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Eigenwillig und stets mutig

Mit ihrem zweiten Mann hatte die „Liebesdienerin der Nation“ auf Dauer kein Glück, sie ließ sich 1972 scheiden. Das Unternehmen jedoch wuchs und wuchs, nach Inkrafttreten des neuen Paragraphen 184 StGB im Jahr 1975 umso rasanter: 1978 gründet das Unternehmen einen Filmverleih, 1979 übernimmt es die Ladenkette „Dr. Müller’s“, 1983 startet der Videobetrieb, 1992 steigt die Firma in den Online-Handel ein, 1996 weiht Uhse das Erotik-Museum in Berlin ein, 1998 eröffnet der erste Laden auf Mallorca, 1999 geht Beate Uhse an die Börse, übernimmt andere Unternehmen. Heute ist Beate Uhse Europas größter Erotik-Konzern mit 300 Läden in elf Ländern. Der Großhandel beliefert sogar Kunden in 60 Ländern der Erde – und ist damit weltweit Marktführer. Der Umsatz des Unternehmens beläuft sich (im Jahr 2006) auf 270 Millionen Euro, der Wert der Marke wird auf 64 Millionen Euro taxiert, 1500 Mitarbeiter arbeiten für den Konzern.

Verantwortlich für den Erfolg ist vor allem eine: Beate Uhse selbst. Sie ließ sich nicht von den Feministinnen in die Flucht schlagen, nicht von Anwohnern, die protestierten, wenn ein Laden in ihrer Umgebung eröffnet werden sollte, nicht von Wettbewerbern, nicht von Gerichten, nicht von der Presse. Letztere versuchte sie stattdessen immer wieder auf ihre Seite zu ziehen – mit Erfolg. Nach einer schwierigen Gerichtsverhandlung, die mit einem Freispruch für die Unternehmerin endete, titelte die Bild-Zeitung „Freispruch für den Orgasmus“ – und bescherte der Unternehmerin damit „den endgültigen Durchbruch und erheblichen Sympathiegewinn“.

Seit fast sieben Jahren ist die Macherin tot. Manches hat sich seitdem geändert, die Geschäfte führen nun familienfremde Manager, Sohn Ulrich Rotermund hat den Vorsitz des Aufsichtsrates inne. Er war es auch, der im jahr 2001 die gemeinnützige Beate Uhse Stiftung ins Leben rief, um Menschen in Not zu helfen. Auch das öffentliche Auftreten des Unternehmens hat sich dem Zeitgeist angepasst. Neue Läden werden nur noch in besten Innenstadtlagen eröffnet und sie sind moderner gestaltet, um mehr Frauen als bislang anzuziehen.

Ferner wurde das Erscheinungsbild der Marke verjüngt, der Schriftzug ist laut Konzern-Pressemitteilung „frischer“ und „peppiger“. Zwar sind die Lettern noch immer in rot gehalten. Die jetzigen Firmenlenker nennen die Farbe aber „erotisches Rot“.

Erfolg gegen alle Widerstände

Erfolg gegen alle Widerstände

Es kostete Beate Uhse viel Kraft und Geld, sich zur Wehr zu setzen. In den ersten Jahren erschien sie schließlich „fast wöchentlich zu Vorladungen“. Doch Uhse war nicht der Typ, der sich von Hindernissen hätte entmutigen lassen, lieber ergriff sie die Flucht nach vorn. Ordnete Überstunden an, um alles Werbematerial an einem einzigen Tag aussenden zu können – und somit zu verhindern, dass ein Teil der Prospekte beschlagnahmt wurde.

Denn erstens gaben ihr die Kunden Recht. In zahlreichen Zuschriften drückten sie ihre Dankbarkeit aus, versicherten, dass Beate Uhse ihre „Ehen rette“. Zweitens führte der wachsende Zuspruch in der Bevölkerung zur wachsenden  Nachfrage nach Aufklärungsbroschüren, Kondomen und Potenzmitteln – und damit zum Erfolg des Unternehmens. Bereits im Jahr 1954 erwirtschaftete die Firma 500.000 Mark Umsatz, zwei Jahre später waren es bereits 1,3 Millionen. Beate Uhse wollte sich diesen Erfolg nicht mehr nehmen lassen. Der zierlichen, blonden Frau blieb also gar nichts anderes übrig, als beharrlich zu sein. Und so wurde sie – dank ihrer Zähigkeit – zur Vorkämpferin für die sexuelle Freiheit, zur erfolgreichen Unternehmerin.

Eigenwillig und mutig war Beate Uhse zeit ihres Lebens. Die 1919 in Ostpreußen geborene Beate Köstlin besuchte als einzige weibliche Flugschülerin eine Flugschule, machte mit 18 Jahren den Flugschein und wurde Einfliegerin beim Flugzeugwerk Straußberg in Berlin, später für die Luftwaffe. Gegen Ende des Krieges, ihr Mann Hans-Jürgen Uhse war nach kurzer Ehe gestorben, flüchtete sie mit der letzten noch flugtüchtigen Wehrmachtsmaschine aus dem von den Russen eingekesselten Berlin nach Nordfriesland. Mit an Bord war ihr zweijähriger Sohn Klaus. Beate Uhse war Mitte zwanzig, als sie – Flüchtling, Mutter und Witwe – eine neue Existenz aufbauen musste. Sie wartete nicht lange damit. 1948 gründete sie nicht nur ihr Unternehmen, sie heiratete den Kaufmann Ernst-Walter Rotermund, 1949 gebar Beate Uhse ihren zweiten Sohn Ulrich Rotermund.

Schlossherr? Scheiß drauf!

Prost könnte jetzt von seinen Plänen erzählen, das Ausland zu erobern. Doch der Unternehmer hat anderes im Sinn. Über seine 476 Mitarbeiter möchte er reden, Mitunternehmer nennt er sie. Das ist formal nicht ganz richtig. Die Angestellten halten keine Anteile am Unternehmen. Doch Prost lässt sich seine Art, die Dinge zu benennen, nicht ausreden, die Bezeichnungen „Arbeitgeber“ und „Arbeitnehmer“ seien schließlich auch nicht korrekt. „Es ist doch nicht so, dass einer was gibt und die anderen was nehmen.“ Nein, bei Liqui Moly ziehen alle an einem Strang, auch die „Weggefährten“ – noch so ein Prost-Wort für Angestellte – „denken unternehmerisch“, sagt er. Prost würdigt ihre Leistung in aller Deutlichkeit: „Die Leute machen mich reich.“ Deshalb ist es für den Unternehmer auch nur „klug“ und „fair“, sie gut zu bezahlen.

Als die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie im letzten Jahr eine Nullrunde vereinbarte, hat Prost die Löhne trotzdem um 2,5 Prozent angehoben, plus einer Einmalzahlung von 750 Euro. „Dafür habe ich aus dem Lager der Arbeitgeber Anfeindungen bekommen und aus dem Lager der Gewerkschaften auch“, sagt Prost. Der Mann mit dem ergrauten Schnauzer regt sich auf, kommt jetzt richtig in Fahrt. Was ihn ärgert, sind aber nicht die Attacken. Die ist er gewohnt. Was ihn auf die Palme bringt, ist die Mentalität der Unternehmer. „Die fahren tolle Gewinne ein, aber für die Arbeitnehmer bleibt nichts übrig“, sagt Prost. Gerecht ist das in seinen Augen nicht, gerecht ist, wenn man seinen Mitarbeitern selbst dann eine Anerkennung zukommen lässt, wenn es im Unternehmen einmal nicht so gut läuft.

Prost muss nicht weit zurückdenken, um ein Beispiel zu nennen: Kurz vor Weihnachten hat der passionierte Motorradfahrer jedem Angestellten 500 Euro Prämie ausgezahlt, obwohl der Gewinn mit knapp acht Millionen Euro nur halb so hoch ausfiel wie im Jahr zuvor. „Das ist keine Handlungsempfehlung, die im kapitalistischen Lehrbuch steht“, sagt Prost. Aber es ist seine Art, gute Mitarbeiter zu halten. Fluktuation und Krankenstand tendieren bei Liqui Moly gegen Null, die Zahl der Bewerbungen ist hoch. Trotzdem ist es nicht Kalkül, was den Unternehmer veranlasst, ein paar Scheinchen oben drauf zu legen. „Es ist meine Herkunft“, sagt der Sohn eines Maurers und einer Fabrikarbeiterin. „Als Kind habe ich in einer Sozialwohnung gelebt.“

Schlossherr? Scheiß drauf!

Heute lebt Prost in einem Schloss. Man liest es in fast jedem Bericht über ihn. Allerdings wird die Tatsache manchmal in einer Art und Weise verbreitet, als ginge es darum zu beweisen, dass Prost ein falsches Spiel treibt, als ob einer, der sozial eingestellt ist, nicht reich sein darf. Dabei kostet jede Villa mehr als das Schloss. Und bevor er auch nur einen einzigen Mitarbeiter entlassen muss, würde er das alte Gemäuer wieder verkaufen. „Scheiß drauf,“ ruft Prost in den Hörer. Es kann doch nicht so schwer sein zu verstehen, dass es wichtigeres gibt im Leben, als Geld zu scheffeln.