8 Tools, die jeder Gründer kennen(lernen) sollte.

Autor: Richard O'Grady
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Wer ein Start-up aufbaut, sollte von Tag eins an ein Fundament an digitalen Tools aufbauen, mit dem kontinuierliche Verbesserungen am Produkt und skalierbares Wachstum möglich sind.

Eine solche “Tool-Kultur” lässt sich nur top-down erzeugen, daher sollten Gründer die effektivsten Tools selbst nutzen und beherrschen, um dieses Wissen dann an ihr Team weitergeben zu können.

Das Ziel ist, dass alle Teammitglieder möglichst autonom arbeiten können und in der Lage sind,

  • über die richtigen Plattformen mit den richtigen Menschen zu kommunizieren
  • skalierbare digitale Prozesse zu schaffen, die starkem Wachstum standhalten
  • sich wiederholende, zeitfressende Aufgaben eigenständig zu automatisieren.

Selbstverständlich unterscheidet sich der konkrete Bedarf an Tools von Branche zu Branche und von Unternehmen zu Unternehmen. Daher erhebt diese Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit, aber sie zeigt, welche grundlegenden Funktionalitäten und Prozesse beinahe jedes Startup mit geeigneten Tools beherrschen sollte.

Slack - Allgemeine Kommunikation

Ein naheliegender Ausgangspunkt. Slack ist ein Kommunikationswerkzeug, das entwickelt wurde, um einen digitalen Workspace durch ein System von Channels zu schaffen, das sich auf bestimmte Themen konzentriert, z.B. #Engineering, #Sales, #Gifs-memes.

Manchmal heißt es, Slack sei wie eine Business-Version von Whatsapp. Es gibt tatsächlich einige Parallelen: Man kann Audio- und Videoanrufe 1:1 oder in Gruppen führen, den Bildschirm gemeinsam nutzen, einen Hinweis erhalten, wenn neue Nachrichten da sind. Aber eigentlich geht der Vergleich an der Sache vorbei. Slack ist eines der revolutionärsten Tools in der heutigen Geschäftswelt. Die meisten Menschen wissen einfach nicht, wie man es richtig einsetzt.

Es ist erstaunlich, wie häufig die folgenden Basics beim Einsatz von Slack NICHT beherzigt werden:

  • Sales-, Marketing-, Engineering- und Produkt-Tools in die jeweiligen Kanäle integrieren.
  • Unterschiedliche Kanäle, Threads und semantische Emoticons korrekt verwenden.
  • Sicherstellen, dass alle Offline-Gespräche oder -Meetings effizient dokumentiert werden.
  • Alle neuen Teammitgliedern klare Kommunikationsrichtlinien an die Hand geben.

Jeder, der es schon einmal in einer Führungsposition war, wird wissen, wie toll es ist, wenn jemand so kommuniziert, wie man es sich wünscht. Sobald alle Teammitglieder in der Lage sind, mit Slack effektiv zu kommunizieren, stellt das Arbeiten von zu Hause oder von unterwegs übrigens keine große Herausforderung mehr dar.

Ähnliche Kommunikations-Tools: Microsoft Teams

Hubspot - CRM-System mit Marketing-Suite

Ein Customer Relationship Management (CRM)-System "ermöglicht es Unternehmen, Geschäftsbeziehungen und die damit verbundenen Daten und Informationen zu verwalten" (Salesforce-Blog). Wenn ein Unternehmen mit der Vermarktung seines Produkts oder seiner Dienstleistung beginnt, versucht es, Informationen über potenzielle Kunden (qualifizierte Leads) zu generieren und zu speichern. Diese Informationen können sich auf den Hintergrund (Name, E-Mail, Stellenbezeichnung) oder das Verhalten einer Person oder eines Unternehmens beziehen (haben sie eine bestimmte E-Mail geöffnet, auf einen Link geklickt, die Webseite aufgerufen).

Eine Datenbank über Personen oder Unternehmen ist notwendig, aber für sich genommen noch nicht hilfreich, wenn es um Automatisierung geht. Was Unternehmen immer wieder versuchen, ist auf der Grundlage bestimmter Hintergründe oder Verhaltensweisen die Automatisierung von Aufgaben zu erreichen, die sonst manuell erledigt werden müssten.

Hier kommt Hubspot und die integrierte Marketing-Suite ins Spiel. Wenn man lernt, damit umzugehen, kann man anfangen, über die Architektur der Datenbank nachzudenken, Persona (Kundensegmente) erstellen und andere Marketinginstrumente (Typeform, Mailchimp, Eventbrite usw.) in die Datenbank zu integrieren.

Die wahre Magie kommt jedoch zum Vorschein, wenn man über Hubspot-Workflows erstellt. Das bedeutet, dass ein bestimmtes Verhalten eine Aktion auslöst (ähnlich wie weiter unten bei Zapier). Zum Beispiel ist ein Kunde, der eine E-Mail öffnet und auf einen bestimmten Inhalt klickt, es wert, eine Folge-E-Mail zu senden, im Gegensatz zu jemandem, der sie gar nicht öffnet.

Das Entscheidende ist, dass man dann beginnt, Marketing-Psychologie als datenbasiert zu begreifen. Mit Hilfe der Daten von Hubspot aus A/B-Tests, der Analyse auf der Webseite, die geöffnet wird, und der Lead-Erfassung per E-Mail wird man in die Lage versetzt, Marketing sowohl aus qualitativer als auch aus quantitativer Sicht zu verstehen. Hubspot hat sogar eine nette kleine "Akademie", in der man etwas über das Tool und einige der Grundlagen dahinter lernen kann: Hubspot-Akademie.

Ähnliche Tools: Salesforce, Marketo, Pipedrive

Figma - Product Design

Jeder in einem digitalen Start-up sollte grundlegende Design-Fähigkeiten haben. Denn unabhängig davon, in welchem Bereich man tätig ist, wird es einen Moment geben, in dem man visuell zeigen muss, was man meint. Man muss kein UI-, UX- oder Grafikdesigner sein. Stattdessen muss man die visuelle Gestaltung gerade genug beherrschen, um bei dem, was man zu erreichen versucht, autonom zu sein.

Figma ist wohl das beste Werkzeug für Design-Neulinge, um ein Design schnell nachbilden zu können. Dies gilt insbesondere für alle, die für ein Unternehmen mit einem digitalen Produkt oder einer digitalen Website arbeiten (was heutzutage quasi jedes Start-up ist!). Wenn man lernt, damit umzugehen, kann man seinem Team unkompliziert die eigene Vision zeigen, einfache Mockups und Prototypen erstellen und die Sprache der Designer sprechen.

Figma ist aus drei Gründen ein erstaunliches Tool. Man kann damit:

  • Zusammenarbeiten - Per E-Mail erhalten Kollegen Zugriff auf ein Design, das dann alle gemeinsam und gleichzeitig im Browser bearbeiten können.
  • Skalieren - Wenn man ein Design für eine Website oder eine Anwendung erstellt, kann man festgelegte Komponenten verwenden, um die Konsistenz des gesamten Designs zu gewährleisten.
  • Prototypen erstellen - Man kann einen Prototyp einer Website oder App erstellen oder daran arbeiten. Man kann dann eine "Live"-Demo davon präsentieren, indem man verschiedene Seiten (sogenannte "Frames") miteinander verknüpft und sie durch Anklicken miteinander verbinden.

Zur Einführung gibt es einige Video-Tutorials von Figma.

Ähnliche Tools: Sketch, Invision

Zapier - Automatisierung

Echte Autonomie erreicht man, wenn man im Unternehmen digitale Aufgaben erledigen kann, ohne sie tatsächlich selbst auszuführen. Dies kann man durch Automatisierung erreichen. Durch die Verbindung von APIs (Application Programming Interfaces) aus verschiedenen digitalen Tools kann man diese über eine festgelegte Logik miteinander kommunizieren lassen.

In vielen Anwendungen sind diese Integrationen bereits eingebaut. Wenn man beispielsweise Typeform verwendet, kann man sich automatisch mit Slack, Google Sheets und Hubspot "verbinden". Da diese APIs jedoch alle spezifische Möglichkeiten zur Strukturierung von Daten haben, ist es für ein Unternehmen mit einer eigenen API so gut wie unmöglich, jede mögliche Integration mit jeder anderen möglichen Anwendung aufzubauen. Wenn ein Nutzer beispielsweise in einem Typeform-Formular Daten einträgt, möchten man vielleicht, dass er automatisch zum CRM hinzugefügt wird, dass er einer Mailingliste hinzugefügt wird, dass er eine E-Mail erhält und dass die relevanten Leute im Team eine Benachrichtigung über Slack erhalten. Doch die Integrationen, die Typeform bietet, gehören möglicherweise nicht zu der spezifischen Anwendung, die man verwendet oder sind nicht in der gewünschten Weise angepasst.

An dieser Stelle kommt Zapier ins Spiel. Man kann es sich wie einen Adapter für mehr als 2000 Anwendungen vorstellen. Man schließt eine Anwendung an eine Seite des Adapters an, und er nimmt die Daten in einer bestimmten Struktur auf. Zapier strukturiert die Daten dann so um, dass man sie in die andere Anwendung importieren und beide effektiv miteinander verbinden kann. Sobald man seine Arbeit auf diese Weise angeht, fängt man an, wie ein Entwickler zu denken. Alles, was sich wiederholt und zeitintensiv ist, kann automatisiert werden. Zapier bietet die Möglichkeit, wie ein Entwickler zu arbeiten, ohne ein Entwickler zu sein!

Häufig fängt man so an, dass man Zapier nutzt, um Integrationen zu testen. Wenn man dann wächst, ersetzt man alle Integrationen in Zapier durch Code, um Kosten zu sparen, da Zapier in großem Maßstab sehr teuer sein kann.

Zapier hat jetzt seine eigene "Universität" (das ist definitiv eine Übertreibung) mit 2-minütigen Videos,  die einen Überblick darüber geben, wann und wie man das Produkt verwenden kann.

Ähnliche Tools: IFTTT, Automate

Notion - Wissensmanagement

Notion ist ein Wissensmanagement-Tool, das von Start-ups verwendet wird, um ihre Ressourcen und Prozesse über verschiedene Abteilungen oder Bereiche hinweg zu strukturieren. Zu wissen, wie man Wissen strukturiert und kommuniziert, ist als Thema eher unsexy. Wenn man es aber richtig macht, führt es zu Teammitgliedern, die etwas selbstständig ausführen, im Gegensatz zu solchen, die um Hilfe bitten müssen und so weniger effizient sind.

Jeder in meinem Team bei Le Wagon weiß, dass ich von Notion besessen bin. Ich nutze es sogar in meinem Privatleben! Die Stärke des Tools besteht darin, dass es bestehende Werkzeuge in einer Plattform kombiniert und es den Nutzern ermöglicht, Wissen auszutauschen und Daten in verschiedenen "Komponenten" zu speichern. Diese Komponenten ermöglichen es, "Seiten" zu erstellen und Informationen mit einer beeindruckenden Nutzererfahrung zu präsentieren. Man kann z.B. Dateien speichern (Google Drive), eine Kanban-Tafel erstellen (Trello), in einer Tabellenkalkulation arbeiten (Excel), Projekte verwalten (Asana), Vorlagen für Meetings pflegen, Kalender erstellen - und die Liste ist sogar noch länger.

Bei Le Wagon waren die größten Vorteile durch Notion folgende:

  • Lokale Prozesse: Da wir in vielen Städten auf der ganzen Welt aktiv sind, haben wir sowohl lokale als auch globale Prozesse. Jede Stadt hat ihren eigenen Bereich, in dem lokale Prozesse erfasst werden können und Wissen ausgetauscht werden kann.
  • Meetings effektiv strukturieren: Jedes Mal, wenn wir ein Meeting durchführen (Abteilungsmeeting, monatliche All-Hands, vierteljährliche Reviews), verwendet die Person, die das Meeting leitet, einen "Vorlagen-Button" und füllt die Details des Meetings aus, bevor es stattfindet. Dies ermöglicht kurze Meetings, die vorher überprüft werden können.
  • Onboarding: Jeder, der bei Le Wagon einsteigt, erhält eine Onboarding-Seite von Notion mit einer übersichtlichen Leseliste zu den unterschiedlichen Prozessen und Informationen zum Team. Man hat dann auch eine To-Do-Liste für die ersten Wochen, die man abhaken muss.
  • Zielüberwachung: Wenn wir unsere OKRs und Team-Roadmaps zusammenstellen, stellen wir sicher, dass diese für alle im Team öffentlich gezeigt werden.

Wie bei Slack ist auch bei Notion das Wichtigste, dass man sich Zeit dafür nimmt, wie man kommuniziert, und dass man lernt, das Tool richtig zu benutzen (Backlinks, Vorlagen-Schaltflächen, Tabellenansichten, es gibt eine Menge zu lernen). Hilfreich ist dieser Youtube-Guide zu Notion.

Typeform - Formulare und Lead-Erfassung

Was ist der einfachste Weg, Feedback zu einem MVP zu erhalten? Was ist der einfachste Weg, Leads zu erfassen? Was ist der einfachste Weg, Bewerbungen zu erfassen? Man baut ein Formular. Das ist eine einfache, aber sehr wichtige Aufgabe. Es ist allerdings erstaunlich, wie viele Gründer ein Formular zusammenstellen, das nicht die richtigen Daten auf die richtige Art und Weise erfasst. Ob es sich nun um Marktforschung, HR-Umfragen oder das Onboarding neuer Partner handelt - das Sammeln von Informationen muss effizient und mit einer guten Benutzererfahrung erfolgen.

Genau hier kam Typeform ins Spiel. Die Gründer von Typeform sahen sich damals die Wettbewerber an und stellten fest, dass der einzige Bereich, der massiv verbessert werden könnte, die Art und Weise war, wie ein Formular aussieht und wie man sich darin fortbewegt. Sie schufen daher einen einfachen, aber leistungsfähigen Formular-Generator, der verschiedenste Arten von Fragen beinhaltet. Für den Empfänger fühlt sich das Ausfüllen des Formulars dann erstens elegant und einfach an und steht zweitens auch im Einklang mit dem optischen Erscheinungsbild der Marke.

Eine wichtige Sache, die es zu lernen gilt, ist das Hinzufügen eines "Logiksprungs". Dies ermöglicht es den Nutzern, abhängig von den Antworten der Empfänger unterschiedliche Fragen zu stellen. Wenn das Formular dann fertig ist, kann man eine Vielzahl von Integrationen verwenden, um das Endergebnis mit anderen Anwendungen wie Google Drive, Hubspot, Slack und vielen anderen zu verbinden.
Wenn man das mal testen möchte, kann man bei Typeform direkt loslegen, denn das Tool ist sehr einfach zu bedienen.

Vergleichbare Tools: SurveyMonkey, Google Forms

Mailchimp - E-Mail-Marketing

Wirklich jeder Gründer sollte wissen, wie man eine Marketing-E-Mail verschickt. Sobald man all die wertvollen E-Mail-Adressen der ersten Leads gesammelt hat, muss man sie pflegen: auf sinnvolle Weise über das Produkt informieren, Upsells anbieten, interessante Inhalte vermitteln.

Zwar ist dies eine der ältesten Formen der digitalen Kommunikation, gleichzeitig aber eine der kosteneffizientesten. Während Hubspot fantastisch ist, um das Nutzerverhalten abzubilden, konzentriert sich Mailchimp auf die massenhafte Zustellung von Marketing-E-Mails an Kundensegmente. Auch Formulare für die Lead-Erfassung stehen zur Verfügung. Viele Startups nutzen Mailchimp in der Anfangsphase, um ihren Nutzerkreis durch Content-Marketing und Produkt-News zu vergrößern. Durch den Erhalt informativer und/oder lehrreicher E-Mails sollen die Benutzer wieder zum Produkt zurückgeführt werden, um sich mit ihm zu beschäftigen.

Im Laufe der Jahre hat Mailchimp auch das Erstellen von Webseiten hinzugefügt und Online-Zahlungen integriert, so dass E-Commerce-Plattformen mit dem Tool in der Frühphase effektiv wachsen können.

Ähnliches Tool: ConstantContact

Front - Kundenkommunikation

Wenn ein MVP an Popularität gewinnt, kann ein überquellender Posteingang zu einem Problem werden. Egal ob interessierte Kunden, die mehr wissen wollen, oder bestehende Nutzer, die einen Fehler melden wollen: Man muss immer effizient mit ihnen kommunizieren können. Wenn ein Startup wächst, wird häufig versucht, den Zeitaufwand für jeden einzelnen Interessenten so gering wie möglich zu halten, indem man Chatbots einsetzt, um Interessenten anzusprechen, Hilfszentren für FAQs einzurichten und Standardantworten für E-Mails festzulegen.

Die Hauptschwierigkeiten für Start-ups bestehen dann meist darin

  • als Marke vertrauenswürdig und in der gesamten Kommunikation konsistent zu sein und
  • den Überblick über alle Kunden zu behalten, indem festgehalten wird, wer mit ihnen spricht und was gesagt wurde.

Front ermöglicht dies durch eine Reihe von Tools, die es einem Team von Kundenservice- oder Vertriebsmitarbeitern ermöglichen, jedem Kontakt bestimmte Personen zuzuordnen und halbautomatische Antworten zu senden. Ziel ist es, die Kundenerfahrung zu verbessern, indem versucht wird, jeden mit einer tatsächlichen menschlichen Antwort zu versorgen (auch wenn hinter den Kulissen alle Vorgänge automatisiert sind). Durch die Möglichkeit, auf einem Account zusammenzuarbeiten und auf Nachrichten und E-Mails von einem Posteingang aus zu antworten, kann jeder innerhalb eines Teams einen Überblick darüber erhalten, wer und was kommuniziert wird. Front hat einen eigenen Blog, der zeigt, wie verschiedene Startups und Unternehmen das Tool nutzen.

Ähnliche Tools: Zendesk, Freshdesk

Der Autor Richard O'Grady stammt ursprünglich aus London, wo er innerhalb der Start-up-Szene vor allem digitale Produkte aufbaute, und kam dann nach Berlin – ursprünglich, um selbst Programmieren zu lernen. Seit mehr als zwei Jahren ist er nun Country Manager, Germany - Le Wagon, Deutschland.

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Gründer*in der Woche: Katrin Alberding - alles ist möglich!

Kind oder Karriere? Die Frage ist künstlich, weil schlichtweg beides geht. Katrin Alberding, Gründerin des HealthTech-Start-ups kenbi, lebt es vor.

Katrin Alberding hat zwei Kinder über eine Kinderwunschbehandlung ganz ohne Partner und führt seit 2019 mit kenbi eines der Top-Start-ups in der Pflegebranche. Darüber hinaus hat sie mit ihrem Harvard-Kommilitonen und Mitgründer Clemens Raemy bereits über 30 Millionen Euro an Kapital eingesammelt, um den gesamten Pflegemarkt effizienter und damit zukunftstaug­licher zu machen.

Gründerin, CEO, zweifache Solo-Mutter und trotz dieser Mehrfachherausforderungen erfolgreich? Da kann es doch nicht mit rechten Dingen zugehen … Nicht selten trifft Katrin auf Zweifler*innen bzw. feindselig gestimmte Personen, denen ihre Lebensplanung offensichtlich ein Dorn im Auge ist. Anfeindungen im Internet gegen sie kommen nicht nur anonym, sondern auch mit Klarnamen auf professionellen Netzwerken wie LinkedIn. Kommentare wie „Warum setzt du zweckgebunden Kinder in die Welt, die du ohnehin nicht sehen willst?“ „Du bist egoistisch und ein totaler Narzisst!“ oder „Rabenmutter! Sagt dein Kind schon Mama zur Au-pair?“ sind bezeichnend für die Art von Kritik, die sie erhält. Das trifft Katrin natürlich und hat dazu geführt, dass sie drei Monate in Social-Media-Pause gegangen ist. „Ich gebe nicht den Hatern die Stimme, sondern Frauen, die einen Kinderwunsch haben und trotzdem Unternehmerin sein wollen“, sagt Katrin.

Hinzu kommt natürlich der Faktor, dass eine bewusste Solo-Mutterschaft in Deutschland erst seit 2018 möglich ist und kontrovers diskutiert wird. Auch hält sich das Gerücht, dass dieser Weg ohne Partner nur im Ausland ermöglicht werden kann. Dem ist nicht so: Man benötigt lediglich eine Rechtsbelehrung und eine Kinderwunschberatung. Einige Kliniken verlangen zudem eine notariell beglaubigte „Garantieperson“, die bei Ausfall der Mutter für die Versorgung des Kindes aufkommen kann. Rechtlich gesehen gibt es somit in Deutschland die Möglichkeit für den Kinderwunsch einer alleinstehenden Frau, und immer mehr Frauen entscheiden sich für diesen Weg. Trotzdem eckt die kenbi-Gründerin an. Woher kommt der Unmut?

Karriere mit Gegenwind

Mutter und Karriere? Schwierig. Komplett alleinerziehende Mutter und Karriere? Fast unmöglich. Die Argumente: Zeitanspruch zu hoch, zu wenig Flexibilität, hohe finanzielle Belastung bei wenig Absicherung, Abhängigkeit von Helfer*innen und Familie. Dies und vieles mehr sind Sorgen, die sich in den Kommentarspalten wiederfinden und typische Konfliktgedanken vieler Frauen widerspiegeln. Diese Hürden adressiert Katrin konsequent, zeigt Wege auf, wie diese auch alleine zu meistern sind, und wünscht sich mehr Offenheit für diese Option: „Die meisten glauben, dass anspruchsvolle Karrieren und ein anspruchsvolles Privatleben nicht miteinander vereinbar sind. Das ist ein Trugschluss, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. Bei manchen gehört ein Kind ins Privatleben, bei anderen eine pflegebedürftige Person und bei der nächsten ein privater Bauernhof.“ Katrins Offenheit ist nicht nur ein persönlicher Bewältigungsmechanismus; sie ist auch eine strategische Entscheidung, um gesellschaftliche Stereotype herauszufordern – und zu verändern.

Die Rechnung dahinter: Wenn mehr Frauen sehen, dass eine alleinerziehende Frau sowohl eine liebevolle Mutter als auch eine erfolgreiche Unternehmerin sein kann, verschwinden die Sorgen der Vereinbarkeit, und es trägt dazu bei, dass wieder mehr Frauen ihre Ideen verwirklichen und gründen wollen. Fakt ist aber: Beim Gründen sind Frauen nach wie vor unterrepräsentiert – fatal für das gesamte System sowie für die Lebenserfüllung und finanzielle Absicherung von Frauen.

Katrin trägt dazu bei, die Diskussion über moderne Familienstrukturen und das Rollenspektrum der Frau in der Gesellschaft zu öffnen. Ihre Erfahrungen beleuchten die tiefen gesellschaftlichen Spaltungen und die Notwendigkeit, überkommene Vorstellungen von Familie, Erfolg, Geschlechterrollen und den eigenen Grenzen zu überdenken.

Vom Leben lernen

Katrin bringt als Solo-Mum täglich wertvolle Erfahrungen in ihre Rolle als Start-up-Gründerin ein. Die klare Kommunika­tion, die sie in der Erziehung praktiziert, hilft ihr auch im Unternehmen, eindeutige und schnelle Entscheidungen zu treffen. Ihre Fähigkeit zur Planung ist mehr als nur eine notwendige Kompetenz; sie ist essenziell, um sowohl ihre Familie als auch ihr Geschäft zu managen. Dies erfordert proaktive Kommunikation über das, was machbar ist und was nicht, sowie ein Netzwerk an Unterstützung, das sowohl privaten als auch beruflichen Rückhalt bietet. Durch die Rückkehr zu ihrer Familie und die Integration eines Au-pairs in ihr Zuhause hat sie ein doppeltes Netzwerk geschaffen, das es ihr ermöglicht, Perfektionismus abzulegen und Hilfe anzunehmen – sei es beim Hundesitten oder in der Kinderbetreuung.

Dieser organisierte Ansatz und das Wissen, dass es ganz viele verschiedene Lösungen im Alltag gibt, tragen zu ihrer privaten wie beruflichen Zufriedenheit und damit zum Erfolg bei. Katrin findet im Glück ihres eigenen Lebens eine Quelle der Inspiration und Motivation, die sich positiv auf ihr Geschäft auswirkt. Ihr Unternehmen besteht aus 80 Prozent weiblichen Angestellten. Durch ihre Glaubwürdigkeit als Führungsperson erstickt sie Unterstellungen, wonach ein Kind einen negativen Effekt auf die eigene Karriere habe, direkt im Keim. Im Gegenteil – sie ist überzeugt, dass die Mutterschaft sie gleichzeitig auch zur besseren Unternehmerin macht. Ihre Solo-Mutterschaft hat sie gelehrt, dass das alleinige Übernehmen von Verantwortung, obwohl es Herausforderungen mit sich bringt, auch bedeutende Vorteile bieten kann, wie Unabhängigkeit und Stabilität im persönlichen Umfeld. Mehr Vorbild geht kaum.

Die Frage, die gern im Raum steht, ob Mütter dann bevorzugt behandelt werden, stellt sich ihr überhaupt nicht. „Jeder Mensch braucht andere Freiheiten, hat eigene Bedürfnisse und muss individuell geführt werden, egal ob Mutter oder ein Mann mit dem Drang, nur drei Stunden arbeiten zu wollen. Solange persönliche Erfüllung und beruflicher Erfolg Hand in Hand gehen können, funktionieren Karriere und das Leben nicht nur als Spagat, sondern als wunderbarer Kreislauf“, so Katrins Credo – eine Erkenntnis, die sie auch anderen Frauen und Männern vermitteln möchte.

Wie Investor*innen auf Katrin reagierten

Die Reaktionen von Investor*innen auf ihre Schwangerschaften und ihren Status als alleinerziehende Mutter waren ein wichtiger Aspekt ihrer Unternehmensführung. „Einige waren unterstützend, erkannten, dass meine Fähigkeit, ein Unternehmen zu leiten, nicht durch meine Mutterschaft beeinträchtigt wird. Andere jedoch waren zurückhaltend bis neugierig und fragten offen, wie ich beides managen könne“, erklärt Katrin. Diese gemischten Reaktionen zeigen, dass in dieser Branche noch sehr viel Unsicherheit und Mangel an Erfahrung mit schwangeren Gründerinnen herrscht. Allerdings sieht Katrin das als Einladung, mehr Aufklärung und Dialog rund um das Thema zu fördern. Rückblickend waren beide Schwangerschaften keine Hürde, Finanzierungsrunden abzuschließen, um das Unternehmen weiterhin auf Wachstumskurs zu stellen.

Hier gilt das Beispiel: Partnerschaften entstehen über gemeinsame Werte, und wenn es von Beginn an hakt, dann macht man frühzeitig besser einen Haken dran und geht. Die Werte von Katrin speisen sich auch aus dem Leben ihres Kindes. So handelt sie nachhaltig und möchte die Welt positiv verändern – nicht nur für sich, sondern für die nachfolgende Generation. Und das aus dem ehrlichsten aller Gründe: aus Liebe zum eigenen Kind. Dieses Argument greift nicht nur bei den eigenen Mitarbeitenden, sondern auch bei Investor*innen. Warum? Weil es die Wahrheit ist.

Die Akzeptanz nimmt langsam, aber spürbar zu

Das Leben ist immer unvorhersehbar, auch als Mutter. Deshalb gehören selbstverständlich auch Alltagssituationen wie diese zum Leben von Katrin dazu: Das Au-Pair ist krank, das Sicherheitsnetz aus Mama und Ersatz-Babysitterin durch Corona verhindert – kurzerhand nimmt Katrin ihr Kind, das übrigens niemals auf Social Media gezeigt wird, mit zur anstehenden Konferenz. „Beim Series-B-Pitch war meine kleine Tochter sogar dabei. Das war für einige Anwesende kein Pro­blem, für andere jedoch ein ungewohnter Anblick“, erzählt sie. Diese Erfahrungen verdeutlichen, dass das Unternehmer*innenumfeld oft noch weit entfernt ist von einer echten Akzeptanz der Lebensrealität berufstätiger Mütter, aber doch spürbar mehr in diese Richtung geht. Dank Frauen wie Katrin, die den Weg für die Mütter der Zukunft ebnen und ganz klar sagen: „Mein Kind ist nicht meine Karriere, mein Kind gehört zu meinem Leben so wie meine Karriere auch.“

„Wir verlieren unsere DeepTech-Innovationen“

Im Interview erklären Daniel Kroll und Jozsef Bugovics, Experten für Wachstumsfinanzierungen bei der M&A- und Debt-Advisory-Beratung Pava Partners, warum viele DeepTech-Innovationen ins Ausland abwandern und wie das verhindert werden kann.

Wie gut ist der Forschungsstandort Deutschland heute noch im Vergleich zu anderen Regionen?

Jozsef Bugovics: Deutschland ist und bleibt mit Forschungseinrichtungen wie der Max-Planck- oder der Fraunhofer-Gesellschaft einer der führenden Forschungsstandorte weltweit. Zum Jahresbeginn etwa hat die Bundesregierung 1,6 Milliarden Euro aus dem Zukunftsfonds für innovative Technologien freigemacht. Diese Summe soll größtenteils direkt in die Start-up-Förderung für Zukunftstechnologien fließen. Die initiale Förderung für neu gegründete Unternehmen funktioniert in Deutschland also ganz gut.

Aber woran hakt es?

Daniel Kroll: Große Defizite bestehen hierzulande leider in der späteren Risikokapitalfinanzierung, also bei der Überführung von Zukunftstechnologien in industrielle Anwendungen. Ein gutes Beispiel ist das Start-up INERATEC. Die Karlsruher haben eine energieeffiziente und skalierbare Methode zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe entwickelt. Die Technologie hat sehr viel Potenzial, insbesondere für das Erreichen der Klimaneu­tralität im Schiffs- und Flugverkehr. So fordert etwa die EU­Initiative „ReFuelEU Aviation“, dass Flugkraftstoffen ab 2030 synthetische Kraftstoffe mit einem Anteil von 1,2 Prozent beigemischt werden müssen.

Die Technologie wurde zwar im Forschungsstadium staatlich gefördert, doch fand sich für die vor wenigen Monaten durchgeführte Venture-Capital-Finanzierung von 118 Millionen Euro zur Skalierung von INERATEC kein einziger deutscher Geldgeber. Stattdessen stammen diese unter anderem aus den USA und Südkorea, und diese Länder werden später auch von der Technologie profitieren. Das Start-up ist somit eines der Beispiele, wie in Deutschland entwickelte Grundlagentechnologien ins Ausland abwandern.

Woher kommt diese geringe Risikobereitschaft von Investor*innen in Deutschland?

Jozsef Bugovics: In Deutschland fehlt es bislang an großen Venture-Capital-­Fonds, wie es sie etwa in den USA, Südkorea oder China gibt. Damit aber Zukunftstechnologien für die industrielle Anwendung skaliert werden können, braucht es große Risikokapital-Fonds mit einem Volumen von mindestens vier Milliarden Euro. Aktuell müssen deutsche Start-ups deshalb nach zahlungskräftigen ausländischen Investoren Ausschau halten, die vor allem aus den USA, Südkorea, Singapur, Japan oder Saudi-Arabien kommen. Das bedeutet aber auch, dass mit den hohen Investitionssummen ein Mitbestimmungsrecht der ausländischen Investoren über die Technologie und das Unternehmen verbunden ist. Im Umkehrschluss heißt das, dass Deutschland wichtige Innovationen aus der Hand gibt und andere Nationen davon profitieren.

Wie groß schätzt ihr die Finanzierungslücke in Deutschland ein?

Daniel Kroll: Wir sehen eine Finanzierungs­lücke von 30 Milliarden Euro für VC-Finanzierungen. Mit dieser Summe ließe sich eine ähnlich gute Investitionskultur wie in den USA schaffen. Allerdings sehen wir keine Möglichkeit, wie diese Summe mit staatlichen Mitteln allein aufzubringen wäre. Eine Alternative könnten private Investitionen sein, wofür in Deutschland aber erst einmal die Voraussetzungen geschaffen werden müssten.

Wie könnte das gehen?

Jozsef Bugovics: Versicherungskonzerne wie AXA oder die Allianz verfügen über ein gewaltiges Kapitalvermögen, das sie anlegen können. So betreut etwa Deutschlands größte Assekuranz, die Allianz Lebensversicherung, ein Anlagevermögen von 253 Milliarden Euro (Stand: September 2023). Leider ist es deutschen Versicherungen und Pensionsgesellschaften bisher untersagt, in Venture-Capital zu investieren. In den USA und anderen Ländern ist dies hingegen erlaubt. Würde Deutschland dies auch ermöglichen, würden schon zwei Prozent der Anlagen einer Allianz Lebensversicherung ausreichen, um fünf Milliarden Euro an Wagniskapital zu generieren – bei sehr geringem Risiko für die Anleger.

Wie könnte der Staat VC-Investitionen für die erwähnten Gruppen oder auch Privatanleger*innen attraktiv machen?

Daniel Kroll: Der deutsche Staat müsste entsprechende Anreize schaffen, etwa durch steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten in Kombination mit einer Steuerbefreiung in Höhe der ursprünglichen Investition. Davon würde der Staat gleich doppelt profitieren: Einerseits könnten so dringend erforderliche Innovationen in den Standort Deutschland ermöglicht werden, andererseits würden sich auch höhere Steuereinnahmen als durch die Kapitalertragsteuer bei konservativen Anlageformen ergeben. Da­rüber hinaus kommen Gelder, die in VC-Fonds fließen, wieder dem Wirtschaftskreislauf zugute, und zwar in Form von Gehältern und unternehmerischen Ausgaben. Das heißt, dass Risikokapitalinvestitionen als Einkommen-, Gewerbe- und Mehrwertsteuer auch mehrfach versteuert würden. Berechnungen haben gezeigt, dass Steuereinnahmen in dieser Höhe bei einer Festgeldanlage selbst in 20 Jahren nicht möglich wären.

In welcher Größenordnung könnten diese Maßnahmen unserer Innovationskraft helfen?

Jozsef Bugovics: Für den Wirtschaftsstandort Deutschland könnten diese Maßnahmen den vorhin erwähnten, notwendigen Innovationsschub von 30 Milliarden Euro jährlich bewirken. So könnte der Ausverkauf von Innovationen ins Ausland gestoppt werden, ohne den aktuell ohnehin sehr angespannten Bundeshaushalt weiter zu belasten.

Die Bundesregierung muss nun rasch handeln, will Deutschland international nicht den Anschluss verlieren. Aus unserer Sicht ist das beste Rezept für eine gute Innovationspolitik die Bereitschaft, auch in Risikokapital zu investieren. Es reicht nicht aus, allein auf Altbewährtes zu setzen. Politik, Industrie und auch private Anleger müssen sich auf die neuen internationalen Gegebenheiten einstellen, wenn der Standort Deutschland eine Zukunft haben soll.

Jozsef Bugovics und Daniel Kroll, danke für die spannenden Insights!

Pitch statt Show Act

Das Pitchen droht mehr und mehr zum Show Act zu verkommen. Es ist an der Zeit, Pitchen genauso strukturiert anzugehen wie andere Aspekte der Unternehmensentwicklung.

In den letzten Jahren habe ich auf den Bühnen Europas gestanden, unzählige Pitches begutachtet und mitgestaltet. Doch leider habe ich dabei beobachtet, wie der eigentliche Zweck des Pitchens – potenzielle Investor*innen oder Kund*innen zu überzeugen – oft in den Hintergrund gerät bzw. das Pitchen zunehmend zu einem Unterhaltungsspektakel verkommt. Statt vor relevantem Publikum zu präsentieren, stehen Start-ups zunehmend vor anderen Start-ups. Ein bedenklicher Trend, der die Wirksamkeit des Pitchens beeinflusst, wenn nicht sogar infrage stellt.

Visitenkarte deiner kommerziellen Fähigkeiten

Was können wir als Start-up-Szene besser machen? Und was können Gründer*innen tun, um die Qualität zu heben und pitchen wieder effektiv zu machen? Meine Beobachtungen zeigen, dass viele Gründer*innen den Pitching-Prozess oft unstrukturiert und unsystematisch angehen. Statt einer metho­dischen Vorgehensweise setzen sie einfach eine neue Power­Point-Datei auf. Doch der Pitch ist mehr als nur eine Präsentation – er ist die Visitenkarte deines Start-ups und deiner kommerziellen Fähigkeiten. Es ist also an der Zeit, Pitchen genauso strukturiert anzugehen wie andere Aspekte der Unternehmensentwicklung.

Die im Internet verfügbaren Ressourcen bieten dazu aber leider allzu oft nur oberflächliche Hilfe. Best-Practice-Angebote sowie Tipps und Tricks sind zwar nützlich, aber nicht universell anwendbar. Zudem führen Event-based Coachings von selbsternannten Gurus oft zu kurzfristigen Verbesserungen, anstatt langfristig die persönlichen Kompetenzen der Gründer*innen zu stärken.

Die Kunst, andere zu begeistern

Es ist also an der Zeit, Pitchen als Fähigkeit zu betrachten, die geübt, entwickelt und verfeinert werden kann. Denn letztlich geht es beim Pitchen nicht nur um die Präsentation von Slides, sondern um die Kunst, andere von einer Vision zu begeistern. Die folgenden drei Grundregeln können dir dabei helfen.

1. Überzeuge mit deinem Ziel vor Augen

Als leidenschaftlicher Entrepreneur habe ich in meiner Karriere einen entscheidenden Fehler begangen: Ich war scharf darauf, auf jeder Bühne zu stehen, die sich mir bot. Zwar konnte ich viele Wettbewerbe und Events gewinnen, doch im Vergleich zu anderen Gründer*innen blieb mein geschäftlicher Erfolg oft hinter meinen Erwartungen zurück. Rückblickend erkannte ich, dass ich meinen Fokus verloren hatte. Ich war zu sehr darauf bedacht, auf Veranstaltungen präsent zu sein, zu „mingeln“, ohne zu hinterfragen, was mir das eigentlich bringen würde. Diese Einsicht führte mich zu zwei wichtigen Fragen:

  • Was ist eigentlich der Zweck eines Pitches?
  • Warum pitchen wir Gründer*innen überhaupt?

Ein Pitch ist – wie erwähnt – mehr als nur eine PowerPoint-Präsentation. Es geht darum, eine Idee nicht nur zu erklären, sondern andere davon zu begeistern und zur Unterstützung zu bewegen. Ein guter Pitch beruht genau aus diesem Grund weniger auf Fakten als auf Visionen und Emotionen. Er ist eine Einladung, sich einer Vision anzuschließen sowie sich aktiv einzubringen und hat daher auch keine universelle Form oder gar Vorlage, sondern variiert je nach Idee, Branche, Gelegenheit, Phase und Kontext.

Ein Pitch bietet eine hervorragende Gelegenheit, Unterstützende zu gewinnen, sei es als Kund*innen, Investor*innen oder strategische Partner*innen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, wen man eigentlich begeistern möchte. Denn jede(r) Zuschauer*in hat eine andere Rolle und kann auf unterschiedliche Weise zum Erfolg des Start-ups beitragen. Überlege dir also vorher, welche Ziele du verfolgst, und wie der nächste Pitch dazu beitragen kann. Überlege dir auch, wen du dazu mit deinem nächsten Pitch erreichen musst, und ob dies bei der Veranstaltung oder im gebotenen Kontext überhaupt möglich ist. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, dann pitche nicht.

Ein(e) Investor*in sucht beispielsweise nach Projekten für seinen/ihren Venture-Capital-Fonds, während ein(e) Innovationsmanager*in aus einem Konzern nach neuen Technologien oder Lösungen für spezifische Probleme sucht. Ein Pitch zielt darauf ab, die richtigen Personen zu erreichen und sie von der Vision deines Start-ups zu überzeugen, sodass sie dann zu deinen Zielen beitragen. Die Kunst des Pitchens erstreckt sich daher über verschiedene Formen und Kontexte. Ob auf einer Bühne vor einem Publikum oder in einem informellen Gespräch im Aufzug – der Zweck bleibt stets derselbe: andere von einer Vision zu begeistern und Unterstützung zu gewinnen.

2. Entwickle deine Storyline vor deinen Slides

Bevor du in die Planung des Pitches eintauchst, solltest du diese Erkenntnisse berücksichtigen:

  • Authentizität spielt eine zentrale Rolle.
  • Warum du etwas tust, ist bedeutsamer als was du tust.

Authentizität in einem Pitch bedeutet, dass dein Auftritt zur Kulisse passt. Dies umfasst sowohl das visuelle (deine Slides) als auch das auditive Element (deinen Text). Die Umgebung, die du nicht vollständig kontrollieren kannst, trägt ebenfalls zur Wahrnehmung bei. Authentisch ist die Wahrnehmung des Publikums dann, wenn alles zusammenpasst. Ist deine Geschichte zu gut, um wahr zu sein – sprich: du erzählst Märchen –, ist das meist nicht authentisch. Dasselbe gilt, wenn du fehl am Platz wirkst. Ob du dich bei einer Veranstaltung wohl fühlst, spielt also auch eine Rolle. Simon Sineks Prinzip des Goldenen Kreises betont zusätzlich, dass Menschen nicht kaufen, was du tust, sondern warum du es tust. Dein persönliches Warum ist also entscheidend für die Authentizität deines Pitches.

Eine Geschichte zu erzählen, ist effektiver als bloße Fakten zu präsentieren. Trotzdem werden bestimmte Inhalte in Pitches erwartet oder gar verlangt. Es ist daher sehr verlockend, bei der Erstellung mit den Slides und deren Inhalten anzufangen. Das wäre aber ein großer Fehler. Deine Überzeugung kommt nämlich nicht von deinen Slides, sondern von dir und deiner Story. Konzentriere dich also zunächst darauf, eine authentische Storyline zu entwickeln. Eine gute Pitch-Storyline umfasst üblicherweise folgende fünf Phasen: 1. Eindruck, 2. Relevanz, 3. Vorteil, 4. Vertrauen und 5. Beitrag.

Jede dieser Phasen beantwortet eine Frage, die sich das Publikum zu einem gewissen Zeitpunkt implizit stellt. Jede Phase vermittelt also eine bestimmte Botschaft.

Deine Authentizität sollte in der gesamten Geschichte berücksichtigt werden. Das Warum wird am besten in der Phase der Relevanz platziert. Diese Phase ist auch der ideale Moment, um die Problem-Idee-Lösungs-Kette zu präsentieren. Du machst deutlich, warum deine Idee relevant ist, indem du das Problem, das du lösen möchtest, klar definierst und deine Lösung darlegst.

Wenn du alle fünf Phasen berücksichtigst, kannst du eine kohärente und überzeugende Erzählung gestalten, die nicht nur die Erwartungen erfüllt, sondern auch das Vertrauen und das Interesse deines Publikums gewinnt.

3. Verbessere dich systematisch und kontinuierlich

Der Pitch, oder besser deine Pitch-Kompetenz, ist wie jede andere Fähigkeit: Er bzw. sie muss trainiert werden. Erfolg beim Pitchen ist keine Sache des reinen Talents, sondern eine Kombination aus Begabung und hartem Training. Wenn du also eine(n) Gründer*in siehst, der/die beim Pitchen alle beeindruckt, handelt es sich bei dieser Person selten um ein Naturtalent. Es steckt vielmehr sehr viel Übung dahinter.

Eric Ries, der Silicon-Valley-Entrepreneur und Begründer der Lean-Startup-Methode, propagiert den Kreislauf von „Bauen – Messen – Lernen“. Man baut etwas, misst den Erfolg und lernt aus den Ergebnissen. Dann beginnt man von vorne. Es ist im Grunde eine Methode der kontinuierlichen Verbesserung durch Iteration, aber viel einfacher als herkömmliche Qualitätsmanagementansätze.

Beim Pitchen funktioniert es nicht anders. Du planst einen Pitch, führst ihn durch und vergleichst dann Planung und Durchführung, um Verbesserungspotenzial zu erkennen. Um diese Systematik für deine persönliche Entwicklung zu nutzen, musst du aber zwei Themen berücksichtigen.

Zunächst musst du dazu übergehen, deine Pitches zu planen. Dein Ergebnis kannst du nur beurteilen, wenn du eine Planung hast, mit der du es vergleichen kannst. Was willst du machen versus was hast du gemacht, und wie hat das gewirkt? Für eine optimale Planung solltest du dir die Technik des Scriptings aneignen. Dabei schreibst du einen ganzen Text nieder und brichst ihn in einzelne Statements herunter. Machst du das in einer Tabelle, lassen sich dabei auch noch das Timing und die Interaktionen berücksichtigen. Nun hast du einen Plan – nicht mehr und nicht weniger. Du musst den Text weder auswendig lernen noch dich zu 100 Prozent an ihn halten. Das wirkt meist ohnehin nicht besonders authentisch. Aber einen Plan zu haben, ist schon mal ein guter Schritt in Richtung systemisches Erreichen deiner Ziele.

Um deine Pitching-Fähigkeiten zu verbessern, musst du außerdem wissen, wie du während des Pitches wirkst. Wenn du auf der Bühne stehst, ist es nur schwer zu erkennen, wie das Publikum reagiert. Du bist so darauf konzentriert, deinen Pitch gut durchzuführen, dass du kaum Ressourcen hast, um auf die Reaktionen des Publikums zu achten. Deswegen ist es wichtig, dass du deine Pitch-Auftritte aufzeichnest, egal ob bei einer Übung oder wenn es um die sprichwörtliche Wurst geht. Videoaufnahmen sind besonders hilfreich, da du sie später analysieren kannst. Auch wenn dies anfangs ungewohnt ist, wird es dir garantiert helfen, dich kontinuierlich zu verbessern.

Diese Grundregeln können dir helfen, deine Pitches effektiver zu gestalten und dein Publikum zu überzeugen. Halte dich an diese Richtlinien, um deine Pitch-Fähigkeiten zu verbessern und deine Ziele erfolgreich zu erreichen. Durch die klare Strukturierung deiner Präsentation und die Fokussierung auf deine Story wirst du in der Lage sein, dein Publikum zu begeistern und deine Ideen erfolgreich zu vermitteln.

Tipp zum Weiterarbeiten: Profunde Insights zum Thema Pitchen enthält das neue Fachbuch des Autors dieses Beitrags: Jasper Ettema, 1M€ Pitching – Pitch Development für Entrepreneurs & Innovators. Das Buch ist exklusiv verfügbar auf www.1m-pitching.com bzw. www.milliondollarpitching.com

Gründer*in der Woche: 3EA - die Drone-as-a-Service-Pioniere

Benjamin Wiens und Marius Schröder, die Gründer der Third Element Aviation (3EA), bieten als erstes deutsches Unternehmen kommerzielle Drohnen-Logistikflüge an und setzen damit auch in der EU Maßstäbe.

Im Herzen Nordrhein-Westfalens, in Bielefeld, ist ein Start-up beheimatet, das sich anschickt, die Grenzen dessen, was in der europäischen Drohnen-Luftfahrtlogistik möglich ist, zu definieren. Third Element Aviation (3EA) hat es sich zur Aufgabe gemacht, mittels hochentwickelter Drohnentechnologie logistische Prozesse fliegen zu lassen, und hat dies vor wenigen Monaten mit dem ersten kommerziellen Logistik-Drohnenflug in Deutschland eindrucksvoll gezeigt. Der Weg dorthin war alles andere als einfach. Die Europäische Union, die für ihre strenge Regulierung bekannt ist, stellt Start-ups wie 3EA vor beträchtliche Herausforderungen.

Vision trifft auf bürokratische Hürden

Als der Drohnenhersteller, bei dem Benjamin Wiens und Marius Schröder, die Gründer von 3EA, beschäftigt waren, 2016 seine Pforten schloss, entschieden sie sich gegen den sicheren Hafen einer neuen Anstellung und für das ungewisse Meer der Selbständigkeit. Mit einem dänischen Partner und einigen früheren Kollegen gründeten sie ihr eigenes Start-up. Ihre Vision: eine Drohnen-Airline, die Materialien schneller, effizienter und umweltfreundlicher transportieren kann als jeder LkW.

Doch die Vision stieß schnell auf die Realitäten des europäischen Rechtssystems. Die Unionsgesetzgebung zu Drohnen ist ein Labyrinth aus nationalen und supranationalen Vorschriften, das ständig in Bewegung ist. Die Sicherheitsanforderungen sind hoch und die bürokratischen Wege lang. Aber es ist ein ganz klares Entgegenkommen zwischen Politik und Wirtschaft erkennbar, das Potenzial für Drohnen in Europa weiter zu heben und nicht mit Gesetzen zu verbauen. Das unterstreicht auch Marius Schröder: „Wir sehen deutlich mehr Rechtssicherheit und Klarheit. Und wir sehen – was noch viel wichtiger ist – einen Weg hin zum sicheren Betrieb von Drohnen, auch wenn keine Piloten direkt danebenstehen. Unsere Kunden nehmen diese Veränderung wahr, und es werden wieder viel mehr Projekte angefragt.“ 3EA kennt das Spielfeld der Drohnen-Verordnungen genau, man konzentriert sich aber auf den eigenen technologischen Fortschritt auf dem sich immer weiter regulierten Markt.

Regulierungsschlacht mit Perspektiven

Drohnen operieren in einer rechtlichen Unsicherheit zwischen unbemannter Luftfahrt und ziviler Nutzung. Die Gesetzgebung muss sowohl die Sicherheit der Bevölkerung garantieren als auch einen fairen Wettbewerb ermöglichen. „Jedes Land in der EU hat seine eigenen Regeln, was eine EU-weite Expansion zu einem bürokratischen Albtraum macht“, sagt Benjamin Wiens. 3EA musste nicht nur mit den deutschen Behörden verhandeln, sondern auch die unterschiedlichen Anforderungen anderer EU-Staaten berücksichtigen. „Wir stehen ganz am Anfang einer Erschließung eines gesamten Sektors, da ist es doch ganz normal, dass Spielraum vorhanden ist. Das macht es auch so spannend und bietet eher Chancen“, sagt Benjamin Wiens.

Die logistische Revolution

Derweil schreibt 3EA Geschichte mit dem ersten kommerziellen Drohnenflug über dem Industriegebiet von Lüdenscheid. Hochtechnologische Drohnen transportieren Werkzeuge und andere Güter über eine der verkehrsreichsten Regionen Deutschlands, ohne in Staus zu geraten. Seit dem 21. Februar dieses Jahres gibt es einen dauerhaften Linienflug von ferngesteuerten Drohnen aus einer Art Kommunikationszentrale heraus, in der Drohnenpilot*innen mehrere Drohnen gleichzeitig überwachen – alles in Zusammenarbeit mit der Koerschulte Group. Damit sind sie das erste deutsche Unternehmen, das kommerzielle Logistikflüge, kurz – Drone-as-a-Service – anbietet. Das Potenzial ist riesig, denn in der Luft wird nicht nur Zeit gespart, sondern auch die Umwelt­belastung des städtischen Verkehrs erheblich reduziert.

„Wir haben lange an der Zuverlässigkeit unserer Fluggeräte gearbeitet und können jetzt eine sichere Überquerung urbaner Gebiete garantieren“, erklärt Benjamin Wiens. Die Drohnen von 3EA sind mit modernsten Navigations- und Sicherheitssystemen ausgestattet, die es ihnen erlauben, selbständig Hindernissen auszuweichen und bei technischen Problemen sicher zu landen.

Potenzial und Risiken

Analyst*innen prognostizieren ein starkes Wachstum des EU-Markts für Drohnenlogistik, besonders angesichts der zunehmenden Urbanisierung und der Suche nach nachhaltigen Transportlösungen. Wenn alle an einem Strang ziehen – dazu gehören Politik, Wirtschaft und Gesellschaft –, kann in der Luft wirklich ein Schloss entstehen; die Weichen sind gestellt. „Jedes neue Gesetz, jede Änderung in der EU-Drohnenpolitik kann uns natürlich ein Stück zurückwerfen. Aber die Vergangenheit und die Entwicklung der Gesetzgebung haben gezeigt, dass alle Seiten den Luftraum als logistische Zukunft sehen“, sagt Benjamin Wiens.

Das Vertrauen in die Flugsicherheit von Drohnen ist da. Dass es auch so bleibt, dafür sind alle Beteiligten mitverantwortlich. Drohnen sind komplexe Systeme, deren Betrieb von präziser Softwaresteuerung und fehlerfreien mechanischen Komponenten abhängt. „Sicherheit steht für uns immer an erster Stelle. Gesetzgebungen und starke Regulierungen sind enorm wichtig, weil wir als gesamte Branche das Vertrauen in eine neue Logistik aus der Luft gewinnen und vor allem langfristig halten müssen, um nachhaltig Erfolg zu haben“, sagt Benjamin Wiens.

Die Zukunft ist in der Luft zu Hause

Während klassische Use Cases im B2B-Bereich wie Dach­in­spektionen oder Filmaufnahmen bereits gut funktionieren, schaffen neue Technologien und neue regulatorische Möglichkeiten die künftige Basis für weitere Geschäftsfelder. Bereits 2025 soll jede dritte Drohne im B2B-Bereich eingesetzt werden. Vor allem der Logistikmarkt wächst. Allied Market Research geht von einem jährlichen Wachstum von über 20 Prozent bis 2030 aus. „Wir stehen erst am Anfang dessen, was mit Drohnen möglich ist“, sagt Benjamin Wiens. Die nächste Stufe könnte die Integration von KI-Systemen sein, die nicht nur die Naviga­tion, sondern auch die logistischen Entscheidungen autonom treffen können. Dadurch könnte die Effizienz weiter gesteigert und die menschliche Fehlerquote minimiert werden.

3EA steht an der Spitze einer technologischen Revolution, welche die Art und Weise, wie wir über Transport und Logistik denken, verändern könnte. Die Kombination aus innova­tiver Technologie und einer proaktiven Herangehensweise an die europäische Regulierungslandschaft macht das Unternehmen zu einem spannenden, wenn auch unsicheren Spieler auf dem Feld der modernen Luftfahrtlogistik.

Der Erfolg oder das Scheitern von 3EA wird nicht nur die eigene Zukunft bestimmen, sondern auch die Richtung, in die sich die Drohnenlogistik in Europa und darüber hinaus entwickeln wird. Benjamin Wiens und Marius Schröder sind als erste mit Drohnen kommerziell in der Luft und zeigen eindrucksvoll, dass sie alles andere als eine Luftnummer bieten. Aber ist das Pilotprojekt aus Lüdenscheid in ganz Deutschland oder sogar im gesamten europäischen Luftraum kopierbar? Ja, es ist möglich, denn die Industrie schaut für zukünftige Logistik­lösungen nach vorne und vor allem nach oben.

Der digitale Produktpass: fünf Erfolgsfaktoren für Unternehmen

Die verpflichtende Vorgabe für digitale Produktpässe (DPPs) lässt nicht mehr lange auf sich warten. Jetzt gilt es, proaktiv eine Datenstrategie zu entwerfen, um die die nahtlose Erfassung, Verwaltung und gemeinsame Nutzung von Daten zu erleichtern.

Erste Marken machen es vor: Ein Jeanshersteller wirbt mit dem Versprechen einer lebenslangen, kostenlosen Reparatur für jede verkaufte Jeans. Hierfür macht das Unternehmen den gesamten Herstellungs-, Transport- und Lagerprozess transparent: Woher stammt der Rohstoff, wer spinnt, webt und färbt den Stoff, woher kommen die Knöpfe und Nieten, wo wird gefertigt und verpackt, und wer liefert und lagert die fertigen Produkte. Ziel ist es, immer die passenden Teile für eine Reparatur zu haben und den Produktionsprozess nach ökologischen und sozialen Gesichtspunkten offen zu legen.

Ein anderer Anbieter experimentiert mit einer kreislauffähigen Modekollektion und hat den digitalen Produktpass in Form eines NFC-Tags in jedes Kleidungsstück eingenäht. Dieser Speicherchip soll alle wichtigen Informationen über Material, Produktion und den richtigen Rückgabekanal enthalten, so dass seine Bestandteile später genau identifiziert werden können.

Ob Lieferkette oder Produkthaftung: Es ist zeitlich absehbar, dass für Hersteller immer mehr Vorschriften über erweiterte Informationspflichten, längere Haftungszeiten und die Reparierbarkeit und Recyclingfähigkeit von Produkten entstehen.

Die Voraussetzung für die Nachverfolgbarkeit all dieser Daten ist ein zentrales Datenmanagementsystem. Dies aufzubauen, kostet Zeit. Firmen sollten jetzt damit anfangen.

Hintergrundinformationen zum DPP

Der digitale Produktpass (DPP) ist eine dieser Gesetzesinitiativen. Er wurde mit der neuen EU-Verordnung über Ökodesign für nachhaltige Produkte (ESPR)  eingeführt und dient als Instrument zur Verbesserung der Transparenz und Förderung der Kreislaufwirtschaft. Ihr Ziel besteht darin, Abfälle zu minimieren und die Ressourcen durch Förderung von Nachhaltigkeit und Wiederverwendung optimal zu nutzen. Diese Vorteile entstehen durch den Austausch umfassender Produktinformationen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Der DPP fördert die Reparatur und das Recycling von Produkten und zeigt die Umweltauswirkungen während des Lebenszyklus. Ein weiteres Ziel besteht darin, nachhaltige und wiederverwendbare Produkte als Standard auf dem EU-Markt zu etablieren.

Diese neue Methode der digitalen Aufzeichnung und des Austauschs von Produktinformationen in Bezug auf ökologische Nachhaltigkeitsfaktoren erfordert ein Umdenken von international agierenden Unternehmen, die Produkte in der EU verkaufen. Künftig müssen sie digitale Produktpässe in ihren übergreifenden Rahmen für Umwelt, Soziales und Governance (ESG) integrieren.

Dabei sollten sie die folgenden fünf wichtigen Erkenntnisse für einen effektiven Umgang mit den Produktpässen berücksichtigen.

1. Um was es sich beim DPP handelt

Der digitale Produktpass dient als dynamisches digitales Dossier, das den gesamten Lebenszyklus eines Produkts – einschließlich Konzeption, Design, Herstellung und Vertrieb – erfasst und in Form eines „digitalen Zwillings“ zugänglich macht. Er fungiert als digitale Methode zur Aufzeichnung und Weitergabe umfassender Informationen über ein Produkt und seine Bestandteile. Das fördert die Transparenz, Rückverfolgbarkeit und Nachhaltigkeit in der gesamten Lieferkette.

Als Beitrag zur Kreislaufwirtschaft liefern DPPs entscheidende Details über die ökologische Nachhaltigkeit von Produkten. Sie versorgen Interessengruppen wie Regulierungsbehörden und Verbraucher mit Informationen über Reparatur, Recycling, Berichterstattung, Produktnutzung und -auswirkungen. Der digitale Produktpass erfordert eine eindeutige Produktkennung, Firmen können jedoch auch bestehende Technologien wie Barcodes, QR-Codes, RFID-Tags oder etwas Ähnliches verwenden.

Scannt ein Verbraucher beispielsweise einen QR-Code auf dem Etikett eines Smartphones, wird er sofort weitergeleitet und mit dem entsprechenden DPP verbunden. Dieser Pass enthält umfassende Informationen zu den Nachhaltigkeitsmerkmalen des Produkts (Beschaffung, Materialzusammensetzung, Herstellungsverfahren, Reparatur- und Demontagemöglichkeiten sowie Recycling-Richtlinien).

2. Worauf der DPP abzielt

Das DPP soll sowohl Verbrauchern als auch Unternehmen dabei helfen, beim Kauf von Produkten gut informierte Entscheidungen zu treffen. Außerdem soll er die Prozesse im Zusammenhang mit Reparaturen und Recycling rationalisieren und tiefere Einblicke in die Umweltauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts ermöglichen.

Darüber hinaus soll der Produktpass die Behörden bei der Durchführung wirksamerer Prüfungen und Kontrollen unterstützen, indem er zuverlässige Informationen in Echtzeit liefert.

3. Wer sich für den DPP interessieren sollte

Für Unternehmen, die beispielsweise Textilien, Elektronik, Bauprodukte oder Batterien herstellen und diese in der EU verkaufen, spielt der DPP eine wichtige Rolle. Die für die ESPR vorgeschlagenen Regeln gelten für alle Produkte in der EU – unabhängig davon, wo sie hergestellt werden. Lediglich für einige wenige Branchen (etwa Lebensmittel, Futtermittel oder medizinische Produkte) gelten andere Vorschriften.

Der DPP soll für etwa 30 Kategorien gelten und voraussichtlich ab 2026 eingeführt werden, der Starttermin hängt von der endgültigen Genehmigung ab. Als erste betroffene Produktkategorie kommen dann Batterien an die Reihe, kurz danach werden auch Bekleidung und Unterhaltungselektronik den Vorschriften entsprechen müssen.

4. Was der DPP für Unternehmen bedeutet

Die Umsetzung des Produktpasses erfordert die Erfassung, Verwaltung und Weitergabe relevanter Informationen wie Produktdaten und Lieferkettendetails. Im Rahmen des DPP wurden verschiedene Anforderungen festgelegt, darunter Haltbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Aufrüstbarkeit und Reparierbarkeit. Auch Stoffe, die sich auf die Kreislaufwirtschaft auswirken, spielen eine Rolle, ebenso wie Energie- und Ressourceneffizienz, Recycling und der Umweltfußabdruck. Die Art der erfassten Informationen hängt vom Produkt ab. So enthält der DPP für Unterhaltungselektronik ausführliche Informationen über Materialien, Reparaturen und Recyclingdaten, während der DPP für Verpackungen den Prozentsatz an recyceltem Material hervorhebt, aber keine Reparaturinformationen beinhaltet.

Zu den Hauptbestandteilen eines DPP zählt die Produktidentität und -historie: Eindeutige Identifikatoren ermöglichen es den Beteiligten, das Produkt bis zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. Diese Funktion hilft bei der Bekämpfung von Produktfälschungen. Auch die Transparenz der Lieferkette gilt als wichtiger Baustein: Die Echtzeitverfolgung dokumentiert die Reise durch die gesamte Lieferkette.

Diese Transparenz ermöglicht es, Ineffizienzen zu erkennen, Risiken zu verringern und die Einhaltung ethischer und ökologischer Standards zu gewährleisten. Last, but not least erfasst ein DPP auch noch den gesamten Lebenszyklus eines Produkts. Diese Fülle an Informationen ermöglicht es den Verantwortlichen, fundierte Entscheidungen zu treffen, Prozesse zu optimieren und die Produktqualität insgesamt zu verbessern.

5. Die Rolle von Stammdaten im DPP-Ökosystem

Hersteller und Zulieferer geben Produktdaten auf unterschiedliche Weise für DPPs frei. Viele Unternehmen, die digitale Produktpässe einführen wollen, stehen jedoch vor der Herausforderung, dass sie keinen Einblick in ihre Lieferketten haben. Für bessere Einblicke und mehr Rentabilität ist es für alle Organisationen in der Lieferkette unerlässlich, zusammenzuarbeiten und die erforderlichen Informationen effizient auszutauschen.

Hierbei kommt der Verwaltung von Stammdaten eine Schlüsselrolle zu, da die für die Nachhaltigkeit eines Produkts relevanten Informationen oft über verschiedene Geschäftssysteme verstreut sind. Um einen verlässlichen DPP-Rahmen zu schaffen, müssen der Chief Data Officer (CDO) und der Chief Sustainability Officer (CSO) in einem Unternehmen diese Daten an einem zentralen Speicherort sammeln und die Governance durch Deduplizierung, Datenqualitätskontrolle und Workflow-Automatisierung sicherstellen.

Um einen effektiven DPP zu erstellen, ist es wichtig, den Lebenszyklus eines Produkts vollständig zu verstehen. Firmen müssen dazu in der Lage sein, Informationen über die gesamte Lieferkette hinweg problemlos zu verfolgen. Dazu benötigen sie Systeme, die verschiedene Arten von Daten erfassen und organisieren können, etwa Nachhaltigkeitsdetails, Firmenstandort und Materialzusammensetzung.

Diese Systeme müssen auch mit den Änderungen der DPP-Standards Schritt halten. Um die Vorschriften einzuhalten, müssen Betriebe wichtige Daten sammeln und sie sicher an die richtigen Personen in der Lieferkette weitergeben. Der Schwerpunkt sollte dabei auf Initiativen zur Produktverbesserung und zur Minimierung der Umweltauswirkungen liegen.

Ein Produkt-Informationsmanagement-System (PIM) mit eingebetteter Datenverwaltung kann als Eckpfeiler im DPP-Ökosystem dienen. Es gewährleistet die Zuverlässigkeit standardisierter Informationen, denn nur diese ermöglichen es Unternehmen, ihren Kunden und Geschäftspartnern Details und tiefgehende Einblicke in Produktmaterialien zu vermitteln.

PIM-Systeme spielen auch eine entscheidende Rolle bei der nahtlosen Integration von DPPs in verschiedene Systeme innerhalb einer Lieferkette, indem sie die Interoperabilität mit den Enterprise Resource Planning, Product Lifecycle Management, Master Data Management (MDM) und anderen Plattformen verbessern. Dank dieser Flexibilität gelingt es Firmen, sich an veränderte Eigenschaften, Vorschriften und Marktanforderungen anzupassen und so Skalierbarkeit und Agilität zu gewährleisten.

Trotz der Fähigkeiten eines PIM-Systems unterstreichen die zahlreichen Datendomänen die Notwendigkeit einer Plattform, die Beziehungen und komplizierte Hierarchien verwalten kann. Eine Standard-PIM-Lösung deckt möglicherweise nicht alle DPP-Anforderungen ab, wenn es beispielsweise um die Speicherung von Lieferanteninformationen neben Produktdaten, Standorten und Materialinformationen geht. Es empfiehlt sich, den Ansatz mit einer Multidomain-MDM-Lösung zu kombinieren, die präzise Daten über alle Bereiche hinweg bereitstellt. Dies versetzt CDOs und CSOs in die Lage, alle Datenbeziehungen und komplexen Hierarchien zu verwalten, die für DPPs unerlässlich sind.

Was kommt als Nächstes?

Die Einbindung von DPPs in den primären ESG-Rahmen eines Unternehmens zählt mittlerweile zum Pflichtprogramm, da die verpflichtende Vorgabe für DPPs nicht mehr lange auf sich warten lässt. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, um proaktiv eine umfassende Datenstrategie zu entwerfen und Lösungen zu finden, die die nahtlose Erfassung, Verwaltung und gemeinsame Nutzung von Daten erleichtern. Dieser proaktive Ansatz ermöglicht es Firmen, den Entwicklungen der Vorschriften einen Schritt voraus sein.

Der Autor Levent Ergin ist Global Chief ESG Sustainability Strategist beim Datenmanagement-Spezialisten Informatica und arbeitet mit führenden Organisationen zusammen, ihre ESG-Berichterstattung zu beschleunigen und Nachhaltigkeitsentscheidungen zu unterstützen.

3 E-Commerce-Lösungen, die ihr kennen solltet

Online-Shopping boomt – und bietet auch Neugründer*innen weiter gute Chancen zum Durchstarten. Die richtige Software für Webshops macht da den Unterschied aus.

Endlich mein eigenes Ding machen! Auch 2024 bietet E-Commerce, ob im B2C- oder im B2B-Segment, weiter gute Chancen für alle Selbstständigen. Doch nach den Boom-Jahren der Corona-Zeit wachsen die Unternehmer*innen-Bäume nicht mehr in den Himmel. Auch und gerade im Online-Geschäft, ob für Endverbraucher*innen oder im B2B-Bereich, zählen jetzt verstärkt Effizienz, schlanke Abläufe und smarte Technologie. Wenn die Margen aufgrund des Wettbewerbsdrucks und der schwachen gesamtwirtschaftlichen Lage schrumpfen, müssen die Prozesse im Backend umso besser sein und werden.

Diese drei E-Commerce-Lösungen machen auch kleine Webshops sofort schlagkräftiger.

Intelligenter Amazon-Assistent, der operative Aufgaben für Verkäufer*innen übernimmt

Arthy ist ein digitaler Assistent, der speziell für die Bedürfnisse kleiner Händler*innen auf Amazon entwickelt wurde. Das Tool analysiert Verkaufsdaten und gibt präzise Empfehlungen zur Optimierung von Preisstrategien und Produktbündeln. Ein wesentlicher Vorteil liegt in der Automatisierung zentraler Aufgaben. Der digitale Assistent übernimmt den Erstattungsprozess und das Bewertungsmanagement, was den Händler*innen viel Zeit spart und sie von lästigen bürokratischen Aufgaben befreit. Ein übersichtliches Dashboard visualisiert die wichtigsten Kennzahlen wie Gewinne und PPC-Leistung (Pay-per-Click). So können Händler*innen auf einen Blick die Entwicklung ihrer Umsätze – sowohl organisch als auch gesponsert – nachverfolgen.

Arthy nutzt maschinelles Lernen und Big Data, um Prozesse im Backend zu organisieren - von der Logistik bis zum Kundenservice. Vor allem personalisiert das Programm dank KI die Erfahrungen der Kund*innen und analysiert deren Verhalten. Mit jedem Klick und jedem Besuch werden das Programm und damit die Händler*innen dahinter schlauer. Daraus leitet der digitale Assistent individuelle Handlungsempfehlungen, beispielsweise personalisierte Produktvorschläge, ab.

Sind Dynamic Commerce und Dynamic Content die Zukunft des Online-Marketings?

Die dc AG aus Kulmbach hat die E-Commerce-Plattform dynamic commerce und das Content-Management-System dynamic content entwickelt. Dabei handelt es sich um ein überzeugendes Duo aus Shop-Plattform und einem intuitiven Tool für die komfortable Bedienung. Dynamic content ermöglicht es, umfangreiche Unternehmenswebsites einfach mit Texten, Bannern und Kontaktformularen zu gestalten. Besonders hervorzuheben sind die Kollektionen, die individuelle strukturierte Inhalte wie Blogs, Stellenanzeigen oder Veranstaltungslisten erstellen lassen. Auf der anderen Seite bietet dynamic commerce ein anpassbares Webshop-Frontend, das mit vielfältigen Funktionen wie Online-Payment und Abo-Optionen modular erweitert werden kann. Mit einer internationalen Skalierbarkeit und einem modernen, flexiblen Design werden eine effiziente und benutzerfreundliche E-Commerce-Erfahrung für B2B und B2C-Kanäle ermöglicht. Das Know-how in Sachen Content kommt nicht von ungefähr. Die Franken unterstützen mittelständische Unternehmen in den Bereichen Consulting, Entwicklung, Kreation und Online-Marketing.

Produktfotografie in Starqualität zu kleinen Preisen

Die besten Produkte helfen wenig und verkommen zu digitalen Ladenhütern, wenn sie nicht angemessen präsentiert werden. Doch nicht jede(r) Betreiber*in eines kleinen oder mittelgroßen Webshops hat die finanziellen Mittel, die global agierende Konsumhersteller für die angemessene Präsentation ihrer Waren im Netz zur Verfügung haben. Dennoch gibt es auch für diese Unternehmen die Möglichkeiten, ihre Produkte bestmöglich zu präsentieren. Dazu gehört die Möglichkeit der automatisierten Produktfotografie, wie sie Orbitvu anbietet.

Orbitvu unterstützt Kreativteams mit den fortschrittlichsten technologischen Innovationen im Bereich der automatisierten Produktfotografie und Erstellung von Standbildern, 360-Grad-Ansichten und digitalen Videoinhalten sowie deren Anwendungen und der effektiven Produktkommunikation. Die integrierten Software- und Hardware-Lösungen mit optionalen Features für 3D Render und Augmented Reality sollen Unternehmen dabei helfen, ihre Produktfotos schneller auf den Markt zu bringen, um ihre E-Commerce-Umsätze zu steigern und gleichzeitig Kosten im Vergleich zu herkömmlichen Fotomethoden einzusparen.

B2B-Bartering: ROI statt Abschreibung

Mittels B2B-Bartering können Start-ups auf unkonventionelle Weise ihre Bilanz verbessern und Ressourcen effizienter nutzen – nicht nur in Krisenzeiten.

Eine Krise nach der anderen beutelt den Handel und dämpft die Konsumlaune. Die Folgen zeichnen sich vor allem in den Lagern vieler Retailer ab, in denen sich zusehends unverkaufte Produkte türmen – und damit noch mehr Kosten verursachen. Für Start-ups gestaltet sich dies als eine noch größere Herausforderung, da sie wesentlich knapper kalkulieren als klassische Retailer und zudem unter konstanter Beobachtung ihrer Investor*innen stehen. Ein Lösungsweg für dieses Problem, der gleich an mehreren Punkten ansetzt, ist das sogenannte Bartering.

Was genau ist Bartering?

Bartering ist eine Form des Handels, bei der eine Leistung direkt mit einer anderen beglichen wird. Diese Praxis basiert auf dem Prinzip des Gegengeschäfts, das schon lange vor der Entstehung von Geldwährungen existierte. Die Handelsform ist in verschiedensten Bereichen anzutreffen; sei es in der Industrie als internationale Wirtschaftstätigkeit zwischen Ländern, etwa beim Tausch von Stahl gegen Weizen, oder zwischen Unternehmen, zum Beispiel beim Austausch von Medialeistungen gegen Waren.

Insgesamt bietet der Barter-Handel eine Reihe von Vorteilen, allen voran schont er den Cashflow. In der Praxis können Unternehmen mithilfe von Tauschgeschäften überschüssige Waren zu Anschaffungspreisen verkaufen, sprich, ihre Lager leeren. Im Gegenzug erhalten sie individuelle Medialeistungen im Wert der Waren. Da Lagerware bilanziell eine Verbindlichkeit darstellt, verbessert ein solches Gegengeschäft schließlich das Unternehmensergebnis und verwandelt abschreibungsbedrohte oder End-of-Life-Waren in werthaltige Medialeistungen, bei denen es sich beispielsweise um Anzeigen in Zeitungen oder Out-of-Home-Werbung handeln kann.

Das unkonventionelle Handelsprinzip bietet insbesondere Gründer*innen mit begrenzten finanziellen Mitteln eine attraktive Möglichkeit, ihre Ressourcen effizient zu nutzen. Zudem zahlt das Handelsprinzip maßgeblich auf ökonomische Nachhaltigkeit ein: „Lagerleichen“ kommen endlich wieder in den Wirtschaftskreislauf, ohne dass Retailer sie – meist sogar kostspielig – vernichten müssen.

Wie Start-ups von Bartering profitieren können

Grundsätzlich eignen sich Waren aus nahezu jeder Branche zum Bartern. Jedes Produkt hat seinen eigenen Wert und somit auch einen potenziellen Gegenwert, den es beim Bartern zu erfassen gilt. Gängig sind Produkte aus den Bereichen der Consumer Electronics, Fahrzeuge, Bettwaren, haltbare Lebensmittel und Convenience-Produkte. Auch Haushaltsprodukte, Smartphones und Kosmetikartikel können in diesem Kontext gehandelt werden. Weniger gut für diese Deals geeignet sind Vertragsabschlüsse wie Mobilfunkverträge, Versicherungen oder Abonnements jeder Art.

Unabhängig von der Branche lohnt sich das Handelsprinzip insbesondere für Start-ups. Viele von ihnen verfügen nur begrenzt über finanzielle Mittel, haben jedoch schon erheb­liche Ausgaben für die Herstellung oder Produktion ihrer Produkte getätigt. Start-ups brauchen aber vor allem eins: Sichtbarkeit und Reichweite, um das Geschäft ins Rollen zu bringen. Allerdings bleibt für die Mediaplanung häufig wenig bis kein Budget übrig. Genau an dieser Stelle bietet Bartering eine effektive Lösung: Die Nutzung vorhandener Ressourcen – nämlich bereits produzierter Ware, für die in der Vergangenheit bereits Geld ausgegeben wurde – bietet mithilfe von Gegengeschäften Zugang zu Medialeistungen. So können Start-ups ihre Lagerbestände nutzen, um ihre Marketingaktivitäten zu finanzieren. Das ist nicht nur bilanziell gesehen eine Win-win-Situation, Start-ups erhalten so auch die Möglichkeit, ihren eingeschränkten finanziellen Spielraum optimal zu nutzen, während sie neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen.

Bartern und Steuern: Was ist zu beachten?

Irrtümlicherweise herrscht oft die Annahme vor, dass es sich beim Bartering lediglich um einen Tausch handelt und demnach keine Steuern fällig werden. Doch handelsrechtlich betrachtet gelten diese Transaktionen als Kauf. Verlassen Waren das Lager eines Unternehmens oder werden Mediaschaltungen als Dienstleistung erbracht, wird auf beiden Seiten eine Rechnung ausgestellt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass jedes beteiligte Unternehmen die entsprechende Rechnung buchen muss. Somit bist du als Unternehmer*in immer auch verpflichtet, die darauf enthaltene Umsatzsteuer ordnungs­gemäß abzuführen. Für eine korrekte Buchführung ist es daher entscheidend, die steuerlichen Aspekte dieses Handels­prinzips zu beachten.

Neben den rechtlichen Aspekten ist Transparenz ein entscheidender Faktor für erfolgreiche Tauschgeschäfte. Um sicherzustellen, dass vertrauliche oder sensible Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen, gehört zu einem solchen Prozess immer auch die Unterzeichnung eines Non-Disclosure Agreements, das die Grundlage für einen transparenten Austausch darstellt. Während des Verhandlungsprozesses werden unter anderem Warenpreise offengelegt und die relevanten Key Performance Indicator (KPI) diskutiert, somit ist alles fair geregelt und das Maximum an Transparenz erreicht. Doch wie läuft so ein Deal konkret ab und wo setzt er an?

Bartern in der Praxis

In den meisten Fällen haben Geschäftsführer*innen oder die Abteilungen für Finanzen und Vertrieb eine genaue Vorstellung davon, wie viel Ware sich im Lager befindet. Daher sind diese Personen oder Abteilungen häufig die Schnittstelle zu Spezialdienstleister*innen im Bereich Bartering.

Eine Bestandsaufnahme der überschüssigen Lagerware hilft den Beteiligten dabei, den Wert aller Produkte, die Unternehmer*innen verkaufen wollen, zu ermitteln. Zusätzlich werden Marketingverantwortliche in den Prozess eingebunden, um die KPIs der Medialeistungen zu bewerten. Während der/die Spezialdienstleister*in nach passenden Abnehmer*innen für die Ware sucht, plant er/sie in Absprache die individuellen Medialeistungen. Sobald ein passendes Angebot für die Ware und angemessene Preise für die Medialeistungen vorliegen, können beide Parteien den Deal schnell abschließen.

Diese integrierte Herangehensweise ermöglicht es, den Wert des Deals sowohl für das Unternehmen als auch für den/die Tauschpartner*in zu maximieren und somit eine für beide Seiten vorteilhafte Vereinbarung zu treffen. Der Prozess zeigt außerdem, wie verschiedene Unternehmensbereiche zusammenarbeiten können, um erfolgreiches Bartering zu ermöglichen.

Bartering - der unterschätzte Deal

Obwohl das Prinzip der Gegengeschäfte eine effiziente Lösung für diverse Probleme in Unternehmen bietet, wird es auch heute noch tabuisiert. Viele Gründer*innen und Unternehmer*innen zögern zunächst bei der Zusammenarbeit mit Barter-Partner*innen, da sie damit vermeintlich unternehmerische Schwäche zeigen. Die Probleme der vollen Lager liegen meist auf der Hand, doch darüber sprechen, möchten betroffene Unternehmen zumeist nur ungern. Dennoch sind dies Aspekte, über die viele Unternehmer*innen letzten Endes hinwegsehen können, insbesondere, wenn die Zusammenarbeit zur effizienteren Ressourcennutzung und zu einem erhöhten Return on Investment führt.

Kritik kommt häufig insbesondere vonseiten der Mediaagenturen auf, da diese ungern das Budget ihrer Kund*innen verlieren und das Handelsprinzip deshalb als Bedrohung betrachten. Weil der Warenhandel nicht zum Tagesgeschäft gehört, fehlt es vielen Agenturen zudem an Verständnis dafür. Das Bartern mit Medialeistungen soll Agenturen jedoch keineswegs ersetzen, sondern ergänzen. Die Spezialdienstleister*innen bedienen sich nicht am Media-Budget, sondern wandeln vielmehr überschüssige Produkte in Medialeistungen um.

Insgesamt eröffnet Bartering Unternehmer*innen die Möglichkeit, auf unkonventionellem, aber innovativem Weg ihre Bilanz zu verbessern und vorhandene Ressourcen effizient zu nutzen. Trotz bestehender Vorbehalte zeigt sich, dass das Handelsprinzip gerade in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit eine effektive Strategie sein kann, mit der Unternehmen gleichzeitig einen Beitrag zur ökonomischen Nachhaltigkeit leisten können.

Der Autor Gerhard Erning ist Gründer und Geschäftsführer der auf innovatives Bartering spezialisierten BARTER1 GmbH.

Smartphone-Hersteller Murena sammelt über 780.000 Euro von der Crowd

Murena, Hersteller nachhaltiger, ethischer und datenschutzfreundlicher Smartphones und Betriebssysteme, hat im Rahmen einer Crowdfunding-Kampagne auf Crowdcube 786.397,60 EUR mobilisieren können. Insgesamt wurden 545 private Investor*innen für das Projekt gewonnen.

Murena wurde mit dem Ziel gegründet, Technologien zu entwickeln, die die Privatsphäre der Nutzer*innen und die Umwelt respektieren. Das Unternehmen vertreibt datenschutzfreundliche Android-Smartphones mit vorinstalliertem “entgoogleten” Betriebssystem /e/OS, darunter neue nachhaltige Fairphone-Geräte und generalüberholte Android-Modelle, die eine längere Lebensdauer und Nutzung älterer Telefone ermöglichen.

“Dank unserer starken Community konnte unsere Kampagne das ausgegebene Ziel von 400.000 Euro deutlich übertreffen”, kommentiert CEO und Gründer Gaël Duval die Kampagne. Diese bemerkenswerte Unterstützung unterstreicht den starken Glauben an die Mission von Murena und die Zukunft des Datenschutzes auf dem Smartphone. Insbesondere die Art der Finanzierung ist von großer Bedeutung für uns: Durch die Unterstützung aus der Community machen wir uns nicht von Einzelinvestoren oder Risikokapitalgebern abhängig, sondern können unsere User am Unternehmenserfolg partizipieren lassen.”

Das frische Kapital wird verwendet, um das Wachstum von Murena zu beschleunigen, die Forschung und Entwicklung zu verbessern und das Produktangebot des Unternehmens zu erweitern, einschließlich der Entwicklung von B2B-Produkten.

“Entgooglete” Smartphones

Durch den Vertrieb von Smartphones mit dem Open-Source-Betriebssystem /e/OS bietet Murena eine sichere Alternative zu Googles Android mit verbesserten Datenschutzfunktionen und ohne die ständige Überwachung und Datenerfassung durch Google.

Besonders hervorzuheben ist die enge Partnerschaft zwischen Murena und dem ethischen Smartphone-Hersteller Fairphone - die Geräte Murena Fairphone 4 und 5, auf denen /e/OS anstelle von Google OS vorinstalliert ist und die über nachhaltige, reparierbare Hardware und eine transparente Lieferkette von Fairphone verfügen, bieten den Kunden eine einzigartige, ethische Alternative auf dem Smartphone-Markt.

Das Betriebssystem /e/OS hat derzeit laut Angaben von Murena 45.000 aktive Nutzer*innen, während Murena Workspace 100.000 aktive Konten hat. Der jährliche Zuwachs an aktiven Nutzer*innen bis 2024 beträgt 109 % (etwa eine Verdoppelung pro Jahr).

Deepfakes: Gefahr für Start-ups?

Deepfakes werden schneller, günstiger und tauchen immer häufiger auf. Wir wollten wissen: Welche Gefahren entstehen Start-ups aus dieser Technik und welche Maßnahmen können sie zum eigenen Schutz ergreifen?

Auf den Kacheln im Video-Call sind Kolleg*innen zu sehen, die sich virtuell wöchentlich, aber noch nie in echt begegnet sind. Der Kollege aus der IT-Abteilung kündigt ein System-Update an. Damit das durchgeführt werden kann, werden die Anwesenden gebeten, das Update durch Klicken auf den Link im soeben versendeten E-Mail zu bestätigen. Klingt plausibel, wird gemacht. Dass es sich dabei um einen Phishing-Link handelt, stellt sich erst später heraus. So einfach können Unternehmen Opfer von Live-Deepfakes werden.

Deepfakes machen es möglich, Gesichtszüge, Mimik und Stimme einer Person in Echtzeit zu generieren. Roland Pucher, Leiter des Cybersecurity Innovation Labs bei PwC Österreich, schätzt, man brauche von einer Person nur fünf Minuten Videomaterial und lediglich zwei Minuten Audiomaterial als Trainingsdaten für die KI. Einem schnellen, unkritischen Blick während eines Online-Meetings hält diese KI-generierte Persona für kurze Zeit stand.

Betrug ist weder teuer noch schwer zu bewerkstelligen

Hier sieht Pucher einen der größten Anwendungsbereiche für Deepfakes in Unternehmen. Videokonferenzen sind mittlerweile alltäglich, auch stark verpixelte Videos oder abgehackter Ton sind keine Seltenheit. Das macht es Betrüger*innen noch leichter. Pucher schätzt, dass man heute bereits mit einem Setup um knapp 10.000 Euro ein relativ überzeugendes Deepfake herstellen kann. Der erhoffte Gewinn der Betrüger*innen muss ein Vielfaches davon sein, damit sich das rentiert.

Durch Deepfakes eröffnen sich neue Gefahren für die Sicherheit von Unternehmen. Vor allem die konstante technische Weiterentwicklung macht es der Cybersecurity schwer. Sind Live-Deepfakes nun eine Bedrohung für Start-ups? Roland Pucher sieht die Gefahr auf jeden Fall gegeben. Mit seinem Team macht er regelmäßig Schulungen bei Unternehmen, um auf die Gefahr von Deepfakes aufmerksam zu machen. Er erkennt hier eine Lücke in der Awareness, was die Bedrohung und den aktuellen technischen Stand der Deepfakes betrifft.

Gleichzeitig weist Pucher darauf hin, dass für gängige Betrugsversuche gar keine so ausgeklügelte Technik notwendig ist. „Die gute alte Phishing-E-Mail“ genüge in den meisten Fällen, um sich Zugang in Unternehmensinterna zu beschaffen. Gerade in größeren Unternehmen sei es immer noch relativ einfach, sich zum Beispiel als Mitarbeiter*in der IT auszugeben und so an Passwörter zu gelangen. Das testen Pucher und seine Kolleg*innen regelmäßig.

Steter Anstieg bei den Delikten – Verunsicherung steigt

Das allgemeine Bewusstsein über die Gefahren von Deepfake ist in den vergangenen Jahren zweifellos gestiegen. Eine repräsentative Bitkom-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass 60 % der Deutschen bereits von Deepfakes gehört haben, jedoch nur 15 % den Begriff gut erklären können. 23 % der Befragten geben an, grundlegendes Wissen dazu zu haben, während 22 % zwar davon gehört haben, aber nicht genau wissen, was es ist.

Fakt ist: Bei vielen Menschen führen Deepfakes zu Verunsicherung: Acht von zehn Deutschen (81 Prozent) sagen, sie würden ein Deepfake nicht erkennen. So verwundert es auch nicht, dass laut Polizeilicher Kriminalstatistik (PKS) im Bereich der Internetkriminalität ein steter Anstieg der angezeigten Straftaten zu verzeichnen ist. 2022 wurde mit 60.195 angezeigten Delikten ein neuer Höchstwert erreicht (+30,4% gegenüber Vorjahr).

Für Unternehmen bedeuten diese neuen Gefahren vor allem eines: Sicherheitsschulungen sollten um die Themen Audio und Video erweitert werden; Cyber-Kompetenz muss ausgebaut, Sicherheitslücken geschlossen werden.

Tricks und To-Do's zur Deepfake-Abwehr

Was sind nun also Maßnahmen, die Unternehmen setzen können? Bei E-Mails von unbekannten Absender*innen seien viele von uns bereits darauf trainiert, skeptisch zu sein, glaubt Roland Pucher. Dieselbe Skepsis brauche es aber bei allen Kommunikationsformen. Lieber einmal zu oft eine Info gegenchecken, als auf einen Betrug hereinfallen. Sollte es doch einmal dazu kommen, sollte unbedingt eine Anzeige erstattet werden. Cybercrime kann übrigens bei jeder Polizeidienststelle gemeldet werden.

Ein einfacher Trick, um zum Beispiel Live-Deepfakes von Gesichtern schnell zu erkennen ähnelt übrigens einer Alkoholkontrolle: Den Finger auf die Nase halten. Damit wird das Bild unterbrochen und ein Deepfake könnte als solches enttarnt werden. Und sollte die Person doch echt sein, hat man auf diesem Weg zumindest ein Meeting aufgelockert.

Gründer der Woche: Bavarian Couture – „Bairisch Rock'n'Roll“

Das Label Bavarian Couture wurde von den Geschwistern Laura und Christoph Forstner im Dachauer Hinterland gegründet und 2021 in Strawanza Bavarian Couture bzw. Strawanza umbenannt. Die beiden stellen hochwertige Mode her, die mit bayerischen, selbstdesignten Motiven bedruckt ist. Mehr zu dem stylischen Geschwister-Business im Interview mit Laura und Christoph.

Servus, ihr beiden! Wie seid ihr auf die Idee zu eurem bajuwarischen Mode Label gekommen?

Christoph: Die Idee entstand, als ich 2011 in der Berufsschule aus Langeweile anfing, verschiedene Sprüche und Motive auf ein Blatt Papier zu kritzeln. Mein, von meinen ständigen Fragen, wie er die Zeichnungen denn fände, genervter Sitznachbar sagte damals: „Wenn dir das alles so gut gefällt, dann druck‘s dir doch einfach auf ein T-Shirt“ – Um ihn zu überraschen, habe ich dann genau das gemacht.

Ich habe einen Onlineshop aufgesetzt, mit Hilfe einer Plattform, auf der jeder seine selbst gestalteten Motive zum Verkauf anbieten kann. Nach kurzer Zeit merkte ich, dass bei Freunden und Bekannten wirklich eines der eingestellten Motive Anklang fand, und zwar eins mit einem bayerischen Spruch drauf. In die Berufsschule habe ich drei Wochen später schon ganze Kartons mit Shirts mitgebracht und dort im Klassenzimmer verkauft. So hat sich das ganze dann eher aus einer Gaudi heraus entwickelt.

Was waren dann die wichtigsten Steps von der Gründung bis zur ersten Kollektion?

Christoph: Schwierig war es zu Beginn, die passenden Partner für das Vorhaben zu finden. Für uns war und ist es immer noch wichtig, dass wir uns auf unsere Dienstleister verlassen können und ein gutes Bauchgefühl haben. Von der Produktion und dem Textildruck über die komplette logistische Abwicklung bis hin zum Steuerberater, alles sollte eingespielt sein. Erst wenn das gut funktioniert, kann man sich auf die kreative Gestaltung konzentrieren.

Zum Glück hat meine Schwester Laura eine Ausbildung zur Mediengestalterin gemacht und konnte mir von Anfang an helfen, meine Ideen zu visualisieren. Dann war natürlich auch eine gehörige Portion Glück dabei, als die ersten Motive und Schnitte gleich gut ankamen.

Wie habt ihr diese Phase finanziert?

Laura: Durch die Zusammenarbeit mit einer Druckerei, die auf eigene Kosten Textilrohlinge lagerte und diese dann erst mit unseren Motiven bedruckte, wenn sie auch bestellt wurden, war das finanzielle Risiko damals gleich Null. Wir haben also pro verkauftem Teil eine kleine Provision erhalten, mussten aber zuvor keine Mengen abnehmen oder Produkte vorproduzieren lassen. Die daraus entstandenen Einnahmen haben wir dann für weitere Investitionen genutzt. Dadurch konnten wir auf anderweitige finanzielle Unterstützung komplett verzichten.

Nun zu eurem Label. Was bietet ihr an Kleidung und Co. und welche Ansprüche habt ihr in Sachen Herstellung und Materialien?

Christoph: Bei uns gibt’s vor allem Oberbekleidung, also T-Shirts, Sweatshirts und Hoodies. Dabei setzen wir auf eine faire und nachhaltige Produktion und auf Stoffe in Bio-Qualität. Unsere T-Shirts bestehen beispielsweise aus 100 Prozent Bio-Baumwolle, unsere Pullover aus 85 Prozent Bio-Baumwolle und 15 Prozent recyceltem Polyester. Die Bekleidung bekommen wir größtenteils von einer belgischen Textilfirma. Mit Hilfe des Siebdruckverfahrens bringen wir die Motive auf die Textilien. Dieser Print ist extrem hochwertig und hält jedem Waschgang stand. Dadurch können wir Produkte anbieten, die eine sehr lange Lebensdauer haben und auch noch nach Jahren wie neu aussehen.

Soweit möglich, versuchen wir unsere Produkte aber schon in Bayern zu fertigen oder veredeln zu lassen. Unsere Winterkollektion aus Mützen und Stirnbändern wird schon komplett in Bayern gestrickt.

Worauf können wir uns bei eurer aktuellen Frühlings-Sommer-Kollektion besonders freuen? Auf Slogans wie "Biergarten Life Balance" ...

Laura: Unsere neue Kollektion „Bairisch Rock’n’Roll“ soll das Lebensgefühl der bayerischen Jugend wiederspiegeln. Sie ist wild, farbenfroh und laut. Für laue Sommernächte, Lagerfeuer, und die Romanze mit oder im Biergarten.


Wer ist eure Zielgruppe?

Laura: Unsere Mode richtet sich an alle, die sich in einer positiven Art und Weise mit der Region verbunden fühlen. Sei es durch die Sprache, die Traditionen oder auch aufgrund geografischer Gegebenheiten. Zuhause verwurzelt und gleichzeitig weltoffen. Hauptsächlich getragen aber schon von der bayerischen Jugend, bis in die Mitdreißiger. Aber vor allem wirklich Bayern, wir machen keine Mode, die Tourismuskitsch sein soll.

Funktioniert das Konzept auch jenseits des Weißwurst-Äquators?

Christoph: Manche Sprüche, wie beispielsweise „Biergarten Life Balance“ funktionieren auch außerhalb. Wie Laura gesagt hat, finden die Teile auch Anklang bei Menschen, die sich in irgendeiner Art und Weise mit der bayerischen Mundart verbunden fühlen. Oft bekommen wir liebe Nachrichten von Menschen, die sich bedanken, weil sie durch unsere Mode die Möglichkeit haben, ein Stück Heimat oder ein Stück Erinnerung an eine schöne Zeit bei sich zu tragen. Auch wenn sie in einem anderen Land oder Bundesland leben.

Wie macht ihr auf euch und euer Label aufmerksam?

Laura: Für uns sind nach wie vor die Social-Media-Plattformen Facebook und Instagram die Hauptwerbekanäle. Langsam versuchen wir uns auch an TikTok. Wir sind aber ebenso ein großer Freund von Offline-Kampagnen, weshalb man immer mal wieder einen Radiospot von uns hören kann, Plakate in Skigebieten sieht oder Anzeigen in lokalen Zeitschriften. Ich glaube außerdem, dass glückliche Kunden die besten Werbeträger sind.

Finde ich Bavarian Couture auch außerhalb eures Onlineshops?

Christoph: Vereinzelt finden sich unsere Produkte auch im stationären Handel. Zuletzt waren wir im Rahmen der „Kauf Lokal“-Aktion bei Hirmer in München vertreten. Es gibt aber auch kleinere Läden, die eine Auswahl unserer Produkte im Sortiment haben, zum Beispiel in Deggendorf, Rosenheim oder Bad Tölz. Überwiegend findet der Verkauf aber über unseren eigenen Onlineshop statt.

Was sind eure weiteren Vorhaben?

Christoph: Wir planen nicht zu weit im Voraus, damit wir den aktuellen Zeitgeist in unsere Kollektionen einfließen lassen können. Ziel ist es weiterhin, unsere Kunden mit tollen und langlebigen Produkten zu begeistern, die auch noch in fünf Jahren die Lieblingsstücke im Schrank sind. Außerdem ist es unser Anspruch, uns selbst immer wieder neu zu erfinden und immer ein bisschen besser zu werden. Schön wär's, wenn uns auch die Ideen nicht so bald ausgehen!

Und last but not least: Was ratet ihr anderen Gründerinnen und Gründern aus eigener Erfahrung?

Laura: Es ist nicht schlimm, wenn am Anfang nicht alles glatt läuft. Wichtig ist, von seiner eigenen Idee überzeugt zu sein und zu 100 Prozent hinter seinem Produkt oder der Dienstleistung zu stehen. Wenn dir dein Bauchgefühl von einer Entscheidung abrät, dann höre darauf. Ansonsten nicht zu lange zögern und ausprobieren. Am schlimmsten wäre es doch, wenn man sich irgendwann mal fragt: Was wäre wenn …?

Hinweis der Redaktion: 2021 wurde Bavarian Couture in Strawanza Bavarian Couture bzw. kurz Strawanza umbenannt.

Das Interview führte Hans Luthardt

Gründer*in der Woche: WALLROUND – energetische Sanierung-as-a-Service

Tatiana Wotzasek, Lukas Steinhilber und Henning von Oesen, die Gründer*innen des Berliner ClimateTech-Start-ups WALLROUND, haben die Formel für eine schnelle und transparente energetische Sanierung bei Bestandsimmobilien entwickelt und vor Kurzem gelauncht.

Allein durch die energetische Sanierung der Gebäudeteile Fassade, Dach, Fenster und Heizung können zwei Drittel des CO2-Einsparpotenzials im Gebäudesektor erschlossen werden, wie auch wieder eine aktuelle Studie von S&B Strategy belegt.

Doch die Herausforderungen im Gebäudesektor sind vielfältig. Eine zu geringe Sanierungsquote, akuter Mangel an Handwerker*innen und undurchsichtige staatliche Förderungen. Das Hauptproblem steckt aber woanders: Die Produktivität im Bauwesen ist zu gering und die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen – laut McKinsey sind nur die Fischerei und Jagd als Branche weniger digitalisiert. Hier setzt das WALLROUND-Gründungstrio Tatiana Wotzasek, Lukas Steinhilber und Henning von Oesen mit seiner jüngst gelaunchten Lösung an.

Ganzheitliche und integrierte Prozesse als Schlüssel

„Um das Problem zu lösen, braucht es ganzheitliche und vollständig integrierte Lösungen, nur dann können wir schneller werden“, sagt Lukas. WALLROUND hat eine KI-gestützte Technologie entwickelt, der mit wenigen Mausklicks eine genaue Kostenprognose und Wirtschaftlichkeitsberechnung für die geplante Sanierung ermöglicht. „Allein die Entwicklung unseres ersten Produktes spart unseren Kunden Wochen an Zeit und Nerven – und wir fangen gerade erst an“, sagt Mitgründerin Tatiana. In Kombination mit dem Zugriff auf einen großen Handwerker*innenpool und integrierter Projektsteuerung garantiert WALLROUND den Kund*innen dann aber vor allem auch die optimale Durchführung der Arbeiten aus einer Hand, inkl. Termin- und Preisversprechen.

Lukas ergänzt: „Wir bieten ,Sanierung-as-a-Service‘ an, das bedeutet, dass wir den gesamten Sanierungsprozess von der Planung bis zur Umsetzung anbieten. Unser ganzheitliches Angebot verbindet modernste Technologie mit praktischer Umsetzung durch ein Netzwerk qualifizierter Handwerker. Diese Kombination ermöglicht eine effiziente, risikoarme und kostengünstige energetische Sanierung, die sowohl die Umwelt schont als auch den Wert der Immobilie steigert.“

Zielgruppe: Immobilienbesitzer*innen

Ein zentraler Aspekt des WALLROUND-Ansatzes ist die Integration relevanter Themen wie vorgelagerte Energieberatung, Finanzierung und Förderungen im Sanierungsprozess. Diese ganzheitliche Herangehensweise erleichtert es Immobilienbesitzer*innen erheblich, energetische Sanierungen durchzuführen, da das Stakeholder-Management und die Koordination verschiedener Firmen stark vereinfacht werden. Das Angebot ist besonders auf die Zielgruppe der Immobilienbesitzer zugeschnitten. Diese semi-professionellen Eigentümer*innen, die für rund 30 bis 40 Prozent des Berliner Immobilienbestands stehen, haben keine starke Lobby und müssen zugleich zahlreiche Herausforderungen bei der energetischen Sanierung meistern.

Eigenes Know-how gepaart mit Investor*innen-Power

Das erfahrene Trio kann auf tiefgreifendendes Fachwissen zurückgreifen: Tatiana bringt 15 Jahre Tech- und Produkterfahrung mit, unter anderem aus ihrer Zeit bei Rocket Internet, wo sie am Launch von über einem Dutzend global agierender Tech-Unternehmen aus Südamerika und Europa beteiligt war. Henning verfügt über zehn Jahre Erfahrung in der Projektsteuerung von Großbauvorhaben mit einem Volumen von einer halben Milliarde Euro, während Lukas mit Vehiculum (120 Mitarbeiter, 15 Millionen Euro Kapital) bereits jahrelange Gründungserfahrung mit sich bringt.

Mit S&B Capital, der KVL Group, dem VC-Fund superangels, Marc Müller und weiteren Angel Investoren konnte sich WALLROUND direkt zum Start finanzielle Unterstützung sichern. „Wir haben bei der Auswahl der Gründungsgesellschafter sehr stark auf einen gesunden Mix aus Bau-Expertise und Startup-Netzwerk geachtet. Wir sind stolz und glücklich, dass wir alle mit an Bord haben“, sagt Lukas.

Tipps für andere Gründer*innen

Und last, but not least: Was wollen unsere „Gründer der Woche“ andere Gründer*innen mit auf den unternehmerischen Weg geben? „Sei zufrieden mit einem guten Tag pro Woche, an dem du denkst: ,Es läuft, das wird alles!‘ Dieser eine Tag muss es irgendwie schaffen, die anderen Tage des Zweifels zu kompensieren. Nicht falsch verstehen: Die Erfolge im Unternehmertum sind unglaublich bereichernd und geben Energie, aber vieles läuft nicht nach Plan. Durchhaltevermögen, Ruhe und eine gute Portion Glück entscheiden letztlich, wie weit man kommt“, so der WALLROUND-CEO Lukas Steinhilber abschließend.

House of Logistics and Mobility (HOLM)

Seit 2017 unterstützt das House of Logistics and Mobility (HOLM) Start-ups aus der Logistik- und Mobilitätsbranche. Wir stellen das Frankfurter Start-up-Lab und fünf Gründer*innen-Teams, die darin durchgestartet sind, näher vor.

Start-ups leisten einen überaus wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Einführung innovativer und nachhaltiger Lösungen für die Logistik- und Mobilitätsbranche. Davon ist das Team der HOLM GmbH in Frankfurt am Main überzeugt und unterstützt junge Unternehmen mit einem zweijährigen Förderprogramm. Die Start-up-Förderung besteht aus zwei Komponenten. Zum einen aus der Infrastruktur-Förderung, wobei den Start-ups Büro­flächen und der Zugang zu Vernetzungs- und Veranstaltungsflächen zur Verfügung stehen. Im Start-up-Lab haben sie ihre Arbeitsbereiche mit Konferenz- und Besprechungsräumen.

Zum anderen besteht die Förderung darin, dass die Start-ups von HOLM und ihren Partner*innen auf ihrem Weg inhaltlich begleitet werden. „Wir unterstützen die Start-ups mit Coachingprogrammen, vor allem aber mit Vernetzungsveranstaltungen. Im Fokus steht immer der Vernetzungsgedanke“, betont Sascha Barthel, Abteilungsleiter Innovations- und Netzwerkmanagement bei der HOLM GmbH. „Sehr beliebt bei den Start-ups ist das Gründerfrühstück, das mehrmals im Jahr stattfindet“, ergänzt Tom Bergmann, Projektmanager der Start-up-Förderung.

Vom Netzwerk profitieren

Ein Netzwerk lebt durch und für seine Partner*innen. Das Konzept ist deshalb bewusst als offenes Netzwerk angelegt, um die unterschiedlichen Akteur*innen aus den Bereichen Logistik und Mobilität zusammenzubringen. Zum HOLM-Netzwerk zählen neben Start-ups etablierte Unternehmen aller Größen, Hochschulen sowie Forschungseinrichtungen und Verbände. „Der Austausch untereinander ist für Start-ups unheimlich wichtig. Aber das allein reicht nicht. Der kurze Weg, der schnelle und einfache Kontakt zu anderen Unternehmen, zur Wissenschaft und zu politischen Entscheidungsträgern – davon profitieren Gründerinnen und Gründer ungemein“, betont HOLM-Geschäftsführer Michael Kadow.

Der Bewerbungsprozess für die Start-up-Förderung

Bewerben kann sich jedes Start-up, das nicht älter als fünf Jahre ist und einen Bezug zur Logistik- und Mobilitätsbranche hat. Dabei ist es unerheblich, ob es schon eine Unternehmensgründung gab oder nicht. Die Start-ups, durchlaufen ein mehrstufiges Bewerbungsverfahren, an dessen Ende finale Pitchs vor einer Fachjury die Entscheidung bringen, welche Newcomer*innen im Folgejahr in das House of Logistics and Mobility einziehen werden. Bewerbungen für den Förderzeitraum 2025/26 sind ab dem 3. Juni 2024 möglich und sollten bis spätestens 11. September 2024 im HOLM vorliegen.

Die Newbies 2024 im Überblick

Bei den Pitchs im vergangenen Jahr konnten sich die Jungunternehmen Croowy GmbH, FiniBee, Go Kidogo GmbH, PIKAPAK und urbany motors UG durchsetzen. Seit vergangenem Januar werden sie vom HOLM gefördert und haben dort ihren Platz im Start-up-Lab. Mit welchen Ideen sie die Fachjury überzeugen konnten, zeigen die folgenden Unternehmensporträts.

Croowy

Die Croowy GmbH digitalisiert und automatisiert Verhandlungsprozesse zwischen Airlines und Hotels. Den Schwerpunkt bilden dabei Verträge für Crew-Übernachtungen. Dazu gibt es ein Modul zur Unterbringung gestrandeter Passagier*innen in Notsituationen. Das junge Unternehmen mit Sitz in Frankfurt am Main bietet Fluggesellschaften Markttransparenz und Zugang zu einer Vielzahl von Hotels, die optimal auf die Bedürfnisse der Airline-Crews und der gestrandeten Passagier*innen abgestimmt sind. Gegründet wurde das Start-up von Leonie Godard, Svenja Büsching, Ullrich Kastner und Hermann Wagner.

Die Idee dazu entsprang dem aufwendigen Abstimmungsprozedere zwischen Airlines und Hotels, der bis zu neun Monate in Anspruch nehmen kann. „Das heißt konkret: viele E-Mails, Excel-Sheets und Telefonate“, erklärt Leonie Godard. „Dabei sind auch schon Informationen verloren gegangen“, ergänzt Svenja Büsching. Mit der Croowy-Plattform ist daher eine Historie digital hinterlegt und Informationen bleiben im System.

„Aktuell arbeiten sieben Programmierer an der Plattform. Es sind bereits 1,2 Millionen Hotels hinterlegt, deren Profile nun ,Airline-relevant‘ angereichert werden“, erklärt Svenja Büsching. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist Nachhaltigkeit. „Die Frage, welchen CO2-Fußabdruck Hotels hinterlassen, kann ein ausschlaggebendes Argument sein, ob sie gebucht werden oder nicht“, betont Leonie Godard.

Vor zwei Jahren wurde Croowy gegründet. Nun ist das junge Unternehmen Teil der Start-up-Förderung im HOLM. „Wir profitieren vor allem von der Nähe zu Universitäten und anderen Unternehmen. Seit September 2023 haben wir einen Werksstudenten eingestellt“, erzählt Leonie Godard. Er gibt Webschulungen und beantwortet Fragen zur Plattform. „In Zukunft spielt für uns der Einsatz von künstlicher Intelligenz eine wichtige Rolle“, betont Svenja Büsching. Auch hier profitiert Croowy vom Hochschul- und Unternehmensnetzwerk.

DAG: Neuer Markt, neue Needs

Wie die Gründer der Deutschen Anbaugesellschaft DAG den hierzulande neu geschaffenen Genuss-Cannabis-Markt mit ihrem CSC-Anbauservice als Pioniere aktiv mitgestalten.

Entwickeln Unternehmer*innen ein vollständig neues Business Modell, brauchen sie vor allem zwei Dinge: ein Gefühl für neue Märkte und eine Vision. Die Gründer des Anbau- und Technologie-Start-ups Deutsche Anbaugesellschaft DAG vereinten beides, als sie 2022 antraten, einen Service für einen ganz speziellen Markt zu entwickeln, den es zuvor so nicht gab. Die Rede ist vom Markt für legales Genuss-Cannabis.

Zum 1. April 2024 trat das neue Cannabisgesetz (CanG) in Kraft. Seitdem dürfen Erwachsene in Deutschland zuhause bis zu drei Pflanzen bzw. bis zu 50 Gramm besitzen und unterwegs bis zu 25 Gramm Cannabis mitführen. Eine zweite Säule der neuen Gesetzgebung kommt nun ab Sommer zum Tragen: der nicht gewerbliche Anbau von Genuss-Cannabis durch sogenannte Cannabis Social Clubs. Ab dem 1. Juli dürfen diese mit dem Cannabis-Anbau für ihre Mitglieder beginnen. Damit entsteht ein neuer Markt mit neuen Needs.

Auf eben diese Bedürfnisse der Cannabis Clubs ist das Angebot der DAG-Gründer Christian Tonn und Ercan Hayvali zugeschnitten: ihr CSC-Anbauservice, eine Komplettlösung für den Anbau von Genuss-Cannabis.

Anbaufläche für bis zu 300 Social Clubs

Mit der gigantischen Fläche und Infrastruktur des ehemaligen NVA-Standorts in Relzow bei Murchin hat sich die DAG bereits vor mehr als einem Jahr auf die erwartete Nachfrage nach Anbaukapazitäten vorbereitet. Das gut gesicherte Areal umfasst 60 Hektar, auf denen 35 Hallen mit einer Gesamtfläche von 120.000 Quadratmetern zur Verfügung stehen. Mit seiner Größe und dem hohen Sicherheitscharakter bietet der Standort die perfekte Infrastruktur für sicheren Cannabis-Anbau. Sobald der Startschuss im Sommer fällt, können Clubs hier jährlich bis zu 30 Tonnen Cannabis anbauen.

„Cannabis ist keine Randerscheinung. Bis zu 400 Tonnen werden allein in Deutschland jährlich konsumiert“, weiß Gründer Ercan Hayvali. Knapp neun Prozent der erwachsenen Deutschen haben das grüne Gewächs bereits probiert. Im Gegensatz zu medizinischem Cannabis, das bereits seit 2017 legal ist, ist Genuss-Cannabis nicht über Apotheken oder andere Geschäfte erhältlich. Konsument*innen sind auf den Eigenanbau angewiesen oder werden Mitglied in einem der vielen Cannabis-Vereine, die sich in Deutschland registriert haben. Diese Non-Profit-Clubs dürfen bis zu 500 Mitglieder haben, für diese Cannabis anbauen und an sie weitergeben. Hier kommt die DAG mit ihrem CSC-Anbauservice ins Spiel.

Anbauservice als Komplettlösung

„Wir verfügen über die nötige Expertise und Infrastruktur für den anspruchsvollen Anbau der sensiblen Pflanzen“, sagt Ercan Hayvali, und ergänzt: „Dank einer eigenen Photovoltaikanlage bewirtschaften wir den Standort konstant und günstig mit erneuerbarer Energie, autark und nachhaltig.“ Schon bald geht es in die Umsetzung. „Die Cannabis Clubs in Deutschland können ab dem 1. Juli unmittelbar nach Genehmigung mit dem Anbau beginnen“, sagt Christian Tonn. „Mit einer ersten erwarteten Ernte im Oktober kommen wir damit der Nachfrage ihrer Mitglieder schon bald nach.“

Und diese Nachfrage ist enorm. „Ständig werden neue Clubs gegründet. Wir haben in den letzten Monaten zahlreiche Anfragen aus ganz Deutschland bekommen“, berichtet Tonn. Warum das so ist, erklärt er damit: „Wir lösen zwei der größten Herausforderungen der Clubs – zum einen die hohe Anfangsinvestition und zum anderen überhaupt eine geeignete Anbaufläche zu finden, die alle gesetzlichen Auflagen erfüllt.“

Speziell für Cannabis Clubs entwickelt: das Modulsystem

Die große Nachfrage haben die Gründer antizipiert und sich vorbereitet. „Wir haben den Standort schon 2022 gesichert und die ersten 40.000 Quadratmeter angemietet. Jetzt werden wir Halle für Halle mit Modulen ausbauen. Jeder Club bekommt ein fertiges Modul, das wir sehr zügig in die Hallen einsetzen können.“ Alle Module sind klar voneinander abgetrennt und dürfen nur von den jeweiligen Clubmitgliedern betreten werden. Sie umfassen mit jeweils 200 Quadratmetern neben der Anbaufläche Räume für Trocknung, Weiterverarbeitung und Verpackung sowie Lagerung. Zudem sind mit modernsten Beleuchtungs-, Belüftungs- und Bewässerungssystemen ausgestattet – elementar für den Anbau der anspruchsvollen Pflanzen. Denn Cannabis-Pflanzen sind sensibel, selbst die Wasserqualität hat Einfluss auf das Ernteergebnis.

Doch nicht nur Anbau und Ernte sind komplex. Eine Frage, die die Gründer lange umtrieb, ist es mindestens ebenso: Wie lässt sich die Entkriminalisierung als zentrales Ziel der Legalisierung erreichen? Christian Tonn und Ercan Hayvali sehen eine mögliche Antwort in ihrem Geschäftsmodell: „Wir haben lange nach einer Lösung gesucht, mit der wir einen verantwortungsvollen Umgang mit dem sensiblen Thema der Cannabis-Legalisierung gewährleisten“, sagt Ercan Hayvali. „Denn wir betrachten es als unsere Mission, den Cannabis-Anbau so sicher, transparent und effizient wie möglich zu gestalten.“ Mit dem Anbauservice der DAG könnte ihnen das gelungen sein.

Cannabis meets Krypto

Die Gründer verbinden eine der ältesten Nutzpflanzen mit einer der fortschrittlichsten Technologien unserer Zeit: Krypto. Eine eigens für die DAG entwickelte Blockchain-Technologie sorgt für absolute Transparenz bei Anbau, Ernte und Tracking aller Daten. Den Gründern war von Anfang an bewusst: „Nur in einem verantwortungsvollen Umgang kann legaler Cannabis zu Genusszwecken seinen Weg in die Gesellschaft finden“, sagt Christian Tonn. Wesentlich ist dafür eine detaillierte Dokumentation der Produktion vom Samenkorn bis zur Ernte. Sein Mitgründer ergänzt: „Mithilfe unseres Blockchain-basierten Seed-to-Sale-Systems DECT-S2S werden alle Daten vom Anbau bis zur Abgabe lückenlos dokumentiert und vollständig nachvollziehbar in der dezentralen Datenbank dargestellt. So erfüllen wir alle Voraussetzungen, wie sie der Gesetzgeber fordert.“

Von Visionären zu Pionieren

Der gebürtige Goslaraner Hayvali machte seinen Bachelor in Wirtschaftswissenschaften und legte zwei Master-Studien in Economic Behaviour Governance sowie in Business Studies obendrauf. Mehr als zehn Jahre war Hayvali im Bereich von Business Development, IT- und Blockchain-Lösungen tätig, ehe er sein erstes Start-up gründete – die CeBiol Blockchain Solutions, die heute als Partner der DAG mit Know-how und Technologie für die Blockchain-Lösung zur Seite steht.

Mitgründer Christian Tonn ist in Hamburg verwurzelt. Als ausgebildeter Kaufmann war er jahrelang in Groß- und Außenhandel tätig. Nach der Gründung mit Partner Ercan Hayvali kam die DAG ins geschäftige Hamburg und plant nun den Umzug nach Relzow. „Wir wollen die Region stärken und hier Arbeitsplätze schaffen“, sagt Tonn über den Standort in Mecklenburg-Vorpommern. „Daher werden wir mit der DAG vollständig aus Hamburg nach Relzow ziehen.“

Ordentlich Abgrasen mit dem Cannabis Token

Wie jeder neue Markt, schafft auch die Cannabis-Legalisierung enorme Potenziale. Vom Wachstum des neuen Markts und dem Blockchain-Konzept können alle Interessierten profitieren. Das Start-up gibt derzeit den „Deutschen Cannabis Token“ aus, kurz DECT. Er ist als erster Krypto-Wert mit Bezug zur Cannabislegalisierung in Deutschland auf der Website der DAG erhältlich und bietet die Möglichkeit einer Erntebeteiligung durch Pflanzplatz-NFTs, die eine der am Standort angepflanzten Cannabispflanzen repräsentieren.

Die DAG ist eben nicht nur ein Cannabis-, sondern auch wesentlich ein Technologie-Start-up. Der Background der Gründer spiegelt ihre Kryptokompetenz. Nicht zufällig lautet der Claim ihrer aktuellen Online-Kampagne: „Wir wissen, wie es geht.“