Gründer der Woche: ParkHere – intelligente Parkplätze für die Smart City

Gründer der Woche 30/16


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Das Münchner Start-up ParkHere bietet ein energieautarkes System an, mit dem es auf verblüffend einfache Weise die Parkplatzauslastung in Städten verbessern will. Über die Innovation und das damit verbundene Thema Digitalisierung des ruhenden Verkehrs sprechen wir mit ParkHere-Co-Gründer Felix Harteneck.

Wer gehört zum ParkHere-Gründerteam und wie und wann sind Sie und Ihre Mitstreiter auf die Idee zu ParkHere bzw. Ihrem Parkplatzsensor gekommen?

Die Idee ist uns während unserer Zeit als „Manage and More“ Stipendiaten am Gründungszentrum UnternehmerTUM der Technischen Universität München im Frühling 2015 gekommen. Meine beiden Mitgründer, Clemens Techmer und Jakob Sturm, sind beides Elektro– und Informationstechniker und haben sich schon während ihres Studiums viel mit „Energy Harvesting“ Technologien in Sensoren beschäftigt. Als Absolventen der TU München haben wir bereits während unseres Studiums sehr vom innovativen Umfeld und den guten Kontakten der Universität profitiert.

Im Rahmen des Stipendiums haben wir uns kennengelernt und sind schnell auf die ungelöste Parkplatzproblematik in Städten aufmerksam geworden. Insgesamt besagen Studien, dass rund 30 Prozent der Autos in der Stadt parkplatzsuchende Autofahrer sind. Im Rahmen des Münchner Hackerthons „Think Make Start“, haben wir die erste Version unseres energieautarken Sensors entwickelt, um Parkplatzbetreibern eine effiziente und wartungsfreie Möglichkeit zu bieten, ihre Parkplätze zu digitalisieren.

Was genau ist Ihr Parkplatzsensor bzw. wie funktioniert das ParkHere-System?

Wir installieren unsere ultradünnen Sensoren auf den Parkflächen. Diese registrieren, wenn ein Auto den Parkplatz befährt oder verlässt: Durch die elastische Verformung der Sensoren wird eine elektrische Spannung erzeugt, die den Belegungsstatus über ein Mobilfunkmodul an eine zentrale Datenbank leitet. Die Sensoren haben somit ein eigens Energiekraftwerk mit an Bord und können ohne Batterie und externe Stromversorgung mehr als 25 Jahre nur durch die Vibrationen und den Druck der ein- und ausparkenden Autos mit Strom versorgt werden. Von unserer Datenbank können Kartenhersteller und Navigationsdienstleister die Daten beziehen und in ihre Systeme integrieren.

Wann haben Sie dann offiziell gegründet und was waren die wichtigsten Steps in der Startphase?

Wir haben im April 2015 die UG (haftungsbeschränkt) angemeldet und unser Patent registriert. Nachdem wir unsere ersten Prototypen gebauten hatten, haben wir schnell BMW und die Park&Ride GmbH in München als frühe Pilotkunden gewonnen. Gemeinsam haben wir die Sensoren weiterentwickelt und nun europaweit mit weiteren Partnern Demonstratoren installiert.

Neben dem Kundenfeedback haben uns Bewertungen und die Rückmeldungen aus zahlreichen Auszeichnungen wie dem IKT Innovativ Preis (2015), Fraunhofer Call for Ideas (2015) Münchner Businessplan Wettbewerb(2016), und die Prämierung als bestes Transportation und Mobility Startup im Rahmen des Pioneers Festivals (2016) geholfen, unsere Idee und unser Produkt weiterzuentwickeln.

Und wie finanzieren Sie sich?

Wichtig waren neben der Produktentwicklung auch die finanzielle Unterstützung durch das Accelerator Programm „Climate KIC“ und „Techfounders“, sowie das Gründer Stipendium EXIST. Derzeit haben wir noch kein Venture Capital aufgenommen, sondern Bootstrappen mithilfe der Stipendien und den Erlösen aus den anlaufenden Umsätzen.

Nun wieder zu Ihrem Parkplatzsensor. Gibt es vergleichbare Produkte bzw. Systeme?

Ja. In San Francisco hat man bereits in verschiedenen Stadtteilen batteriebetriebene Magnetfeldsensoren installiert, um freie Parkplätze zu erkennen. Die Daten wurden den Autofahrern über eine App zur Verfügung gestellt und konnte helfen, die Parkplatzsuchzeit um mehr als 43 Prozent und die CO2-Emissionen, die auf Parkplatzsuchverkehr zurückzuführen sind, um 30 Prozent zu senken. Leider sind bereits nach kurzer Zeit erhebliche Probleme der Batterien in den Sensoren aufgetreten. Die Sensoren mussten kostenintensiv und aufwendig getauscht werden. Unsere Sensoren versorgen sich durch die entwickelte „Energie Harvesting“ Technologie selbst mit Strom.  

Wo wird Ihr System zum Einsatz kommen?

Unser Fokus liegt derzeit auf der Überwachung von Parkplätzen vor Elektroladesäulen. Oft werden diese zugeparkt und Elektroautofahrer stehen frustriert vor einer Elektroladesäule und können ihr Auto nicht laden. Für den Elektroladesäulenbetreiber bedeutet dies neben einem unzufriedenen Kunden einen erheblichen Rentabilitätsverlust. Neben den Ladepunkten bietet unsere Technologie auch die Möglichkeit, P&R Anlagen effizient zu digitalisieren. Die Informationen helfen zum Beispiel Bahnkunden eine intermodale Reise mit hohem Servicegrad zu bestreiten.

In Zukunft könnte der Berufspendler, der mit dem Auto zur S-Bahn fährt, unterwegs noch mitgeteilt bekommen, ob er die nächste oder erst übernächste P&R Anlage ansteuern soll – in Abhängigkeit der Auslastung der Parkplatzanlage und der Fährpläne der Züge. Derzeit testen wir unsere Sensoren mit der DB BahnPark in München am Hauptbahnhof und in der Nähe von Köln an einem Bahnhof. Grundsätzlich können wir jedoch jeden Parkplatz digitalisieren und beschäftigen uns daher intensiv mit weiteren Themen wie Mitarbeiterparkplätzen von Firmen, der LKW-Stellplatzdetektion und Fuhrparkmanagement in der Logistik.


Ein aktuelles Pilotprojekt läuft im bayerischen Ingolstadt. Welche Erkenntnisse haben Sie daraus gewinnen können?

Das Pilotprojekt in Ingolstadt läuft derzeit an. Die ersten Testergebnisse werden wir Ende des Jahres präsentieren können. Wir freuen uns sehr über den Piloten, der in Deutschland derzeit einzigartig ist. Viele Städte reden seit langem über ihre Smart-City-Strategie, setzen die meisten Ideen jedoch oft nicht um. Ingolstadt hat mich persönlich mit einer schnellen und unkomplizierten Entscheidungsfindung beeindruckt.
Darüber hinaus testen wir derzeit europaweit Sensoren in verschiedenen Use Cases. Die meisten Sensoren sind jedoch im Raum München und Berlin installiert. Für die kommenden Monate planen wir mit verschiedenen Partnern größere Rollouts, welche ich heute leider noch nicht offiziell bekannt geben darf.

Ich könnte mir vorstellen, dass es nicht Ihre Vision ist, vom Verkauf der Sensoren allein leben zu wollen. Wertvoller erscheint mir das Thema Big Data – also die Verwertung der mit den Sensoren etc. gesammelten Daten.

Unser Anspruch ist es, den Autofahrer auf dem Navigationsmedium zu erreichen, welches er schon benutzt. Also zum Beispiel sein Navigationsgerät, Smartphone oder eine der gängigen Webseiten. Daher bieten wir den Parkplatzbetreibern auch die Weitervermittlung der dynamischen Parkplatzdaten an. Dieser Service ist neben dem klassischen Hardwareverkauf der Sensoren eine weitere Erlösquelle für uns.

Was sind die nächsten unternehmerischen Schritte?

Wir planen bis Anfang kommenden Jahres unsere erste Finanzierungsrunde abzuschließen, um unser Unternehmen schneller internationalisieren und das Team vergrößern zu können. Ganz konkret stehen auch Projekte in Asien und Amerika aus.

Last but not least: Was raten Sie anderen Gründern aus eigener Erfahrung?

Für mich ist das wichtigste Backup mein Team. Das Gründungsteam war von Anfang an in den Hard Skills und Soft Skills sehr breit aufgestellt. Dies hat dem Unternehmen, geholfen sich schnell weiterzuentwickeln und auch schwierige Phasen mit kreativen Ansätzen und Lösungen zu überwinden. Neben uns drei Gründern zählt das ParkHere-Team nun 20 Mitarbeiter, welche uns in der Weiterentwicklung unserer Firma beiseite stehen und mich jeden Tag mit vollem Einsatz und tollen Ideen überraschen und begeistern.
 

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Das Interview führte Hans Luthardt

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Gründen kannst du überall, wachsen nicht!

Er hat Tech-Start-ups vom Prototyp bis zum Börsengang begleitet. Seit 2016 leitet Christian Heckemann das gate Garching – eines der ersten Gründerzentren Bayerns, direkt am Forschungscampus der TU München. Dort unterstützt er gemeinsam mit seinem Team Start-ups mit Büros, Coaching und Netzwerk. Im Interview erklärt er, warum der richtige Standort über Wachstum entscheidet und ein Gründerzentrum weit mehr ist als nur ein Büro mit WLAN.

Worauf sollten Start-ups bei der Standortwahl achten?

Ich würde mir die Frage stellen: Wo sind die Akteure, mit denen ich zusammenarbeiten möchte, um voranzukommen? Für manche Teams kann das die Innenstadt mit einer zentralen Lage sein, für andere ein eher ländliches Umfeld mit geringeren Mieten und Universitätsnähe. Beides kann sinnvoll sein, je nachdem, was man braucht.

Gerade bei sehr spezifischen Tech-Themen ist es sehr spannend, wie nah man an der Wissenschaft dran ist. Denn für DeepTech-Start-ups kann die Nähe zu Universitäten extrem wertvoll sein, durch den Zugriff auf einen Pool hochmotivierter und top ausgebildeter Werkstudierender bzw. Mitarbeitender vom Lehrstuhl, die genau in diesem Bereich Expertise mitbringen. Solche Talente bekommst du nicht überall.

Für unsere Tech-Start-ups ist der Garchinger Forschungscampus ein echter Vorteil, denn die Technische Universität München, UnternehmerTUM und der MakerSpace liegen direkt vor der Tür. Wir haben das Privileg, mit unserem Gründerzentrum genau in diesem Dreieck zu sitzen, und diesen Vorteil nutzen unsere Teams jeden Tag.

Und dann würde ich die Standortfrage auch langfristig denken: Was brauche ich, wenn ich skalieren will? Nur Büros? Oder brauche ich vielleicht Hallenflächen, eine Werkstatt, Zugang zu Laboren? Solche Themen sollte man frühzeitig mitdenken. Denn gründen kannst du theoretisch überall, aber wachsen ist – je nach Geschäftsmodell – nicht so ortsunabhängig.

Viele Hardware-Start-ups kämpfen mit der Frage: Wo können wir unseren Prototypen bauen, ohne gleich riesige Summen in Infrastruktur zu stecken? Wie geht ihr mit diesem Bedarf um?

Ehrlicherweise ist das ein echtes Engpass-Thema. Es ist einfach nicht leicht, Werkstattflächen oder größere Freiflächen zu finden, insbesondere im Großraum München. Im gate sind wir da in der glücklichen Lage, dass wir ein bisschen Hallen- bzw. Werkstattfläche für unsere Start-ups zur Verfügung haben, auch wenn diese natürlich begrenzt ist.

Aktuell versuchen wir immer wieder, für unsere Start-ups das Unmögliche möglich zu machen. Unser Parkplatz ist zum Beispiel gerade zweckentfremdet als Lagerfläche für ein Hardware-Start-up, und hinter Bauzäunen stehen Container und Material für Tiefenbohrungen, weil eines unserer Teams genau das jetzt braucht. Das ist nicht die Norm, aber manchmal muss man eben pragmatisch sein und Wege finden, wie es trotzdem geht.

Was vielen unserer Hardware-Teams auch enorm hilft, ist der Zugang zum MakerSpace gleich nebenan. Dort können sie auf professionelle Maschinen, Werkstätten und technisches Know-how zurückgreifen, ohne selbst teure Infrastruktur anschaffen zu müssen. Das spart nicht nur Geld, sondern gibt den Teams auch die Möglichkeit, schnell Prototypen zu bauen, zu testen und weiterzuentwickeln.


Viele eurer Gründer*innen kommen aus der Forschung im Tech-Bereich, aber wie wird aus Tech-Expertise unternehmerischer Erfolg?

Was ich bei unseren Gründer*innen im gate immer wieder beobachte, ist, dass die Teams, die gut vorankommen, von Anfang an eine ausgewogene Mischung an technischen und unternehmerischen Skills haben. Deshalb würde ich Start-ups mit reinem Tech-Background raten, ganz bewusst frühzeitig Leute ins Team zu holen, die genau diesen betriebswirtschaftlichen Fokus mitbringen. Was mir auch aufgefallen ist, dass besonders erfolgreiche Teams, also solche mit hohen Finanzierungssummen, zahlenden Kunden, wachsenden Mitarbeiterzahlen und Auszeichnungen, bei uns oft schon sehr früh wussten, welche Aufgaben auf sie zukommen werden und diese auch direkt verteilten.

Gern unterschätzt sind Themen wie Finanzen, Steuern oder rechtliche Strukturen. Und Vertrieb wird oft gar nicht mitgedacht, dabei ist der mindestens genauso entscheidend wie die Entwicklung selbst. Kundenorientierung kann man nicht „nachträglich“ einbauen, die muss von Anfang an mitlaufen.

Du hast in den letzten neun Jahren zahlreiche Teams begleitet, von ganz am Anfang bis hin zu großen Münchner Start-up-Erfolgen wie CELUS, planqc, sewts oder Orbem. Gab es einen Moment, der dir besonders im Gedächtnis geblieben ist?

Da gab es viele! Ein Moment, an den ich gern zurückdenke, war, als ich abends beim Einkaufen im Aldi an der Kasse stand und neben dem Förderband einen Verkaufsstand mit dem „Superhalm“ entdeckte. Dabei handelt es sich um einen Strohhalm aus Apfelresten von wisefood, einem ehemaligen Start­up aus dem gate, das wir von den ersten Tagen an begleitet haben. So habe ich miterlebt, wie sie in Italien bei Nudelmachern nach einer Presse gesucht haben, um dann im gate stundenlang an der Dicke des Halms zu tüfteln, bis er stabil war. Und jetzt liegt da ein ganz normales Produkt, das man einfach im Supermarkt kaufen kann. In dem Moment wurde mir bewusst, wie weit das Team gekommen ist. Das war so ein echter Gänsehautmoment. Zu sehen, wie sich eine technologische Lösung weiterentwickelt, fasziniert mich jedes Mal aufs Neue.

Ein anderes Beispiel, an das ich mich gern erinnere, ist das Team von sewts. Sie haben mit einer komplexen Hardwarelösung gestartet und plötzlich gemerkt, dass ihre Technologie in einem ganz anderen Bereich richtig gut funktioniert. Am Ende sind sie in die Welt der Industriewäschereien eingestiegen. Ich fand das beeindruckend, weil sie nicht an ihrer ersten Idee festgehalten haben, sondern offen geblieben sind. Denn manchmal geht es nicht darum zu sagen, das funktioniert nicht, sondern zu fragen, wo es vielleicht doch funktioniert.

Für mich sind das die Momente, die bleiben. Wenn man mitfiebert, wenn man sieht, wie aus einer Idee etwas wird und spürt, wie viel technisches Können und Leidenschaft dahinterstecken.

Was treibt dich persönlich an, ein Gründerzentrum zu leiten und was bereitet dir daran am meisten Freude?

Für mich ist die Vielfalt der Themen ein echtes Geschenk. Wo sonst bekommt man so viele Einblicke in unterschiedlichste Branchen und Technologien?

Was mich allerdings hierhergebracht hat, waren zwei eigene Start-up-Erfahrungen, darunter ein Münchner Tech-Start-up, das ich vom kleinen Team bis zum Börsengang begleiten durfte. Mit einem anderen Start-up war ich damals lustigerweise selbst im gate, und ich hatte keine Ahnung, dass ich ein paar Jahre später selbst dort als CEO des Inkubators stehen würde – so wie das Leben manchmal spielt.

In meiner Start-up-Zeit habe ich gelernt, dass Wachstum entsteht, wenn unternehmerischer Mut auf Unterstützung trifft, und genau das möchte ich heute weitergeben. Denn letztendlich ist es dieser Mut, dieser Spirit, der mich tagtäglich begeistert. Junge Teams, die für ihre Ideen brennen und etwas bewegen wollen. Toll sind auch die Momente, in denen unsere Teams sich austauschen, vernetzen und Kooperationen entstehen. Diese Dynamik steckt an und ich glaube wirklich, dass ich davon selbst jung bleibe. Manchmal sitze ich mittags in der gate-Kitchen, esse meine Thai-Nudeln und denke mir: Wie cool, mit so vielen klugen, begeisterungsfähigen Leuten zusammenzuarbeiten.

Denn für mich ist klar: Wir als Gründerzentrum verstehen uns nicht als Bürovermieter, auch wenn das unsere Kernleistung ist. Vielmehr sind wir Unterstützer, und wir helfen Teams, ihre Vision in echten Mehrwert zu verwandeln und damit eine nachhaltige Veränderung in Deutschland und in unserer Welt zu bewirken. Was für eine schöne Aufgabe.

Was gibst du Early-Stage-Teams mit auf den Weg?

Herausforderungen gibt es immer und wird es auch künftig geben, und unsere Gründer*innen sind sich einig, dass sie diese bewältigen, indem sie einerseits ein Problem nach dem anderen lösen und andererseits ein starkes Support-System an ihrer Seite haben.

So sehe ich das auch und sage zu ihnen: Solange ihr als Team zusammenhaltet, könnt ihr fast alles schaffen. Hört nicht auf, nach dem Product-Market-Fit zu suchen, der ist selten beim ersten Versuch da, aber man kann ihn gemeinsam finden. Das beste Produkt hilft euch nicht, wenn das Team nicht trägt. Umgekehrt lässt sich vieles bewältigen, wenn ihr euch vertraut und offen für die beste Lösung bleibt.

Und wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr fest steckt: Holt euch jemanden von außen dazu, sei es durch ein externes Coaching oder durch Programme in Gründerzentren. Ein erfahrener Blick kann oft den entscheidenden Impuls geben. Besser, als allein im WG-Zimmer in Hallbergmoos zu sitzen und sich zu fragen, wie es weitergeht. Denn du musst diesen Weg nicht allein gehen, solange du den Mut hast, ihn zu gehen.

Genau dafür gibt es Gründerzentren – um zu begleiten, wenn es schwierig wird, und zu unterstützen, wenn ihr durchstartet.

Christian, vielen Dank für deine Insights!

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RegTech Certivity sichert sich 13,3 Mio.-Euro-Series-A-Finanzierung

Gegründet im Jahr 2021 von Nico Waegerle, Bogdan Bereczki, Jörg Ulmer und Sami Vaaraniemi, adressiert Certivity eines der meist unterschätzten, aber entscheidenden Probleme im modernen Engineering: regulatorische Compliance.

Jetzt hat Certivity in einer Series-A-Finanzierungsrunde 13,3 Millionen Euro eingesammelt. Das in München ansässige RegTech-Unternehmen entwickelt die erste strukturierte, KI-gestützte Plattform für das Management technischer Compliance. Die Runde wurde von Almaz Capital und UVC Partners angeführt, mit erneuter Beteiligung von bestehenden Investoren Earlybird X, dem High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie Plug and Play. Das frische Kapital wird genutzt, um die Markteinführungsstrategie zu beschleunigen, die Produktentwicklung voranzutreiben und die Expansion in neue Branchen und internationale Märkte zu ermöglichen.

Certivity adressiert eines der meist unterschätzten, aber entscheidenden Probleme im modernen Engineering: regulatorische Compliance. Ingenieurinnen und Ingenieure verbringen häufig 30 bis 50 Prozent ihrer Zeit damit, sich durch fragmentierte gesetzliche und regulatorische Dokumente zu arbeiten, um sicherzustellen, dass ihre Produkte den geltenden Regularien und Normen entsprechen. Fehler in diesem Prozess führen zu Produktrückrufen, Sicherheitsproblemen und Bußgeldern in Milliardenhöhe. Certivity wird das grundlegend ändern.

Das Unternehmen bietet eine strukturierte, KI-native SaaS-Plattform, die komplexe regulatorische Dokumente in strukturierte, maschinenlesbare Compliance-Informationen verwandelt. Dabei automatisiert sie den gesamten Prozess – von der Anforderung über die kontinuierliche Aktualisierung regulatorischer Inhalte bis zur Integration in den Prozess. Certivity ermöglicht es Unternehmen, schneller Produkte zu entwickeln und gleichzeitig die Sicherheit und Einhaltung aller verpflichtenden Vorschriften zu erhöhen.

„Mit dieser Finanzierung skalieren wir unsere Plattform, um die führende Lösung im Bereich technische Compliance zu werden – beginnend mit der Automobilbranche. Zusätzlich skalieren wir in weitere Bereiche wie Bahnwesen, Medizinische Geräte, Konsumgüter, Verteidigung, Luft- und Raumfahrt und mehr.“, sagt Nico Waegerle, CEO und Mitgründer von Certivity. „Wir erweitern unsere regulatorische Abdeckung, verbessern unsere KI und vertiefen die Integration mit gängigen Tools. So verwandeln wir Compliance von einer kostenintensiven zwingenden Voraussetzung  in einen Wettbewerbsvorteil für unsere Kunden.“

„Certivity hat unsere Herangehensweise an regulatorische Compliance grundlegend verändert. Unsere Entwicklungsprozesse sind deutlich effizienter und wir sparen signifikant an manuellen Aufwänden ein“, sagt Nicolas Maurin, Manager Regulation & Standards bei Aptiv.

Regulatorische Komplexität in strukturiertes Wissen überführen

Die Plattform von Certivity digitalisiert und strukturiert regulatorische Inhalte aus über 50 Rechtsräumen mithilfe einer proprietären Digitalisierungspipeline und einem regulatorischen Wissensgraphen. So erhalten Engineering- und Compliance-Teams vollständige Rückverfolgbarkeit und Echtzeit-Einblick in gesetzliche Änderungen. KI-basierte Module konsolidieren Änderungen verschiedener Vorschriftenversionen und klassifizieren, extrahieren und generieren technische Anforderungen aus unstrukturierten Rechtstexten.

Anstatt Compliance in isolierten Dokumenten oder Excel-Tabellen zu verwalten, können Teams regulatorische Anforderungen, Auslegungen, Genehmigungen und Rechtsverweise jetzt strukturiert in produktspezifischen Compliance-Projekten organisieren. Durch tiefe Integration mit Anforderungsmanagement-Tools wie Jama, Polarion, DOORS und anderen fließen Compliance Informationen nahtlos in den Entwicklungsprozess ein – ein integrierter, vernetzter, auditierbarer und skalierbarer Prozess entsteht.

Grundstein für Compliance im industriellen Maßstab legen

„Certivity setzt neue Maßstäbe dafür, wie Compliance in die Produktentwicklung integriert wird“, sagt Amanda Birkenholz, Principal bei UVC Partners. „Sie lösen ein großes und mühseliges Problem für jedes Unternehmen mit regulatorischen Anforderungen. Compliance-Herausforderungen sind längst keine Ausnahme mehr – sie sind die Regel. Die Frage lautet heute nicht mehr: Welche Produkte unterliegen regulatorischen Vorgaben? Sondern: Welche nicht?“

Gründer der Woche: Alpha-Protein – Wachstum trifft Kapitalmangel

Gia Tien Ngo, Gründer und CEO von Alpha-Protein, zum Thema: Kann Deutschland mehr sein als ein guter Ort für Ideen?

Nach einem zweiten Masterabschluss in Boston, Einblicken in die Start-up-Welt von Cambridge und guten Kontakten ins Silicon Valley war der Weg eigentlich vorgezeichnet: Die Gründung in den USA wäre der logische Schritt für mein Start-up gewesen. Doch die Entscheidung fiel auf Karlsruhe. Viele fragen mich heute, ob das ein Fehler war. Wäre Alpha-Protein in den Staaten schon weiter? Die Antwort ist kompliziert und verrät viel über die Stärken und Schwächen unseres Standorts. Eine große Rolle spielt dabei der Zugang zu Wagniskapital, um unser jahrelang erarbeitetes Know-how in die industrielle Umsetzung zu bringen – eine Herausforderung, die viele zukunftsträchtige Start-ups in Deutschland beschäftigt.

Gründen in Deutschland: Gründlichkeit vor Tempo

Am Anfang stand eine Idee, geboren aus meiner Masterarbeit und genährt vom tiefen Wunsch, etwas zu erschaffen, das wirklich zählt. Schon immer war es mein Traum, nicht nur Unternehmer zu sein, sondern durch mein Handeln auch aktiv Teil der Lösung für die Herausforderungen unserer Zeit zu werden.

Bei Alpha-Protein entwickeln wir automatisierte, kosteneffiziente Produktionsstätten für die Aufzucht von Mehlwürmern, einem der vielversprechendsten Rohstoffe der Zukunft. Unser Ansatz zielt darauf ab, weltweit stabile und unabhängige Nährstoffquellen zu schaffen, die in der Lebensmittelproduktion neue Maßstäbe setzen und globale Lieferketten nachhaltig stärken können. Wir glauben daran, dass echte Veränderung dort beginnt, wo Vision auf Technologie trifft und der Wille ist, die Welt ein Stück besser zu machen.

Unser Vorhaben ist eine Herausforderung mit wissenschaftlicher Tiefe, das echte Lösungen für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft bietet. Mantras wie „Move fast and break things“ passten nicht zu unserem Streben nach echter Forschung und industrieller Reife. Unser Bauchgefühl sprach klar für deutsche Ingenieurskunst. Anstatt dem Reiz zu folgen, mit Hochglanz-Pitchdecks und Milliardenvisionen schnelles Kapital im US-Markt zu suchen, entschieden wir uns bewusst dafür, den Fokus zunächst auf die technologische Entwicklung zu legen. Standen uns da unsere eigenen Werte im Weg?

Deutschland – und insbesondere der Großraum Karlsruhe – bot von Anfang an die passende Grundlage für unser Vorhaben. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und die Hochschule Pforzheim ermöglichten uns den Zugang zu technischer Exzellenz, qualifizierten Talenten und modernen Laboren. Auch die zuständigen Behörden – in unserem Fall das Veterinäramt – zeigten sich offen und lösungsorientiert. Erste Versuche konnten unkompliziert gestartet werden. Mit Unterstützung des EXIST-Programms und einer anschließenden Finanzierungsrunde gelang es, Alpha-Protein im Jahr 2020 erfolgreich zu gründen.

Starker Start durch Forschung und Förderung

Schnell wurde deutlich, wie wertvoll unser Standort für den Aufbau von Alpha-Protein war: Die Nähe zu exzellenter Forschung, qualifizierten Fachkräften und potenziellen Partner*­innen erleichterte den Einstieg erheblich. Der enge Austausch mit Fachexpert*innen aus Maschinenbau, Agrartechnik und Umwelttechnik beschleunigte die Entwicklung spürbar. Dabei bildete besonders der deutsche Mittelstand ein hervorragendes regionales Ökosystem für Kooperationen. Statt Innovationsfeindlichkeit spürten wir eine lösungsorientierte Mentalität, die uns in der Standortwahl bestätigte. Diese starke Ausgangsbasis war entscheidend für die technologische Reife unserer Insektenzucht.

Wachstum bringt neue Herausforderungen

Mit zunehmendem Reifegrad ändern sich allerdings die He­rausforderungen. Nun geht es um Skalierung und Kapital. Hier wird für uns deutlich: Der Gründungsvorteil durch die Nähe zur Forschung zieht in späteren Phasen nicht mehr. Insbesondere beim Thema Finanzierung zeigen sich Unterschiede. Während internationale Investor*innen in den USA oder Asien häufiger auf starke Visionen setzen, bleibt der deutsche Kapitalmarkt oft vorsichtiger. Damit werden langfristige Skaleneffekte für deutsche Gründungen schwerer erreichbar.

Es gibt nachvollziehbare Gründe für diese Zurückhaltung. In dynamischen Technologiefeldern kann sie aber zum Hemmnis werden. Das merken wir insbesondere dort, wo kapitalinten­sive Hardware involviert ist, wie etwa bei unseren Aufzuchtanlagen. Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl von Maschinen und Systemen, die in ihrem Zusammenspiel mit den biologischen und betriebswirtschaftlichen Anforderungen des Mehlwurms ständig verbessert und weiterent­wickelt werden.

Bis heute ist Alpha-Protein vollständig in deutscher Hand. Ob es bei einer Anschlussfinanzierung dabei bleibt, ist fraglich. Denn um den nächsten Entwicklungsschritt zu gehen, braucht es Kapital, das in Deutschland schwer zu erhalten ist. Dieses Dilemma kennen viele Gründer*innen. Leider macht es dieser Umstand wahrscheinlicher, dass Innovationen, die in deutschen Ökosystemen entstehen, bei zunehmender Reife ihren Schwerpunkt verlagern.

Der richtige Standort zur richtigen Zeit

Die deutsche Gründungslandschaft bietet viel: technologische Tiefe, förderpolitische Unterstützung, hervorragende Bildungs-­ und Forschungslandschaften sowie vielfältige Kooperationspartner*innen. Was allerdings fehlt, ist mehr Durchlässigkeit in die nächste Phase – etwa bei der Kapitalverfügbarkeit und Risikobereitschaft im Markt. Was in der Gründungsphase bereits gut funktioniert, muss aktiv weiterent­wickelt werden, um auch in der Skalierung zu nützen.

Deutschland respektive Karlsruhe war für uns dennoch kein Kompromiss, sondern ein strategischer Startpunkt, der richtige Standort zur richtigen Zeit. Dass wir heute auf einer stabilen technologischen Basis stehen, verdanken wir auch der wissenschaftlichen Exzellenz und Offenheit für Kooperationen, die wir hier erleben.

Die nächsten Schritte erfordern neue Impulse, neue Partnerschaften und einen erweiterten Horizont, der Wachstum ermöglicht. Auf dieser Reise ist Deutschland als Standort sicher nicht leicht, aber genau die richtige Basis für unsere Mission.

War es ein Fehler, in Deutschland zu gründen?

Diese Frage lässt sich noch nicht abschließend beantworten. Die kommenden Monate werden zeigen, ob wir unsere nächste Finanzierungsrunde in Höhe von 2,25 Millionen Euro erfolgreich abschließen können, idealerweise ergänzen Investor*innen aus Deutschland oder Europa die Unterstützung des Landes Baden-Württemberg. Gelingt uns das, wäre der Weg frei für den nächsten Schritt: die Transformation von Forschung und Entwicklung in eine profitable, industrielle Umsetzung. Es wäre zugleich ein starkes Signal für den Standort, für die Branche und für alle, die an nachhaltige Innovation glauben. Vielleicht entscheidet sich ja gerade hier, ob Deutschland mehr sein kann als ein guter Ort für Ideen – nämlich auch ein guter Ort für deren Umsetzung. Ich bin überzeugt: Das gelingt nur gemeinsam.

Logistik-Start-up pyck erhält 2,6 Mio. Euro für Open-Source-WMS

Das 2023 von Dr.-Ing. Daniel Jarr, Maximilian Mack und Matthias Nagel in Schwäbisch Hall gegründete DeepTech-Start-up pyck entwickelt ein Open-Source-Toolkit für modulare, KI-gestützte Lagerverwaltungssoftware.

Die Seed-Finanzierungsrunde in Höhe von 2,6 Mio. Euro wurde vom europäischen VC IRIS angeführt. Darüber hinaus sind XPRESS Ventures, Rethink Ventures sowie John Baysore (ehem. CEO von Dematic) und weitere Business Angels beteiligt.

Pyck hat das erste Open-Source-Toolkit speziell für KI-gestützte Lagerlogistik entwickelt. Dieses stellt Unternehmen wie Logistik- oder E-Commerce-Dienstleistern einen hochflexiblen Werkzeugkasten zur Verfügung, mit dem sich Lagerprozesse 60 Prozent schneller und kostengünstiger umsetzen lassen als mit konventionellen Warehouse-Management-Systemen (WMS).

„Jedes Lager ist anders – Standardlösungen stoßen schnell an ihre Grenzen“, sagt Mitgründer und CEO Dr.-Ing. Daniel Jarr. „Klassische WMS sind häufig monolithisch aufgebaut und lassen sich nur schwer auf neue Anforderungen zuschneiden. Genau hier setzt pyck an. Mit der neuen Finanzierung entwickeln wir unser Open-Source-Toolkit gezielt weiter, um neue Technologien, Infrastrukturen und Partner flexibel integrieren zu können.“

Das Ziel: Technologiewechsel in der Lagerlogistik

Pyck wurde im Jahr 2023 von einem Team mit langjähriger Erfahrung in den Bereichen Logistiktechnologie und Softwareentwicklung gegründet. Gemeinsam verfolgen die drei Gründer Dr.-Ing. Daniel Jarr, Maximilian Mack und Matthias Nagel das Ziel, starre IT-Strukturen in der Lagerlogistik durch offene, individuell anpassbare Systeme zu ersetzen – und so einen Technologiewechsel in einem zentralen Bereich der Logistik anzustoßen.

Bereits ein Jahr nach dem Marktstart implementieren drei große Logistikunternehmen das System. Die neue Finanzierung fließt in die Erweiterung des Teams, die internationale Expansion und die Produktentwicklung. Ein neues Tool zur nutzerfreundlichen und flexiblen Verwaltung von Datentypen steht kurz vor der Veröffentlichung.

Thorben Rothe, Partner bei IRIS, sieht in pyck das Potenzial, eine vernachlässigte Softwarekategorie grundlegend zu verändern: „Die meisten Lagerverwaltungssysteme sind technologisch veraltet. pyck bringt mit einer offenen Architektur und KI-Fähigkeit genau den Innovationssprung, den die Branche braucht. Bei IRIS investieren wir gezielt in Deep-Tech-Teams und -Lösungen, die zentrale Infrastrukturbereiche neu denken – und pyck ist dafür ein überzeugendes Beispiel.“

Frienton: Weiteres Wachstumskapital für Münchner FinTech

Das 2021 von Dr. Josef Schindler, Oleksandr Taran und Björn Wenninger gegründete Frienton will alle Facetten der Finanzadministration für KMU nahtlos auf einer digitalen Plattform vereinen.

Jetzt hat das Münchner FinTech-Start-up eine weitere Finanzierungsrunde in Angriff genommen. Das bisher eingeworbene Kapital stammt von einer Gruppe ausgewählter Business Angels. Die neuen Mittel sollen in den Ausbau der Marktpräsenz sowie in die Weiterentwicklung der Software fließen.

Co-Gründer und CEO Dr. Josef Schindler erklärt: „Wir haben uns bewusst für die unkomplizierte und flexible Form eines ´rolling investments´ per Wandeldarlehen entschieden, um auf diese Weise unseren Wachstumskurs noch schneller in die Wege leiten zu können. Und wir befinden uns bereits in guten Gesprächen mit weiteren Interessenten.“

Nach Unternehmensangaben hat sich Frienton seit der Gründung im Jahr 2021 weitgehend aus eigener Kraft finanziert und sei bereits seit einiger Zeit cashflow-positiv. Aktuell nutzen rund 300 Unternehmen die Software der Münchner Firma. Ziel sei es, mit der eigenen Finance-as-a-Service-Plattform neue Kund*innensegmente zu erreichen und die Marktreichweite auszubauen. Schindler betont: „Wir haben ein starkes Produkt geschaffen, das bei unseren Kunden echte Probleme löst. Jetzt ist es an der Zeit, unsere Sichtbarkeit zu steigern und unsere Plattform noch besser an die Bedürfnisse zusätzlicher Kundengruppen wie E-Commerce- und SaaS-Unternehmen anzupassen.“

Cloudbasierte SaaS-Lösung für KMU

Das Geschäftsmodell von Frienton basiert auf einer cloudbasierten Software-as-a-Service-Lösung. Diese soll kleinen und mittleren Unternehmen die komplette Finanzadministration erleichtern. Das Unternehmen versteht sich als digitales Finanzbetriebssystem, das Echtzeit-Reportings wie Live-BWA, Cashflow-Statements, Soll-Ist-Vergleiche und automatische Buchhaltung ermöglicht. Das Produktkonzept von Frienton trägt den Namen „Closing the Money Chain“. Es soll eine durchgängige digitale Verbindung zwischen Bank, Buchhaltung, Steuerkanzlei und Finanzamt schaffen. Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal der Plattform ist nach Unternehmensangaben die vollautomatisierte Integration von Zahlungsdienstleistern wie Stripe in die DATEV-Umgebung der/des Steuerberatenden.

Integration neuer Plattformen und neuer Funktionen

Neben Stripe bietet Frienton auch Schnittstellen zu E-Commerce-Plattformen wie Shopify und Amazon an. Diese befinden sich nach Angaben des Unternehmens entweder bereits im Live-Betrieb oder stehen kurz vor der Veröffentlichung. Für größere und etablierte mittelständische Unternehmen werde die Plattform kontinuierlich erweitert. Laut Björn Wenninger, CMO von Frienton, wird es künftig auch Funktionen wie Kostenstellen-Reportings geben. Diese sollen differenzierte betriebswirtschaftliche Auswertungen für komplexere Unternehmensstrukturen ermöglichen.

Die aktuellen Investitionen fließen in den Ausbau des Business Developments sowie in die Produktentwicklung. Der Fokus liegt dabei auf einer vollständigen Automatisierung der Buchhaltung für E-Commerce-Anbieter und einem verbesserten Reporting für SaaS-Unternehmen. Oleksandr Taran, CTO von Frienton, erklärt: „Ziel ist es, die vollständige Automatisierung der Buchhaltung für E-Commerce-Anbieter umzusetzen und das Reporting für SaaS-Unternehmen noch intuitiver und aussagekräftiger zu gestalten.“

Unkomplizierte ´All in one´-Lösung

Der Markt für Finanzsoftware bietet nach Einschätzung des Unternehmens enormes Potenzial. Laut einer Studie von Grand View Research belief sich der Umsatz mit Steuermanagement-Software in Europa 2023 auf rund 4,72 Mrd. US-Dollar. Schindler sagt dazu: „Wir haben diesen Markt bereits frühzeitig adressiert – immer mit dem Ziel, aus Sicht von Unternehmern eine unkomplizierte ´All in one´-Lösung anzubieten. Insellösungen kreieren Silos und können nicht die notwendige Erleichterung schaffen. Finanzadministration ist lästig und muss radikal vereinfacht werden. Unser Motto dabei lautet: Do what you do best, while we take care of the rest.“

Das Gründerteam von Frienton besteht aus erfahrenen Unternehmern und Branchenexperten. Neben Dr. Josef Schindler gehören Björn Wenninger und Oleksandr Taran zum Führungsteam. Ergänzt wird das Team durch einen Beirat, dem auch zwei Steuerberater angehören. Schindler betont abschließend: „Der Mittelstand ist das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und viele Start-ups und Scale-ups bilden die wirtschaftliche Grundlage unserer Zukunft. Wir wollen diesen Unternehmen helfen, fundierte und schnelle Entscheidungen zu treffen, ohne sich in lästiger Finanzadministration oder in Buchhaltungsdetails zu verlieren.“

Q.ANT sichert 62 Mio. Euro Investment für das Computing der Zukunft

Das 2018 von Dr. Michael Förtsch als Spin-off von TRUMPF gegründete DeepTech-Scale-up Q.ANT sichert sich Europas größte Serie-A-Finanzierung für photonisches Computing – zur Lösung der Energie- und Skalierungsprobleme der KI.

Mit dem globalen Ausbau der KI-Infrastruktur stößt die traditionelle Chip-Technologie (CMOS) an ihre physikalischen Grenzen, die Leistung stagniert und der benötigte Strombedarf ist kaum noch zu decken. Die Internationale Energieagentur (IEA) geht davon aus, dass der Energieverbrauch von Rechenzentren bis 2026 den gesamten jährlichen Stromverbrauch Japans übersteigen wird. Q.ANT will dieses Problem mit einem grundlegend neuen Ansatz lösen: Rechnen mit Licht statt mit Strom, was deutlich höhere Leistung und Energieeinsparungen ermöglicht.

Marktreif, während andere noch forschen

In nur fünf Jahren hat Q.ANT zur Marktreife gebracht, was Expert*innen seit Jahrzehnten anstreben: den weltweit ersten kommerziellen Photonik-Prozessor für KI- und HPC-Workloads, der komplexe KI-Operationen wesentlich schneller ausführt und dabei erhebliche Mengen an Energie einspart. Eingebettet in eine Standard-Serverlösung, den Q.ANT Native Processing Server, lässt er sich als Plug-in-Coprozessor nahtlos in moderne Rechenzentren integrieren. Praxistests versprechen eine bis zu 30-fache Energieeffizienz, eine 50-fache Leistungssteigerung und das Potenzial, die Kapazität von Rechenzentren um das 100-fache zu erhöhen – und das alles ohne komplexe aktive Kühlsysteme. Q.ANT ist das erste Unternehmen für photonisches Computing, das dieses Niveau an Leistung, Genauigkeit und Branchenintegration in einer schlüsselfertigen und nachhaltigen Lösung anbietet.

„Q.ANT wurde mit einer mutigen Vision gegründet: Wir wollten die Art und Weise, wie die Welt rechnet, neu definieren, indem wir Licht anstelle von Strom verwenden“, erklärt Dr. Michael Förtsch, Gründer und CEO von Q.ANT. „Diese Investition beweist, dass Europa sowohl den Ehrgeiz als auch das Kapital hat, um eine Führungsrolle zu übernehmen – und verschafft uns die starken Partner, die wir brauchen, um unsere Mission zu verfolgen und die Zukunft der Datenverarbeitung mitzugestalten.“

Europa bündelt Kräfte für die nächste Generation der Datenverarbeitung

Diese Investition ist ein entscheidender Schritt, um Europas Führungsrolle in einer Schlüsseltechnologie für die nächste Generation der Datenverarbeitung zu stärken und weiter auszubauen. Aufbauend auf einer breiten wissenschaftlichen Basis, finanziert von europäischen DeepTech-Investor*innen und unterstützt durch die Politik auf Landes-, Bundes- und europäischer Ebene, bringt Q.ANT entscheidende Akteure aus ganz Europa zusammen. Mit einer starken europäischen Lieferkette und einer eigenen Pilotlinie in Deutschland bildet dies das Rückgrat für die Zukunft des Hochleistungsrechnens „Made in Europe“ für die Welt.

„Q.ANT ist ein Beispiel dafür, wie echte Innovation in Europa mit Mut, Innovationskraft und einem gemeinsamen Willen vorangetrieben wird. Wir sind stolz darauf, dass unser Team von MISSION KI eine zentrale Rolle dabei gespielt hat, die richtigen Partner für diese entscheidende Phase zusammenzubringen. Mit diesen starken Partnern an seiner Seite bringt Q.ANT die Technologie Europas weiter voran – verantwortungsbewusst, zukunftsorientiert und mit echter Wirkung“, sagt Manfred Rauhmeier, Vorsitzender der acatech Stiftung und Sekretär des acatech Koordinationskomitees.

Strategische Allianz für die internationale Expansion

Die Finanzierungsrunde wurde von Cherry Ventures, UVC Partners und imec.xpand angeführt, unter Beteiligung weiterer Deep-Tech-Investoren wie die L-Bank, Verve Ventures, Grazia Equity, EXF Alpha der Venionaire Capital, LEA Partners, Onsight Ventures, und TRUMPF. Diese Investition zählt zu den bedeutendsten DeepTech-Finanzierungsrunden Europas und schafft die Voraussetzung für einen grundlegenden Wandel in der Berechnung von KI.

Die Finanzierung ermöglicht es Q.ANT, die Entwicklung von Photonik-Prozessoren der nächsten Generation voranzutreiben, die Produktion zu skalieren, sein interdisziplinäres Team zu vergrößern und seine Geschäftsaktivitäten in die USA und Asien auszudehnen, um weitere Kundenimplementierungen zu unterstützen. Darüber hinaus verstärkt Q.ANT seinen Beirat mit zwei Experten aus den Bereichen Halbleiterbereich: Hermann Hauser, Gründer von ARM und Hermann Eul, ehemaliger Vorstand bei Infineon und CVP und General Manager von Intel. Die Kombination aus Erfahrung und Fachwissen in den Bereichen Halbleiterskalierung, Industrialisierung und globale Kommerzialisierung wird für die nächste Phase von Q.ANT von entscheidender Bedeutung sein.

Bereit für die Integration in Rechenzentren

Q.ANT hat sich zum Ziel gesetzt, die Zukunft der KI-Infrastruktur neu zu definieren. Bis 2030 will das Unternehmen seine photonische Prozessortechnologie zu einer tragenden Säule globaler KI-Systeme machen und damit die Skalierbarkeit und Energieeffizienz radikal verbessern. Mit dem Fokus auf eine nahtlose Marktintegration ist der photonische Native Processing Server (NPS) von Q.ANT ab sofort für eine frühzeitige Evaluierung verfügbar: Er wird in einem branchenüblichen Format geliefert, das einfach zu implementieren und mit den heutigen Programmiersprachen und KI-Software-Ökosystemen kompatibel ist. Weniger Energieverbrauch, keine Wärmeentwicklung auf dem Chip, mehr Rechendichte – der Q.ANT NPS schafft damit die Grundlage für eine neue Ära nachhaltiger Hochleistungsrechner.

Circonomit: Kölner Tech-Start-up sichert sich 2,8 Mio. Euro

Mit dem strategischen Zwilling von Circonomit können Entscheider*innen erstmals externe und interne Einflussfaktoren konkret auf ihre Wertschöpfungskette abbilden und so ihre Unternehmenssteuerung präzisieren.

Das 2022 von Dana Aleff und Erik Müller basierend auf Erfahrungen aus Industrie und Forschung an der renommierten RWTH Aachen gegründete Circonomit ermöglicht es Unternehmen, komplexe Abhängigkeiten sichtbar zu machen und bei Plan-Ist-Abweichungen in der Wertschöpfungskette rechtzeitig gegenzusteuern.

Dadurch können Entscheider*innen besser verstehen und berechnen, welche Folgen eine Entscheidung finanziell und ökologisch hat. Weiche Faktoren und Bauchgefühl werden erstmals quantifizierbar und in konkrete Kennzahlen übersetzt. Was bisher jahrelange Datenprojekte und spezialisierte Programmierung erforderte, gelingt – laut Aussage des Start-ups – mit der Lösung von Circonomit in Wochen.

Im Unterschied zu Technologien wie dem Process Mining funktionieren die mit Circonomit gebauten Modelle auch ohne Logdaten aus Systemen. Das verringert die Eintrittsschwelle erheblich, besonders bei den oft noch unvermeidbaren Digitalisierungsdefiziten der Stammdaten.

"Es begeistert uns als Team sehr, riesigen Mehrwert zu schaffen, indem wir Marktschwankungen und interne Ereignisse in steuerungsrelevante Kennzahlen übersetzen können", sagt Dana Aleff, Mitgründerin von Circonomit. „Mit unserem Modellierungsbaukasten kann jeder seinen strategischen Begleiter bauen und Zusammenhänge in der Wertschöpfungskette sichtbar und berechenbar abbilden. Szenarioanalysen und rollierende Forecasts sind ein Anwendungsfall."

Investor*innen sehen großes Potential für Europas Wettbewerbsfähigkeit

„Nur wer seine Informations- und Entscheidungsflüsse im Griff hat, bleibt wettbewerbsfähig", betont Marie-Sophie Ando, Senior Investment Manager bei Vorwerk Ventures. „Wir sind überzeugt, dass Circonomit mit seinem flexiblen Datenbaukasten das Potenzial hat, ein führender Anbieter für datengetriebene Entscheidungsunterstützung zu werden."

Auch Lisa-Marie Fassl, General Partner bei Fund F, zeigt sich beeindruckt: „Circonomit setzt neue Maßstäbe für schlanke und fundierte Entscheidungsprozesse. Das diverse Gründerteam, das auf Forschungserfahrung an der RWTH Aachen aufbaut, überzeugt uns fachlich wie menschlich."

Teamausbau und Markterschließung im DACH-Raum

Mit dem frischen Kapital will das Kölner Start-up sein Produktteam ausbauen und die Markterschließung im deutschsprachigen Raum vorantreiben. Ziel ist es, insbesondere produzierenden Unternehmen einen noch schnelleren und tieferen Einblick in ihre Wertschöpfungskette und deren Steuerung zu ermöglichen und damit die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschland zu stärken.

DefenseTech-Start-up ARX Robotics schließt strategische Partnerschaft

Unsere aktuellen Coverhelden, die Gründer des DefenseTech-Start-ups ARX Robotics, kooperieren mit der Renk Group, einem führenden Anbieter von Antriebslösungen für den militärischen und zivilen Bereich.

ARX Robotics und die RENK Group AG haben heute eine strategische Partnerschaft bekannt gegeben, die darauf abzielt, die Zukunft der autonomen Verteidigungsmobilität, wie z.B. unbemannte Bodenfahrzeuge (UGVs), zu gestalten.

+++ Hier geht’s zur StartingUp-Coverstory rund um ARX Robotics +++

Im Rahmen der neuen strategischen Partnerschaft wird ARX Robotics als Software-Defined Defense-Partner die digitale Transformation von RENK unterstützen, während RENK das industrielle Wachstum und die internationale Expansion von ARX Robotics vorantreiben wird.

„Diese Partnerschaft vereint das Know-how von RENK bei Hochleistungs-Mobilitätssystemen mit den innovativen Robotik- und Softwarefähigkeiten von ARX Robotics. Gemeinsam wollen wir die Produktion skalieren, die internationale Reichweite ausbauen und autonome Funktionalitäten weiterentwickeln“, sagte Dr. Alexander Sagel, CEO der RENK Group. „Europa muss die Verantwortung für seine Verteidigungskapazitäten übernehmen, und eine entscheidende Komponente dabei ist, dass sich führende Unternehmen wie wir mit wegweisenden Start-ups zusammenschließen. Gemeinsam mit ARX ebnen wir den Weg für eine neue Ära intelligenter, autonomer Lösungen, die die Zukunft der Verteidigung neu definieren werden.“

„Die Verteidigungsunternehmen stehen heute an einem Wendepunkt, an dem Software, Automatisierung und Systemkonnektivität die Bedeutung militärischer Fähigkeiten neu definieren werden. Dank der industriellen Stärke und der etablierten Marktpräsenz von RENK können wir im Rahmen der Partnerschaft neue Möglichkeiten bei der Skalierung und der globalen Reichweite erschließen“, so Marc Wietfeld, Mitbegründer und CEO von ARX Robotics. „Unsere vereinte Expertise wird es uns ermöglichen, einsatzbereite, vollständig autonome Plattformen anzubieten, die Streitkräfte auf der ganzen Welt unterstützen.“

Partnerschaft, basierend auf komplementären Stärken

Beide Unternehmen haben sich zusammengeschlossen, um hochmoderne autonome Systeme zu entwickeln, die die operative Effizienz verbessern und den Verteidigungskräften ein Echtzeit-Situationsbewusstsein im industriellen Maßstab bieten. Die Zusammenarbeit vereint die weltweit führende Marktposition und das branchenführende Produktions-Know-how von RENK mit der hochmodernen Software Mithra OS von ARX Robotics. Dieses KI-gestützte Betriebssystem ermöglicht die digitale Modernisierung bestehender Flotten und die Umrüstung älterer Fahrzeuge in intelligente, vernetzte und autonome Systeme.

Internationalisierung und Skalierung von Software-definierten Verteidigungslösungen

Im Rahmen der Zusammenarbeit werden ARX Robotics und RENK strategisch neue und aufstrebende Märkte für autonome Lösungen erkunden und ausbauen, wobei der Schwerpunkt auf Schlüsselregionen liegt, in denen die Nachfrage nach fortschrittlichen Verteidigungstechnologien steigt. Dabei profitiert die Zusammenarbeit von RENKs globaler industrieller Präsenz in den wichtigsten westlichen Verteidigungsmärkten, den engen Kundenbeziehungen zu mehr als 70 Armeen und 40 Marinen sowie der umfassenden Systemkompetenz bei mobilitätsbezogenen Leistungsanforderungen für Land- und Seeplattformen. Diese etablierte Marktpräsenz und der Zugang zu wichtigen Kunden, politischen Behörden und lokalem Produktions-Know-how gewährleisten eine schnelle Einführung und Skalierbarkeit. Zu den Zielmärkten gehören die USA, Großbritannien, Frankreich, Italien, Indien und der Nahe Osten, wo die Modernisierungsanstrengungen und die Nachfrage nach autonomen Funktionen zunehmen.

Industrialisierung der Versorgung für die DefenseTech-Anforderungen von morgen

Die Partnerschaft zwischen RENK und ARX Robotics spiegelt die gemeinsame Überzeugung wider, dass die Verteidigung auf der Grundlage von kampferprobten Systemen softwaredefiniert wird. Gemeinsam werden die beiden Partner das digitale Grundgerüst für Landsysteme entwickeln, um die Unabhängigkeit der europäischen Verteidigung zu gewährleisten. Die Zusammenarbeit geht über ein einzelnes Produkt hinaus: es geht darum, die Zukunft der unbemannten Mobilität zu definieren und die Weichen dafür zu stellen, wie KI, Autonomie und Mobilität die Zukunft der europäischen Verteidigung gestalten werden. Die Zusammenarbeit fördert autonome Verteidigungssysteme, die für den Einsatz in der Praxis bereit sind.

Beide Unternehmen engagieren sich für lokale Produktions- und Lieferketten und passen ihre Lösungen an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Region an, indem sie skalierbare, leistungsstarke Plattformen anbieten, die schnell eingesetzt werden können. Dazu gehört auch die Erforschung von Anwendungen für größere autonome Fahrzeugklassen – wie Mithra OS für künftige Marineanwendungen – um sicherzustellen, dass die Partnerschaft an der Spitze der Entwicklung autonomer Technologien bleibt. Die RENK Group und ARX Robotics prüfen außerdem weitere Möglichkeiten zur Vertiefung ihrer Partnerschaft, beispielsweise durch Joint Ventures und/oder Finanzinvestitionen.

Berücksichtigung der strategischen Prioritäten der NATO

Diese Partnerschaft steht im Einklang mit der NATO-Vision für technologische Innovation und industrielle Widerstandsfähigkeit. Durch die Verbindung der umfassenden Produktionserfahrung von RENK mit den fortschrittlichen Softwarefähigkeiten von ARX Robotics gewährleistet die Zusammenarbeit die Entwicklung zuverlässiger, skalierbarer Technologien zur Verbesserung der Abschreckung und dem Schutz der Bürger des Bündnisses.

Gründer*in der Woche: Stackable - komplexe Datenarchitektur einfach gemacht

Von der Schulbank über die Uni bis zum eigenen Unternehmen – Lars Francke und Sönke Liebau kennen sich seit Jugendtagen. Mit der Gründung von Stackable ermöglichen sie es anderen Unternehmen, komplexe Datenarchitekturen flexibel, sicher und transparent aufzubauen.

Im Interview erzählen die Stackable-Gründer, wie alles in einer "Corona-WG" begann, warum Fördermittel eher bremsen als helfen – und was ein einsturzgefährdetes Amtsgericht mit ihrer Gründung zu tun hatte.


Nach fünf erfolgreichen Jahren am Markt: Wann war für euch der Moment, in dem ihr euch als „richtige Unternehmer“ gefühlt habt?

Lars Francke: Gibt es den überhaupt? (lacht) Vielleicht war es der Punkt, an dem wir gemerkt haben, dass Dinge passieren und wir nichts davon wissen – dass sich Themen parallel entwickeln und wir nicht mehr jedes Detail mitbekommen. Wer dann nicht bereit ist, Verantwortung abzugeben, steht sich selbst im Weg.

Sönke Liebau: Ganz ehrlich – wir sind ziemlich blauäugig gestartet. Wir dachten: Lass uns einfach am Produkt arbeiten und eine gute Datenplattform entwickeln, der Rest ergibt sich. Aber Verträge, Buchhaltung, all der formale Kram – das hatten wir total unterschätzt. Deshalb haben wir recht schnell Sebastian Amtage als Geschäftsführer mit an Bord geholt. Damit konnte jeder wieder das tun, was er am besten kann.

War das Thema Selbständigkeit bei euch schon früh präsent?

Sönke: Es hat sich schon relativ früh entwickelt, ja. Ich war in der Schule ein Jahr über Lars, wir kannten uns mehr aus dem Freundeskreis. IT hat uns beide interessiert, und so haben wir auch irgendwann gemeinsam Informatik studiert. Nach dem Studium ging dann jeder erstmal seinen Weg – Lars mehr in Richtung Technik, ich Richtung Business. Beruflich zusammengefunden haben wir als Berater – und da ging es dann plötzlich ganz schnell.

Lars: Genau – ich war im Grunde seit 2008 selbständig, mit einem kurzen Zwischenstopp bei der Global Biodiversity Information Facility in Dänemark. Der Auslöser für Stackable waren dann Workshops in Frankfurt Ende 2019, Anfang 2020, nachdem die freie Version der Datenplattform Cloudera eingestellt wurde. Die Unternehmen, die wir beraten hatten, waren davon direkt betroffen. Und wir dachten: Was Cloudera kann, können wir besser – transparenter, flexibler, und vor allem mit Open Source.

Und dann kam Corona ... und die Gründung von Stackable

Sönke: So ungefähr. Der Impuls war klar, aber wir wollten es nicht überstürzen. Ursprünglich hatten wir einen Familienurlaub an der Nordsee geplant – aber durch den Lockdown waren die Inseln dicht. Also haben wir mit unseren Familien in Lars’ Haus kampiert – was auch mit Kindern erstaunlich gut ging. Acht Wochen Zwangs-WG – und irgendwann saßen Lars und ich abends auf dem Sofa und wussten: Wir machen das jetzt.

Lars: Das mit dem Start hat sich dann trotzdem hingezogen – schuld war die Bürokratie. Ionos war als Investor schon an Bord, aber das Geld konnte erst fließen, wenn wir offiziell im Handelsregister standen. Blöd nur, dass das Amtsgericht Pinneberg gerade einsturzgefährdet war. Ein Roboter hat dort Akten ausgelagert – unser Stapel war offenbar ganz unten. Also mussten wir erst mal abwarten.

Heute arbeitet ihr mit internationalen Kund*innen und beratet die EU – was genau macht Stackable?

Sönke: Offiziell entwickeln wir eine modulare Datenplattform, die bewährte Data Apps wie Apache Kafka, Trino oder Apache Spark auf Kubernetes orchestriert. In der Praxis bedeutet das: Unsere Kunden können damit große Datenmengen effizient und skalierbar verarbeiten – egal ob sie in der Finanzwelt, in der Forschung oder im Krankenhaus arbeiten. Und das funktioniert auf der ganzen Welt, Unternehmen aus den USA bis nach Malaysia nutzen unsere Lösung.

Lars: Inoffiziell verkaufen wir eine Versicherung. (lacht) Denn unser Modell basiert auf Stabilität und Verlässlichkeit – und dafür stehen wir unseren Kunden 24/7 zur Seite, wenn es nötig ist. Gerade in Kritischen Infrastrukturen ist das entscheidend. Und wir setzen kompromisslos auf Open Source: Der Code ist offen, nachvollziehbar und auditierbar. Das schafft Vertrauen – gerade bei sensiblen Daten und komplexen Systemen. Was anderes kam für uns von Beginn an auch nicht in Frage. Wenn ich während meiner Beraterzeit mit proprietärer Software zu tun hatte und es ein Problem gab, musste ich manchmal ewig auf eine Antwort der Entwickler warten. Bei Open Source kann ich einfach selbst nachschauen, woher eine Fehlermeldung kommt.

Ihr seid mittlerweile knapp 20 Leute – alle arbeiten remote. Funktioniert das wirklich?

Sönke: Ja, und zwar erstaunlich gut. Als es mit Stackable losging, waren wir noch mitten in der Pandemie – wir hätten gar nicht gewusst, wo wir ein Büro eröffnen sollen. Jetzt machen wir ein wöchentliches Teammeeting per Video, der Rest läuft flexibel in kleinen Gruppen. Für manche Themen setzen wir uns spontan zusammen. Mehrmals im Jahr sehen wir uns auch persönlich, aber bei einem internationalen Team wäre ein zentrales Büro ohnehin schwierig.

Lars: Wir haben Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Ländern, ein sehr spezialisiertes Team. Streng genommen erfüllen weltweit vielleicht 200 Leute unser Anforderungsprofil, deshalb ist es für uns viel wichtiger, dass die Chemie stimmt. Wenn es menschlich passt und man sich gegenseitig unterstützt, ist alles andere fast nebensächlich.

Was sind eure unternehmerischen Pläne?

Sönke: Wir haben eine klare Roadmap, aber vieles hängt von der Weiterentwicklung der Open Source-Tools ab, mit denen wir arbeiten. Hier gibt es schließlich viele eigene Roadmaps, die nicht immer nach Plan laufen. In den nächsten Monaten steht bei uns zum Beispiel die Integration von OpenSearch auf dem Programm – damit unsere Nutzer noch einfacher suchen und analysieren können.

Lars: Grundsätzlich wollen wir Stackable so weiterentwickeln, dass es noch einfacher wird und gleichzeitig noch leistungsfähiger wird. Das Fundament steht. Aber das Schöne ist: In diesem Feld ist man nie fertig. Langweilig wird es also garantiert nicht. Ansonsten kann es gerne weitergehen wie bisher: Mit spannenden Projekten in aller Welt, einem Superteam und dass wir einen Teil zur digitalen Souveränität beitragen können.

Und last, but not least: Was ratet ihr anderen Gründer*innen aus eigener Erfahrung?

Lars: Ganz wichtig: Wenn etwas nicht funktioniert, schnell was anderes ausprobieren. Nicht lange herumdoktern. Und: Lasst die Finger von Fördermitteln. Die Energie, die in Formulare, Bedingungen und Nachweispflichten fließt, fehlt dann an anderer Stelle. Für manche mag es vielleicht der richtige Weg sein, aber wir haben an dem Punkt viel Zeit verschenkt.

Sönke: Und man sollte von Anfang an verstehen, dass Unternehmensführung mehr ist als Produktentwicklung. Themen wie Personal, Prozesse oder rechtliche Rahmenbedingungen klingen trocken – aber es führt kein Weg daran vorbei. Wer sich hier wenigstens grundlegend auskennt, hat später einen riesigen Vorteil – auch wenn man sich später nicht mehr jeden Tag damit beschäftigt.

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Filics: Münchner Robotik-Start-up sichert sich 13,5 Mio. Euro

Das Münchner Start-up Filics sichert sich eine Wachstumsfinanzierung in Höhe von 13,5 Mio. Euro zum Ausbau und Ausrollen seiner Robotik-Plattform zum Ladungsträgerhandling.

Das Münchner Robotik-Start-up Filics, Entwickler von innovativen Lösungen für das autonome Ladungsträgerhandling, gibt heute den erfolgreichen Abschluss seiner Finanzierungsrunde bekannt.  Zu den neuen Investoren gehören Sandwater, Alven, F-LOG Ventures und der Amazon Industrial Fund. Zudem beteiligen sich Bayern Kapital, der Business-Angel Andrei Danescu (Gründer & CEO Dexory) und Helmut Schmid (CCO von Filics und ehemaliger CEO von Agilox), ebenso wie Capnamic und 10x Founders.

Fokus auf Produktentwicklung und Internationalisierung

Die eingesammelten Mittel werden primär in den Ausbau der Produktentwicklung und der Robotik Plattform sowie in die Internationalisierung des Geschäftsmodells fließen. Filics plant, die Filics Unit – das innovative Doppelkufensystem für automatisiertes Palettenhandling – Ende 2025 zusätzlich für Bodenblocklager verfügbar zu machen und 2026 den Markteintritt in weiteren europäischen Märkten vorzubereiten. „Mit der neuen Finanzierungsrunde setzen wir den nächsten großen Schritt in unserer Wachstumsstrategie. Dank der starken Unterstützung können wir die Technologie weiter optimieren und skalieren. Das Vertrauen unserer Investoren ist dabei Rückenwind und Verpflichtung zugleich“, erklärt Gregor Kolls, Mitgründer und CEO von Filics.

Fortgeschrittene Technologie im Fokus internationaler Investor*innen

Filics ist eine Technologiefirma, welche sich auf besonders flache Transportroboter fokussiert hat. Dabei entwickelt Sie Roboter, welche 1,2 Tonnen – also alle gängigen Gewichte - personensicher in der Intralogistik verfahren können. Hinzu agieren die Roboter autonom und können flexibel verschiedenste Arten von Ladungsträgern unterfahren.

Die "Filics Unit" ist Ihr erstes Produkt und besteht aus zwei omnidirektionalen Robotern, die speziell für die Handhabung von Europaletten entwickelt wurden. Das System bewegt sich autonom durch das Lager, fährt unter Paletten und transportiert diese, wobei der benötigte Platz für das Manövrieren auf ein Minimum reduziert wird. Die Technologie ermöglicht Platzersparnisse von bis zu 30 Prozent und adressiert zentrale Herausforderungen der Logistikbranche wie Platzmangel, Kapazitätsengpässe und Fachkräftemangel. Die Filics Unit ist weltweit die erste Lösung, die auf dem Boden stehende Paletten und Ladungsträger komplett unterfahren und durchfahren kann, um auch dahinterliegende Ladungsträger zu transportieren.

„Unsere Branche entwickelt sich weiterhin rasant, und wir prüfen ständig innovative Möglichkeiten, Platz, Personal und Energie optimal zu nutzen – was letztlich unseren Mitarbeitenden sowie Kundinnen und Kunden zugutekommt“, sagte Franziska Bossart, Leiterin des Amazon Industrial Innovation Fund. „Wir sind begeistert von Filics’ innovativem Ansatz, die Logistikbranche voranzubringen, indem sie bedeutende Platzeinsparungen durch flexiblere und skalierbare Automatisierung ermöglichen.“

„Die Technologie von Filics spart nicht nur Platz, sondern bietet auch einen flexiblen und skalierbaren Weg zur Lagerautomatisierung. Für uns bei Sandwater ist das eine Lösung mit echtem Potenzial, Lagerhäuser grundlegend zu verändern – weniger Fläche, höhere Produktivität und ein kleinerer Fußabdruck dank einer cleveren Kombination aus Hard- und Software. Das Team hat uns wirklich beeindruckt“, sagt Morten E. Iversen, Partner bei Sandwater.

Von der TUM zur Industrielösung, unterstützt von breitem Branchen-Netzwerk

Die Gründer starteten an der Technischen Universität München (TUM) und entwickeln seit 2021 die Technologie – unterstützt von namhaften Early-Stage-Investoren/Begleitern wie Dr. Klaus Dieter Rosenbach, ehemaliger Chief Technology Officer der Jungheinrich AG, ELOKON Ventures, Arnold Vetter (Vetter Industries), Navid Thielemann und Christian Flick von der ThielemannGroup, sowie den ProGlove Gründern mit Ihrem OMA Business Angel. Die Technologie wird von führenden Unternehmen wie der Bosch GmbH, der DHL Group und der Nagel Group getestet. Die ersten industriellen Einsätze haben bereits begonnen.

Ambitionierte Zukunftspläne

Die Filics Unit wird bis Ende 2025 für den Einsatz in Bodenblocklagern weiterentwickelt, wodurch dort Platzersparnisse von bis zu 66 Prozent erzielt werden können. Mittelfristig plant das Unternehmen die Technologie weiterzuentwickeln, um eine vollautonome Lkw-Beladung in weniger als fünf Minuten ermöglichen. „Unser Ziel ist es, das Palettenhandling neu zu definieren und die Logistikbranche mit umfassenden Automatisierungslösungen zu transformieren. Die starke Nachfrage nach unserer Technologie bestätigt, dass wir mit unserer Lösung den Nerv der Zeit getroffen haben“, sagt Helmut Schmid, CCO bei Filics.

Climatiq sichert sich 10-Mio.-Euro-Finanzierung, um CO₂ als Unternehmens-KPI zu etablieren

Das 2021 gegründete Climatiq, führender Anbieter für Carbon Intelligence Infrastruktur, hat heute den Abschluss einer Series-A-Finanzierungsrunde in Höhe von 10 Mio. Euro bekannt gegeben.

Climatiq wurde 2021 von Hessam Yosef Lavi, Philipp von Bieberstein und Isis T. Baulig in Berlin gegründet und ist eine zertifizierte B Corporation. Die API-first-Plattform von Climatiq integriert präzise Emissionsdaten direkt in genutzte Unternehmenssoftware – dort, wo Geschäftsprozesse tatsächlich stattfinden. Dadurch wird der Einsatz separater Tools, die CO-Daten nur in Finanz- oder CSR-Abteilungen isoliert abbilden, überflüssig. Über Integrationen mit mehr als 200 Business-Plattformen, darunter führende ERP- und Supply-Chain-Lösungen wie Celonis, IFS und Siemens, hat Climatiq in den letzten zwölf Monaten weltweit über eine Milliarde Emissionsberechnungen durchgeführt. Zusätzlich nutzen mittlerweile global rund 30.000 Nachhaltigkeits-Expert*innen, Wissenschaftler*innen und NGOs die kostenlose Version der Plattform.

„Unternehmen fordern heute CO-Transparenz über alle Bereiche hinweg – von Strategie und Planung bis hin zu Produktion und Logistik, nicht nur in der CSR-Abteilung“, sagt Hessam Lavi, Mitgründer und CEO von Climatiq. „Sie wollen ihre bestehenden Tools klimabewusst machen, statt zusätzliche Insellösungen einzuführen. "Wir stellen sicher, dass Emissionsdaten dort berücksichtigt werden, wo sie wirklich Wirkung zeigen: in täglichen Entscheidungen.“

Climatiq wird das neue Kapital insbesondere in den Ausbau seiner KI investieren, um die automatisierte Berechnung von Emissionen für Prozesse, Produkte und ganze Organisationen weiterzuentwickeln. Ein Schwerpunkt liegt auf Scope-3-Emissionen, etwa aus der Lieferkette oder dem Warentransport. Diese machen im Schnitt 90 % des CO- Fußabdrucks eines Unternehmens aus, sind bislang jedoch schwer zuverlässig zu erfassen – bedingt durch fragmentierte Daten und komplexe Bilanzierungsstandards. Darüber hinaus wird Climatiq in den Ausbau seines Partnernetzwerks sowie in die Weiterentwicklung seiner Datenbank investieren, die bereits heute über 200.000 Emissionsfaktoren für verschiedene Regionen und Wirtschaftssektoren umfasst.

„CO-Emissionen sind für Unternehmen längst ein echter Kostenfaktor – durch Regulierung, interne Verrechnungen oder Druck von Investoren. Wer Emissionen steuern will, braucht belastbare Daten und eine skalierbare Berechnungslogik. Climatiq ist mit seiner umfassenden Datenbank sowie seinem KI-basiertem Matching in der Lage, zum zentralen Infrastruktur-Provider für Emissionsdaten zu werden“, so Alexander Meyer-Scharenberg, Principal bei Alstin Capital.

Gründer*in der Woche: Zepta – smart, digital, nachhaltig

Schädlingsbekämpfer haben es in Deutschland nicht leicht: Rund 6.000 Fachkräfte arbeiten in dieser Branche, Nachwuchs gibt es kaum. Denn nur für die Wenigsten ist es ein Traumjob, das Image ist mies. Martin Cirillo-Schmidt, Lukas Deuscher und Nick Leiding möchten das ändern. Mit Zepta haben sie ein smartes Monitoringsystem erfunden, das die Branche nicht nur moderner, sondern auch attraktiver machen soll. Wie ihnen das gelingt, welche Hürden sie nehmen mussten und warum sie sich manchmal in eine Bar zurückziehen, verraten Nick und Lukas im Interview.

Früher habt ihr Mojitos und Pina Colada gemixt, heute befasst ihr euch eher mit Giftcocktails. Wie kommt's dazu?

Nick Leiding:
Genau, kein Witz. Wir haben uns in einer Bar kennengelernt, in der wir beide als Studenten jobbten. Uns war schnell klar – auch in den stressigsten Situationen können wir uns aufeinander verlassen, wir arbeiten trotzdem präzise und Spaß macht es auch noch. Der einzige Unterschied zu unserem Studentenjob ist, dass wir heute möglichst wenig Wirkstoffe in Umlauf bringen.

Lukas Deuscher: Mit unserer Lösung müssen die Schädlingsbekämpfer nur dann etwas einsetzen, wenn es wirklich einen Befall gibt. Und darüber werden sie per App oder PC informiert. So können Schädlingsbekämpferinnen und -bekämpfer mitunter sogar aus dem Homeoffice arbeiten. Und das spart nicht nur jede Menge Gift in der Umwelt, sondern macht den Beruf vielleicht sogar eine Ecke attraktiver.

Attraktiv – ein Begriff, den man nicht sofort mit Rattenbekämpfung verbindet. Warum ist eigentlich das Image der Branche so schlecht?

Lukas: In Deutschland ist der Beruf stigmatisiert. Wer möchte einen Firmenwagen mit Schädlingsbekämpfung vor der Tür stehen haben? Das Gerede der Nachbarn könnte schlimmer sein als die Schädlinge. Allein der Name Schädlings-Bekämpfung – also Schaden und Kampf – hört sich schon wirklich negativ an. In den USA ist das Mindset ganz anders. „Protected by Pest Control“ ist dort ein Zeichen für besondere Sorgfalt.

Nick: Genau. Und mit Zepta wollen wir zeigen, dass hier nicht Leute am Werk sind, die mit Gift um sich werfen, sondern Hightech einsetzen. Das könnte auch bei jungen Menschen dazu führen, dass sie den Job nicht kategorisch ausschließen.

Ihr habt Wirtschaftsinformatik bzw. Maschinenbau studiert. Wie kommt man da auf Rattenbekämpfung?

Nick: Ich hatte mit Schädlingsbekämpfung überhaupt nichts am Hut, bis ich Lukas kennenlernte. Er ist mit der Branche großgeworden, sein Vater arbeitet bei einem großen Chemiekonzern. Wir beide wussten, dass man hier richtig was reißen kann. Vom Aufpolieren des Images über Digitalisierung bis hin zur Gestaltung der Zukunftssicherheit in Bezug auf EU-Gesetze.

Der erste Prototyp ist dann wie bei Daniel Düsentrieb entstanden, mit einer kleinen Explosion hier und da?

Nick: Nee, das lief zwar mühsam, aber ging laufend voran. Zuerst mussten wir natürlich Geld für die Entwicklung auftreiben. Wir haben beim Chemovator, dem Inkubator von BASF, gepitcht und wurden genommen. Dort wurden wir dann quasi angestellt mit dem Ziel, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Die ersten Prototypen kamen aus dem 3D-Drucker, und wir haben bei jeder Version etwas dazugelernt. Einmal waren wir etwa einen halben Tag lang auf Fehlersuche und merkten dann, dass eine SIM-Karte falschherum im Gerät steckte. Im März 2022 funktionierte dann alles stabil – Technik, Sensorik, App. Eine mehrwöchige Testphase in England, die super lief, hat uns dann die Tür zu weiteren Investoren geöffnet – Bm-t, Gimic Ventures und dem Technologiegründerfonds Sachsen.

Und wie lief der Schritt zur Serienproduktion?

Lukas: Eigentlich recht problemlos, nachdem die Technik stand. Die größte Hürde war unser eigener Qualitätsanspruch. Bei wenigen Geräten ist es noch leicht, in der Masse wird es dann komplex. Während unserer Zeit beim Chemovator haben wir glücklicherweise Martin kennengelernt, der unser dritter Mann im Boot wurde. Durch frühere Unternehmen hat er beste Kontakte zu asiatischen Herstellern, die uns nun hochwertige Komponenten liefern. Um die Entwicklung und Qualitätssicherung kümmern wir uns aber in Deutschland, da sind wir einfach zu detailverliebt.

Wie hat die Branche bei der Markteinführung reagiert?

Nick: Wir haben schon bei den ersten Messen gemerkt, dass die Leute sehr interessiert sind. Vor allem, weil im Januar 2026 eine Gesetzesänderung ansteht, durch die Schädlingsbekämpfer bestimmte Wirkstoffe nicht mehr präventiv, ohne den Nachweis eines Befalls, auslegen dürfen. Mit Zepta und unserem Monitoring haben wir also einen Nerv getroffen. Die Schädlingsbekämpfer sind so einer neuen Technologie gegenüber nicht nur offen, sondern fragen auch viele Details nach, zum Beispiel wie es um den Datenschutz steht, oder vor allem was die Nachhaltigkeit angeht. Viele Schlagfallen sind nach drei Jahren Elektroschrott, weil etwa der Akku – nicht austauschbar ist. Das wollten wir vermeiden, deswegen lassen sich bei uns alle Teile wechseln und die Sensoren können in schon vorhandene Boxen nachgerüstet werden.

Lukas: Auch die Mundpropaganda hilft uns enorm. Schädlingsbekämpfer rufen uns zum Teil direkt an, aber uns erreichen in letzter Zeit auch immer mehr Anfragen von Leuten, die über verschiedene Kanäle von uns gehört haben und unser System ausprobieren möchten. Das Feedback ist jedenfalls sehr positiv. Sie merken, dass Zepta die Branche nicht nur in die digitale Welt führt, sondern auch für den Nachwuchs interessanter macht.

Ihr seid inzwischen fest am Markt etabliert. Würdet ihr heute etwas anders machen?

Nick: Wir hätten früher damit anfangen sollen, Leute einzustellen und Verantwortung abzugeben. Am Anfang denkt wahrscheinlich jeder Gründer, er würde etwas verlieren, wenn er seine Idee mit anderen Menschen teilt. Doch das Gegenteil ist richtig. Die Entwicklung geht sogar deutlich schneller voran. Das Große und Ganze haben alle im Blick, aber jeder kann sich auf seine Stärken konzentrieren und Ideen einbringen.

Was für Ideen habt ihr denn für die Zukunft in der Schublade?

Lukas: Einige, aber die Schublade ist im Moment noch verschlossen (lacht). Aber im Ernst: Natürlich denken wir schon über die nächsten Schritte nach, im Moment ist es aber noch zu früh, darüber zu sprechen. Die Branche entwickelt sich ständig weiter, sei es durch neue Gesetze oder neue Technik, und da wollen wir nicht nur nachziehen, sondern Vorreiter sein.

Nick: Der Bedarf wird sicherlich wachsen, weil sich unerwünschte Nager durch die Erderwärmung noch schneller verbreiten werden. Wir werden Profis das richtige Werkzeug liefern, um diese Herausforderung zu meistern. Smart, digital und nachhaltig – daran werden wir uns auch in Zukunft halten.

Und last, but not least: Was wollt ihr anderen Gründer*innen aus eigener Erfahrung mit auf den Weg geben?

Nick: Ich rate allen Gründerinnen und Gründern, sich auch schon in der Anfangsphase mit anderen Leuten auszutauschen und Ideen zu besprechen – so bekommt man ehrliches Feedback, spart Zeit und schärft die Vision. Und, wenn möglich, das Team frühzeitig zu erweitern. Mitstreiter, die an die Idee glauben, sorgen für Fortschritt und Qualität.

Lukas: Ich rate Unternehmern, selbstkritisch zu sein und zu reflektieren: Fehlen Kompetenzen im Team? Müssen wir Lücken schließen? Das sollte Priorität bei der Personalplanung haben. Und noch ein Tipp: Redet so früh wie möglich mit potentiellen Kunden. Bessere Ratgeber gibt es nicht, denn sie setzen das Produkt ja ein. Und auch immer vor Augen halten: Entwickle für deine Kunden, nicht für dein Ego.

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eleQtron: Quantencomputer-Start-up als Technology Pioneer 2025 vom WEF ausgezeichnet

EleQtron, das erste deutsche Start-up für Quantencomputer-Hardware, zählt zu den 100 innovativsten Tech-Unternehmen weltweit und wurde jetzt vom Weltwirtschaftsforum (WEF) als Technology Pioneer 2025 ausgezeichnet.

Das 2020 von Christof Wunderlich, Michael Johanning und Jan Leisse gegründete eleQtron entwickelt skalierbare Ionenfallen-Quantenprozessoren auf Basis einer firmeneigenen Technologie, die komplexe Lasersysteme durch Hochfrequenzsteuerung ersetzt – ein Durchbruch, der präzise, stabile und skalierbare Quantencomputersysteme ermöglicht.

Jetzt wurde das in Siegen ansässige Start-up vom Weltwirtschaftsforum (WEF) als Technology Pioneer 2025 ausgezeichnet – und zählt damit zu den weltweit nur 100 Unternehmen, die in diesem Jahr in das renommierte Programm aufgenommen wurden.

EleQtron ist eines von nur vier Unternehmen aus Deutschland, die in diese internationale Spitzengruppe aufgenommen wurden. Mit dieser Auszeichnung reiht sich das Unternehmen in die Riege wegweisender Unternehmen wie Google, Airbnb, Spotify, Klarna und Palantir ein – allesamt ehemalige Technology Pioneers, die ganze Branchen verändert haben.

Als ausgewählter Technology Pioneer wird eleQtron künftig mit Führungspersönlichkeiten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Gesellschaft weltweit zusammenarbeiten, um den verantwortungsvollen Einsatz neuer Technologien mitzugestalten. Die Auswahl erfolgt in einem hochkompetitiven Verfahren – bewertet werden technologische Innovationskraft, globales Wirkungspotenzial, Skalierbarkeit und Zukunftsfähigkeit.

Jan Henrik Leisse, Mitgründer und CEO von eleQtron, kommentiert: „In diesem besonderen Jubiläumsjahr als Technology Pioneer ausgewählt zu werden, ist eine außergewöhnliche Ehre – und ein klares Signal, dass Quantencomputing die Schwelle zur realen Anwendung überschreitet. Wir sind stolz, Deutschland zu vertreten, und freuen uns darauf, unsere Vision skalierbarer, hochpräziser Quantensysteme zur Lösung globaler Herausforderungen einzubringen.“

Unterstützt von Spitzeninstitutionen, führenden Unternehmen und öffentlicher Förderung verfolgt eleQtron konsequent das Ziel, Quantentechnologie in industrielle Anwendungen zu überführen – und so gesellschaftlichen Fortschritt voranzutreiben. Was eleQtron im globalen Quanten-Ökosystem einzigartig macht, ist die firmeneigene MAGIC®-Technologie („Magnetic Gradient Induced Coupling“), bei der Ionen-Qubits nicht mit Lasern, sondern mit Mikrowellen gesteuert werden. Dieses Verfahren ermöglicht stabilere, präzisere und besser skalierbare Quantensysteme – und das bei geringeren Betriebskosten. EleQtron will mit dieser Technologie eine neue Ära industriell nutzbarer Quantentechnologie einläuten – mit Anwendungen in Logistik, Chemie, Pharma und Künstlicher Intelligenz.

Vormerken: Mehr über eleQtron liest du in der StartingUp (Print-)Ausgabe 03/25 – ab 19. September hier erhältlich – auch als ePaper.