Bei Ankunft am Strand führt die App die Nutzer direkt zum reservierten Korb, der sich bequem per Smartphone oder RFID-Chip öffnen lässt. Diese Vereinfachung spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch den Stress, der oft mit der Suche nach dem perfekten Strandplatz verbunden ist. Zudem ermöglicht das System flexible Buchungszeiten, sodass Urlauber ihren Strandtag spontan verlängern können, ohne zur Vermietungsstation zurückkehren zu müssen.

Auch Strandkorbvermieter profitieren erheblich von dem intelligenten Schließsystem, das den Vermietungsprozess effizienter gestaltet. Mit einem zentralen Managementsystem können Vermieter zahlreiche Strandkörbe an verschiedenen Orten verwalten. Die Echtzeitübersicht über die Auslastung und den Status jedes Strandkorbs erleichtert die Planung der Ressourcen. Dank der Möglichkeit zur Fernwartung und -diagnose sinken die Personalkosten und der logistische Aufwand. Zudem reduziert die automatisierte Buchung und bargeldlose Zahlung den administrativen Aufwand und verringert potenzielle Fehlerquellen.

Zukunftsvision: Getränke per App ordern

Derzeit betreut Strand & Mehr rund 10.000 Strandkörbe an über 70 Stränden von Borkum bis Usedom, wobei bereits die Hälfte mit den intelligenten Schließsystemen ausgestattet ist. „Denkbar wäre auch, dass man aus dem Strandkorb heraus über die App Getränke und Snacks ordern kann. Dann hätten wir wirklich einen Strandbutler“, befasst sich Gründer Sourdeau mit möglichen Innovationen für das rund um digitalisierte Strandkorberlebnis.

Auch zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten für das Vermietungssystem bieten sich an, wie etwa bei Leihfahrrädern, die von Kreuzfahrtunternehmen für Landgänge bereitgestellt werden. Strandliegen und Sonnenschirme in südlichen Urlaubsdestinationen könnten damit effizient verwaltet werden. Die Integration von Satellitenverbindungen, die durch die neueste SIM-Generation der Telekom ermöglicht wird, könnte die Nutzung in abgelegenen Gebieten oder auf offener See ermöglichen. Ein echter Gründer denkt eben immer einen Schritt weiter – ob im Urlaub oder bei der Arbeit.

4,2 Mio. € Seed-Runde für Berliner PropTech-Start-up WALLROUND

Das 2024 von Lukas Steinhilber, Tatiana Wotzasek und Henning von Oesen gegründete WALLROUND hat eine ganzheitliche Sanierungslösung entwickelt, die Analyse, Planung, Einkauf, Bau und Projektsteuerung digital integriert.

Angeführt wurde die überzeichnete Seed-Finanzierungsrunde vom spezialisierten VC-Fonds Revent sowie dem Impact-Investor GGF. Vonovia, Europas größter Bestandshalter, vergrößert die Beteiligung. Gleichzeitig wurde ein Beirat ins Leben gerufen, dem u.a. Kai Enders, ehemaliger DACH-CEO von Engel & Völkers, Gründer von GvFC Immobilien und langjähriger Präsident des Deutschen Franchiseverbands, beitritt.

WALLROUND hat sich zum Ziel gesetzt, das größte Sanierungs-Franchise Europas aufzubauen – und damit eines der größten Probleme der Immobilienwirtschaft zu lösen: veraltete, ineffiziente und schwer koordinierbare Sanierungsprozesse, die die dringend notwendige Transformation zu energieeffizienten Gebäuden behindern. Das Unternehmen bietet eine vollständig integrierte, technologiegestützte Sanierungslösung – von der digitalen Objektanalyse über Planung, Einkauf und Umsetzung bis hin zur Qualitätssicherung.

“Wir beobachten den Markt für energetische Sanierungen schon lange“, sagt Dr. Lauren Lentz, General Partner bei Revent. „WALLROUND ist das erste Team, das eine echte End-to-End-Tech-Lösung mit operativer Exzellenz verbindet. "So sieht die Zukunft der Sanierung aus.”

Der Fokus liegt auf privaten Vermieter*innen und institutionellen Investor*innen – einem Segment, das einen großen Teil des deutschen Wohnimmobilienbestands hält, aber bislang kaum professionell adressiert wurde. Durch die Digitalisierung und Bündelung aller Prozessschritte ermöglicht WALLROUND schnellere, profitablere und skalierbare Sanierungen.

“Unser Ziel ist es, Sanierungen so einfach zu machen, dass jeder Eigentümer ohne Hindernis sein Gebäude dekarbonisieren kann – und das wirtschaftlich sinnvoll“, erklärt Lukas Steinhilber, CEO und Mitgründer von WALLROUND. „Wir bieten nicht nur einen Service, sondern bauen ein System, das skalierbar ist und die massive Nachfrage effizient bedienen kann.”

Das neue Kapital soll genutzt werden, um deutschlandweit zu expandieren, Kund*innen- und Planungsprozesse zu automatisieren sowie Schlüsselpositionen in den Bereichen Technologie, Operations und Produktentwicklung zu besetzen.

“Gebäudesanierung hat die Chance, echten Impact mit wirtschaftlichem Wachstum zu verbinden“, sagt Friedrich Neuman, Partner bei GGF. “WALLROUNDs Vision, das größte Sanierungs-Franchise Europas aufzubauen, kommt zum richtigen Zeitpunkt. Sie hilft Eigentümern, Stranded Assets zu vermeiden. Die vollintegrierte Plattform – mit Software im Kern – schafft enorme Effizienzgewinne und beschleunigt die Energiewende im Gebäudesektor.“

Genow: Darmstädter DeepTech-Start-up sichert sich 1,65 Mio. Euro

Das 2023 von Dr. Timo Koppe, Adrian Glauben, Dr. Sara Jourdan und Prof. Peter Buxmann gegründete Darmstädter DeepTech-Start-up Genow hat seine Seed-Finanzierungsrunde über 1,65 Millionen Euro erfolgreich abgeschlossen. Als Lead-Investor beteiligt sich der High-Tech Gründerfonds (HTGF), flankiert von der BM H Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH (BMH) sowie den erfahrenen Angel-Investoren und Gründern Markus Becker, Sebastian Mönnich und Dr. Mario Lenz.

Trotz fortschreitender Digitalisierung bleibt der ineffiziente Zugang zu internem Wissen eine der größten Herausforderungen vieler Unternehmen. Selbst dokumentiertes Wissen bleibt häufig schwer auffindbar, da es über unterschiedliche Systeme verstreut ist. Gleichzeitig droht mit dem altersbedingten Ausscheiden vieler Fachexpert*innen wertvolles Wissen verloren zu gehen. Es mangelt an Lösungen, die mit der komplexen, heterogenen Informationslandschaft moderner Organisationen umgehen können und Wissen abteilungsübergreifend zugänglich und nutzbar machen.

„Wissensmanagement bleibt bis heute eine der größten Hürden für erfolgreiche Prozesse und Entscheidungen“, sagt Sara Jourdan, CEO und Mitgründerin von Genow. „Viele Beschäftigte verbringen täglich 20 bis 30 Prozent ihrer Zeit allein mit der Informationssuche in unstrukturierten Datenbeständen.“

KI-basierte Wissensprozesse für jeden Kontext

Das 2023 von Dr. Timo Koppe, Adrian Glauben, Dr. Sara Jourdan und Prof. Peter Buxmann gegründete Spin-off Genow hatte im Vorfeld der Gründung an der TU Darmstadt über mehrere Jahre hinweg intensiv zu generativer KI im Unternehmenseinsatz geforscht. Dabei wurde deutlich, dass klassische KI-Lösungen im Unternehmensalltag häufig an fehlendem Kontext scheitern. Mit „Wingman“ adressiert Genow genau dieses Problem mit einer skalierbaren Knowledge Operations Plattform, die fragmentiertes Wissen aus Systemen wie SharePoint, Confluence, Jira oder DMS-Lösungen intelligent zusammenführt und kontextuell nutzbar macht. Wingman ist bereits bei ersten internationalen Großkunden im Einsatz und ist für tausende Mitarbeitende zum täglichen Begleiter geworden, um schnell und zielgerichtet auf internes Wissen zuzugreifen und dieses produktiv zu nutzen.

Die Plattform versteht nicht nur Inhalte semantisch, sondern berücksichtigt auch unternehmensspezifische Metadaten, Fachbegriffe und Zusammenhänge. So entstehen präzise und verlässliche Antworten, selbst bei komplexen Fragestellungen, und zugleich lassen sich Wissenslücken gezielt identifizieren. Unternehmen können somit individuelle KI-Anwendungen für verschiedene Bereiche wie HR, Vertrieb, Compliance, Kundenservice oder Engineering konfigurieren. Ziel ist es, das Wissensmanagement grundlegend neu zu denken und Unternehmen eine zukunftssichere Lösung für den Aufbau, Erhalt und die Nutzung ihres internen Wissens zu bieten. Die Plattform kann vollständig in der kundeneigenen Cloudumgebung betrieben werden und erfüllt höchste Anforderungen an Datensicherheit, Skalierbarkeit und Kontrolle.

„Mit Genow investieren wir in ein Team, das aus exzellenter Forschung eine skalierbare Lösung für eines der zentralen Probleme der Wissensarbeit entwickelt hat“, sagt Sebastian Schnell von der BMH. „Wingman überzeugt durch technologische Tiefe, Praxisrelevanz und hohes Marktpotenzial.“

„Wir sehen viele Start-up-Aktivitäten in diesem vielversprechenden Markt, aber nur wenige verstehen die Bedürfnisse großer Corporates so gut wie dieses Team. Nach einer beeindruckenden Bootstrapping-Phase sind wir gespannt, was sie mit diesen neuen finanziellen Möglichkeiten erreichen werden“, so Felix Assion, Investment Manager HTGF.

„Das Gründerteam von Genow hat uns mit seiner Kombination aus technologischer Expertise und strategischem Weitblick beeindruckt. Mit Wingman setzt Genow neue Maßstäbe im Umgang mit Unternehmenswissen – wir sehen hier großes Zukunftspotenzial und freuen uns, Teil dieser Reise zu sein“, sagt Markus Becker und Sebastian Mönnich, Business Angels.

Die Mittel aus der Seed-Runde sollen in den weiteren technologischen Ausbau – insbesondere im Bereich agentenbasierter Wissensprozesse – sowie in die Markterschließung investiert werden.

Plancraft: 38 Mio. Euro für Hamburger Handwerks-Digitalisierer

Plancraft digitalisiert Verwaltungsprozesse für Handwerksbetriebe – von der Angebotserstellung über Zeiterfassung bis zur Baustellendokumentation. Das frische Kapital soll in die Entwicklung einer AI-first Software sowie den Team-Aufbau fließen.

Das 2020 von Julian Wiedenhaus, Alexander Noll und Richard Keil gegründete Hamburger Saas-Unternehmen plancraft hat eine Series-B-Finanzierungsrunde in Höhe von 38 Millionen Euro abgeschlossen. Lead-Investor ist Headline, eines der größten Venture-Capitals weltweit. Bereits bestehende Investoren wie Creandum, HTGF und xdeck beteiligten sich erneut an der Runde. Die Gesamtfinanzierung des Unternehmens steigt auf über 50 Millionen Euro.

Während Europa mit einem erheblichen Fachkräftemangel im Bauwesen konfrontiert ist und gleichzeitig die Klimaziele umfangreiche Gebäudesanierungen erfordern, kommt die Finanzierung für die Branche zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Das frische Kapital soll primär in die Entwicklung KI-gestützter Funktionen sowie den Ausbau des Teams fließen.

KI als Gamechanger in der Baubranche

Die Vision geht weit über herkömmliche Digitalisierung hinaus: „Künstliche Intelligenz verändert grundlegend, wie wir mit Technologie umgehen – und das eröffnet eine enorme Chance für Handwerker*innen, die von herkömmlicher Software oft ausgeschlossen wurden. Unser Ziel ist es, eine KI zu entwickeln, die so intuitiv ist, dass Sprache das einzige Werkzeug ist, das man zur Bedienung braucht”, erklärt Alexander Noll, Mitgründer und Chief Product Officer.

Darauf aufbauend entwickelt plancraft seine Produkt-Roadmap über die heutigen Sprachfunktionen hinaus hin zu umfassender KI-Automatisierung. Die Vision: KI-Agenten, die aktiv Kundenkommunikation übernehmen, individuelle Angebote erstellen und Geschäftsprozesse optimieren. So können sich Handwerker*innen auf die eigentliche Arbeit konzentrieren, während die Software die Verwaltung übernimmt.

CEO Julian Wiedenhaus betont die strategische Bedeutung künstlicher Intelligenz: „Das europäische Baugewerbe steht unter enormen Druck – demografischer Wandel, Fachkräftemangel und der dringende Bedarf an klimagerechter Gebäudesanierung verlangen nach deutlich effizienteren Lösungen. Unser Ziel ist nicht nur die Digitalisierung des Handwerks, sondern eine grundlegende Veränderung der Arbeitsweise – damit Betriebe nicht in Bürokratie versinken, während auf der Baustelle die eigentliche Arbeit liegen bleibt.”

Die Herausforderungen im europäischen Handwerk sind beträchtlich: 95 Prozent der Betriebe sind Kleinstunternehmen mit weniger als zwanzig Mitarbeitenden. Gleichzeitig kämpfen sie mit zunehmender Bürokratie, akutem Fachkräftemangel und dem Generationswechsel. In Verbindung mit der Tatsache, dass Europa für 40 Prozent der weltweiten CO-Emissionen im Baugewerbe verantwortlich ist, steht der Sektor unter einem noch nie dagewesenen Veränderungsdruck. Strukturelle Krisen wie die Wohnungsknappheit und der Klimawandel erhöhen den Druck zusätzlich.

Rasantes Wachstum in schwierigem Marktumfeld

Seit der Series-A-Finanzierungsrunde im Juni 2024 hat plancraft sein Team von 40 auf über 100 Mitarbeitende mehr als verdoppelt. Mittlerweile ist das Unternehmen mit Teams in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Italien vertreten. Zur Unterstützung des weiteren Wachstums sucht das Unternehmen verstärkt nach Produkt- und KI-Expert*innen.

“Bei plancraft sehen wir nicht nur ein starkes Produkt, das bei den Kunden auf große Begeisterung stößt, wir sind auch beeindruckt vom Team, das mit einem klaren, entschlossenen und ambitionierten Mindset überzeugt“, sagt Trevor Neff von Headline. „Die große Vision und der Wille, eine traditionelle Branche zu verändern, stechen besonders hervor. Die aktuellen Marktbewegungen, kombiniert mit dem gezielten Einsatz von KI, könnten die Handwerks-Branche in ganz Europa grundlegend verändern.“

1 Mio.-Euro-Pre-Seed-Finanzierung für paddy

In nur 6 Monaten seit Launch: das 2024 von Matty Frommann, Lukas Portmann und Tobias Schröder gegründete EduTech/KI-Start-up paddy sichert sich 1 Mio. Euro für den Unterricht der Zukunft.

Allein im DACH-Raum arbeiten rund zwei Millionen Lehrkräfte an über 40.000 Schulen (Quelle: Agentur für Arbeit). Gleichzeitig fehlt es an pragmatischen Lösungen, die den Alltag der Lehrkräfte erleichtern. Laut Bitkom-Studie sehen über 70 Prozent der Lehrenden Überlastung und Lehrermangel als zentrale Herausforderungen. Mehr als jede zweite Lehrkraft gibt zudem an, dass durch die wachsenden Klassengrößen kaum noch Zeit bleibt, auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen einzugehen.

„Ich habe als Schüler hautnah miterlebt, wie stark viele unserer Lehrkräfte unter Druck standen – kaum Zeit für individuelle Förderung, obwohl der Wille da war. Genau daraus ist die Idee für paddy entstanden“, sagt Matty Frommann, Mitgründer und CEO von paddy.

Der Frust des Lehrerseins war für die Lehrerkinder und paddy-Gründer Matty Frommann, Lukas Portmann und Tobias Schröder auch am Frühstückstisch Alltag: Gespräche über zu volle Klassen, zu viele Aufgaben nach Unterrichtsschluss – und das Gefühl, nie allen wirklich gerecht zu werden. Lehrkräfte springen zwischen Verwaltung, Stoffdruck und Klassenzimmer hin und her – oft ohne die Möglichkeit, auf einzelne Schüler*innen einzugehen. Bereits während der Pandemie organisierten die heutigen paddy-Gründer Lehrerfortbildungen vor Ort und erlebten aus nächster Nähe, wie sehr Schulen unter digitalen und strukturellen Defiziten litten. 2024 gründeten sie schließlich die DigitalErleben GmbH und brachten im Januar 2025 ihre KI-Plattform paddy auf den Markt, die den Lehreralltag spürbar vereinfachen soll. Bis Ende des Jahres erwartet das Unternehmen einen Umsatz im mittleren sechsstelligen Bereich.

Mehr Zeit fürs Wesentliche

Paddy übernimmt genau die Aufgaben, die Lehrkräften täglich den Kalender sprengen – ohne Mehrarbeit, ohne Einarbeitung. Die Plattform erkennt Thema, Zielgruppe und Lernziel. Sie schlägt passende Aufgabenformate, Methoden und Materialien vor, erstellt differenzierte Inhalte und analysiert den Lernstand der Schüler*innen, um die nächsten Schritte gezielt zu unterstützen. So erkennen Lehrkräfte schnell, wo ihre Klasse steht – und bei wem es hakt.

Statt zwischen Tools, Mappen und To-dos zu springen, bleibt wieder Zeit für das, worauf es im Klassenzimmer ankommt: individuelle Förderung, persönliches Feedback und ein echter Draht zu den Schüler*innen.

Auf Wachstums- und Expansionskurs

Das frische Investorengeld – Lead-Investor ist der High-Tech Gründerfonds (HTGF) – soll nun in die Weiterentwicklung der KI und die weitere Expansion fließen – das Start-up will neben Deutschland den gesamten europäischen Markt erobern. „Paddy zeigt, wie man den Stress für Lehrkräfte verringern und gleichzeitig Schüler*innen frühzeitig im Umgang mit KI schulen kann. Neben dem überzeugenden Produkt hat mich aber vor allem das Team begeistert: Trotz des extrem jungen Alters zeigen die Gründer schon jetzt ein außergewöhnliches Gespür für Unternehmertum – und ich bin gespannt wo die gemeinsame Reise hingeht", sagt Felix Assion, Investment Manager beim HTGF.

Die Deutsche WertpapierService Bank akquiriert das Berliner FinTech lemon.markets

Das 2020 von Max Linden gegründete lemon.markets, eine Brokerage-as-a-Service-Plattform, soll mit dem bestehenden Management-Team als 100-prozentige Tochter der dwpbank Gruppe ein eigenständiges Unternehmen bleiben. Die Akquisition unterliegt noch der Genehmigung durch die BaFin und der Erfüllung üblicher Closing-Bedingungen.

Die Deutsche WertpapierService Bank (dwpbank) hat eine Vereinbarung mit dem FinTech-Start-up lemon.markets über eine Akquisition beschlossen. Mit dem Erwerb aller Anteile des Berliner Unternehmens erweitert die dwpbank ihr Vollverwahr-Angebot um eine Brokerage-as-a-Service (BaaS)-Lösung. Die dwpbank Gruppe wird künftig zwei Marken führen und so langjährige Wertpapier-Expertise und Stabilität mit Innovationskraft verbinden. Etablierte Finanzdienstleister und Fintechs profitieren künftig von einem flexiblen Leistungsportfolio, um schneller und differenzierter auf Marktveränderungen zu reagieren – und so neue Kundensegmente im Wertpapiergeschäft zu erschließen und langfristig zu binden.

Ökosystem für Wertpapierservices schaffen

Mit diesem Schritt verfolgt die dwpbank Gruppe – bestehend aus der dwpbank und ihren Tochtergesellschaften – konsequent ihre Wachstumsstrategie: Ein Ökosystem für moderne, einfach zugängliche und hochverfügbare Wertpapierservices schaffen, das einer vielfältigen Finanzwelt gerecht wird. Mit lemon.markets ergänzt die dwpbank Gruppe ihr cloud-basiertes Technologie-Stack bestehend aus der leistungsfähigen Wertpapierplattform WP3 und Digital-Asset-Lösung wpNex um eine Infrastruktur für schlanke und digitale Brokerage- und Custody-Services.

Das im Jahr 2020 gegründete Berliner FinTech lemon.markets bietet Banken, FinTechs und Vermögensverwaltern einen einfachen, digitalen Zugang zum Kapitalmarkt. Über eine API lässt sich die Plattform in kürzester Zeit in bestehende Systeme integrieren. Die Infrastruktur unterstützt moderne Funktionen wie Bruchstückhandel, Echtzeitverarbeitung und voll-digitalisierte Prozesse für ETFs, Aktien und Fonds. Zu den Kund*innen des BaFin-lizenzierten Wertpapierinstituts gehören unter anderem FinTechs wie Tomorrow, Optio und Holvi.

Kristina Lindenbaum, Vorständin für Kunde und digitale Transformation der dwpbank, sagt: „Mit dem technologischen Know-how und innovativen Angebot von lemon.markets bieten wir Banken, aber auch Fintechs und Vermögensverwaltern, fortan das Beste aus zwei Welten im Wertpapiergeschäft – Expertise und Stabilität mit Innovationskraft. In der dwpbank Gruppe eröffnen wir ihnen damit Wachstumschancen in einem zunehmend durch Neo- und Onlinebroker geprägten Wertpapiermarkt.“

Synergien bei Markterschließung und technologischer Weiterentwicklung

Die dwpbank Gruppe wird künftig mit einer Zwei-Marken-Strategie am Markt auftreten: Die beiden Unternehmen bleiben als eigenständige Marken sichtbar, arbeiten aber eng zusammen und bündeln ihre jeweiligen Stärken. Der Fokus liegt auf der gemeinsamen Weiterentwicklung ihrer Plattformen, kurzen Innovationszyklen und einem Leistungsportfolio, das es Finanzinstituten und FinTechs ermöglicht, auf Marktveränderungen schnell und differenziert zu reagieren.

Max Linden, Gründer und CEO von lemon.markets, sagt: „Beide Unternehmen eint die Mission, das Investieren am Kapitalmarkt zugänglicher zu machen – das beste Fundament für unsere Zusammenarbeit. Neben unserer Technologieführerschaft senden wir ein Signal der Stärke an bestehende und zukünftige Partner und Kunden. Mit beschleunigter Time-to-Market, modularem Leistungsangebot und modernem Kundenerlebnis machen wir gemeinsam mit der dwpbank Finanzdienstleister wettbewerbsfähiger.“

Das Management-Team von lemon.markets soll bestehen bleiben. Die Akquisition unterliegt noch der Genehmigung durch die BaFin und der Erfüllung üblicher Closing-Bedingungen. Die Transaktion soll bis Herbst 2025 abgeschlossen sein.

Tanso schließt 12 Mio.-Euro-Finanzierungsrunde ab

Das B2B-SaaS-Start-up Tanso wurde 2021 von Till Wiechmann, Gyri Reiersen und Lorenz Hetzel in München gegründet und bietet eine cloudbasierte Lösung für Umweltmanagement und Compliance-Automatisierung an.

Für fertigende Industrieunternehmen nimmt der Druck zum aktiven Umwelt- und Compliance-Management stark zu: Durch verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung auf EU-Ebene (z.B. Corporate Sustainability Reporting Directive, “CSRD”) wird Kommunikation von Nachhaltigkeits-KPI in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance zu Bilanzrecht - mit Prüfung durch Wirtschaftsprüfer und Vorstandshaftung. Gleichzeitig erhöhen große Abnehmer z.B. in der Automobil-, Lebensmittel- oder Chemiebranche den Druck auf ihre Lieferanten, aktives Nachhaltigkeitsmanagement im Bereich Dekarbonisierung zu betreiben und regelmäßig über Fortschritte zu berichten. Einst freiwillig mit kommuniziert, etabliert sich Umwelt-Performance so zum Wettbewerbstreiber.

Tanso wurde 2021 von Till Wiechmann (30), Gyri Reiersen (29) und Lorenz Hetzel (28) gegründet und bietet eine cloudbasierte Lösung für Umweltmanagement und Compliance-Automatisierung an. Die Software hilft fertigenden Industrieunternehmen dabei, Umwelt-Auflagen entlang ihrer Lieferkette zu erfüllen und Compliance-Kosten zu senken. Tanso baut als Datenmanagement- und Analytics-Software auf bestehenden Unternehmenssystemen auf und schafft eine zentrale Steuerungssicht für Nachhaltigkeit und Compliance. So können Unternehmen Transformationsprojekte wie Investitionen in Dekarbonisierungsmaßnahmen zentral planen, datenbasiert steuern und effektiv nachverfolgen. Die Software wird aktuell von über 300 Unternehmen unterschiedlicher Branchen in über 40 Ländern eingesetzt, so z.B. von Kärcher, Duravit, der Paulaner Gruppe sowie Goldbeck.

Tanso plant das Kapital – die Series-A-Finanzierungsrunde wurde von den internationalen Wagniskapitalgebern henQ und Fortino Capital, mit starker Beteiligung der bestehenden Investoren Capnamic und UVC Partners angeführt – für die Erweiterung seines Teams von aktuell 55 auf über 100 Mitarbeitende, Expansion in weitere Länder sowie die Entwicklung weiterer Produktmodule für Supply Chain, Compliance und Risikomanagement zu nutzen.

„Diese Finanzierung ist ein bedeutender Meilenstein für uns. Wir haben den Anspruch, die nutzerfreundlichste, zuverlässigste und meistgenutzte Lösung im Markt anzubieten und haben nun neue Möglichkeiten, weiter zu investieren. Ich freue mich darauf, die nächste Wachstumsphase einzuläuten”, sagt Till Wiechmann, CEO von Tanso.

GameChanger des Monats: Philipp Bauer - Ohne Investor*in zum Erfolg

Was du beachten solltest, wenn du dein Start-up erfolgreich eigenfinanzieren willst, schildert Philipp Bauer, Gründer von Die Erdwärmebohrer, aus eigener Erfahrung.

Die fetten Finanzierungsjahre sind vorbei. War es bis 2021 noch vergleichsweise einfach, Fremdkapital zur Firmengründung zu beschaffen, weht nun ein anderer Wind durch den Start-up-Sektor. Laut Deutscher Startup Monitor 2024 will jede(r) fünfte Gründer*in sein/ihr Unternehmen selbst finanzieren. Folgende Punkte solltest du beachten, wenn du dein Start-up erfolgreich bootstrappen willst.

1. Kein Funding-Stress neben dem Gründungsstress

Die eigenen Ideen und Werte zu verwirklichen, ist unglaublich erfüllend, aber auch eine große Herausforderung. In der sensiblen Anfangsphase kann dieser Stress, alles aus eigener Kraft erschaffen zu müssen, auch an den eigenen Energiereserven zehren. Die meisten Gründer*innen kennen diese Anfangsphase: Auch meine Mitgründer und ich haben das erste Jahre durchgearbeitet.

Warum sich der Aufwand dennoch für uns gelohnt hat: Wir haben ohne Risiko gegründet. Wer ohne ausreichend Eigenkapital gründet, muss sich vor seinem/seiner Investor*in rechtfertigen oder ein Darlehen zurückzahlen. Dieses Risiko haben wir umgangen.

Was uns mindestens ebenso wichtig war: das Wahren unserer Entscheidungsfreiheit. Man gründet nicht, um dann in einem angestelltenähnlichen Verhältnis zu arbeiten, sondern weil man eigene Vorstellungen hat und diese kompromisslos verwirklicht sehen will.

2. Volle Kontrolle

Du gestaltest dein Start-up nach deiner Vision. Mein Großvater war diesbezüglich mein Vorbild: In meinen Augen war er stets Herr seiner Zeit, hat sein Unternehmen so geführt, wie es seiner Idee entsprach. Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der Finanzierung meines Unternehmens wider. Viele Start-ups bauen auf dünnen Hypothesen und stecken sich Wachstumsziele, die sie nie erreichen werden. Dieses Spiel mit der Zukunft ist für mich das Gegenteil eines unternehmerischen Versprechens. Manchmal hilft es eher, kein Geld, aber dafür die gesamte Kontrolle zu behalten – denn das zwingt einen dazu, nach neuen Lösungen zu suchen.

Mit Bootstrapping gibt es keine Kompromisse und auch keine Eingriffe in strategische oder operative Entscheidungen. Alle Erfolge, aber auch alle Misserfolge, gehören damit dir und deinem Team.

3. Wachstum ja, aber nicht um jeden Preis

Viele Start-ups mit Finanzierung durch Investor*innen sehen sich enormem Wachstumsdruck ausgesetzt. Es sind aber nicht nur Zielvorgaben der Geldgebenden, auch andere Faktoren setzen Gründende zunehmend unter Druck. Märkte können sich unberechenbar verhalten. Nicht zuletzt aufgrund des engen Zusammenhangs von Politik und Wirtschaft.

Was für etablierte Unternehmen gilt, trifft auch auf Start-ups zu: Die Suche nach kompetentem Personal stellt auch für Jungunternehmen eine Herausforderung dar, vielleicht sogar eine noch größerer. Denn oft fehlen der große Name und die Sicherheiten, die ein etabliertes Unternehmen Angestellten bieten kann. Dabei benötigen gerade Start-ups erfahrene Mitarbeitende. Die Zeiten, in denen man Freund*innen rekrutiert hat, sind lange vorbei. Die Start-up-Szene hat sich professionalisiert und bietet sich für viele Fachkräfte als einen ansprechenden Karriereweg an. Dennoch steht man im Wettbewerb mit gut bekannten Unternehmen, die nicht nur höhere Gehälter, sondern auch attraktive Zusatzleistungen bieten.

Daneben können auch persönliche Gründe dazu führen, dass ein Unternehmen langsamer wächst als erhofft. Kinder, Partner*in oder Familie spielen eine zentrale Rolle im Leben vieler Gründenden und können Einfluss auf das Wachstums­tempo eines Unternehmens haben. Während einige bereit sind, ihr Privatleben zugunsten der Firma stark zurück­zu­stellen, entscheiden sich andere bewusst für eine ausge­wo­genere Work-Life-Balancen oder setzen ihre Prioritäten anders, weil sie finanzielle Stabilität für ihre Familie gewährleisten möchten.

Mit der Entscheidung für Eigenfinanzierung setzt du auf solides, organisches Wachstum und langfristige Kund*innenbindung statt auf schnelle Skalierung und hast es in der Hand, wann dein Unternehmen durch eine Wachstumsphase geht.

4. Fokus auf Kund*innen, nicht auf Geldgebende

Wer Investor*innen ansprechen will, der muss sich auf mehrere Pitches einstellen. Diese benötigen Zeit und Energie, um gut vorbereitet zu werden. Wir haben uns stattdessen darauf konzentriert, Kund*innenbedürfnisse zu verstehen und Lösungen zu schaffen, die am Markt nachgefragt werden. Das hat dazu geführt, dass wir uns im ersten Jahr nach der Gründung neu ausgerichtet haben. Aus einer Beschaffungsplattform für Handwerksbetriebe entstand ein hochspezialisiertes Unternehmen für geothermische Heizanlagen.

Das war ein unerwarteter Pivot, wir mussten unsere Annahmen über unsere Unternehmung völlig neu überdenken. Wir haben unser Geschäftsmodell überarbeitet und sind damit von unserem ursprünglichen Plan abgewichen. Diese Wende hat uns aber dahin geführt, wo wir heute stehen, und sie hat uns erfolgreich gemacht. Nicht jede(r) Investor*in ist bereit, einen derartigen Prozess mitzutragen. Solch profunde Neuausrichtungen sind keine Seltenheit und eigenfinanziert sind sie leichter und schneller zu vollziehen.

5. Finanzielle Disziplin

Zugang zu Investor*innengeld kann finanzielle Fehl­entscheidungen fördern. Das eigene Geld setzt man bewusster ein, und Bootstrapping zwingt Gründende, von Beginn an effizient und kostensensibel zu handeln. Es ist wahnsinnig verlockend, eine hohe Summe darauf zu verwenden, sich einen neuen Bereich zu erschließen. Früchte wird dieses Vorgehen allerdings nur tragen, wenn nicht nur Geldmittel eingesetzt, sondern auch Kompetenzen aufgebaut werden. Andernfalls besteht die Gefahr, Ressourcen in Experimente zu stecken, die nicht zum nachhaltigen Wachstum beitragen.

Bootstrapping hilft, den Fokus auf das Wesentliche zu richten und erst dann zu expandieren, wenn ein tragfähiges Geschäftsmodell etabliert ist. Das stärkt langfristig die Überlebensfähigkeit deines Unternehmens, auch in schwierigen Zeiten.

Nicht zuletzt kann eine Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten Fehlentscheidungen verhindern. Die hohen Summen eines Investments sind verlockend. Sie sind aber kein Garant dafür, dass dein Unternehmen besser und schneller wächst.

6. Exit

Investor*innen drängen oft auf eine klare Exit-Strategie, wie einen Verkauf oder Börsengang. Was aber, wenn du weitere Wachstumsmöglichkeiten für dich im Unternehmen siehst oder sich deine Prioritäten ändern? Deine private Situation kann dazu führen, dass du dich, obwohl zu Beginn nicht absehbar, neu entscheidest und im Unternehmen bleiben möchtest. Märkte können sich innerhalb kurzer Zeit so verändern, dass ein Börsengang nicht infrage kommt oder weniger attraktiv scheint.

Mit Bootstrapping kannst du langfristige Ziele verfolgen, ohne gezwungen zu sein, das Unternehmen zu verkaufen. Damit erweitert sich dein Planungshorizont, vor dem du Entscheidungen anders treffen wirst. Du lässt dir alle Möglichkeiten offen und verhinderst damit unnötigen Druck, der sich in Fehlentscheidungen niederschlagen könnte.

7. Mehr Gewinn für dich

Da du keine Anteile an Investor*innen abgibst, gehört dir der Erfolg – und der finanzielle Gewinn – allein. Zusätzlich behältst du die volle Kontrolle über die finanzielle Strategie deines Unternehmens. Ohne externe Investor*innen gibt es keinen Druck, kurzfristige Renditen zu liefern oder Geschäftsentscheidungen an den Erwartungen Dritter auszurichten.

Ein weiterer Vorteil: Du hast die Freiheit, in innovative Produkte zu investieren, dein Team fair zu entlohnen oder soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen. Kurzum: Du entscheidest, wohin dein Geld fließt. Natürlich bedeutet das auch, dass du das volle finanzielle Risiko trägst. Doch gerade dieser Druck kann ein starker Antrieb sein, effizient zu wirtschaften und kluge Entscheidungen zu treffen. Während Unternehmen mit Investor*innen oft auf schnelles Wachstum setzen müssen, wird dein Einsatz direkt belohnt, ohne dass ein großer Teil an Dritte abgegeben werden muss.

Wann du kein Bootstrapping betreiben solltest

Bootstrapping eignet sich nicht für jede Gründung. Es gibt einige gute Gründe, auf Fremdkapital zurückzugreifen.

Kapitalintensive Branchen: Jede Branche bringt andere Voraussetzungen mit sich. Wer im Bereich Forschung und Entwicklung aktiv ist oder Entwickler*innenteams beschäftigt, braucht mehr Input und wird erst später rentabel. Eine Bootstrapping-Lösung würde dafür keine ausreichende Finanzierungsgrundlage bieten.

Plattformen brauchen schnelles Wachstum: Einige Geschäftsmodelle dürfen in Ruhe reifen, andere sind auf schnelles Wachstum angewiesen. Dazu zählen etwa Plattformen, die sich in kürzester Zeit große Marktanteile sichern müssen, um überhaupt bestehen zu können. Für diese aggressive Wachstumsstrategie benötigen Gründende hohe Summen, die neben dem technischen Ausbau vor allem in Marketing und Vertrieb fließen und meistens von den Gründenden selbst nicht aufgebracht werden können.

Künstliche Intelligenz: Die KI-Branche boomt und damit der Bedarf an hochspezialisierten Arbeitskräften. Um diese zu gewinnen, musst du hohe Summen einsetzen, denn andere Start-ups brauchen auch Entwickler*innen, und entsprechend hoch ist der Druck am Arbeitsmarkt.

Drei Bootstrapping-Erfolgsfaktoren

Mit unserem Unternehmen sind wir auf dem besten Weg, Marktführer der Geothermie-Branche zu werden. Dass uns das gelungen ist, führe ich vor allem auf diese Faktoren zurück:

Stabile Geschäftspartnerschaften: Die Tragfähigkeit eines Unternehmens hängt ein gutes Stück weit davon ab, wie gut dein Netzwerk ist. Gerade im B2B-Bereich zieht ein gelungener Auftrag weitere nach sich, die Reputation wächst, man wird empfohlen. Das zahlt sich aber nicht nur kurzfristig aus, sondern auch langfristig, wenn auch in schwierigen Phasen die Auftragslage stimmt.

Vertrieb aufbauen: Wir haben früh damit begonnen, einen kompetenten Vertrieb aufzubauen. Jede Bohrung ist ein individuelles Werk und unsere Kund*innen haben zu Beginn einer Zusammenarbeit keine klare Vorstellung davon, wie umfangreich ein Geothermie-Projekt tatsächlich ist. Die intensive Beratung ist notwendig und führt dazu, dass sich Kund*innen gut betreut fühlen und uns für weitere Projekte buchen.

Ideen aufgeben, wenn es der Markt verlangt: Nicht immer ist die erste Idee auch die beste. Als wir realisierten, dass unsere Plattform-Idee trotz aller Bemühungen einfach nicht ausreichend angenommen wird, sorgte unser Kontakt zu Buderus/Bosch dafür, dass wir unseren Fokus veränderten. Die Geothermie-Branche war damals noch jung, und mithilfe unseres mittlerweile langjährigen Geschäftspartners gelang uns der Sprung in ein vielversprechendes, zukunftsorientiertes Marktsegment.

Fazit

Bootstrapping kann eine lohnende Strategie für Gründende sein, die unabhängig bleiben und nachhaltig wachsen wollen. Wenn sich auch nicht jede Branche dafür eignet, ist Bootstrapping doch in vielen Fällen der Schlüssel zum Erfolg.

Entscheidend dabei sind stabile Partnerschaften, ein starker Vertrieb und die Bereitschaft, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Wer strategisch handelt, kann auf diese Weise ohne Investor*innen große Erfolge erzielen – und den vollen Gewinn genießen.

Forschungsauftrag für SpaceTech-Start-up Starflight Dynamics

Starflight Dynamics (SFDY) – 2023 in München gegründet – hat einen offiziellen Forschungsauftrag vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) erhalten.

Starflight Dynamics (SFDY) wurde 2023 in München gegründet. Ziel des Start-ups sollte es sein, industrielle Prozesse in den Orbit zu bringen. Heute verfolgt SFDY zwei technologische Kernthemen:

1. Die Entwicklung von Raumfahrtplattformen, basierend um den von SFDY eigens entwickelten proprietären, wasserbasierten Antriebsstack, u.a. nutzbar für Einsätze im Rahmen von Verteidigungs-, Inspektions- und Servicemissionen im Orbit.

2. Die Konzeption und technische Umsetzung von Hochdurchsatz-Kristallisationssysteme für die Herstellung von Halbleiter- und Quantensubstraten. Dabei handelt es sich um synthetische Grundstoffe, die in ihrem Herstellungsprozess von Schwerelosigkeit profitieren und daraus resultierend den auf der Erde erzeugten Materialien deutlich überlegen sind.

Vor wenigen Tagen haben wir bereits über die siebenstellige Pre-Seed-Finanzierung des Start-ups SFDY berichtet.

Nun meldet CEO Dr. Philipp Bauer, Mitgründer und CEO von Starflight Dynamics, den Erhalt des offiziellen Forschungsauftrag vom Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw).

Ziel des Forschungsprojekts mit dem Namen ReaGAn (Reaktive Grüne Antriebstechnologie) ist die Entwicklung reaktiver grüner orbitaler Antriebstechnologien für künftige europäische Missionen. Im Rahmen von ReaGAn werden Machbarkeitsstudien, Testaufbauten und technische Erprobungen durchgeführt, um neue Wege für den Betrieb orbitaler Plattformen zu erschließen. Die Arbeiten zielen auf eine neue Generation orbital nutzbarer Antriebssysteme, die auf Geschwindigkeit, Ausdauer und Einsatzflexibilität optimiert sind – für künftige Szenarien, in denen orbitale Systeme nicht nur Beobachtungs-, sondern auch Reaktionsfähigkeit ermöglichen müssen.

Die Technologie eröffnet der Bundeswehr und ihren Partner*innen neue Fähigkeiten. Sie ermöglicht eine hohe Ausdauer und Mobilität im Orbit, erlaubt die schnelle und präzise Verbringung von Satelliten und schafft nachhaltige, dual-use-fähige Antriebslösungen für sicherheitsrelevante Anwendungen. Damit adressiert ReaGAn zentrale Anforderungen künftiger Missionen im Bereich Weltraumlagebild, operativer Reaktionsfähigkeit und technologischer Souveränität im Orbit.

„Wir danken dem BAAINBw und der Wehrtechnischen Dienststelle 61für das entgegengebrachte Vertrauen und freuen uns auf die enge Zusammenarbeit im Rahmen dieses richtungsweisenden Vorhabens“, so Dr. Philipp Bauer, CEO von Starflight Dynamics.

RegTech Certivity sichert sich 13,3 Mio.-Euro-Series-A-Finanzierung

Gegründet im Jahr 2021 von Nico Waegerle, Bogdan Bereczki, Jörg Ulmer und Sami Vaaraniemi, adressiert Certivity eines der meist unterschätzten, aber entscheidenden Probleme im modernen Engineering: regulatorische Compliance.

Jetzt hat Certivity in einer Series-A-Finanzierungsrunde 13,3 Millionen Euro eingesammelt. Das in München ansässige RegTech-Unternehmen entwickelt die erste strukturierte, KI-gestützte Plattform für das Management technischer Compliance. Die Runde wurde von Almaz Capital und UVC Partners angeführt, mit erneuter Beteiligung von bestehenden Investoren Earlybird X, dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie Plug and Play. Das frische Kapital wird genutzt, um die Markteinführungsstrategie zu beschleunigen, die Produktentwicklung voranzutreiben und die Expansion in neue Branchen und internationale Märkte zu ermöglichen.

Certivity adressiert eines der meist unterschätzten, aber entscheidenden Probleme im modernen Engineering: regulatorische Compliance. Ingenieurinnen und Ingenieure verbringen häufig 30 bis 50 Prozent ihrer Zeit damit, sich durch fragmentierte gesetzliche und regulatorische Dokumente zu arbeiten, um sicherzustellen, dass ihre Produkte den geltenden Regularien und Normen entsprechen. Fehler in diesem Prozess führen zu Produktrückrufen, Sicherheitsproblemen und Bußgeldern in Milliardenhöhe. Certivity wird das grundlegend ändern.

Das Unternehmen bietet eine strukturierte, KI-native SaaS-Plattform, die komplexe regulatorische Dokumente in strukturierte, maschinenlesbare Compliance-Informationen verwandelt. Dabei automatisiert sie den gesamten Prozess – von der Anforderung über die kontinuierliche Aktualisierung regulatorischer Inhalte bis zur Integration in den Prozess. Certivity ermöglicht es Unternehmen, schneller Produkte zu entwickeln und gleichzeitig die Sicherheit und Einhaltung aller verpflichtenden Vorschriften zu erhöhen.

„Mit dieser Finanzierung skalieren wir unsere Plattform, um die führende Lösung im Bereich technische Compliance zu werden – beginnend mit der Automobilbranche. Zusätzlich skalieren wir in weitere Bereiche wie Bahnwesen, Medizinische Geräte, Konsumgüter, Verteidigung, Luft- und Raumfahrt und mehr.“, sagt Nico Waegerle, CEO und Mitgründer von Certivity. „Wir erweitern unsere regulatorische Abdeckung, verbessern unsere KI und vertiefen die Integration mit gängigen Tools. So verwandeln wir Compliance von einer kostenintensiven zwingenden Voraussetzung  in einen Wettbewerbsvorteil für unsere Kunden.“

„Certivity hat unsere Herangehensweise an regulatorische Compliance grundlegend verändert. Unsere Entwicklungsprozesse sind deutlich effizienter und wir sparen signifikant an manuellen Aufwänden ein“, sagt Nicolas Maurin, Manager Regulation & Standards bei Aptiv.

Regulatorische Komplexität in strukturiertes Wissen überführen

Die Plattform von Certivity digitalisiert und strukturiert regulatorische Inhalte aus über 50 Rechtsräumen mithilfe einer proprietären Digitalisierungspipeline und einem regulatorischen Wissensgraphen. So erhalten Engineering- und Compliance-Teams vollständige Rückverfolgbarkeit und Echtzeit-Einblick in gesetzliche Änderungen. KI-basierte Module konsolidieren Änderungen verschiedener Vorschriftenversionen und klassifizieren, extrahieren und generieren technische Anforderungen aus unstrukturierten Rechtstexten.

Anstatt Compliance in isolierten Dokumenten oder Excel-Tabellen zu verwalten, können Teams regulatorische Anforderungen, Auslegungen, Genehmigungen und Rechtsverweise jetzt strukturiert in produktspezifischen Compliance-Projekten organisieren. Durch tiefe Integration mit Anforderungsmanagement-Tools wie Jama, Polarion, DOORS und anderen fließen Compliance Informationen nahtlos in den Entwicklungsprozess ein – ein integrierter, vernetzter, auditierbarer und skalierbarer Prozess entsteht.

Grundstein für Compliance im industriellen Maßstab legen

„Certivity setzt neue Maßstäbe dafür, wie Compliance in die Produktentwicklung integriert wird“, sagt Amanda Birkenholz, Principal bei UVC Partners. „Sie lösen ein großes und mühseliges Problem für jedes Unternehmen mit regulatorischen Anforderungen. Compliance-Herausforderungen sind längst keine Ausnahme mehr – sie sind die Regel. Die Frage lautet heute nicht mehr: Welche Produkte unterliegen regulatorischen Vorgaben? Sondern: Welche nicht?“