Gründer*in der Woche: Lesss - weniger Zucker gefällig?

Gründer*in der Woche KW 19/22


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Jede(r) in Deutschland isst durchschnittlich 93 g Zucker am Tag und damit fast doppelt so viel, wie von der WHO und DGE empfohlen wird. Wichtig zu wissen: Eine nicht unerhebliche Menge davon nehmen wir gar nicht bewusst auf, sondern wird uns Konsument*innen in allerlei Nahrungsmitteln als Zusatz „untergejubelt“. Die bekannten gesundheitlichen Folgen: Diabetes, Übergewicht ... Das Lesss-Gründer-Trio Andras Kolenbrander, Gero Schmidt und Anja Wezel will das ändern und mit seinem Konzept zugleich eine Lücke auf dem deutschen Markt schließen. Mehr dazu im Interview.

Wann und wie seid ihr auf die Idee zu Lesss gekommen?

Andras: Die Idee gibt es inzwischen schon anderthalb Jahre. Zuerst wollte ich mit einem Freund eine Nachhaltigkeits-App entwerfen. Deswegen haben wir Gero mit seiner Programmiererfahrung ins Team geholt. Wir haben die Idee dann später aufgrund der Konkurrenzsituation verworfen.

Als wir uns auf die Suche nach einer neuen Idee für ein Start-up gemacht haben, habe ich mich gerade sehr viel mit zuckerarmer Ernährung beschäftigt, vor allem wegen meiner Schwester, die als selbständige Ernährungsberaterin tätig ist, und meiner Mutter, eine Ärztin.

Als ich dann versucht habe, mich selbst zuckerarm zu ernähren, habe ich gemerkt, wie schwierig das in Deutschland eigentlich ist. Neben den offensichtlichen Produkten wie Süßigkeiten und Softdrinks wird nämlich auch zahlreichen anderen Produkten Zucker zugesetzt. So kam ich zu dem Schluss, dass es eine Möglichkeit geben muss, einzukaufen, ohne sich über den Zuckergehalt der Produkte Gedanken machen zu müssen.

Was waren dann die wichtigsten Steps von der Gründung bis zum bald bevorstehenden Go-live eures Onlineshops?

Gero: Zunächst eine Menge Recherchearbeit und viele Workshops. Nicht nur zu rechtlichen, sondern auch ernährungstechnischen Fragen. Zum Glück konnten wir unser Team letzten Sommer mit Anja, unserer Ernährungswissenschaftlerin, verstärken, die in dieser Hinsicht für viel Aufklärung gesorgt hat und jetzt für alle wissenschaftlichen Fragen bei uns zuständig ist. Weiter ging es dann mit Produktrecherche, Gründung im Februar und schließlich unserem vor kurzem abgeschlossenen Crowdfunding.

Apropos Geld: Wie finanziert ihr euch und damit die Startphase?

Andras: Vor allem aus privaten Einlagen und dem Crowdfunding, das unseren ersten Produkteinkauf finanziert. Das reicht erstmal, um loszulegen. Sollte unser Finanzbedarf dann steigen, können wir uns auf jeden Fall Geld von Familie und Freunden leihen, die schon zugesagt haben, in uns investieren zu wollen. Ein Kredit bei der Bank ist auch eine Option, darüber hinaus möchten wir uns noch auf Gründungsförderung bewerben.

Auf den Punkt gebracht: Was ist das Besondere an Lesss bzw. eurem Konzept?

Anja: Wir sind der erste Onlineshop deutschlandweit, der ausschließlich zuckerarme Produkte verkauft. Uns war diese Ausrichtung besonders wichtig, damit man sich bei uns keine Gedanken um den Zuckergehalt machen und alle Nährwertangaben lesen muss. Außerdem ersetzen wir unseren Zucker bspw. nicht durch Honig oder Trockenfrüchte. Denn der Zucker in Honig und Trockenfrüchten ist für den Körper genau derselbe und hat die gleichen Auswirkungen auf unseren Körper wie zugesetzter Zucker.

Was sind eure weiteren konkreten unternehmerischen To Do's und Ziele?

Gero: Jetzt steht erstmal der Launch unseres Onlineshops an. Dafür müssen wir noch ziemlich viel Arbeit in die Infrastruktur und Aufmachung stecken. Langfristig möchten wir auch eine App entwickeln, die bei einer zuckerarmen Ernährung unterstützt und auch in den lokalen Einzelhandel einsteigen.

Und last but not least: Was wollt ihr anderen Gründer*innen aus eigener Erfahrung mit auf den unternehmerischen Weg geben?

Anja: Gute Vorbereitung und das Netzwerk sind am wichtigsten. Sogar mit einer guten Vorbereitung werdet ihr häufig überrascht werden und müsst dann kurzfristig improvisieren. Man sollte aber versuchen, diese Momente so weit wie möglich zu reduzieren, weil sie auch immer ein Risiko für eure Unternehmung darstellen.

Euer Netzwerk sorgt dafür, dass eure Idee Bekanntheit erlangt und ihr die richtigen Leute kennenlernt, um euer Produkt zu fördern. Und immer mehr Zeit einplanen! Manches kann sich wirklich in die Länge ziehen!

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Das Interview führte Hans Luthardt

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1 Mio.-Euro-Pre-Seed-Finanzierung für paddy

In nur 6 Monaten seit Launch: das 2024 von Matty Frommann, Lukas Portmann und Tobias Schröder gegründete EduTech/KI-Start-up paddy sichert sich 1 Mio. Euro für den Unterricht der Zukunft.

Allein im DACH-Raum arbeiten rund zwei Millionen Lehrkräfte an über 40.000 Schulen (Quelle: Agentur für Arbeit). Gleichzeitig fehlt es an pragmatischen Lösungen, die den Alltag der Lehrkräfte erleichtern. Laut Bitkom-Studie sehen über 70 Prozent der Lehrenden Überlastung und Lehrermangel als zentrale Herausforderungen. Mehr als jede zweite Lehrkraft gibt zudem an, dass durch die wachsenden Klassengrößen kaum noch Zeit bleibt, auf die individuellen Bedürfnisse der Schüler*innen einzugehen.

„Ich habe als Schüler hautnah miterlebt, wie stark viele unserer Lehrkräfte unter Druck standen – kaum Zeit für individuelle Förderung, obwohl der Wille da war. Genau daraus ist die Idee für paddy entstanden“, sagt Matty Frommann, Mitgründer und CEO von paddy.

Der Frust des Lehrerseins war für die Lehrerkinder und paddy-Gründer Matty Frommann, Lukas Portmann und Tobias Schröder auch am Frühstückstisch Alltag: Gespräche über zu volle Klassen, zu viele Aufgaben nach Unterrichtsschluss – und das Gefühl, nie allen wirklich gerecht zu werden. Lehrkräfte springen zwischen Verwaltung, Stoffdruck und Klassenzimmer hin und her – oft ohne die Möglichkeit, auf einzelne Schüler*innen einzugehen. Bereits während der Pandemie organisierten die heutigen paddy-Gründer Lehrerfortbildungen vor Ort und erlebten aus nächster Nähe, wie sehr Schulen unter digitalen und strukturellen Defiziten litten. 2024 gründeten sie schließlich die DigitalErleben GmbH und brachten im Januar 2025 ihre KI-Plattform paddy auf den Markt, die den Lehreralltag spürbar vereinfachen soll. Bis Ende des Jahres erwartet das Unternehmen einen Umsatz im mittleren sechsstelligen Bereich.

Mehr Zeit fürs Wesentliche

Paddy übernimmt genau die Aufgaben, die Lehrkräften täglich den Kalender sprengen – ohne Mehrarbeit, ohne Einarbeitung. Die Plattform erkennt Thema, Zielgruppe und Lernziel. Sie schlägt passende Aufgabenformate, Methoden und Materialien vor, erstellt differenzierte Inhalte und analysiert den Lernstand der Schüler*innen, um die nächsten Schritte gezielt zu unterstützen. So erkennen Lehrkräfte schnell, wo ihre Klasse steht – und bei wem es hakt.

Statt zwischen Tools, Mappen und To-dos zu springen, bleibt wieder Zeit für das, worauf es im Klassenzimmer ankommt: individuelle Förderung, persönliches Feedback und ein echter Draht zu den Schüler*innen.

Auf Wachstums- und Expansionskurs

Das frische Investorengeld – Lead-Investor ist der High-Tech Gründerfonds (HTGF) – soll nun in die Weiterentwicklung der KI und die weitere Expansion fließen – das Start-up will neben Deutschland den gesamten europäischen Markt erobern. „Paddy zeigt, wie man den Stress für Lehrkräfte verringern und gleichzeitig Schüler*innen frühzeitig im Umgang mit KI schulen kann. Neben dem überzeugenden Produkt hat mich aber vor allem das Team begeistert: Trotz des extrem jungen Alters zeigen die Gründer schon jetzt ein außergewöhnliches Gespür für Unternehmertum – und ich bin gespannt wo die gemeinsame Reise hingeht", sagt Felix Assion, Investment Manager beim HTGF.

Die Deutsche WertpapierService Bank akquiriert das Berliner FinTech lemon.markets

Das 2020 von Max Linden gegründete lemon.markets, eine Brokerage-as-a-Service-Plattform, soll mit dem bestehenden Management-Team als 100-prozentige Tochter der dwpbank Gruppe ein eigenständiges Unternehmen bleiben. Die Akquisition unterliegt noch der Genehmigung durch die BaFin und der Erfüllung üblicher Closing-Bedingungen.

Die Deutsche WertpapierService Bank (dwpbank) hat eine Vereinbarung mit dem FinTech-Start-up lemon.markets über eine Akquisition beschlossen. Mit dem Erwerb aller Anteile des Berliner Unternehmens erweitert die dwpbank ihr Vollverwahr-Angebot um eine Brokerage-as-a-Service (BaaS)-Lösung. Die dwpbank Gruppe wird künftig zwei Marken führen und so langjährige Wertpapier-Expertise und Stabilität mit Innovationskraft verbinden. Etablierte Finanzdienstleister und Fintechs profitieren künftig von einem flexiblen Leistungsportfolio, um schneller und differenzierter auf Marktveränderungen zu reagieren – und so neue Kundensegmente im Wertpapiergeschäft zu erschließen und langfristig zu binden.

Ökosystem für Wertpapierservices schaffen

Mit diesem Schritt verfolgt die dwpbank Gruppe – bestehend aus der dwpbank und ihren Tochtergesellschaften – konsequent ihre Wachstumsstrategie: Ein Ökosystem für moderne, einfach zugängliche und hochverfügbare Wertpapierservices schaffen, das einer vielfältigen Finanzwelt gerecht wird. Mit lemon.markets ergänzt die dwpbank Gruppe ihr cloud-basiertes Technologie-Stack bestehend aus der leistungsfähigen Wertpapierplattform WP3 und Digital-Asset-Lösung wpNex um eine Infrastruktur für schlanke und digitale Brokerage- und Custody-Services.

Das im Jahr 2020 gegründete Berliner FinTech lemon.markets bietet Banken, FinTechs und Vermögensverwaltern einen einfachen, digitalen Zugang zum Kapitalmarkt. Über eine API lässt sich die Plattform in kürzester Zeit in bestehende Systeme integrieren. Die Infrastruktur unterstützt moderne Funktionen wie Bruchstückhandel, Echtzeitverarbeitung und voll-digitalisierte Prozesse für ETFs, Aktien und Fonds. Zu den Kund*innen des BaFin-lizenzierten Wertpapierinstituts gehören unter anderem FinTechs wie Tomorrow, Optio und Holvi.

Kristina Lindenbaum, Vorständin für Kunde und digitale Transformation der dwpbank, sagt: „Mit dem technologischen Know-how und innovativen Angebot von lemon.markets bieten wir Banken, aber auch Fintechs und Vermögensverwaltern, fortan das Beste aus zwei Welten im Wertpapiergeschäft – Expertise und Stabilität mit Innovationskraft. In der dwpbank Gruppe eröffnen wir ihnen damit Wachstumschancen in einem zunehmend durch Neo- und Onlinebroker geprägten Wertpapiermarkt.“

Synergien bei Markterschließung und technologischer Weiterentwicklung

Die dwpbank Gruppe wird künftig mit einer Zwei-Marken-Strategie am Markt auftreten: Die beiden Unternehmen bleiben als eigenständige Marken sichtbar, arbeiten aber eng zusammen und bündeln ihre jeweiligen Stärken. Der Fokus liegt auf der gemeinsamen Weiterentwicklung ihrer Plattformen, kurzen Innovationszyklen und einem Leistungsportfolio, das es Finanzinstituten und FinTechs ermöglicht, auf Marktveränderungen schnell und differenziert zu reagieren.

Max Linden, Gründer und CEO von lemon.markets, sagt: „Beide Unternehmen eint die Mission, das Investieren am Kapitalmarkt zugänglicher zu machen – das beste Fundament für unsere Zusammenarbeit. Neben unserer Technologieführerschaft senden wir ein Signal der Stärke an bestehende und zukünftige Partner und Kunden. Mit beschleunigter Time-to-Market, modularem Leistungsangebot und modernem Kundenerlebnis machen wir gemeinsam mit der dwpbank Finanzdienstleister wettbewerbsfähiger.“

Das Management-Team von lemon.markets soll bestehen bleiben. Die Akquisition unterliegt noch der Genehmigung durch die BaFin und der Erfüllung üblicher Closing-Bedingungen. Die Transaktion soll bis Herbst 2025 abgeschlossen sein.

GameChanger des Monats: Samuel Kutger – Gründung per Gerichtsbeschluss mit 13

Im Alter von nur 13 Jahren zog Samuel Kutger vor Gericht, um gründen zu dürfen. Als Mitgründer der Emsbo GmbH bietet der heute 16-Jährige mit seinem Team Kund*innen Photovoltaikanlagen und Wallboxen aus Eigenherstellung an. Im Interview gibt der junge Unternehmer Einblicke in seine Beweggründe, die Herausforderungen und was ihn dazu getrieben hat, so früh Verantwortung zu übernehmen.

Du bist mit 13 Jahren vor Gericht gezogen, um gründen zu dürfen. Warum war es dir so wichtig, so früh zu gründen?

Ich wollte meine Ideen umsetzen und nicht auf die ‚richtige Zeit‘ warten. Für mich war klar: Wer eine Vision hat, sollte aktiv werden. Ich war schon immer der Meinung: Wenn man früh startet, darf man Fehler machen, die man sich mit 20 oder 30 vielleicht nicht mehr erlauben kann. Außerdem habe ich so mehr Zeit, meine Ideen zu verwirklichen. Ich wollte zeigen, dass Alter kein Hindernis ist, wenn man bereit ist, hart zu arbeiten.

Wurdest du im Gerichtssaal ernst genommen?

Ja, absolut. Der Rechtspfleger hat mich sehr ernst genommen. Ich habe mich selbstbewusst präsentiert und alle erforderlichen Unterlagen, wie einen detaillierten Businessplan, eingereicht. Das Gericht hat mir nach §112 BGB die selbständige Erwerbstätigkeit erteilt. Es war auch spannend, weil während des Verfahrens besonders darauf geschaut wurde, ob ich über die nötige Reife verfüge. Ich glaube, für den Rechtspfleger war es das erste Mal, dass er jemanden in meinem Alter vor sich sitzen hatte.

Wie hast du es geschafft, das Gericht und andere Erwachsene davon zu überzeugen, dass du in so jungen Jahren die Verantwortung eines Unternehmers übernehmen kannst?

Ich habe sie überzeugt, indem ich einen durchdachten Plan präsentiert und meine Disziplin und Begeisterung gezeigt habe. Wichtig war mir, deutlich zu machen, dass ich die Risiken realistisch einschätzen kann. Wer Verantwortung zeigt und dabei authentisch bleibt, kann die Zweifel anderer überwinden.

Wie haben deine Eltern reagiert, als du ihnen davon erzählt hast?

Meine Eltern waren zuerst überrascht. Aber als sie gemerkt haben, wie ernst es mir ist und dass ich einen klaren Plan hatte, haben sie mich unterstützt. Ihre Hilfe war für mich superwichtig. Meine Mutter war anfangs strikt dagegen – das ist wohl der mütterliche Instinkt. Ich nehme ihr das aber nicht übel.

Was war die größte Herausforderung während dieses Prozesses und wie hast du sie gemeistert?

Die größte Herausforderung war, die Zweifel der Leute zu überwinden, die dachten, dass ein 13-Jähriger keine Verantwortung übernehmen kann. Ich musste immer wieder beweisen, dass ich es ernst meine. Das habe ich durch klare Kommunikation und ein solides Konzept geschafft. Intensive Vorbereitung, rechtliche Recherchen und Gespräche mit erfahrenen Unternehmern haben mir geholfen, alle Hürden zu meistern.

Hattest du in dieser Zeit Vorbilder oder Menschen, die dich besonders inspiriert haben?

Ja, ich habe viele erfolgreiche Unternehmer getroffen. Der größte Fehler von jungen Gründern ist, sich nichts sagen lassen zu wollen. Gerade die Erfahrungen anderer sind unbezahlbar. Ein großes Vorbild für mich war immer Warren Buffett, der auch sehr jung gestartet ist.

Glaubst du, dass junge Menschen in Deutschland ausreichend gefördert werden, um ihre Ideen umzusetzen? Was müsste sich ändern?

Definitiv nicht. Junge Menschen brauchen mehr Förderung. Das Problem beginnt schon in der Schule: Man lernt kaum etwas fürs Leben, und es gibt keine individuelle Förderung. Später macht die Bürokratie viele gute Ideen zunichte. Ich habe mir am Anfang gewünscht, dass die Hürden für Gründer unter 18 Jahren einfacher wären. Heute sehe ich aber, dass es auch gut ist, wenn nur die wirklich Entschlossenen diesen Weg gehen, denn die Selbstständigkeit birgt Risiken, die man nicht unterschätzen darf.

Hast du manchmal das Gefühl, dass du etwas von deiner Kindheit verpasst hast?

Ehrlich gesagt, nein. Manche Kinder spielen super Fußball, andere sind gut im Zocken – ich habe meine Begabung gefunden und sie zu meinem Beruf gemacht. Mir fehlt nichts und ich hatte sowieso nie eine ‚klassische‘ Kindheit. Es macht mir Spaß, mein ‚Baby‘ wachsen zu sehen und mit ihm gemeinsam zu lernen.

Ein schneller Blick in die Zukunft – wo stehst du jetzt und was planst du noch?

Ich bin stolz auf das, was ich bisher erreicht habe, aber das ist erst der Anfang. Ich möchte weitere Projekte starten, wie die Eröffnung eines Clubs in Frankfurt und junge Unternehmer auf ihrer Reise unterstützen. Mein Ziel ist es, europaweit zu expandieren und mich mit neuen Ideen als Big Player zu etablieren. Außerdem teile ich meine Erfahrungen in meinem Podcast und freue mich darauf, mich persönlich weiterzuentwickeln.

GameChanger des Monats: Philipp Bauer - Ohne Investor*in zum Erfolg

Was du beachten solltest, wenn du dein Start-up erfolgreich eigenfinanzieren willst, schildert Philipp Bauer, Gründer von Die Erdwärmebohrer, aus eigener Erfahrung.

Die fetten Finanzierungsjahre sind vorbei. War es bis 2021 noch vergleichsweise einfach, Fremdkapital zur Firmengründung zu beschaffen, weht nun ein anderer Wind durch den Start-up-Sektor. Laut Deutscher Startup Monitor 2024 will jede(r) fünfte Gründer*in sein/ihr Unternehmen selbst finanzieren. Folgende Punkte solltest du beachten, wenn du dein Start-up erfolgreich bootstrappen willst.

1. Kein Funding-Stress neben dem Gründungsstress

Die eigenen Ideen und Werte zu verwirklichen, ist unglaublich erfüllend, aber auch eine große Herausforderung. In der sensiblen Anfangsphase kann dieser Stress, alles aus eigener Kraft erschaffen zu müssen, auch an den eigenen Energiereserven zehren. Die meisten Gründer*innen kennen diese Anfangsphase: Auch meine Mitgründer und ich haben das erste Jahre durchgearbeitet.

Warum sich der Aufwand dennoch für uns gelohnt hat: Wir haben ohne Risiko gegründet. Wer ohne ausreichend Eigenkapital gründet, muss sich vor seinem/seiner Investor*in rechtfertigen oder ein Darlehen zurückzahlen. Dieses Risiko haben wir umgangen.

Was uns mindestens ebenso wichtig war: das Wahren unserer Entscheidungsfreiheit. Man gründet nicht, um dann in einem angestelltenähnlichen Verhältnis zu arbeiten, sondern weil man eigene Vorstellungen hat und diese kompromisslos verwirklicht sehen will.

2. Volle Kontrolle

Du gestaltest dein Start-up nach deiner Vision. Mein Großvater war diesbezüglich mein Vorbild: In meinen Augen war er stets Herr seiner Zeit, hat sein Unternehmen so geführt, wie es seiner Idee entsprach. Dieser Gedanke spiegelt sich auch in der Finanzierung meines Unternehmens wider. Viele Start-ups bauen auf dünnen Hypothesen und stecken sich Wachstumsziele, die sie nie erreichen werden. Dieses Spiel mit der Zukunft ist für mich das Gegenteil eines unternehmerischen Versprechens. Manchmal hilft es eher, kein Geld, aber dafür die gesamte Kontrolle zu behalten – denn das zwingt einen dazu, nach neuen Lösungen zu suchen.

Mit Bootstrapping gibt es keine Kompromisse und auch keine Eingriffe in strategische oder operative Entscheidungen. Alle Erfolge, aber auch alle Misserfolge, gehören damit dir und deinem Team.

3. Wachstum ja, aber nicht um jeden Preis

Viele Start-ups mit Finanzierung durch Investor*innen sehen sich enormem Wachstumsdruck ausgesetzt. Es sind aber nicht nur Zielvorgaben der Geldgebenden, auch andere Faktoren setzen Gründende zunehmend unter Druck. Märkte können sich unberechenbar verhalten. Nicht zuletzt aufgrund des engen Zusammenhangs von Politik und Wirtschaft.

Was für etablierte Unternehmen gilt, trifft auch auf Start-ups zu: Die Suche nach kompetentem Personal stellt auch für Jungunternehmen eine Herausforderung dar, vielleicht sogar eine noch größerer. Denn oft fehlen der große Name und die Sicherheiten, die ein etabliertes Unternehmen Angestellten bieten kann. Dabei benötigen gerade Start-ups erfahrene Mitarbeitende. Die Zeiten, in denen man Freund*innen rekrutiert hat, sind lange vorbei. Die Start-up-Szene hat sich professionalisiert und bietet sich für viele Fachkräfte als einen ansprechenden Karriereweg an. Dennoch steht man im Wettbewerb mit gut bekannten Unternehmen, die nicht nur höhere Gehälter, sondern auch attraktive Zusatzleistungen bieten.

Daneben können auch persönliche Gründe dazu führen, dass ein Unternehmen langsamer wächst als erhofft. Kinder, Partner*in oder Familie spielen eine zentrale Rolle im Leben vieler Gründenden und können Einfluss auf das Wachstums­tempo eines Unternehmens haben. Während einige bereit sind, ihr Privatleben zugunsten der Firma stark zurück­zu­stellen, entscheiden sich andere bewusst für eine ausge­wo­genere Work-Life-Balancen oder setzen ihre Prioritäten anders, weil sie finanzielle Stabilität für ihre Familie gewährleisten möchten.

Mit der Entscheidung für Eigenfinanzierung setzt du auf solides, organisches Wachstum und langfristige Kund*innenbindung statt auf schnelle Skalierung und hast es in der Hand, wann dein Unternehmen durch eine Wachstumsphase geht.

4. Fokus auf Kund*innen, nicht auf Geldgebende

Wer Investor*innen ansprechen will, der muss sich auf mehrere Pitches einstellen. Diese benötigen Zeit und Energie, um gut vorbereitet zu werden. Wir haben uns stattdessen darauf konzentriert, Kund*innenbedürfnisse zu verstehen und Lösungen zu schaffen, die am Markt nachgefragt werden. Das hat dazu geführt, dass wir uns im ersten Jahr nach der Gründung neu ausgerichtet haben. Aus einer Beschaffungsplattform für Handwerksbetriebe entstand ein hochspezialisiertes Unternehmen für geothermische Heizanlagen.

Das war ein unerwarteter Pivot, wir mussten unsere Annahmen über unsere Unternehmung völlig neu überdenken. Wir haben unser Geschäftsmodell überarbeitet und sind damit von unserem ursprünglichen Plan abgewichen. Diese Wende hat uns aber dahin geführt, wo wir heute stehen, und sie hat uns erfolgreich gemacht. Nicht jede(r) Investor*in ist bereit, einen derartigen Prozess mitzutragen. Solch profunde Neuausrichtungen sind keine Seltenheit und eigenfinanziert sind sie leichter und schneller zu vollziehen.

5. Finanzielle Disziplin

Zugang zu Investor*innengeld kann finanzielle Fehl­entscheidungen fördern. Das eigene Geld setzt man bewusster ein, und Bootstrapping zwingt Gründende, von Beginn an effizient und kostensensibel zu handeln. Es ist wahnsinnig verlockend, eine hohe Summe darauf zu verwenden, sich einen neuen Bereich zu erschließen. Früchte wird dieses Vorgehen allerdings nur tragen, wenn nicht nur Geldmittel eingesetzt, sondern auch Kompetenzen aufgebaut werden. Andernfalls besteht die Gefahr, Ressourcen in Experimente zu stecken, die nicht zum nachhaltigen Wachstum beitragen.

Bootstrapping hilft, den Fokus auf das Wesentliche zu richten und erst dann zu expandieren, wenn ein tragfähiges Geschäftsmodell etabliert ist. Das stärkt langfristig die Überlebensfähigkeit deines Unternehmens, auch in schwierigen Zeiten.

Nicht zuletzt kann eine Einschränkung der finanziellen Möglichkeiten Fehlentscheidungen verhindern. Die hohen Summen eines Investments sind verlockend. Sie sind aber kein Garant dafür, dass dein Unternehmen besser und schneller wächst.

6. Exit

Investor*innen drängen oft auf eine klare Exit-Strategie, wie einen Verkauf oder Börsengang. Was aber, wenn du weitere Wachstumsmöglichkeiten für dich im Unternehmen siehst oder sich deine Prioritäten ändern? Deine private Situation kann dazu führen, dass du dich, obwohl zu Beginn nicht absehbar, neu entscheidest und im Unternehmen bleiben möchtest. Märkte können sich innerhalb kurzer Zeit so verändern, dass ein Börsengang nicht infrage kommt oder weniger attraktiv scheint.

Mit Bootstrapping kannst du langfristige Ziele verfolgen, ohne gezwungen zu sein, das Unternehmen zu verkaufen. Damit erweitert sich dein Planungshorizont, vor dem du Entscheidungen anders treffen wirst. Du lässt dir alle Möglichkeiten offen und verhinderst damit unnötigen Druck, der sich in Fehlentscheidungen niederschlagen könnte.

7. Mehr Gewinn für dich

Da du keine Anteile an Investor*innen abgibst, gehört dir der Erfolg – und der finanzielle Gewinn – allein. Zusätzlich behältst du die volle Kontrolle über die finanzielle Strategie deines Unternehmens. Ohne externe Investor*innen gibt es keinen Druck, kurzfristige Renditen zu liefern oder Geschäftsentscheidungen an den Erwartungen Dritter auszurichten.

Ein weiterer Vorteil: Du hast die Freiheit, in innovative Produkte zu investieren, dein Team fair zu entlohnen oder soziale und ökologische Verantwortung zu übernehmen. Kurzum: Du entscheidest, wohin dein Geld fließt. Natürlich bedeutet das auch, dass du das volle finanzielle Risiko trägst. Doch gerade dieser Druck kann ein starker Antrieb sein, effizient zu wirtschaften und kluge Entscheidungen zu treffen. Während Unternehmen mit Investor*innen oft auf schnelles Wachstum setzen müssen, wird dein Einsatz direkt belohnt, ohne dass ein großer Teil an Dritte abgegeben werden muss.

Wann du kein Bootstrapping betreiben solltest

Bootstrapping eignet sich nicht für jede Gründung. Es gibt einige gute Gründe, auf Fremdkapital zurückzugreifen.

Kapitalintensive Branchen: Jede Branche bringt andere Voraussetzungen mit sich. Wer im Bereich Forschung und Entwicklung aktiv ist oder Entwickler*innenteams beschäftigt, braucht mehr Input und wird erst später rentabel. Eine Bootstrapping-Lösung würde dafür keine ausreichende Finanzierungsgrundlage bieten.

Plattformen brauchen schnelles Wachstum: Einige Geschäftsmodelle dürfen in Ruhe reifen, andere sind auf schnelles Wachstum angewiesen. Dazu zählen etwa Plattformen, die sich in kürzester Zeit große Marktanteile sichern müssen, um überhaupt bestehen zu können. Für diese aggressive Wachstumsstrategie benötigen Gründende hohe Summen, die neben dem technischen Ausbau vor allem in Marketing und Vertrieb fließen und meistens von den Gründenden selbst nicht aufgebracht werden können.

Künstliche Intelligenz: Die KI-Branche boomt und damit der Bedarf an hochspezialisierten Arbeitskräften. Um diese zu gewinnen, musst du hohe Summen einsetzen, denn andere Start-ups brauchen auch Entwickler*innen, und entsprechend hoch ist der Druck am Arbeitsmarkt.

Drei Bootstrapping-Erfolgsfaktoren

Mit unserem Unternehmen sind wir auf dem besten Weg, Marktführer der Geothermie-Branche zu werden. Dass uns das gelungen ist, führe ich vor allem auf diese Faktoren zurück:

Stabile Geschäftspartnerschaften: Die Tragfähigkeit eines Unternehmens hängt ein gutes Stück weit davon ab, wie gut dein Netzwerk ist. Gerade im B2B-Bereich zieht ein gelungener Auftrag weitere nach sich, die Reputation wächst, man wird empfohlen. Das zahlt sich aber nicht nur kurzfristig aus, sondern auch langfristig, wenn auch in schwierigen Phasen die Auftragslage stimmt.

Vertrieb aufbauen: Wir haben früh damit begonnen, einen kompetenten Vertrieb aufzubauen. Jede Bohrung ist ein individuelles Werk und unsere Kund*innen haben zu Beginn einer Zusammenarbeit keine klare Vorstellung davon, wie umfangreich ein Geothermie-Projekt tatsächlich ist. Die intensive Beratung ist notwendig und führt dazu, dass sich Kund*innen gut betreut fühlen und uns für weitere Projekte buchen.

Ideen aufgeben, wenn es der Markt verlangt: Nicht immer ist die erste Idee auch die beste. Als wir realisierten, dass unsere Plattform-Idee trotz aller Bemühungen einfach nicht ausreichend angenommen wird, sorgte unser Kontakt zu Buderus/Bosch dafür, dass wir unseren Fokus veränderten. Die Geothermie-Branche war damals noch jung, und mithilfe unseres mittlerweile langjährigen Geschäftspartners gelang uns der Sprung in ein vielversprechendes, zukunftsorientiertes Marktsegment.

Fazit

Bootstrapping kann eine lohnende Strategie für Gründende sein, die unabhängig bleiben und nachhaltig wachsen wollen. Wenn sich auch nicht jede Branche dafür eignet, ist Bootstrapping doch in vielen Fällen der Schlüssel zum Erfolg.

Entscheidend dabei sind stabile Partnerschaften, ein starker Vertrieb und die Bereitschaft, flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren. Wer strategisch handelt, kann auf diese Weise ohne Investor*innen große Erfolge erzielen – und den vollen Gewinn genießen.

Gründen kannst du überall, wachsen nicht!

Er hat Tech-Start-ups vom Prototyp bis zum Börsengang begleitet. Seit 2016 leitet Christian Heckemann das gate Garching – eines der ersten Gründerzentren Bayerns, direkt am Forschungscampus der TU München. Dort unterstützt er gemeinsam mit seinem Team Start-ups mit Büros, Coaching und Netzwerk. Im Interview erklärt er, warum der richtige Standort über Wachstum entscheidet und ein Gründerzentrum weit mehr ist als nur ein Büro mit WLAN.

Worauf sollten Start-ups bei der Standortwahl achten?

Ich würde mir die Frage stellen: Wo sind die Akteure, mit denen ich zusammenarbeiten möchte, um voranzukommen? Für manche Teams kann das die Innenstadt mit einer zentralen Lage sein, für andere ein eher ländliches Umfeld mit geringeren Mieten und Universitätsnähe. Beides kann sinnvoll sein, je nachdem, was man braucht.

Gerade bei sehr spezifischen Tech-Themen ist es sehr spannend, wie nah man an der Wissenschaft dran ist. Denn für DeepTech-Start-ups kann die Nähe zu Universitäten extrem wertvoll sein, durch den Zugriff auf einen Pool hochmotivierter und top ausgebildeter Werkstudierender bzw. Mitarbeitender vom Lehrstuhl, die genau in diesem Bereich Expertise mitbringen. Solche Talente bekommst du nicht überall.

Für unsere Tech-Start-ups ist der Garchinger Forschungscampus ein echter Vorteil, denn die Technische Universität München, UnternehmerTUM und der MakerSpace liegen direkt vor der Tür. Wir haben das Privileg, mit unserem Gründerzentrum genau in diesem Dreieck zu sitzen, und diesen Vorteil nutzen unsere Teams jeden Tag.

Und dann würde ich die Standortfrage auch langfristig denken: Was brauche ich, wenn ich skalieren will? Nur Büros? Oder brauche ich vielleicht Hallenflächen, eine Werkstatt, Zugang zu Laboren? Solche Themen sollte man frühzeitig mitdenken. Denn gründen kannst du theoretisch überall, aber wachsen ist – je nach Geschäftsmodell – nicht so ortsunabhängig.

Viele Hardware-Start-ups kämpfen mit der Frage: Wo können wir unseren Prototypen bauen, ohne gleich riesige Summen in Infrastruktur zu stecken? Wie geht ihr mit diesem Bedarf um?

Ehrlicherweise ist das ein echtes Engpass-Thema. Es ist einfach nicht leicht, Werkstattflächen oder größere Freiflächen zu finden, insbesondere im Großraum München. Im gate sind wir da in der glücklichen Lage, dass wir ein bisschen Hallen- bzw. Werkstattfläche für unsere Start-ups zur Verfügung haben, auch wenn diese natürlich begrenzt ist.

Aktuell versuchen wir immer wieder, für unsere Start-ups das Unmögliche möglich zu machen. Unser Parkplatz ist zum Beispiel gerade zweckentfremdet als Lagerfläche für ein Hardware-Start-up, und hinter Bauzäunen stehen Container und Material für Tiefenbohrungen, weil eines unserer Teams genau das jetzt braucht. Das ist nicht die Norm, aber manchmal muss man eben pragmatisch sein und Wege finden, wie es trotzdem geht.

Was vielen unserer Hardware-Teams auch enorm hilft, ist der Zugang zum MakerSpace gleich nebenan. Dort können sie auf professionelle Maschinen, Werkstätten und technisches Know-how zurückgreifen, ohne selbst teure Infrastruktur anschaffen zu müssen. Das spart nicht nur Geld, sondern gibt den Teams auch die Möglichkeit, schnell Prototypen zu bauen, zu testen und weiterzuentwickeln.


Viele eurer Gründer*innen kommen aus der Forschung im Tech-Bereich, aber wie wird aus Tech-Expertise unternehmerischer Erfolg?

Was ich bei unseren Gründer*innen im gate immer wieder beobachte, ist, dass die Teams, die gut vorankommen, von Anfang an eine ausgewogene Mischung an technischen und unternehmerischen Skills haben. Deshalb würde ich Start-ups mit reinem Tech-Background raten, ganz bewusst frühzeitig Leute ins Team zu holen, die genau diesen betriebswirtschaftlichen Fokus mitbringen. Was mir auch aufgefallen ist, dass besonders erfolgreiche Teams, also solche mit hohen Finanzierungssummen, zahlenden Kunden, wachsenden Mitarbeiterzahlen und Auszeichnungen, bei uns oft schon sehr früh wussten, welche Aufgaben auf sie zukommen werden und diese auch direkt verteilten.

Gern unterschätzt sind Themen wie Finanzen, Steuern oder rechtliche Strukturen. Und Vertrieb wird oft gar nicht mitgedacht, dabei ist der mindestens genauso entscheidend wie die Entwicklung selbst. Kundenorientierung kann man nicht „nachträglich“ einbauen, die muss von Anfang an mitlaufen.

Du hast in den letzten neun Jahren zahlreiche Teams begleitet, von ganz am Anfang bis hin zu großen Münchner Start-up-Erfolgen wie CELUS, planqc, sewts oder Orbem. Gab es einen Moment, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Da gab es viele! Ein Moment, an den ich gern zurückdenke, war, als ich abends beim Einkaufen im Aldi an der Kasse stand und neben dem Förderband einen Verkaufsstand mit dem „Superhalm“ entdeckte. Dabei handelt es sich um einen Strohhalm aus Apfelresten von wisefood, einem ehemaligen Start­up aus dem gate, das wir von den ersten Tagen an begleitet haben. So habe ich miterlebt, wie sie in Italien bei Nudelmachern nach einer Presse gesucht haben, um dann im gate stundenlang an der Dicke des Halms zu tüfteln, bis er stabil war. Und jetzt liegt da ein ganz normales Produkt, das man einfach im Supermarkt kaufen kann. In dem Moment wurde mir bewusst, wie weit das Team gekommen ist. Das war so ein echter Gänsehautmoment. Zu sehen, wie sich eine technologische Lösung weiterentwickelt, fasziniert mich jedes Mal aufs Neue.

Ein anderes Beispiel, an das ich mich gern erinnere, ist das Team von sewts. Sie haben mit einer komplexen Hardwarelösung gestartet und plötzlich gemerkt, dass ihre Technologie in einem ganz anderen Bereich richtig gut funktioniert. Am Ende sind sie in die Welt der Industriewäschereien eingestiegen. Ich fand das beeindruckend, weil sie nicht an ihrer ersten Idee festgehalten haben, sondern offen geblieben sind. Denn manchmal geht es nicht darum zu sagen, das funktioniert nicht, sondern zu fragen, wo es vielleicht doch funktioniert.

Für mich sind das die Momente, die bleiben. Wenn man mitfiebert, wenn man sieht, wie aus einer Idee etwas wird und spürt, wie viel technisches Können und Leidenschaft dahinterstecken.

Was treibt dich persönlich an, ein Gründerzentrum zu leiten und was bereitet dir daran am meisten Freude?

Für mich ist die Vielfalt der Themen ein echtes Geschenk. Wo sonst bekommt man so viele Einblicke in unterschiedlichste Branchen und Technologien?

Was mich allerdings hierhergebracht hat, waren zwei eigene Start-up-Erfahrungen, darunter ein Münchner Tech-Start-up, das ich vom kleinen Team bis zum Börsengang begleiten durfte. Mit einem anderen Start-up war ich damals lustigerweise selbst im gate, und ich hatte keine Ahnung, dass ich ein paar Jahre später selbst dort als CEO des Inkubators stehen würde – so wie das Leben manchmal spielt.

In meiner Start-up-Zeit habe ich gelernt, dass Wachstum entsteht, wenn unternehmerischer Mut auf Unterstützung trifft, und genau das möchte ich heute weitergeben. Denn letztendlich ist es dieser Mut, dieser Spirit, der mich tagtäglich begeistert. Junge Teams, die für ihre Ideen brennen und etwas bewegen wollen. Toll sind auch die Momente, in denen unsere Teams sich austauschen, vernetzen und Kooperationen entstehen. Diese Dynamik steckt an und ich glaube wirklich, dass ich davon selbst jung bleibe. Manchmal sitze ich mittags in der gate-Kitchen, esse meine Thai-Nudeln und denke mir: Wie cool, mit so vielen klugen, begeisterungsfähigen Leuten zusammenzuarbeiten.

Denn für mich ist klar: Wir als Gründerzentrum verstehen uns nicht als Bürovermieter, auch wenn das unsere Kernleistung ist. Vielmehr sind wir Unterstützer, und wir helfen Teams, ihre Vision in echten Mehrwert zu verwandeln und damit eine nachhaltige Veränderung in Deutschland und in unserer Welt zu bewirken. Was für eine schöne Aufgabe.

Was gibst du Early-Stage-Teams mit auf den Weg?

Herausforderungen gibt es immer und wird es auch künftig geben, und unsere Gründer*innen sind sich einig, dass sie diese bewältigen, indem sie einerseits ein Problem nach dem anderen lösen und andererseits ein starkes Support-System an ihrer Seite haben.

So sehe ich das auch und sage zu ihnen: Solange ihr als Team zusammenhaltet, könnt ihr fast alles schaffen. Hört nicht auf, nach dem Product-Market-Fit zu suchen, der ist selten beim ersten Versuch da, aber man kann ihn gemeinsam finden. Das beste Produkt hilft euch nicht, wenn das Team nicht trägt. Umgekehrt lässt sich vieles bewältigen, wenn ihr euch vertraut und offen für die beste Lösung bleibt.

Und wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr fest steckt: Holt euch jemanden von außen dazu, sei es durch ein externes Coaching oder durch Programme in Gründerzentren. Ein erfahrener Blick kann oft den entscheidenden Impuls geben. Besser, als allein im WG-Zimmer in Hallbergmoos zu sitzen und sich zu fragen, wie es weitergeht. Denn du musst diesen Weg nicht allein gehen, solange du den Mut hast, ihn zu gehen.

Genau dafür gibt es Gründerzentren – um zu begleiten, wenn es schwierig wird, und zu unterstützen, wenn ihr durchstartet.

Christian, vielen Dank für deine Insights!

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FinTech Bling übernimmt Start-up Finstep

Das 2022 gegründete Finstep wird den operativen Betrieb seiner Lern-App für Jugendliche und junge Erwachsene kurzfristig einstellen. Die digitalen Assets und Inhalte sollen schrittweise in die Bling-App überführt werden – über den Kaufpreis und die künftige Rolle des Finstep-Gründers wurden keine Angaben gemacht.

Bling, die 2021 gestartet Banking-App für Familien, übernimmt das Hamburger Start-up Finstep und erweitert damit gezielt das eigene Bildungsangebot um fundierte, didaktisch hochwertige Lerninhalte. Die Übernahme ist ein konsequenter Schritt, um Finanzbildung mit professionell aufbereiteten Lerninhalten zum festen Bestandteil des Familienalltags zu machen. 

Finstep wurde 2022 von Christian Binder gegründet und hat sich mit über hundert interaktiven Missionen zu Themen wie Inflation, Investieren oder Steuern schnell als beliebte Lern-App für Jugendliche und junge Erwachsene etabliert. Erprobt durch die Zusammenarbeit mit Banken, den Austausch mit Pädagog*innen und 30.000 jugendliche Nutzer*innen. Die Inhalte vermitteln Finanzwissen alltagsnah, altersgerecht und spielerisch – ein Ansatz, der sich ideal in das bestehende Bling-Ökosystem einfügt.

Die Integration erfolgt direkt in die Bling-App, die bereits mehr als eine Million Mal heruntergeladen wurde. Für über 250.000 Familienmitglieder, die heute schon regelmäßig die Bling App im Familienalltag nutzen, bedeutet das: Sie erhalten Zugang zu strukturierten Lernmodulen, die sie Schritt für Schritt an finanzielle Verantwortung heranführen. Eltern wiederum profitieren von einer alltagstauglichen Unterstützung, wenn es um die Vermittlung finanzieller Grundkompetenzen geht – ohne selbst Finanzexpert*innen sein zu müssen.

“Mit der Taschengeldkarte und App von Bling lernen Kinder und Jugendliche schon heute sehr effektiv den Umgang mit Geld. Die Inhalte von Finstep werden sich daher perfekt in unsere App einfügen und dabei helfen, junge Menschen in Deutschland geldklug zu machen”, erklärt Nils Feigenwinter, Geschäftsführer und Mitgründer von Bling.

Christian Binder, Gründer und Geschäftsführer von Finstep, ergänzt: "Mit der Integration in Bling setzen wir unsere Mission, die Finanzkompetenz von jungen Menschen zu stärken, nahtlos fort – gestärkt durch die Reichweite und Plattform, die Bling aufgebaut hat. Finstep und Bling sind zwei Puzzleteile, die sehr gut zusammenpassen."

Finstep wird den operativen Betrieb der Finstep-App kurzfristig einstellen. Die digitalen Assets und Inhalte werden schrittweise in die Bling-App überführt – mit dem Ziel, ein ganzheitliches und qualitativ hochwertiges Bildungsangebot für Familien in Deutschland bereitzustellen.

Gründer der Woche: Alpha-Protein – Wachstum trifft Kapitalmangel

Gia Tien Ngo, Gründer und CEO von Alpha-Protein, zum Thema: Kann Deutschland mehr sein als ein guter Ort für Ideen?

Nach einem zweiten Masterabschluss in Boston, Einblicken in die Start-up-Welt von Cambridge und guten Kontakten ins Silicon Valley war der Weg eigentlich vorgezeichnet: Die Gründung in den USA wäre der logische Schritt für mein Start-up gewesen. Doch die Entscheidung fiel auf Karlsruhe. Viele fragen mich heute, ob das ein Fehler war. Wäre Alpha-Protein in den Staaten schon weiter? Die Antwort ist kompliziert und verrät viel über die Stärken und Schwächen unseres Standorts. Eine große Rolle spielt dabei der Zugang zu Wagniskapital, um unser jahrelang erarbeitetes Know-how in die industrielle Umsetzung zu bringen – eine Herausforderung, die viele zukunftsträchtige Start-ups in Deutschland beschäftigt.

Gründen in Deutschland: Gründlichkeit vor Tempo

Am Anfang stand eine Idee, geboren aus meiner Masterarbeit und genährt vom tiefen Wunsch, etwas zu erschaffen, das wirklich zählt. Schon immer war es mein Traum, nicht nur Unternehmer zu sein, sondern durch mein Handeln auch aktiv Teil der Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit zu werden.

Bei Alpha-Protein entwickeln wir automatisierte, kosteneffiziente Produktionsstätten für die Aufzucht von Mehlwürmern, einem der vielversprechendsten Rohstoffe der Zukunft. Unser Ansatz zielt darauf ab, weltweit stabile und unabhängige Nährstoffquellen zu schaffen, die in der Lebensmittelproduktion neue Maßstäbe setzen und globale Lieferketten nachhaltig stärken können. Wir glauben daran, dass echte Veränderung dort beginnt, wo Vision auf Technologie trifft und der Wille ist, die Welt ein Stück besser zu machen.

Unser Vorhaben ist eine Herausforderung mit wissenschaftlicher Tiefe, das echte Lösungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft bietet. Mantras wie „Move fast and break things“ passten nicht zu unserem Streben nach echter Forschung und industrieller Reife. Unser Bauchgefühl sprach klar für deutsche Ingenieurskunst. Anstatt dem Reiz zu folgen, mit Hochglanz-Pitchdecks und Milliardenvisionen schnelles Kapital im US-Markt zu suchen, entschieden wir uns bewusst dafür, den Fokus zunächst auf die technologische Entwicklung zu legen. Standen uns da unsere eigenen Werte im Weg?

Deutschland – und insbesondere der Großraum Karlsruhe – bot von Anfang an die passende Grundlage für unser Vorhaben. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Hochschule Pforzheim ermöglichten uns den Zugang zu technischer Exzellenz, qualifizierten Talenten und modernen Laboren. Auch die zuständigen Behörden – in unserem Fall das Veterinäramt – zeigten sich offen und lösungsorientiert. Erste Versuche konnten unkompliziert gestartet werden. Mit Unterstützung des EXIST-Programms und einer anschließenden Finanzierungsrunde gelang es, Alpha-Protein im Jahr 2020 erfolgreich zu gründen.

Starker Start durch Forschung und Förderung

Schnell wurde deutlich, wie wertvoll unser Standort für den Aufbau von Alpha-Protein war: Die Nähe zu exzellenter Forschung, qualifizierten Fachkräften und potenziellen Partner*­innen erleichterte den Einstieg erheblich. Der enge Austausch mit Fachexpert*innen aus Maschinenbau, Agrartechnik und Umwelttechnik beschleunigte die Entwicklung spürbar. Dabei bildete besonders der deutsche Mittelstand ein hervorragendes regionales Ökosystem für Kooperationen. Statt Innovationsfeindlichkeit spürten wir eine lösungsorientierte Mentalität, die uns in der Standortwahl bestätigte. Diese starke Ausgangsbasis war entscheidend für die technologische Reife unserer Insektenzucht.

Wachstum bringt neue Herausforderungen

Mit zunehmendem Reifegrad ändern sich allerdings die He­rausforderungen. Nun geht es um Skalierung und Kapital. Hier wird für uns deutlich: Der Gründungsvorteil durch die Nähe zur Forschung zieht in späteren Phasen nicht mehr. Insbesondere beim Thema Finanzierung zeigen sich Unterschiede. Während internationale Investor*innen in den USA oder Asien häufiger auf starke Visionen setzen, bleibt der deutsche Kapitalmarkt oft vorsichtiger. Damit werden langfristige Skaleneffekte für deutsche Gründungen schwerer erreichbar.

Es gibt nachvollziehbare Gründe für diese Zurückhaltung. In dynamischen Technologiefeldern kann sie aber zum Hemmnis werden. Das merken wir insbesondere dort, wo kapitalinten­sive Hardware involviert ist, wie etwa bei unseren Aufzuchtanlagen. Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl von Maschinen und Systemen, die in ihrem Zusammenspiel mit den biologischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen des Mehlwurms ständig verbessert und weiterent­wickelt werden.

Bis heute ist Alpha-Protein vollständig in deutscher Hand. Ob es bei einer Anschlussfinanzierung dabei bleibt, ist fraglich. Denn um den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, braucht es Kapital, das in Deutschland schwer zu erhalten ist. Dieses Dilemma kennen viele Gründer*innen. Leider macht es dieser Umstand wahrscheinlicher, dass Innovationen, die in deutschen Ökosystemen entstehen, bei zunehmender Reife ihren Schwerpunkt verlagern.

Der richtige Standort zur richtigen Zeit

Die deutsche Gründungslandschaft bietet viel: technologische Tiefe, förderpolitische Unterstützung, hervorragende Bildungs-­ und Forschungslandschaften sowie vielfältige Kooperationspartner*innen. Was allerdings fehlt, ist mehr Durchlässigkeit in die nächste Phase – etwa bei der Kapitalverfügbarkeit und Risikobereitschaft im Markt. Was in der Gründungsphase bereits gut funktioniert, muss aktiv weiterent­wickelt werden, um auch in der Skalierung zu nützen.

Deutschland respektive Karlsruhe war für uns dennoch kein Kompromiss, sondern ein strategischer Startpunkt, der richtige Standort zur richtigen Zeit. Dass wir heute auf einer stabilen technologischen Basis stehen, verdanken wir auch der wissenschaftlichen Exzellenz und Offenheit für Kooperationen, die wir hier erleben.

Die nächsten Schritte erfordern neue Impulse, neue Partnerschaften und einen erweiterten Horizont, der Wachstum ermöglicht. Auf dieser Reise ist Deutschland als Standort sicher nicht leicht, aber genau die richtige Basis für unsere Mission.

War es ein Fehler, in Deutschland zu gründen?

Diese Frage lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Die kommenden Monate werden zeigen, ob wir unsere nächste Finanzierungsrunde in Höhe von 2,25 Millionen Euro erfolgreich abschließen können, idealerweise ergänzen Investor*innen aus Deutschland oder Europa die Unterstützung des Landes Baden-Württemberg. Gelingt uns das, wäre der Weg frei für den nächsten Schritt: die Transformation von Forschung und Entwicklung in eine profitable, industrielle Umsetzung. Es wäre zugleich ein starkes Signal für den Standort, für die Branche und für alle, die an nachhaltige Innovation glauben. Vielleicht entscheidet sich ja gerade hier, ob Deutschland mehr sein kann als ein guter Ort für Ideen – nämlich auch ein guter Ort für deren Umsetzung. Ich bin überzeugt: Das gelingt nur gemeinsam.

Logistik-Start-up pyck erhält 2,6 Mio. Euro für Open-Source-WMS

Das 2023 von Dr.-Ing. Daniel Jarr, Maximilian Mack und Matthias Nagel in Schwäbisch Hall gegründete DeepTech-Start-up pyck entwickelt ein Open-Source-Toolkit für modulare, KI-gestützte Lagerverwaltungssoftware.

Die Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 2,6 Mio. Euro wurde vom europäischen VC IRIS angeführt. Darüber hinaus sind XPRESS Ventures, Rethink Ventures sowie John Baysore (ehem. CEO von Dematic) und weitere Business Angels beteiligt.

Pyck hat das erste Open-Source-Toolkit speziell für KI-gestützte Lagerlogistik entwickelt. Dieses stellt Unternehmen wie Logistik- oder E-Commerce-Dienstleistern einen hochflexiblen Werkzeugkasten zur Verfügung, mit dem sich Lagerprozesse 60 Prozent schneller und kostengünstiger umsetzen lassen als mit konventionellen Warehouse-Management-Systemen (WMS).

„Jedes Lager ist anders – Standardlösungen stoßen schnell an ihre Grenzen“, sagt Mitgründer und CEO Dr.-Ing. Daniel Jarr. „Klassische WMS sind häufig monolithisch aufgebaut und lassen sich nur schwer auf neue Anforderungen zuschneiden. Genau hier setzt pyck an. Mit der neuen Finanzierung entwickeln wir unser Open-Source-Toolkit gezielt weiter, um neue Technologien, Infrastrukturen und Partner flexibel integrieren zu können.“

Das Ziel: Technologiewechsel in der Lagerlogistik

Pyck wurde im Jahr 2023 von einem Team mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Logistiktechnologie und Softwareentwicklung gegründet. Gemeinsam verfolgen die drei Gründer Dr.-Ing. Daniel Jarr, Maximilian Mack und Matthias Nagel das Ziel, starre IT-Strukturen in der Lagerlogistik durch offene, individuell anpassbare Systeme zu ersetzen – und so einen Technologiewechsel in einem zentralen Bereich der Logistik anzustoßen.

Bereits ein Jahr nach dem Marktstart implementieren drei große Logistikunternehmen das System. Die neue Finanzierung fließt in die Erweiterung des Teams, die internationale Expansion und die Produktentwicklung. Ein neues Tool zur nutzerfreundlichen und flexiblen Verwaltung von Datentypen steht kurz vor der Veröffentlichung.

Thorben Rothe, Partner bei IRIS, sieht in pyck das Potenzial, eine vernachlässigte Softwarekategorie grundlegend zu verändern: „Die meisten Lagerverwaltungssysteme sind technologisch veraltet. pyck bringt mit einer offenen Architektur und KI-Fähigkeit genau den Innovationssprung, den die Branche braucht. Bei IRIS investieren wir gezielt in Deep-Tech-Teams und -Lösungen, die zentrale Infrastrukturbereiche neu denken – und pyck ist dafür ein überzeugendes Beispiel.“

Gründer der Woche: Torsten Bendlin – Alter als Gründerbonus

Nach über 20 Jahren Erfahrung im Einkauf entschied sich Torsten Bendlin mit 46 Jahren, ein eigenes Tech-Start-up zu gründen und beweist mit Valuedesk, dass Unternehmertum keine Frage des Alters ist.

Mit 46 habe ich etwas getan, was viele in meinem Alter eher belächeln oder zumindest für untypisch halten: Ich habe ein Tech-Start-up gegründet. Nicht aus der Not heraus, sondern aus voller Überzeugung – mit allem, was dazugehört: Risiko, Energie, Leidenschaft.

Heute, knapp zehn Jahre später, bin ich fitter denn je. Körperlich, mental und beruflich. Und ich glaube: Es ist an der Zeit, dass wir die zweite Hälfte unseres Berufslebens nicht als Ausklang, sondern als echtes Momentum begreifen.

Jetzt machen, nicht irgendwann

Damals war ich Chief Procurement Officer eines großen Mittelständlers. Ich kannte die Herausforderungen der Industrie im Detail und ich wusste, wo Unternehmen regelmäßig Potenziale verschenken. Besonders dann, wenn es um Transformation geht. Ich habe erlebt, wie Maßnahmenkataloge in Excel zwar gut gemeint, aber praktisch wirkungslos bleiben, sobald Berater das Gebäude verlassen. Ich habe gespürt, wie frustrierend es ist, wenn man mit einem engagierten Team Dinge bewegen will, aber die Prozesse und Strukturen dagegenarbeiten.

Gleichzeitig war ich mitten in meinem berufsbegleitenden Masterstudium. Ein Aufenthalt im Silicon Valley öffnete mir die Augen: Dort erlebte ich hautnah, wie mutig Innovation gedacht wird und dass es dafür nicht zwingend zehn Millionen Euro Eigenkapital braucht, sondern ein starkes Problemverständnis, eine klare Idee und die Bereitschaft, alles auf eine Karte zu setzen. Für mich war das der Punkt, an dem ich wusste: Ich will das jetzt machen. Nicht irgendwann, jetzt!

Warum Erfahrung ein echter Wettbewerbsvorteil ist­

Ich werde oft gefragt, warum man mit über 20 Jahren Berufserfahrung nochmal gründen sollte. Die Antwort ist einfach: Weil genau das ein riesiger Vorteil ist. Ich kenne die Sprache meiner Zielgruppe, ich verstehe ihre Entscheidungslogik – und ich bringe ein Netzwerk mit, das mir Türen öffnet, die einem 25-jährigen Gründer vielleicht (noch) verschlossen bleiben.

Aber es ist mehr als das. In meinem Alter eine solche Entscheidung zu treffen, ist kein Spiel. Es ist kein loses Experiment, sondern ein bewusstes Commitment. Ich hatte Verantwortung – für meine Familie, für meine beiden damals 16-jährigen Töchter. Und ich wusste: Wenn ich das mache, dann richtig. Genau diese Ernsthaftigkeit wird auch von anderen wahrgenommen. Und sie schafft Vertrauen.

Was mich jung hält – und warum das wichtig ist

Ich glaube fest daran: Wer Performance erwartet, muss bei sich selbst anfangen. Ich starte viele Tage mit Meditation, Gymnastik und einem Lauf durch die Natur. Nicht jeden Tag, aber regelmäßig. Ich achte auf meine Ernährung, meine Energie und vor allem auf mein Umfeld. Ich pflege wenige, aber enge Freundschaften, und ich weiß, wie wichtig es ist, auch mal abschalten zu können.

Der Schlüssel ist nicht, jung zu sein, sondern jung zu bleiben; neugierig; lernbereit und begeisterungsfähig. Der Austausch mit jungen Gründer*innen ist für mich essenziell, nicht nur fachlich, sondern auch menschlich. Ich lerne ständig dazu. Von Menschen, die in ganz anderen digitalen Realitäten aufgewachsen sind, andere Tools nutzen, andere Fragen stellen. Und ich merke, wie gut uns das gegenseitig tut. Es geht nicht um Altersunterschiede, es geht um ein gemeinsames Mindset.

Was mich antreibt

Ich bin überzeugt davon, dass Unternehmen viel mehr aus sich herausholen können, wenn sie ihren Mitarbeitenden die richtigen Werkzeuge und Strukturen geben. Genau das ist der Zweck von Valuedesk, einer Plattform zur systematischen Identifikation und Umsetzung von Einsparpotenzialen in Unternehmen: Wir wollen Firmen befähigen, ihr volles Potenzial selbst zu nutzen – aus eigener Kraft. Dieser Purpose ist bis heute mein größter Antrieb.

Und ja, natürlich gibt es Rückschläge. In jedem Start-up. Ich habe gelernt, sie nicht zu dramatisieren. Einen Tag ärgern und dann wieder aufstehen. Wer für etwas brennt, findet immer wieder neue Energie. Und genau darin liegt die große Chance, wenn man mit Mitte 40 gründet: Man weiß, worauf es wirklich ankommt. Man hat schon erlebt, dass der nächste Pitch nicht das ganze Leben bestimmt. Dass Gesundheit, Familie, Freundschaft einen viel größeren Wert haben und gleichzeitig die Grundlage bilden, um unternehmerisch dauerhaft erfolgreich zu sein.

Da geht noch was

Ich sage oft: „Da geht noch was.“ Und ich meine das ganz ernst. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen aus meiner Generation den Mut fassen, sich neu zu erfinden. Nicht als Selbstzweck, nicht, weil es „in“ ist – sondern, weil es erfüllend sein kann. Wenn du eine Idee hast, ein echtes Problem kennst und wirklich etwas bewegen willst, dann ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt – nicht mit 25 Jahren, nicht mit 30, sondern genau jetzt.

Ich kenne Menschen, die haben mit Mitte 50 nochmal komplett umgedacht. Manche haben gegründet, andere sind in neue Rollen gestartet, haben sich weitergebildet oder bewusst anders priorisiert. Es geht nicht um Selbstoptimierung, es geht um Selbstwirksamkeit.

Was man dafür braucht? Neugier, Klarheit und die Bereitschaft, gewohnte Pfade zu verlassen. Und ja, vielleicht auch den Mut, den BMW gegen ein E-Bike zu tauschen. Aber das, was man gewinnt – an innerer Entwicklung, an Gestaltungsmacht, an Perspektive –, ist aus meiner Sicht unbezahlbar. Deshalb sage ich: Für die Boomer-Generation ist es noch lange nicht zu spät. Im Gegenteil: Es könnte genau der richtige Moment sein, um nochmal richtig loszulegen.

Q.ANT sichert 62 Mio. Euro Investment für das Computing der Zukunft

Das 2018 von Dr. Michael Förtsch als Spin-off von TRUMPF gegründete DeepTech-Scale-up Q.ANT sichert sich Europas größte Serie-A-Finanzierung für photonisches Computing – zur Lösung der Energie- und Skalierungsprobleme der KI.

Mit dem globalen Ausbau der KI-Infrastruktur stößt die traditionelle Chip-Technologie (CMOS) an ihre physikalischen Grenzen, die Leistung stagniert und der benötigte Strombedarf ist kaum noch zu decken. Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren bis 2026 den gesamten jährlichen Stromverbrauch Japans übersteigen wird. Q.ANT will dieses Problem mit einem grundlegend neuen Ansatz lösen: Rechnen mit Licht statt mit Strom, was deutlich höhere Leistung und Energieeinsparungen ermöglicht.

Marktreif, während andere noch forschen

In nur fünf Jahren hat Q.ANT zur Marktreife gebracht, was Expert*innen seit Jahrzehnten anstreben: den weltweit ersten kommerziellen Photonik-Prozessor für KI- und HPC-Workloads, der komplexe KI-Operationen wesentlich schneller ausführt und dabei erhebliche Mengen an Energie einspart. Eingebettet in eine Standard-Serverlösung, den Q.ANT Native Processing Server, lässt er sich als Plug-in-Coprozessor nahtlos in moderne Rechenzentren integrieren. Praxistests versprechen eine bis zu 30-fache Energieeffizienz, eine 50-fache Leistungssteigerung und das Potenzial, die Kapazität von Rechenzentren um das 100-fache zu erhöhen – und das alles ohne komplexe aktive Kühlsysteme. Q.ANT ist das erste Unternehmen für photonisches Computing, das dieses Niveau an Leistung, Genauigkeit und Branchenintegration in einer schlüsselfertigen und nachhaltigen Lösung anbietet.

„Q.ANT wurde mit einer mutigen Vision gegründet: Wir wollten die Art und Weise, wie die Welt rechnet, neu definieren, indem wir Licht anstelle von Strom verwenden“, erklärt Dr. Michael Förtsch, Gründer und CEO von Q.ANT. „Diese Investition beweist, dass Europa sowohl den Ehrgeiz als auch das Kapital hat, um eine Führungsrolle zu übernehmen – und verschafft uns die starken Partner, die wir brauchen, um unsere Mission zu verfolgen und die Zukunft der Datenverarbeitung mitzugestalten.“

Europa bündelt Kräfte für die nächste Generation der Datenverarbeitung

Diese Investition ist ein entscheidender Schritt, um Europas Führungsrolle in einer Schlüsseltechnologie für die nächste Generation der Datenverarbeitung zu stärken und weiter auszubauen. Aufbauend auf einer breiten wissenschaftlichen Basis, finanziert von europäischen DeepTech-Investor*innen und unterstützt durch die Politik auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene, bringt Q.ANT entscheidende Akteure aus ganz Europa zusammen. Mit einer starken europäischen Lieferkette und einer eigenen Pilotlinie in Deutschland bildet dies das Rückgrat für die Zukunft des Hochleistungsrechnens „Made in Europe“ für die Welt.

„Q.ANT ist ein Beispiel dafür, wie echte Innovation in Europa mit Mut, Innovationskraft und einem gemeinsamen Willen vorangetrieben wird. Wir sind stolz darauf, dass unser Team von MISSION KI eine zentrale Rolle dabei gespielt hat, die richtigen Partner für diese entscheidende Phase zusammenzubringen. Mit diesen starken Partnern an seiner Seite bringt Q.ANT die Technologie Europas weiter voran – verantwortungsbewusst, zukunftsorientiert und mit echter Wirkung“, sagt Manfred Rauhmeier, Vorsitzender der acatech Stiftung und Sekretär des acatech Koordinationskomitees.

Strategische Allianz für die internationale Expansion

Die Finanzierungsrunde wurde von Cherry Ventures, UVC Partners und imec.xpand angeführt, unter Beteiligung weiterer Deep-Tech-Investoren wie die L-Bank, Verve Ventures, Grazia Equity, EXF Alpha der Venionaire Capital, LEA Partners, Onsight Ventures, und TRUMPF. Diese Investition zählt zu den bedeutendsten DeepTech-Finanzierungsrunden Europas und schafft die Voraussetzung für einen grundlegenden Wandel in der Berechnung von KI.

Die Finanzierung ermöglicht es Q.ANT, die Entwicklung von Photonik-Prozessoren der nächsten Generation voranzutreiben, die Produktion zu skalieren, sein interdisziplinäres Team zu vergrößern und seine Geschäftsaktivitäten in die USA und Asien auszudehnen, um weitere Kundenimplementierungen zu unterstützen. Darüber hinaus verstärkt Q.ANT seinen Beirat mit zwei Experten aus den Bereichen Halbleiterbereich: Hermann Hauser, Gründer von ARM und Hermann Eul, ehemaliger Vorstand bei Infineon und CVP und General Manager von Intel. Die Kombination aus Erfahrung und Fachwissen in den Bereichen Halbleiterskalierung, Industrialisierung und globale Kommerzialisierung wird für die nächste Phase von Q.ANT von entscheidender Bedeutung sein.

Bereit für die Integration in Rechenzentren

Q.ANT hat sich zum Ziel gesetzt, die Zukunft der KI-Infrastruktur neu zu definieren. Bis 2030 will das Unternehmen seine photonische Prozessortechnologie zu einer tragenden Säule globaler KI-Systeme machen und damit die Skalierbarkeit und Energieeffizienz radikal verbessern. Mit dem Fokus auf eine nahtlose Marktintegration ist der photonische Native Processing Server (NPS) von Q.ANT ab sofort für eine frühzeitige Evaluierung verfügbar: Er wird in einem branchenüblichen Format geliefert, das einfach zu implementieren und mit den heutigen Programmiersprachen und KI-Software-Ökosystemen kompatibel ist. Weniger Energieverbrauch, keine Wärmeentwicklung auf dem Chip, mehr Rechendichte – der Q.ANT NPS schafft damit die Grundlage für eine neue Ära nachhaltiger Hochleistungsrechner.

Circonomit: Kölner Tech-Start-up sichert sich 2,8 Mio. Euro

Mit dem strategischen Zwilling von Circonomit können Entscheider*innen erstmals externe und interne Einflussfaktoren konkret auf ihre Wertschöpfungskette abbilden und so ihre Unternehmenssteuerung präzisieren.

Das 2022 von Dana Aleff und Erik Müller basierend auf Erfahrungen aus Industrie und Forschung an der renommierten RWTH Aachen gegründete Circonomit ermöglicht es Unternehmen, komplexe Abhängigkeiten sichtbar zu machen und bei Plan-Ist-Abweichungen in der Wertschöpfungskette rechtzeitig gegenzusteuern.

Dadurch können Entscheider*innen besser verstehen und berechnen, welche Folgen eine Entscheidung finanziell und ökologisch hat. Weiche Faktoren und Bauchgefühl werden erstmals quantifizierbar und in konkrete Kennzahlen übersetzt. Was bisher jahrelange Datenprojekte und spezialisierte Programmierung erforderte, gelingt – laut Aussage des Start-ups – mit der Lösung von Circonomit in Wochen.

Im Unterschied zu Technologien wie dem Process Mining funktionieren die mit Circonomit gebauten Modelle auch ohne Logdaten aus Systemen. Das verringert die Eintrittsschwelle erheblich, besonders bei den oft noch unvermeidbaren Digitalisierungsdefiziten der Stammdaten.

"Es begeistert uns als Team sehr, riesigen Mehrwert zu schaffen, indem wir Marktschwankungen und interne Ereignisse in steuerungsrelevante Kennzahlen übersetzen können", sagt Dana Aleff, Mitgründerin von Circonomit. „Mit unserem Modellierungsbaukasten kann jeder seinen strategischen Begleiter bauen und Zusammenhänge in der Wertschöpfungskette sichtbar und berechenbar abbilden. Szenarioanalysen und rollierende Forecasts sind ein Anwendungsfall."

Investor*innen sehen großes Potential für Europas Wettbewerbsfähigkeit

„Nur wer seine Informations- und Entscheidungsflüsse im Griff hat, bleibt wettbewerbsfähig", betont Marie-Sophie Ando, Senior Investment Manager bei Vorwerk Ventures. „Wir sind überzeugt, dass Circonomit mit seinem flexiblen Datenbaukasten das Potenzial hat, ein führender Anbieter für datengetriebene Entscheidungsunterstützung zu werden."

Auch Lisa-Marie Fassl, General Partner bei Fund F, zeigt sich beeindruckt: „Circonomit setzt neue Maßstäbe für schlanke und fundierte Entscheidungsprozesse. Das diverse Gründerteam, das auf Forschungserfahrung an der RWTH Aachen aufbaut, überzeugt uns fachlich wie menschlich."

Teamausbau und Markterschließung im DACH-Raum

Mit dem frischen Kapital will das Kölner Start-up sein Produktteam ausbauen und die Markterschließung im deutschsprachigen Raum vorantreiben. Ziel ist es, insbesondere produzierenden Unternehmen einen noch schnelleren und tieferen Einblick in ihre Wertschöpfungskette und deren Steuerung zu ermöglichen und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland zu stärken.

SoMe-Entrepreneurship-Studie 2025: Follower*innen, aber keine Kund*innen?

Die aktuelle GoDaddy Global Entrepreneurship Survey zeigt u.a.: Social Media ist für Kleinunternehmen im DACH-Raum unverzichtbar, aber oft (noch) nicht profitabel. Hier gibt's die Ergebnisse im kompakten Überblick.

Kleinunternehmen im DACH-Raum setzen zunehmend auf digitale Kanäle, wie die eigene Website, Online-Shops und Social Media. Das zeigt die aktuelle GoDaddy Global Entrepreneurship Survey 2025. Dabei wird deutlich: Unternehmer*innen im DACH-Raum nutzen eine hybride Kombination aus Online- und Offline-Präsenz, um Kund*innen optimal zu erreichen, den Umsatz zu steigern und wettbewerbsfähig zu bleiben.

Digitale Geschäftsmodelle auf dem Vormarsch

Wer heute im DACH-Raum ein Unternehmen führen will, muss mehr tun als nur ein Geschäft zu betreiben. Während 38 % der Kleinunternehmen nach wie vor hauptsächlich von einem physischen Standort aus arbeiten, betreiben 17 % ihr Geschäft bereits primär über die eigene Website. Weitere 18 % sind hauptsächlich auf Social Media tätig.

Auch die Vertriebskanäle spiegeln diese Verschiebung wider. Während 44 % stationär verkaufen, setzen bereits fast ein Viertel (24 %) auf Online-Shops oder digitale Marktplätze und 17 % verkaufen direkt über soziale Medien.

Diese Mischung aus physischen und digitalen Ansätzen zeigt: Der digitale Wandel ist Realität. Kleinunternehmen im DACH-Raum finden zunehmend neue Wege, ihre Kund*innen zu erreichen – jenseits der Ladenöffnungszeiten und Einkaufsstraßen. Die Fähigkeit, verschiedene Methoden zu kombinieren, deutet auf eine bedeutende Entwicklung in der Fähigkeit der Unternehmen hin, sich an die Bedürfnisse und Vorlieben ihrer Kund*innen anzupassen.

Social Media ist wichtig – aber alles andere als einfach

Die Bedeutung digitaler Sichtbarkeit ist unbestritten. 60 % der Kleinunternehmer*innen im DACH-Raum sagen, dass sie für ihre Verkaufsstrategie wichtig sind. Und soziale Medien sind zu einem der wichtigsten Orte geworden, um etwas über die Führung eines Unternehmens zu lernen: Über die Hälfte der Kleinunternehmer*innen (55 %) nutzen sie, um sich zu informieren, statt auf traditionelle Bildungsressourcen wie Bücher und Blogs zurückzugreifen (37 %) oder KI-Tools wie ChatGPT zu nutzen (27 %).

Doch die Umsetzung stellt viele vor große Herausforderungen: 32 % der Kleinunternehmer*innen finden es schwer, regelmäßig kreative Ideen für Beiträge zu entwickeln. Weiteren 32 % fehlt schlichtweg die Zeit, um konsequent Inhalte zu erstellen und zu veröffentlichen. Und selbst wenn Inhalte online gehen, bleiben Erfolge oft aus: 50 % der Unternehmer*innen im DACH-Raum kämpfen damit, Follower*innen in zahlende Kund*innen zu verwandeln. 45 % erreichen mit ihren Beiträgen nicht einmal ihre Zielgruppe.

Diese Zahlen machen deutlich: Wer Social Media effektiv nutzen will, braucht mehr als nur einen Account – nämlich intelligente Tools und gezielte Unterstützung, um aus Likes und Reichweite echtes Geschäftswachstum zu machen.

Der wachsende Bedarf an intelligenten Tools und KI-Unterstützung

Viele Unternehmer*innen in Deutschland, Österreich und der Schweiz wissen, was ihnen beim Verkauf in sozialen Netzwerken helfen würde. Mehr als die Hälfte (53 %) braucht bessere Möglichkeiten, um die richtige Zielgruppe zu erreichen und 37 % wünschen sich einfachere Tools für die Erstellung und Veröffentlichung von Inhalten – der Bedarf an praktischen, zeitsparenden Lösungen ist hoch.

KI beginnt eine Rolle zu spielen, insbesondere bei proaktiven Geschäftsinhaber*innen. Diejenigen, die bereits KI nutzen, sind eher an Tipps und Vorlagen für das Schreiben von Bildunterschriften und Anzeigen interessiert (27 % gegenüber 18 % der Nicht-KI-Nutzenden). Für beide Gruppen sind aber vor allem tiefere Einblicke in das, was funktioniert (36 % KI-Nutzer*innen und 43 % der Nicht-KI-Nutzer*innen) und bessere Wege, ihre Zielgruppe zu erreichen (53 %) spannend. Diese Präferenzen deuten darauf hin, dass kleine Unternehmen nicht nur mit KI experimentieren, sondern nach intelligenter, zielgerichteter Unterstützung suchen, die Zeit spart und Ergebnisse liefert.

PropTech Germany Studie 2025

Die Studie zeigt: Hürden nehmen weiter zu – erfolgreiche PropTechs setzen auf Zugang, Netzwerk, Positionierung – Wagniskapital bleibt entscheidender Wachstumsfaktor – ESG und digitale Reife dominieren Nachfrageentwicklung.

Die auf Innovation im Bau- und Immobiliensektor spezialisierte blackprintpartners GmbH (blackprint) mit Sitz in Frankfurt am Main hat gemeinsam mit dem Institut für Immobilienwirtschaft und -management der Technischen Hochschule Aschaffenburg die „PropTech Germany Studie 2025“ veröffentlicht.

Die seit 2020 jährlich erscheinende Untersuchung gilt inzwischen als Benchmark für die Entwicklungseinschätzungen des Tech-Sektors der Bau- und Immobilienwirtschaft. Sie beleuchtet die Einschätzung von PropTechs als Lösungsanbieter*innen entlang des gesamten Immobilienlebenszyklus auf die Branche – und damit als Forschungs- und Entwicklungsabteilung des Sektors. Für die sechste Ausgabe der Studie wurden von Februar bis Mai 2025 insgesamt 205 Fragebögen ausgewertet. Die diesjährigen Schwerpunkte: Hürden für PropTechs, Erfolgsfaktoren zur Kund*innengewinnung sowie der Zugang zu Wachstumskapital.

Digitaler Reifegrad bleibt niedrig – Hürden für PropTechs steigen

Die PropTech Germany Studie 2025 zeigt: Der digitale Reifegrad der Branche bleibt gering – und genau das erschwert PropTechs den Markteintritt. Die zentralen Herausforderungen sind in allen Phasen deutlich ausgeprägter als in den Vorjahren. Bereits beim Aufbau des Geschäftsmodells blockieren die geringe Digitalisierungsbereitschaft der Corporates und fehlende Entscheidungsstrukturen neue Lösungen. Der Zugang zum/zur richtigen Ansprechpartner*in bleibt die größte Hürde beim Vertrieb: Für 33 Prozent der PropTechs ist die eigene mangelnde Bekanntheit das entscheidende Hindernis. Selbst bei bereits erfolgtem Vertragsabschluss scheitern Implementierungen in der Praxis an fehlender Business-Priorität und mangelndem C-Level-Push in den Bestandsunternehmen.

Erfolgsfaktoren: Zugang, Netzwerk, Positionierung, Persönlichkeit

Die Erfolgsfaktoren erfolgreicher PropTechs sind 2025 weniger klar als in den Vorjahren, lassen sich aber eindeutig identifizieren: Zugang zu den richtigen Ansprechpartner*innen (51 %), ein gutes Vertriebsteam (43 %), starke Vernetzung in der Branche (40 %) sowie hohe Sichtbarkeit von Marke und Gründungsteam sind ausschlaggebend für die Umsatzgenerierung. Die Erkenntnis: Ohne einen durchdringungsstarken Vertrieb und aktives Marken- und Personal Branding gelingt keine Skalierung. Bei Finanzierungsrunden bleiben Marktpotenzial, Geschäftsmodell, klare strategische Positionierung und die Persönlichkeit der Gründer*innen die wichtigste Erfolgsfaktoren.

Finanzierungsrunden dauern länger – Kapitalbedarf trifft auf Reife

Trotz stagnierender Marktstimmung steigt der Reifegrad des Sektors: 68 Prozent der PropTechs befinden sich im laufenden Betrieb, 43 Prozent konnten 2024 erfolgreich Wachstumskapital einsammeln – erstmals mit wieder leicht positiver Entwicklung gegenüber den Vorjahren. Die Dauer von Finanzierungsrunden nimmt allerdings zu: Im Schnitt dauert eine Runde acht Monate, nur 13 Prozent schließen schneller als in drei Monaten ab. Das attraktive Marktpotenzial bleibt entscheidend – Proof of Scalability wird verlangt. Weniger als ein Viertel der Finanzierungen wird öffentlich gemacht, obwohl positive Sichtbarkeit essenziell wäre.

Nachhaltigkeit: Vom Imagefaktor zum Erfolgsbooster

ESG-Regulatorik entwickelt sich zum stärksten Veränderungstreiber – sowohl für die Bau- und Immobilienwirtschaft als auch für die PropTechs selbst. 59 Prozent der PropTechs sehen sich unter starkem Druck durch ESG-Regeln – was zunehmend Auswirkungen auf Produkte, Vertrieb und Umsatz hat: 60 Prozent der Unternehmen berichten von mehr Aufträgen, 20 Prozent von deutlich gesteigerten Umsätzen. Nachhaltigkeit wirkt damit klar über den Imagefaktor hinaus: Sie wird zum Erfolgsbooster.

Prof. Dr. Verena Rock, Leiterin des IIWM Institut für Immobilienwirtschaft und -management, Technische Hochschule Aschaffenburg: „Diese 6. PropTech Germany Studie zeigt in gewisser Weise einen leichten Rückschritt in der Entwicklung, da die Herausforderungen der PropTechs mit ihren Kunden, der traditionellen Immobilienwirtschaft, zunehmen. Eigentlich offenbart sich aber gerade in Krisenzeiten die in unserer Branche notwendige digitale Transformation, die die Branche in enger Kooperation mit PropTechs als innovative, wendige und bisweilen zwingend disruptive Marktteilnehmer lösen kann. Die in unserer Studie ermittelten Erfolgsfaktoren sind beiderseits zu beachten und können den Weg nach vorn ebnen.“

Sarah Schlesinger, Managing Partner/CEO bei blackprint: „Wieder ist die PropTech Germany Studie ein Auf- und Weckruf an unsere Bau- und Immobilienwirtschaft: Lösungen sind breit vorhanden. Technologie und Innovationen sind bereit – für alle Nutzungsklassen und Wertschöpfungsstufen. PropTechs halten der Branche erneut den Spiegel vor: Die sich deutlich verschärften Herausforderungen der PropTechs bei Markteintritt, Verkauf ihrer Lösungen und anschließend bei der Implementierung spiegeln den niedrigen Transformations-, Digitalisierungs- und Innovationsreifegrad wider. Gleichzeitig sind die Erfolgsfaktoren klar: die richtigen Ansprechpartner, gute Netzwerk-Kenntnis, herausgehobene Positionierung und Markenbekanntheit sorgen für Umsatz; ein starkes Marktpotenzial für notwendiges Wachstumskapital. Der Sektor ist reifer denn je. Zeit, dass Bau- & Immobilienwirtschaft ihre F&E-Abteilung die PropTechs für ihren Erfolg nutzen.“

Die vollständige PropTech Germany Studie 2025 gibt's hier