Planungssicherheit statt Almosen


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Im Interview: Dr. Bernd Fischl ist Partner der BFMT Gruppe und u.a. als zerti­fizierter Fördermittelberater in den Bereichen Gründung, Wachstum und Krisenmanagement tätig.

Wie ist das Corona-Jahr 2020 aus Ihrer Sicht gelaufen?

Die Herausforderungen, die Unternehmen zu bewältigen hatten, waren enorm. Das extreme Herunterfahren vieler geschäftlicher Aktivitäten und das zeitweise Lahmlegen des öffent­lichen Lebens beeinträchtigten die Real­wirtschaft direkt. Die Unternehmen hatten hier einen gewaltigen Nachfrageschock zu bewältigen. Funktionierende Geschäftsmodelle wurden plötzlich „on hold“ gestellt. Während viele Unternehmerinnen und Unternehmer schnell versuchten, die weiterlaufenden Kosten zu senken, war dies natürlich nur begrenzt und mit einem gewissen Vorlauf möglich. Die Folge war und ist eine zunehmend angespannte Eigenkapital­situation vieler eigentlich sehr solide wirtschaftender Unternehmen.

Das schnelle Schaffen steuerfinanzierter Förderprogrammen wirkte sich zudem direkt auf die Arbeit der Beraterinnen und Berater aus, die gefordert waren, ihre Mandantinnen und Mandaten entsprechend zu unterstützen. Sie mussten sich, trotz erheblicher Flut an Anfragen, sehr schnell in neue Herausforderungen z.B. im Bereich der Fördermittel einarbeiten, um Unternehmen kompetent begleiten zu können. Dies stellte für die Beratungsbranche eine sowohl qualitativ als auch quantitativ hohe Herausforderung dar. Aus meiner Sicht ist uns dies gut gelungen.

Was waren die größten Hürden und stärksten Hilfsangebote für Selbständige?

Neben den aktuell angebotenen Hilfen wie Überbrückungshilfe 1 und 2, November- und Dezemberhilfen wurde für betroffene Unternehmen zu Beginn der Krise ein Beratungszuschuss (über die BAFA) in Aussicht gestellt, der leider rückwirkend aufgrund von Budgetknappheit revidiert wurde. Das war sehr unschön, da zahlreiche Unternehmen nicht nur Zeit in die Antragstellung investiert, sondern auch wochenlang auf einen Bescheid gewartet hatten. Da vor dem Vorliegen eines positiven Bewilligungsbescheids nicht mit der Beratung begonnen werden durfte, hat sich dadurch die Situation vieler Unternehmen weiter verschlechtert.
Bei den aktuellen Hilfen gab und gibt es im Nachhinein immer wieder Änderungen bzw. Anpassungen bei der Antragstellung bzw. den Genehmigungsvoraussetzungen, was sowohl die Kosten als auch die Zeit bis zur Verfügbarkeit der dringend notwendigen Mittel erheblich erhöht.

Abzuwarten bleibt auch, wie die weitere Abwicklung und ggf. nachgelagerte Prüfung nach Zuteilung der Fördermittel erfolgen wird und ob es hier vielleicht auch zu erheb­lichen Rückzahlungen kommen kann. Es bleibt zu hoffen, dass diese Aspekte bei zukünftigen Förderungen berücksichtigt bzw. Fehler vermieden werden. Für den Wirtschaftskreislauf ist nichts schädlicher als anhaltende Planungsun­sicherheit.

Auch müssen wir uns stets vergegenwärtigen, dass wir von einem staatlich verordneten Stillstand sprechen, dessen Länge und Intensität auch nach einem Jahr der Krise in keinster Weise absehbar oder gar planbar ist. Gerade deshalb sollten Hilfsmaßnahmen zuverlässig planbar sein und keinen Almosen gleichen.

Was raten Sie Selbständigen, um sich für die kommenden Herausforderungen bestmöglich zu rüsten?

In der aktuellen Situation sollte jedes Unternehmen einen engen Kontakt mit seinem Steuerberater pflegen, da dieser über die aktuellen Hilfen informiert und berechtigt ist, entsprechende Anträge zu stellen. Neben den genannten Hilfen können bei einem größeren Kapitalbedarf auch Förderdarlehen bei der Hausbank beantragt werden. Hier sollte eine belastbare Planung erstellt werden, um die möglichen Szenarien mit dem daraus resultierenden Kapitalbedarf managen zu können. Nur so lässt sich ein Unternehmen in diesen unsicheren und volatilen Zeiten möglichst stabil in die Zukunft führen.

Neben der Prüfung und Nutzung von Zuschüssen und sonstigen Fördermitteln sollte auch die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens im Auge behalten werden. Bei einer sehr stark reduzierten Eigenkapitalquote oder nicht ausreichend verfügbaren Fördermitteln bzw. Fremdkapital kann auch die Aufnahme von Eigenkapital oder Mezzanine-Kapital sinnvoll oder sogar notwendig sein. In der aktuellen Krise hat sich wieder einmal gezeigt, dass Unternehmen mit einer starken Eigenkapitalquote weniger anfällig für unerwartete Ereignisse sind.

Für Unternehmen ist es weiterhin wichtig, sich umfänglich zu informieren bzw. informieren zu lassen. Da niemand den weiteren Verlauf der Krise kennt, sind die aktuellen Herausforderungen aktiv anzugehen. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass es auch eine Zeit nach COVID-19 geben wird. Wer sich jetzt gut aufstellt, kann von der dann einsetzenden Erholung überproportional profitieren.

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