Gründer der Woche: Sawade – Schokoladentradition mit Zukunft

Gründer der Woche, KW 37


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Über die Herausforderungen, die mit der Übernahme und dem Wiederaufbau eines insolventen Unternehmens verbunden sind, sprachen wir mit Melanie und Benno Hübel, seit 2013 Inhaber der ältesten Berliner Schokoladenmanufaktur Sawade.


Welcher Ihrer schokoladigen Spezialitäten können Sie selbst am wenigsten bis gar nicht widerstehen?

Melanie Hübel: Unser Angebot bei Sawade besteht aus über 300 verschiedenen Pralinen und Trüffeln. Hinzu kommen saisonale Artikel wie Marzipanhasen, Maikäfer, Eier und unser Weihnachtssortiment bestehend aus besonderen Schokokugeln und Pasteten! Ich liebe Schokolade und kann eigentlich nie widerstehen. Mein besonderer Favorit ist der Zarenhappen. Dafür werden Rosinen über Nacht in Rum eingelegt und am nächsten Tag mit flüssiger Zartbitterschokolade vermengt und von Hand in Form gelöffelt.

Benno Hübel: Ich mache jeden Tag einen Rundgang durch die Manufaktur und bespreche mit meinem Produktionsleiter den Ablauf. Natürlich probiere ich alles, was an diesem Tag produziert wird, alleine schon zur Qualitätssicherung. Aber auch ich habe Vorlieben, wie den Rum-Sahne-Trüffel – ein Klassiker unter den Trüffeln bei Sawade.
 

Was bedeuten Ihnen Confiserie-Produkte? Mehr als leckeres "Naschwerk"?

Melanie Hübel: Bei Sawade bedeuten Confiserie-Produkte in meisterlicher Art hergestellte Süßwaren. Bei uns arbeiten Confiseure, Konditoren, Konfektmacher und Süßwarenfachleute. Jede Praline, jeder Trüffel und alle unsere Spezialität werden fachkundig, in sehr traditioneller Weise und nur aus guten Zutaten hergestellt: echte Butter, frische Sahne, feine Schokolade ... und das alles ohne Verwendung von chemischen Konservierungsmitteln und künstlichen Aromen und natürlich ohne Palmöl und Sojalecithine.
 

Seit Ende 2013 sind Sie beide aktiv in die "Schoko"-Branche eingestiegen, indem Sie die insolvente Berliner Traditionsmanufaktur Sawade übernommen haben. Wie sind Sie damals auf die Idee gekommen, sich für das marode Unternehmen zu interessieren?

Benno Hübel: Ich hörte von der Insolvenz der Firma Sawade im Radio und war sofort interessiert. Ich bin gelernter Koch und Betriebswirt und habe eine Leidenschaft für die Themen Genuss, hochwertige Lebensmittel und ihre Verarbeitung. Meine Frau und ich haben uns das Unternehmen angeschaut und die Insolvenz als Gründungschance gesehen. Mit Sawade fanden wir „eine Prinzessin im Dornröschenschlaf vor“.
 

Wer und was hat Sie dann letztlich davon überzeugt, sich unternehmerisch in dem Traditionsunternehmen, das es ja seit 1880 gibt, zu engagieren?

Benno Hübel: Wir haben hoch motivierte Mitarbeiter bei Sawade angetroffen, die von ihren Produkten überzeugt waren. Die Pralinen und Trüffel sind von herausragender Qualität, daran hat das Unternehmen immer festgehalten. Daher galt Sawade unter Kennern als „der bekannte Geheimtipp“. Die Schwachstellen waren recht schnell ausgemacht: es mangelte vor allem im Vertrieb und Marketing. In den alten Schachteln aus den 80er Jahren waren Qualität und Genuss kaum zu erahnen. Die Händler wurden nicht regelmäßig betreut, und es gab keinen Katalog, um das Sortiment zu bestellen. Insgesamt war klar: Sawade hatte ein enormes Potenzial im Süßwarenmarkt.
 

Wie sah Ihre berufliche Situation zur Zeit der Übernahme aus? Waren Sie bereits selbständig und welchen beruflichen Hintergrund hatten Sie beide?

Benno Hübel: Ich arbeitete bei der Hotelgruppe InterContinental in Berlin und London. Als Unternehmensberater war ich im Nahen Osten tätig. Meine Frau und ich kommen beide aus Unternehmerfamilien. Wir hatten 2003 die Berliner Digitaldruckerei Koebcke innerhalb der familiären Nachfolge übernommen. Als Geschäftsführer entwickelte ich das Unternehmen bis 2013 zum drittgrößten Fotobuchhändler Europas.

Melanie Hübel: Ich bin Grafik-Designerin und arbeitete in verschiedenen Design- und Werbeagenturen bevor ich mich mit meinem Mann selbstständig gemacht habe. Als gebürtige Berliner war ich von dem Vorhaben, Sawade in eine neue Zeit zu führen begeistert. Schon als Kind habe ich bei meiner Großmutter diese Pralinen genießen dürfen, ich kannte die Marke. Und da wir auf der Suche nach einer neuen unternehmerischen Herausforderung waren, passte das Unternehmen hervorragend zu uns.
 

Wie viel Zeit hat die Übernahme vom Erstkontakt bis zur letzten Unterschrift in Anspruch genommen?

Benno Hübel: Vom Erstkontakt bis zur letzten Unterschrift beim Notar hat es knapp fünf Monate gedauert. In einem Bewerbungsverfahren haben wir uns gegen mehr als 30 weitere Interessenten durchgesetzt.

Was waren die größten Hürden / Herausforderungen direkt nach der Übernahme?

Melanie Hübel: Wir mussten uns erst mal innerhalb der Süßwarenbranche durchsetzen. Man hat uns kritisch beäugt. Mit der neuen Verpackungslinie sind wir auf viele Vorbehalte gestoßen. Kleine runde Pralinenschachteln wurden in der Branche als kritisch und unverkäuflich angesehen. Wir haben das Ungewöhnliche trotz der Kritik gewagt. Die kleinen runden Schachteln sind zu unserem Bestseller geworden. Die Kunden lieben die Schachteln. Diese waren bei uns als erstes ausverkauft.

Benno Hübel: Die Mitarbeiter waren durch die Insolvenz verunsichert. Die Belegschaft musste Vertrauen zu uns aufbauen. Vertrauen verspielen geht sehr schnell – Vertrauen aufbauen dauert Zeit und erfordert viel Zuhören und gemäßigtes Handeln.
 

Gab es finanzielle Hilfestellungen bei der Übernahme in Form von Fördergeld etc.? Und wie haben Sie es finanziell gestemmt, den laufenden Betrieb in Gang zu halten bzw. zu renovieren?

Benno Hübel: Wir haben Sawade durch einen finanziellen Mix aus Eigenkapital, stillen Beteiligungen und Bankdarlehen finanziert. Wir hatten den Vorteil, dass Sawade während der Insolvenzphase weiter produziert hat und eingeschränkt lieferfähig war. Das erste Jahr war durch Restruktionierungsmaßnahmen geprägt. Trotzdem haben wir den Markenauftritt geschärft, die neue Verpackungslinie herausgebracht, an der Liefertreue gearbeitet und das Vertrauen unserer Kunden wiedergewonnen.
 

Welches waren dann die größten Meilensteine bei der Modernisierung des Unternehmens?

Benno Hübel: Wir haben unsere Pralinen in einem einwandfreiem qualitativem Zustand vorgefunden. Dort konnten wir bei der Produktion nahtlos anschließen und uns auf die traditionellen Rezepte berufen. Wir haben unser Hauptmerk auf den Aufbau eines Vertriebes und den dazugehörigen Vertriebsaktivitäten gelenkt. Kataloge, Ordersätze, Hausmesse, Besuche der Fachhändler usw.  Im Bereich Marketing haben wir Markenpflege betrieben. Neues Corporate Design, neue Schachtellinie auf den Markt gebracht, Aufbau eine Online-Shops und Website, Social Media, einen Pop-Up Store getestet und unseren Werksverkauf ausgebaut.
 

Wo sehen Sie sich heute, knapp zwei Jahre nach der Übernahme? Haben Sie es bereits geschafft, Sawade als hochwertige Marke in Berlin und darüber hinaus zu etablieren?

Melanie Hübel: Wir haben im Oktober 2014 eine neue, elegante und hochwertige Verpackungslinie auf den Markt gebracht. Wir verbinden dort zwei Welten: die Tradition mit all den Werten von Sawade mit der modernen und zeitgemäßen Welt. Wir hatten im letztem Jahr einen Pop-Up Store im Hackeschen Markt in Berlin-Mitte getestet. Dort werden wir zum Anfang des Jahres einen neuen dauerhaften Flagship Store eröffnen.

Vor allem der steigender Zahl der Berlin Touristen bieten wir hier mit Sawade ein Original Berlinsouvenir an, das auch noch gut schmeckt! Zudem werden wir einen Store in der Delikatessenabteilung des KaDeWe ausbauen. Unsere Schachteln liegen zukünftig auf den Zimmern des Hotel Adlon. Wir haben Anfragen aus Japan, Belgien und Finnland ... Ja, ich denke schon, dass wir mit Sawade als hochwertige Marke aus Berlin wieder gehört werden. Wir haben schon sehr viel erreicht und haben noch so viel vor!
 

Vor diesem Hintergrund – welchen Stellenwert hat die Crowdfunding-Kampagne, die zurzeit auf Companisto läuft?

Benno Hübel: Einer der Gründe, warum wir uns für eine Crowd-Investing Kampagne entschieden haben, ist es viele begeisterte Markenbotschafter zu gewinnen und die Marke gemeinsam mit der Crowd stark zu machen. Selbstverständlich wollen wir auch Kapital einsammeln. Wir möchten uns deutlich schneller und zielgerichteter voran bewegen als wir es rein aus eigener Kraft könnten. Die Marke Sawade muss weiter ausgebaut werden. Im Oktober eröffnen wir wieder einen Pop-Up-Store in Berlin Mitte. Diesen werden wir im nächsten Jahr zu einem Flag-Ship Store ausbauen. Wir wollen unseren Online-Shop und unsere Website verbessern.
 

Würden Sie sich – ohne wenn und aber – nochmal auf das Abenteuer Unternehmensübernahme Sawade einlassen?

Benno Hübel: Auf alle Fälle! Mit dem Wissen und der Erfahrung von heute würden mir viele Entscheidungen leichter fallen. Wir können mit Genugtuung sagen, dass wir vieles richtig gemacht haben! Die Übernahme von Sawade ist und bleibt eine Herzensangelegenheit!
 

Was raten Sie anderen Gründern, die als Unternehmensnachfolger durchstarten wollen?

Benno Hübel: Mut haben, seine Visionen auch durchzusetzen. Sich nicht auf dem geplanten Weg von den Bedenkenträgern abbringen lassen. Hilfreich ist es auch, ein gutes Netzwerk zu haben. Meine Frau gab mir einen Satz von Elsa Maxwell zu lesen. Sie war Journalistin und eine legendäre Event-Planerin aus New York in den Zwanziger Jahren: „Servieren Sie das Menü rückwärts. Oder wie auch immer es Ihnen gefällt. Aber tun Sie um Himmels willen etwas Ungewöhnliches“. Das gefällt mir!
 

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Das Interview führte Hans Luthardt

Vorschläge für diese Rubrik an redaktion@starting-up.de
 

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Gründer*in der Woche: Darmwunder – Darm trifft Psyche

Wie sich die ehemalige Polizistin Jana Müller mit dem Tabuthema Verdauungs­beschwerden im E-Health-Bereich erfolgreich selbständig gemacht hat.

Jana Müller sitzt an ihrem Schreibtisch und führt eine Online-Coaching-Session durch. Dabei spricht sie über Themen, die für viele mit Scham behaftet sind: Blähungen, Verstopfung, Durchfall. Ihre Zuhörer*innen: Menschen mit Reizdarm und anderen, teils „unerklärlichen“ Verdauungsbeschwerden. Vor fünf Jahren war sie noch eine von ihnen. Ihr Alltag war stark ein­geschränkt, verschriebene Behandlungen schlugen nicht an. „Mir wurde bereits als junger Mensch die Hoffnung genommen, wieder gesund zu werden“, erinnert sich Jana. Die Zeit voller Ängste geht ihr heute noch nah.

Zwölf bis fünfzehn Prozent der Bevölkerung in Deutschland leiden unter Reizdarmsymptomen, Betroffene müssen laut Aussage vieler Ärzt*innen „einfach damit leben“. Warum ist das so? Die Ursache des Problems sieht Jana in unserem Gesundheitssystem: „Die meisten Ärzt*innen behandeln nur die Symptome, die in ihr Fachgebiet fallen. Der komplexe menschliche Körper wird dabei selten ganzheitlich betrachtet.“

Heute ist Jana wieder vollständig genesen. Den Weg dorthin und das Wissen über den menschlichen Körper hat sie sich in verschiedenen Aus- und Weiterbildungen selbst erarbeitet. Eine Selbständigkeit war zunächst nicht geplant. Der Bedarf an einer Wissensvermittlung in diesem Bereich und die Lücke im Gesundheitssystem, die nach wie vor nicht gedeckt ist, haben Jana zum Umdenken bewogen: Sie gründete ihr Start-up Darmwunder und setzt sich seitdem – basierend auf den drei Bereichen Nervensystem, Emotion und Ernährung – intensiv mit den Betroffenen auseinander.

Von der Polizistin zur Gründerin

Vor ihrer Gründung war Jana Polizistin. Während ihrer kompletten Ausbildung war sie sich sicher, ihren Traumberuf gefunden zu haben. Doch dann begannen die geschilderten gesundheitlichen Probleme. Anfangs führte sie diese auf eine nicht auskurierte Grippe und einen stressigen Umzug zurück. Auch der Eintritt in den Schichtdienst verlangte ihr körperlich einiges ab. Als junger, bis dahin gesunder Mensch bekam sie Verdauungsprobleme, die sie stark einschränkten und chronisch wurden. Zusätzlich traten Hautprobleme, Schwindel, starkes Kälteempfinden und Schlaflosigkeit auf.

Für Jana begann ein Marathon an ärztlichen Sprechstundenbesuchen. Bei jedem Arzt bzw. jeder Ärztin bekam sie eine andere Diagnose ausgestellt, die verschriebenen Medikamente und Behandlungen schlugen allerdings nicht an. Ihr wurde immer häufiger nahegelegt, dass sie lernen müsse, ihre Beschwerden zu akzeptieren. „Damit müssen Sie jetzt leben! Dieser Satz hat mich zutiefst erschrocken und treibt mich immer noch an“, sagt Jana.

Schon während dieser Zeit fragte sie sich kritisch, warum ihr immer wieder einzelne Diagnosen ausgestellt wurden, die ihr nicht halfen. Eine Möglichkeit, dass ihre Beschwerden von den Ärzt*innen in einen ganzheitlichen Zusammenhang gebracht werden, gab es schlichtweg nicht. „Die ganzheitliche Betrachtung des menschlichen Körpers kann unser aktuelles Gesundheitssystem nicht abdecken“, weiß Jana heute. Die Gründe hierfür liegen in der limitierten Zeit, die Ärzt*innen pro Patient*in aufbringen können, und in der einseitigen Betrachtung, die auf das spezifische Fachgebiet beschränkt ist.

Eine große Vision und kein Plan B

Dem Rat der Ärzt*innen, die Beschwerden zu akzeptieren, folgte Jana nicht. Neben ihrer Arbeit als Polizistin absolvierte sie eine Ausbildung zur zertifizierten Ernährungs- und Gesundheitsberaterin, eine Coaching-Ausbildung und verschiedene Fortbildungen zum komplexen Thema Nervensystem. Mit ihrem Wissen stellte sie sodann nicht nur ihre Ernährung um, sondern grub nach den tieferliegenden Ursachen für ihre Beschwerden.

Spontan meldete sie sich während dieser Zeit bei Instagram an und teilte dort ihr Wissen und ihren eigenen Heilungsprozess. Das Feedback und die Nachfrage nach Informationen waren enorm. Deshalb entschloss sich Jana, 1:1-Coachings neben ihrer Tätigkeit im öffentlichen Dienst anzubieten. 2023 kündigte sie und gründete Darmwunder. Mit ihrem Online-Coaching-Programm schließt sie seitdem eine Lücke, die sich für all diejenigen auftut, die bei Reizdarm und weiteren „unerklärlichen“ Symptomen eine ganzheitliche Betrachtung des menschlichen Körpers benötigen.

„Ich habe eine große Vision und keinen Plan B“, so Jana – zwei Umstände, die sie als Gründerin immer wieder antreiben. Ob es eine große Hürde war, aus dem vermeintlich sicheren öffent­lichen Dienst in die Selbständigkeit zu gehen? „Der Schritt war nicht einfach“, so Jana. Sie kommt aus einer Familie voller Polizist*innen, niemand in ihrem Umfeld ist selbständig. Mit dem Schritt in die Selbständigkeit schloss sich für Jana zugleich auch ein Kreis. Denn während ihrer gesundheitlichen Genesung wurde ihr klar, dass der Beruf der Polizistin einfach nicht der richtige für sie ist.

Gesundheits-Coaching mit hohen Ansprüchen

Bei chronischen Verdauungsbeschwerden spielen die Psyche und die ganzheitliche Betrachtung des Körpers eine entscheidende Rolle. Stress, Angst und Wut aktivieren unser Nervensystem dauerhaft. „Mit dem richtigen Wissen muss sich kein Mensch mit chronischen Verdauungsbeschwerden abfinden“, ist Jana zutiefst überzeugt.

Die Frage, die für sie lange Zeit im Raum stand, war: „Wie schaffe ich es, möglichst vielen Betroffenen einen Zugang zu den richtigen Informationen zu geben?“ Durch die gesammelten Erfahrungen der 1:1-Coachings entstand die Idee zu ihrem Online-Coaching-Programm im Gesundheitsbereich. Grundlage dafür ist die sogenannte Darmwunder-Erfolgsformel, die die Bereiche Nervensystem, Emotion und Ernährung betrachtet.

„Menschen, die unter chronischen Verdauungsproblemen leiden, drehen meistens nur an der Stellschraube Ernährung. Das ist aber zu kurz gedacht“, erklärt Jana. Darmwunder setzt den Fokus gezielt auf den ganzheit­lichen Ansatz und unterscheidet sich so von vielen Coaching-­Angeboten auf dem Markt.

Die qualitativen Ansprüche an das eigene Online-Coaching-­Programm sind von Jana sehr hoch gesetzt. Aus diesem Grund arbeitet sie nicht allein, sondern hat sich Expertinnen in ihr Team geholt, um verschiedene Bereiche abzudecken. Schwarze Schafe im Coaching-Bereich gibt es immer wieder, vor allem wenn es um das Thema Gesundheit geht. „Wer im Gesundheits-Coaching ein Heilversprechen gibt, ist absolut unseriös“, stellt Jana klar. Selbstverständlich kann auch sie keine „Heilung“ versprechen, bzw. distanziert sich ganz klar von solchen Versprechungen. Zudem ersetzt das Darmwunder-­Programm keine Therapie und stellt keine Diagnosen. Es ergänzt die ärztliche Betreuung, indem es ein tiefgreifendes Wissen über den Zusammenhang zwischen Körper und Psyche vermittelt und passende Werkzeuge für Veränderungen des eigenen Lebens aufzeigt.

Damit können sich die Teilnehmer*innen eigenverantwortlich und selbstwirksam helfen. Ganz bewusst haben sich Jana und ihr zehnköpfiges Team für ein Online-Programm entschieden. Denn es setzt genau dort an, wo die klassische Schulmedizin nicht mehr greift, und ist für alle nutzbar, unabhängig vom jeweiligen Wohnort.

Die Sprache des eigenen Körpers wieder erlernen

Das Online-Coaching ist für Jana erst der Anfang. Eine Erweiterung der Produktpalette ist bereits geplant. Betroffenen soll damit die Möglichkeit eines niederschwelligen Einstiegs in das Thema geschaffen werden. Zudem soll es ein Angebot zur Prävention geben. „Die Sprache des eigenen Körpers können wir alle wieder erlernen. Es ist aber noch viel Aufklärungsarbeit in der Gesellschaft vonnöten, damit ein breites Bewusstsein für die enge Verbindung zwischen Psyche und Körper entsteht“, ist die ambitionierte Gründerin überzeugt.

Gründer*in der Woche: Claudia Ruks – setzt voll auf "Made in Germany"

„Made in Germany“ steht weltweit für Qualität und Zuverlässigkeit. Doch die Strahlkraft des Labels scheint aktuell etwas nachzulassen. Vor welchen Herausforderungen junge Unternehmen stehen, die dieses Gütezeichen aktiv nutzen, berichtet Claudia Ruks, Gründerin von RIEMA Germany.

Als ich RIEMA gegründet habe, war für mich von Anfang an klar: Unsere Kuscheldecken sollen in Deutschland hergestellt werden. Nachhaltigkeit, höchste Qualität und kurze Transportwege – das klang nach der perfekten Kombination. Doch schnell wurde mir bewusst, dass „Made in Germany“ nicht nur Vorteile bringt, sondern auch Herausforderungen birgt, die man als Gründer*in erst einmal meistern muss.

Qualität, die überzeugt – aber zu welchem Preis?

Einer der größten Vorteile der Produktion in Deutschland ist die heraus­ragende Qualität. Unsere Partnerbetriebe haben jahrzehntelange Erfahrung, und sämtliche Produktionsschritte – vom Spinnen über das Färben bis hin zum Weben – finden hierzulande statt.

Das sichert nicht nur Arbeitsplätze, sondern ermöglicht uns auch eine enge Zusammenarbeit mit unseren Produzent*innen. Dadurch können wir höchste Standards gewährleisten und sicherstellen, dass unsere Decken nicht nur langlebig, sondern auch nachhaltig gefertigt sind.

Doch diese Qualität hat ihren Preis. Die Lohnkosten in Deutschland sind hoch, ebenso die Energiekosten, die in der Textilindustrie eine entscheidende Rolle spielen. Gerade in den letzten Jahren haben steigende Strom- und Gaspreise die Produktion massiv verteuert. Für uns als junges Unternehmen bedeutet das: Jede Kalkulation muss exakt stimmen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Der Wunsch nach Qualität und Nachhaltigkeit steht damit oft im Spannungsfeld mit wirtschaftlichen Überlegungen.

Bürokratie – eine echte Herausforderung

Ein weiterer Aspekt, der oft unterschätzt wird, ist die Büro­kratie. Deutschland ist bekannt für seine komplexen Vorschriften, und das trifft auch die Textilproduk­tion. Zertifizierungen, Umweltauflagen, Produktsicherheitsverordnung – all das kostet Zeit und Geld, nicht nur für Produkte, die in Deutschland hergestellt werden. Natürlich sind viele dieser Vorschriften sinnvoll, um Transparenz, faire Arbeitsbedingungen und eine nachhaltige Produktion sicherzustellen. Doch oft fühlt es sich so an, als würden kleine Unternehmen durch den bürokratischen Dschungel ausgebremst, während sich große Konzerne mit eigenen Rechtsabteilungen mühelos durch die Regelungen manövrieren. Als Gründer*in muss man sich durchkämpfen, ständig dazulernen und darf vor allem nicht aufgeben.

Kurze Wege, schnelle Kommunikation

Trotz aller Heraus­forderungen bietet die Produktion in Deutschland aber auch unschätzbare Vorteile. Einer der größten Pluspunkte ist die direkte Kommunikation mit unseren Partner*innen. Änderungen im Design oder der Produktion können schnell abgestimmt werden – ohne Sprachbarrieren, ohne lange Transportwege.

Diese Nähe ermöglicht es uns, flexibel auf Kund*innenwünsche zu reagieren und unsere Prozesse kontinuierlich zu optimieren. Gerade in einer Zeit, in der globale Lieferketten immer fragiler werden, ist das ein unschätzbarer Vorteil. Außerdem kann man seine Produktionsstätte „mal eben“ besuchen und muss nicht erst beispielsweise nach Asien reisen. So kann man sich persönlicher in die Produktion einbringen, Probleme direkt vor Ort gemeinsam besprechen und hat jederzeit einen Einblick in die Herstellung.

Messen als Türöffner

Um unser Netzwerk zu erweitern und neue Kund*innen zu gewinnen, setzen wir stark auf Fachmessen wie die Nordstil oder Trendset. Gerade im B2B-Bereich sind persönliche Kontakte enorm wichtig. Hier zeigt sich auch, dass „Made in Germany“ ein echtes Verkaufsargument ist. Viele Einzelhändler*innen legen Wert darauf, Produkte aus Deutschland anzubieten, weil sie für Verlässlichkeit und hohe Standards stehen. Diese Messen sind für uns daher nicht nur eine Verkaufsplattform, sondern auch eine Gelegenheit, unser Unternehmen weiterzuentwickeln, neue Impulse zu erhalten und Trends frühzeitig zu erkennen.

Besonders wichtig ist für uns auf den Messen das Thema Transparenz. Es gibt so viel Greenwashing, dass selbst das Label „Made in Germany“ manchmal an Wert verliert. Deshalb legen wir großen Wert darauf, genau zu erklären, dass wirklich alle Produktionsschritte in Deutschland stattfinden – vom Färben des Garns bis hin zur Konfektionierung der Decken. Das überrascht viele Händler*innen, ist aber für sie ein unschlagbares Verkaufsargument. Denn genau diese Transparenz hilft ihnen wiederum, die Produkte authentisch an ihre Kund*innen weiterzuverkaufen.

Erfolgsstrategie: nicht zu schnell wachsen

Ein weiterer wichtiger Punkt auf unserem Weg war und ist es, nicht zu schnell zu wachsen. Gerade am Anfang kann ein zu schnelles Wachstum riskant sein – wenn man plötzlich eine hohe Nachfrage hat, die Produktion aber nicht hinterherkommt, kann das schnell zu Engpässen und Qualitätsproblemen führen. Deshalb setzen wir auf einen stetigen, nachhaltigen Ausbau.

Wir haben es geschafft, durch den kontinuierlichen Aufbau unserer Endkund*innen und vor allem durch die gezielte Zusammenarbeit mit zahlreichen B2B-Partner*innen zwei stabile Standbeine zu etablieren. Diese Strategie erfordert Geduld, sie hat sich aber für uns als deutlich sicherer erwiesen, als von Anfang an rasant zu skalieren. So können wir sicherstellen, dass unsere Kapazitäten immer mit unserem Wachstum Schritt halten – ohne Abstriche bei Qualität oder Service.

Ein lohnender Weg mit Hürden

Die Entscheidung, in Deutschland zu produzieren, war für uns genau die richtige. Die Herausforderungen sind nicht zu unterschätzen – hohe Kosten, Bürokratie und steigende Energiepreise machen es hierzulande nicht gerade leicht. Doch die Vorteile überwiegen: Qualität, Nachhaltigkeit und die Nähe zu unseren Partner*innen ermöglichen es uns, einzigartige Kuscheldecken aus Bio-Baumwolle und recycelter Baumwolle anzubieten, hinter denen wir zu 100 Prozent stehen können. Für mich ist „Made in Germany“ kein bloßes Label, sondern eine bewusste Entscheidung – mit all ihren Vor- und Nachteilen.

MedTech-Start-up REMATIQ erhält 5,4 Mio. Euro Seed-Finanzierung

Das 2023 von David Boutellier und Florian Scherer gegründete REMATIQ ist die erste KI-native Plattform für automatisierte Product Compliance in der Medizintechnik.

Das Berliner Start-up REMATIQ unterstützt Medizintechnik-Unternehmen dabei, den Aufwand regulatorischer Bürokratie zu reduzieren. Die Plattform nutzt künstliche Intelligenz, um Compliance-Prozesse bei der Entwicklung von Medizintechnik-Produkten radikal zu vereinfachen. Sie übersetzt komplexe Regularien wie FDA- und MDR-Richtlinien in klare, anwendbare Anforderungen und integriert sie direkt in bestehende Unternehmensprozesse. Das spart Unternehmen bis zu 90 Prozent der Zeit, die sonst für regulatorische Dokumentation und Abstimmungen nötig wäre – und gibt Ingenieur*innen die Freiheit, sich auf lebensverändernde Innovationen zu konzentrieren.

Finanzierung zur Skalierung und technologischen Weiterentwicklung

Jetzt hat REMATIQ in einer Seed-Finanzierungsrunde 5,4 Millionen Euro eingesammelt. Die Runde wird angeführt von Project A Ventures mit Beteiligung von Amino Collective und HelloWorld sowie ergänzt durch renommierte Business Angels wie SaaS-Gründer Boris Lokschin (Spryker Systems) sowie Branchenveteran Timo Fleßner.

Das frische Kapital soll vor allem in die KI-Technologie investiert, das Entwicklerteam stark ausgebaut und die internationale Expansion in Europa und den USA vorangetrieben werden.

„Regulatorische Anforderungen sollten Innovation nicht bremsen, sondern beschleunigen. Mit REMATIQ machen wir Compliance von einer Hürde zu einem Wettbewerbsvorteil. Unser Ziel: lebensrettende Medizintechnik – vom Pflaster bis zum CT-Scan – schneller zu Patient*innen bringen. Wir sind unseren Investoren dankbar, dass sie an diese Vision glauben und uns dabei unterstützen, die Branche nachhaltig zu verändern“, sagt David Boutellier, Co-Founder & CEO von REMATIQ.

Anton Waitz, General Partner bei Project A, ergänzt: „REMATIQ trifft genau den Nerv der Branche. Während regulatorische Hürden viele Unternehmen ausbremsen, bietet REMATIQ eine Lösung, die Effizienz drastisch steigert, ohne Kompromisse bei Qualität und Sicherheit einzugehen. Das Team hat uns mit seiner tiefen Branchenkenntnis und Technologievision überzeugt – wir freuen uns sehr, sie auf dieser Reise zu begleiten.“

10-Mio.-Euro-Fonds für Tech-Start-ups gestartet

Das Start-up-Innovationszentrum BRYCK aus Essen, der Gründerfonds Ruhr und die RAG-Stiftung starten gemeinsam einen 10-Mio.-Euro-Fonds für Deutschlands Tech-Zukunft.

BRYCK, das von der RAG-Stiftung initiierte Gründungs- und Innovationszentrum mit Sitz im Ruhrgebiet, verfolgt die Mission, eines der führenden Gründungszentren in Europa zu werden. Seit seiner Gründung 2022 hat BRYCK mit seinen Programmen das Wachstum von über 100 Start-ups aus 20 Ländern durch einen schnelleren Zugang zu Kapital, Markt und Talenten beschleunigt. Das Gründungszentrum konzentriert sich gezielt auf B2B-Tech-Start-ups, die einen Beitrag zur Lösung großer globaler Herausforderungen wie der Energiewende, der Dekarbonisierung der Industrie und einem zukunftsfähigen Gesundheitswesen leisten.

Mit einem durch die RAG-Stiftung finanzierten 10-Millionen-Euro-Fonds wollen BRYCK und der Venture-Capital-Investor Gründerfonds Ruhr gezielt B2B-Tech- und insbesondere DeepTech-Start-ups in Deutschland unterstützen. Das Kapital fließt künftig in frühphasige Unternehmen, die erfolgreich ein BRYCK-Programm durchlaufen haben und wegweisende Technologien entwickeln, welche das Potenzial haben, Industrien langfristig zu transformieren. Der Fonds ist ein weiterer Meilenstein im Aufbau der BRYCK Startup Alliance und für deren Bewerbung im Leuchtturmwettbewerb Startup Factories der Bundesregierung.

Ziel des neuen Fonds ist es, jährlich in zehn bis 20 vielversprechende Start-ups mit jeweils bis zu 300.000 Euro zu investieren, um ihre Entwicklung in Richtung Marktreife zu beschleunigen und ihre innovativen Geschäftsmodelle weiterzuentwickeln. Verantwortet wird der GF BRYCK Ventures Fonds vom Gründerfonds Ruhr unter der Leitung von Ann-Christin Kortenbrede und Jan Gräfe.

Bernd Tönjes, Vortandsvorsitzender der RAG-Stiftung: „Mit der Finanzierung des GF BRYCK Ventures Fonds versprechen wir uns als RAG-Stiftung perspektivisch interessante Investmentmöglichkeiten in junge vielversprechende Tech-Unternehmen. Gemeinsam mit dem durch uns initiierten Gründungszentrum BRYCK und dem Gründerfonds Ruhr setzen wir damit ein starkes Signal für innovative Technologie- Start-ups in Deutschland und positionieren das Ruhrgebiet als Modellregion für industrielle Transformation.“

Kapital für forschungsintensive Technologien und wissenschaftliche Ausgründungen

Ein Investitionsschwerpunkt des Fonds werden Ausgründungen aus den drei Universitäten im Ruhrgebiet sein (Ruhr-Universität Bochum, TU Dortmund, Universität Duisburg-Essen), die forschungsintensive Technologien entwickeln, sogenannte DeepTech-Start-ups. Diese haben aufgrund langer Forschungs- und Entwicklungszyklen einen höheren Kapitalbedarf als weniger technologiegetriebene Start-ups. Für viele Investor*innen sind sie in frühen Phasen daher häufig unattraktiv. In Deutschland sind nur elf Prozent der Start-ups im DeepTech-Bereich aktiv, lediglich zwei Prozent des globalen DeepTech-Fundings fließen laut Startup Verband in deutsche Start-ups und nur drei der 100 weltweit am höchsten finanzierten DeepTech-Start-ups haben ihren Sitz in Deutschland. Gleichzeitig haben gerade diese jungen Tech-Unternehmen ein enormes Potenzial, ganze Industrien zu transformieren und langfristig erfolgreich zu sein.

„DeepTech-Innovationen brauchen Wachstumskapital, um sich zu entfalten. Mit dem GF BRYCK Ventures Fonds, unserem internationalen Investoren-Netzwerk, sowie der Kombination aus Wissenschaft, Wirtschaft und unserer Start-up-Kompetenz bieten wir Gründer*innen die bestmöglichen Voraussetzungen, um alle Phasen der Unternehmensgründung erfolgreich zu durchlaufen – von Pre-Seed bis Later Stage", erklärt Tobias Grün, Mitglied der Geschäftsleitung von BRYCK.

Kapital aus dem neu aufgelegten Fonds zu erhalten, wird für die DeepTech-Start-ups ein entscheidender Baustein in ihrer Startphase sein. Hieran kann sich ein Seed Investment durch den 2024 aufgelegten Gründerfonds Ruhr II anschließen – die Investitionskette kann sich im Idealfall also nahtlos fortsetzen. Der Gründerfonds Ruhr II umfasst aktuell ein Fondsvolumen von 31 Mio. Euro und soll bis Ende 2025 noch auf 50 Mio. Euro anwachsen. Für anschließende Wachstumsinvestitionen ab der Series A stellen sowohl der Gründerfonds Ruhr als auch BRYCK zusätzlich ein großes Netzwerk an Investor*innen zur Verfügung, welches den Start-ups bei Anschlussfinanzierungen bis zur Later Stage zur Seite steht.

„Das Ruhrgebiet hat mit seinen sehr guten Universitäten, Hochschulen und vielen weiteren Forschungs- und Entwicklungszentren exzellente Möglichkeiten, um der Treiber für Innovation und Transformation in Deutschland zu sein. Der GF BRYCK Ventures Fonds setzt gezielt dort an, wo Kapital fehlt, und unterstützt junge Tech-Start-ups mit hohem Potenzial und enger Anbindung an die regionale Forschungslandschaft", sagt Ann-Christin Kortenbrede, Managing Partner des Gründerfonds Ruhr.

Gründer*in der Woche: PeerMetering - Smart-Meter für alle

PeerMetering zeigt eindrucksvoll, wie ein kleines Start-up mit einer großen Idee die Energiewende in einem hochregulierten Markt aktiv mitgestalten kann.

Deutschland hinkt in puncto Digitalisierung seiner Stromnetze im europäischen Vergleich deutlich hinterher. Länder wie Schweden, Dänemark oder die Niederlande haben bereits eine Durchdringungsrate von mehr als 80 Prozent bei der Einführung intelligenter Messtechnik erreicht. In Deutschland stellt das Messstellenbetriebsgesetz hohe technische Anforderungen an intelligente Messsysteme, die mit erheblichen Kosten verbunden sind. Diese Investitionen – besonders für die Installation von Smart-Meter-Gateways – machen die Digitalisierung für viele Netzbetreiber bislang unwirtschaftlich.

Die Folge: Die Digitalisierung unseres Stromnetzes kommt nur schleppend voran, insbesondere bei kleinen Verbraucher*innen in Mehrparteienhäusern. Hier kommt das junge Osnabrücker Start-up peerMetering ins Spiel. Gegründet von Jan-Frederic Graen und Daniel Mentrup, hat das Start-up eine technologische Lösung entwickelt, die es ermöglicht, bis zu 30 Stromzähler über große Distanzen hinweg mit einem einzigen Smart-Meter-Gateway zu verbinden – eine echte Innovation.

Die Technologie basiert auf einem Sende- und Empfangs­modul, das die Zählerstände über eine OMS-konforme LPWAN-Funkstrecke überträgt. So können bauliche Hürden wie Betondecken und große Entfernungen von bis zu 200 Metern problemlos überwunden werden (siehe Grafik). Diese Lösung ermöglicht eine kosteneffiziente Digitalisierung von Mehrparteienhäusern, ohne dass für jede Wohneinheit ein separates Gateway erforderlich ist.

Eine Lösung zur rechten Zeit

Ein zentraler Baustein der Energiewende ist die Digitalisierung der Stromnetze. Seit 2025 gelten für Netzbetreiber verpflichtende Ausbauquoten, die bisher schwer zu erfüllen waren. Bisher lag der Fokus im Ausbau auf Messstellen mit einem hohen Energieverbrauch, beispielsweise bei Kund*innen mit einem E-Auto oder einer Wärmepumpe. „Wir brauchen eine Lösung, um alle Haushalte digital anzuschließen und dürfen die Mehrheit der Messpunkte nicht aus den Augen verlieren. Nur wenn wir Lösungen haben, die allen Verbrauchern einen Mehrwert bringen, haben wir eine Chance, unsere ehrgeizigen Ziele der Energiewende zu erreichen“, so Jan-Frederic Graen.

Mit den neuen Änderungen im Messstellenbetriebsgesetz wird der Einbau intelligenter Messsysteme wirtschaftlich attraktiver. Laut einem neuen Bundestagsbeschluss können optionale Einbaufälle auf die gesetzlich vorgeschriebene 20-Prozent-Roll-out-Quote angerechnet werden. Zudem wird die POG-Umlage für moderne Messeinrichtungen erhöht, was den Einbau in Haushalten mit geringem Verbrauch wirtschaftlich macht. „Das macht peerMetering zu einer attrak­tiven Lösung, um Mehrparteienhäuser schnell und kosteneffizient zu digitalisieren; ein entscheidender Schritt für Netzbetreiber, um die Energiewende voranzutreiben“, so CEO Graen.

Vom Hackathon zur Marktreife

Der Ursprung von peerMetering geht auf einen Hackathon im Jahr 2019 zurück. Damals suchten die Stadtwerke Osnabrück nach einer Lösung, um Stromzähler per LoRaWAN auszulesen. Jan-Frederic Graen und sein Team entwickelten ein Konzept für eine kostengünstige und skalierbare Digitalisierung von Messstellen. Diese erste Idee mündete in die Gründung von peerOS, einem Unternehmen, das sich auf die Digitalisierung von Zählern im unregulierten Bereich spezialisierte.

Die damalige Gesetzeslage erschwerte jedoch die Umsetzung, sodass sich peerOS nicht am Markt etablieren konnte. Erst 2023, nach einer Gesetzesänderung, wurde ein neuer Ansatz entwickelt – diesmal konform zu den regulatorischen Vorgaben. Gemeinsam mit den Stadtwerken Osnabrück, smartOPTIMO und dem SmartCityHouse Osnabrück startete Jan-Frederic Graen neu durch, gründete peerMetering, und absolvierte nach einer ausgiebigen Konzept- und Planungsphase einen wegweisenden Pilotversuch: 30 Stromzähler wurden erfolgreich über bis zu 200 Meter hinweg mit einem einzigen Gateway verbunden – ein Durchbruch für das Start-up.

Mit dem erfolgreichen Pilotprojekt auf dem Campus der Stadtwerke Osnabrück hat peerMetering gezeigt, dass ihre Innovation nicht nur technisch umsetzbar, sondern auch wirtschaftlich in der Praxis realisierbar ist. Während dieser Phase lernte Jan-Frederic Graen seinen Mitgründer Daniel Mentrup kennen. Mit seiner langjährigen Erfahrung in der Produktentwicklung und Softwarearchitektur ergänzt er seitdem das Gründerteam und hat als CTO die technische Leitung inne.

Erfolgreicher Markttest – jetzt geht’s los

Nach der erfolgreichen Testphase arbeitet peerMetering nun an der Zertifizierung seiner Lösung. Im Frühjahr 2025 sollen die PTB-Baumusterprüfung und CE-Zertifizierung abgeschlossen sein. „Diese Zertifizierungen sind ein entscheidender Schritt, um den Anforderungen des Messstellenbetriebsgesetzes gerecht zu werden“, so Mentrup. Parallel dazu wird die Lösung für weitere Zählertypen angepasst – aktuell ist sie bereits mit eBZ-, EasyMeter- und Steckzählern kompatibel. Um die Verbreitung der Technologie weiter voranzutreiben, bietet das Start-up Netzbetreibern Testkits an, mit denen sie die Lösung in ihrem eigenen Netz ausprobieren können.

Starke Netzwerke als Erfolgsfaktor

Der Erfolg von peerMetering basiert nicht nur auf der Technologie, sondern auch auf starken Partnerschaften. Neben den Stadtwerken Osnabrück und smartOPTIMO war auch das SmartCityHouse Osnabrück ein wichtiger Unterstützer. „Das SmartCityHouse hat uns von Beginn an begleitet, wertvolle Kontakte vermittelt und uns den Zugang zu strategisch wichtigen Partnern ermöglicht. Die Unterstützung hat uns entscheidend dabei geholfen, unsere Lösung schneller in die Praxis zu bringen“, ist sich Graen sicher. Solche Netzwerke sind für Start-ups unverzichtbar, insbesondere in einem hochregulierten Markt wie dem Energiesektor.

Die nächsten Meilensteine im Blick

Der aktuelle Fokus der Gründer liegt auf der Zertifizierung ihres Produkts. „Sobald die Zertifizierungsphase abgeschlossen ist, planen wir den deutschlandweiten Verkauf unseres Produktes“, so Graen. Parallel zur Zertifizierung bereitet peer­Metering diverse Pilotaufbauten bei interessierten Stadtwerken vor.

Die Learnings der Gründer

  • Nur wer den Markt versteht, kann ihn verändern: „Unsere Lösung ist kein Zufallsprodukt – wir haben uns tief in die Anforderungen des Marktes und die regulatorischen Rahmenbedingungen eingearbeitet und speziell auf diesen Anforderungen ein Produkt entwickelt“, so Graen.
  • Starke Partnerschaften als Erfolgsfaktor: „Ohne die Zusammenarbeit mit Netzbetreibern und Technologiepartnern wäre die Entwicklung nicht möglich gewesen“, ergänzt Daniel Mentrup.
  • Timing ist alles: „Mit der aktuellen Gesetzeslage und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen trifft peerMetering genau den richtigen Zeitpunkt für den Markteintritt“, so Graen abschließend.

Female Founders Monitor 2025

Die aktuelle Studie des Startup-Verband und der Bertelsmann Stiftung zeigt einmal mehr, wie groß der Gendergap im Start-up-Ökosystem nach wie vor ist – und warum bzw. wo wir ansetzen müssen, um mehr Frauen fürs Gründen zu gewinnen.

Drei zentrale Erkenntnisse des Female Founders Monitor 2025

  • Gründen beginnt im Kopf: Nur 43 Prozent der Gründerinnen fassen den Entschluss zur Gründung bereits in Jugend oder Studium – bei Männern sind es rund zwei Drittel.
  • Vereinbarkeit bleibt Schlüsselthema: 81 Prozent der Gründerinnen und 60 Prozent der Gründer sehen strukturelle Hürden bei der Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum als größten Hebel für mehr Diversität.
  • Investitionen in Gründerinnen steigen – aber die Schieflage bleibt: Seit 2017 hat sich das investierte Wagniskapital in Start-ups mit mindestens einer Gründerin vervierfacht. Dennoch fließen weiterhin 91 Prozent des Kapitals an rein männliche Teams.

Die Kernergebnisse im Überblick

1. Erstmals sinkt der Gründerinnenanteil im deutschen Startup-Ökosystem: Nachdem der Wert in den letzten fünf Jahren kontinuierlich gestiegen ist, liegt er aktuell bei 18,8 Prozent. Die Zurückhaltung im privaten Konsum trifft besonders Business-to-Consumer-Geschäftsmodelle (B2C), indenen Frauen stärker vertreten sind.

2. Der Gendergap zeichnet sich schon im Studium ab: Während 60 Prozent der Studentinnen größeren Wert auf Arbeitsplatzsicherheit legen, sind dies unter Männern nur 32 Prozent. So können sich 40 Prozent der Studenten vorstellen, ein Unternehmen zu gründen oder in einem Startup zu arbeiten – unter Frauen nur 21 Prozent.

3. Frauen entdecken das Unternehmertum später: 65 Prozent der Startup-Gründer haben bereits in der Jugend oder im Studium das Karriereziel Unternehmertum für sich entdeckt – bei den Gründerinnen 43 Prozent. Gesellschaftliche Prägungen und Rollenvorstellungen beeinflussen berufliche Entscheidungen also bereits früh.

4. Gründer sehen Gendergap seltener als Problem: 87 Prozent der Gründerinnen sehen die Ungleichheit im Startup-Ökosystem als Problem, jedoch nur jeder zweite Gründer. Wenn Gründer aber in Mixed Teams arbeiten und mindestens eine Mitgründerin haben, steigt das Problembewusstsein auf 64 Prozent.

5. Bei Investments gibt es einen positiven Trend: Die Zahl der Venture-Capital-Finanzierungen (VC) für Start-ups mit mindestens einer Gründerin hat sich seit 2017 fast verdoppelt – das investierte Kapital fast vervierfacht. Dennoch fließen immer noch 91 Prozent des Kapitals in reine Männerteams.

6. Vereinbarkeit und Vorbilder sind die wichtigsten Hebel: Sowohl Frauen (81 Prozent) als auch Männer (60 Prozent) im Startup-Ökosystem sehen die Vereinbarkeit von Familie und Unternehmertum als entscheidenden Faktor für den Abbau des Gendergaps – darüber hinaus wird die Bedeutung von Role Models betont.

Mehr Gründerinnen, mehr Innovationskraft

„Die Stärkung von Frauen im Start-up-Bereich ist nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, sondern am Ende auch eine kluge strategische und politische Entscheidung. Wer sie trifft und die richtigen Maßnahmen ergreift, sorgt dafür, dass wir unser volles wirtschaftliches Potenzial ausschöpfen. Wir müssen Barrieren abbauen, die Frauen zurückhalten und ihnen die gleichen Chancen bieten – nur so können wir Innovationen in Deutschland auf das nächste Level heben“, kommentiert Zoé Fabian-Frey, General Partner Noteus und Vorstand Startup-Verband.

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TUM mit Rekord bei Ausgründungen

An der Technischen Universität München (TUM) sind 2024 erstmals mehr als 100 Start-ups gegründet worden; auch bei den EXIST-Gründungsstipendien stand die TUM 2024 an der Spitze.

DeepTech-Lösungen für drängende Probleme, interdisziplinäre Teams, maßgeschneiderte Förderung und ein starkes Netzwerk: Mit diesen Erfolgsfaktoren hat die TUM eines der führenden Entrepreneurship-Ökosystems Europas entwickelt. 103 Start-ups haben Forschende, Studierende und Absolvent*innen der TUM im Jahr 2024 gegründet – ein Rekord. Im selben Jahr wurden von UnternehmerTUM und den TUM Venture Labs mehr als 1.100 Start-up-Teams unterstützt.

EXIST-Spitzenreiter

Auch bei den EXIST-Gründungsstipendien stand die TUM 2024 an der Spitze. Das Bundeswirtschaftsministerium fördert mit diesen Stipendien Ausgründungen von Hochschulen, wenn diese die Teams bei der Unternehmensgründung unterstützen. Im vergangenen Jahr gingen mehr als 30 Stipendien an die TUM – mit Abstand die größte Zahl. Seit Beginn des Förderprogramms im Jahr 2007 konnte die TUM mit ihren Ausgründungen mehr als 250 Stipendien einwerben und ist damit die erfolgreichste deutsche Hochschule.

Unicorn-Schmiede

Die Start-ups schreiben rasante Erfolgsgeschichten. 21 Unicorns, also Unternehmen, die ohne Börsengang eine Unternehmenswert von einer Milliarde Dollar erreichen, wurden von Forschenden und Absolventinnen und Absolventen der TUM gegründet. Darunter ist mit Celonis auch das erste deutsche Decacorn, also ein Start-up mit einer 10-Milliarden-Bewertung.

„Zeichen für Innovationsstandort Deutschland“

„Mehr als 100 Ausgründungen in einem Jahr: Das ist ein Meilenstein nicht nur für die TUM, sondern in der derzeit schwierigen wirtschaftlichen und geopolitischen Lage auch ein wichtiges Zeichen für die Zukunftsfähigkeit des Innovationsstandorts Deutschland“, sagt TUM-Präsident Prof. Thomas F. Hofmann. „Die Grundlage für diesen Erfolg ist die unternehmerische Haltung, zu der wir unsere Universitätsgemeinschaft seit vielen Jahren ermutigen.“

Eine große Stärke der Gründungsförderung an der TUM ist, dass sie äußerst spezifisch zugeschnitten ist. Auf zwölf bedeutenden Themenfeldern, von Quantentechnologien über Healthcare bis zu Luft- und Raumfahrt, bieten die TUM Venture Labs auf ihrem jeweiligen Gebiet eine unmittelbare Anbindung an die Spitzenforschung, technische Infrastruktur, Expertise für den jeweiligen Markt und Kontakte in die Branche. Die Programme von TUM, UnternehmerTUM und TUM Venture Labs sind passgenau für die unterschiedlichen Phasen der Gründung, Voraussetzungen der Teams und Gründungspersönlichkeiten ausgerichtet. Dazu tragen auch die wissenschaftlichen Erkenntnisse des Entrepreneurship Research Institute bei. In die vielversprechendsten Start-ups investiert UnternehmerTUM mit einem eigenen Venture Capital Fonds.

mo:re: Hamburger Life-Science-Start-up sichert sich 2,3 Mio. Euro

Das 2020 gegründete mo:re entwickelt eine Laborplattform, die neue Standards in der tierversuchsfreien Medikamentenentwicklung setzt.

In der Wissenschaft herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass sog. Organoide einen bedeutenden Schritt auf dem Weg zu einer repräsentativeren Modellierung von Krankheiten darstellen. Der Weg zu einer schnelleren Zulassung von relevanteren Medikamenten führt über moderne Organoidmodelle. Dies wurde auch von FDA erkannt, der amerikanischen Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (Food and Drug Administration). In ihren neuen Richtlinien macht sie den Weg frei, Tierversuche durch relevante Organoidmodelle zu ersetzen. In diesem Bereich fehlen noch die Mittel für eine breite Anwendung von Organoiden mit höherem Durchsatz, um reproduzierbare Ergebnisse in einer standardisierten Umgebung zu erzielen.

Laborplattform ersetzt Tierversuche

Vor diesem Hintergrund hat das Life-Science-Start-up mo:re eine Laborplattform entwickelt, die Automatisierung und Software für die Planung, Durchführung und Analyse von Zellkulturstudien kombiniert. Die Plattform zielt darauf ab, die Zellkultur zu vereinfachen, Organoide als Standard-Labortechnik zugänglich zu machen und verifizierbare Ergebnisse zu liefern.

Die Plattform aus Laborroboter und Software ersetzt letztlich Tierversuche durch KI-gestützte Kultivierung von Krankheitsmodellen, an denen neue Wirkstoffe standardisiert und im Hochdurchsatz getestet werden können und setzt damit einen neuen Maßstab für Skalierbarkeit, Reproduzierbarkeit und Standardisierung von 3D-Zellkulturmodellen.

2,3-Mio.-Finanzierung zur Kommerzialisierung

Jetzt hat mo:re auf der SLAS 2025 in San Diego, der weltweit führenden Messe für Laborautomation, die Markteinführung seines ersten Produkts bekannt gegeben. Die Kommerzialisierung wird durch eine Seed-Finanzierung in Höhe von 2,3 Millionen Euro durch internationale Investoren unter Führung des HTGF unterstützt. Ebenfalls beteiligt sind der Innovationsstarter Fonds Hamburg (IFH), Gilson Inc., NEDGEX, Nidobirds Ventures sowie die Privatinvestoren R&R Medical und Martin Blüggel.

„Mit dieser Finanzierung wollen wir unsere Präsenz auf dem Markt etablieren und unser Team weiter ausbauen. Jetzt ist es an der Zeit, unsere Ressourcen auf die Entwicklung weiterer wissenschaftlicher Anwendungen zu konzentrieren, um das Potenzial unserer Plattform gemeinsam mit unseren Kunden und unserem internen Labor für Forschung und Entwicklung zu erschließen“, so Lukas Gaats, CEO bei mo:re.

„Das Team von mo:re ist auf dem besten Weg, seine Vision zu verwirklichen, Forschern weltweit einen einfachen Zugang zu einer standardisierten Methode zur Durchführung von 3D-Zellkulturen und reproduzierbaren Ergebnissen zu ermöglichen“, ergänzt Dr. Christian Kannemeier, Senior Investment Manager beim HTGF.

Verus Digital: 3D-Digitalisierungspionier erhält 750.000 Euro Pre-Seed-Finanzierung

Die Verus Digital GmbH, ein führender Anbieter auf dem Gebiet der autonomen 3D-Digitalisierung von Objekten, sichert sich ein Pre-Seed-Investment. Das Business-Angel-Netzwerk Gateway Ventures und die Fraunhofer Gesellschaft investieren 750.000 Euro in die weitere Entwicklung der Fraunhofer-Ausgründung.

Die 2023 von Matevz Domanjko, Reimar Tausch und Martin Schurig als Spin-off des Fraunhofer-Instituts für Grafische Datenverarbeitung IGD in Darmstadt gegründete Verus Digital GmbH bietet mit CultArm3D die erste mobile All-in-One-Lösung für die 3D-Digitalisierung von Objekten, sowie passgenaue Digitalisierungsdienstleistungen, Beratung und Schulung für kund*innenorientierte Lösungen an.

Die 3D-Scanner von Verus Digital nutzen modernste Technologie, um Kund*innen weltweit smartes digitales Scannen und Modellieren von Objekten zu einem Bruchteil der Kosten und des Zeitaufwandes bisheriger Verfahren anzubieten. Das Unternehmen hat mit der Produktlinie CultArm3D eine autonome 3D-Scanstation erfolgreich eingeführt, die die Dokumentation und digitale Konservierung von Kunstobjekten und historischen Artefakten mit wissenschaftlicher Präzision ermöglicht.

Hierfür arbeitet Verus Digital mit internationalen Partnern wie Phase One, einem führenden Hersteller von digitalen High-End-Kamerasystemen, Universal Robots, einem international tätigen Hersteller von kollaborativen Leichtbaurobotern und weiteren namhaften Partnern in Industrie und Forschung zusammen.

Mit der Pre-Seed-Finanzierung von Gateway Ventures und der Fraunhofer-Gesellschaft will das junge Tech-Unternehmen seine führende Position im Bereich der smarten 3D-Digitalisierung in Museen sowie das neue Geschäftsfeld der 3D-Virtualisierung in der Forensik weiter ausbauen. Zudem sollen durch Weiterentwicklungen und strategische Partnerschaften die Marktposition ausgebaut und weitere Märkte erschlossen werden.

Mit Unterstützung von Fraunhofer Venture wurde im Rahmen des AHEAD-Programms das Geschäftsmodell für den Markteintritt ausgearbeitet. Direkt nach Gründung brachte Verus Digital CultArm3D auf den Markt – die ersten smarten und autonomen 3D Scanning Stationen für Visualisierungen von wissenschaftlicher Qualität.

Matevz Domanjko, CEO bei Verus Digital, erklärt zur erfolgreichen Finanzierungsrunde: „Unsere Technologie verändert bereits heute die Art und Weise, wie führende Institutionen historische Artefakte und forensische Beweise mit unübertroffener Präzision digitalisieren und analysieren. Mit einem voll ausgereiften Produkt und einer wachsenden Marktnachfrage sind wir für die weitere Skalierung unseres Geschäftsmodells hervorragend aufgestellt. Die Investition von Gateway Ventures und Fraunhofer Venture ermöglicht es uns, Innovationen zu beschleunigen, unser Produktangebot zu verbessern und noch schneller in Schlüsselmärkte zu expandieren.“

Markus Kainz, CEO Gateway Ventures, ergänzt: „Die profunde Technologie hinter Verus Digital bietet weltweit einen einzigartigen Vorsprung gegenüber ähnlichen Lösungen. Wir sind überzeugt, dass das Produkt bereit ist in vielen Ländern zum Einsatz zu kommen und freuen uns gemeinsam mit dem Team von Verus Digital und Fraunhofer Venture die nächsten Schritte zu gehen.“

Matthias Unbescheiden, Institutsleiter des Fraunhofer IGD, kommentiert: „Die Gründung der Verus Digital GmbH als Spin-off des Fraunhofer IGD ist ein herausragendes Beispiel für unsere Innovationskraft im Bereich der autonomen 3D-Digitalisierung. Mit der erfolgreichen Finanzierung und dem Engagement für präzise digitale Lösungen unterstützen wir nicht nur die Erhaltung unseres kulturellen Erbes, sondern eröffnen auch neue Anwendungsmöglichkeiten in der Forensik und darüber hinaus.“

Meliodays Medical sichert sich Pre-Seed Finanzierung über 800.000 Euro

Das 2022 von Prof. Dr. Benjamin Wolf, Simone Sabbione und Martin Sabbione in München gegründete Health-Start-up hat sich der Bekämpfung von Menstruationsschmerzen durch lokale Applikation geringster Dosen von Schmerzmitteln verschrieben.

Etwa 80 Prozent der menstruierenden Menschen leiden unter Periodenschmerzen, davon 20 bis 30 Prozent so stark, dass der Besuch von Schule, Arbeit und sozialen Aktivitäten zeitweise nur eingeschränkt möglich sind und häufig Schmerzmedikamente eingenommen werden müssen. Die derzeit verfügbaren Behandlungsoptionen, wie Hormontherapien oder hoch dosierte Schmerzmittel, sind jedoch oft mit systemischen Nebenwirkungen verbunden.

Die Meliodays Medical GmbH fokussiert sich auf die Entwicklung einer neuen Therapie zur hormonfreien und lokal wirkenden Behandlung von Menstruationsschmerzen und hat mit MelioOne die erste hormonfreie, lokale Lösung entwickelt, um Menstruationsschmerzen ohne systemische Nebenwirkungen zu behandeln.

Mit seinen innovativen Gesundheitslösungen will das Start-up den Weg zu mehr Lebensqualität ebnen und menstruierenden Menschen eine schmerzfreie Periode ohne Beeinträchtigung ihres Zyklus ermöglichen.

Jetzt gibt das Start-up den erfolgreichen Abschluss einer überzeichneten Pre-Seed Finanzierungsrunde von über 800.000 Euro unter Führung der capacura GmbH sowie mit Beteiligung der FS Life Science Investment GmbH und weiterer auf den Gesundheitsmarkt spezialisierter Frühphasen-Investoren und Business Angels bekannt.

Simone Sabbione, Mitgründerin und CEO von Meliodays Medical: „Wir freuen uns, dass wir für unsere erste Finanzierung so versierte Healthcare- und Impact-Investoren gewinnen konnten und begrüßen sie herzlich im Gesellschafterkreis von Meliodays. Ihr Investment und das große Interesse an unserer deutlich überzeichneten Pre-Seed Runde zeigen, dass Periodenschmerzen als eine ernsthafte Gesundheitsbelastung für große Teile der weltweiten Bevölkerung nun erkannt sind. Jetzt können wir endlich an dringend benötigten Lösungen arbeiten.“

Mit dem frischen Kapital wird Meliodays Medical die Entwicklung von MelioOne, einer neuartigen, hormonfreien, lokal wirkenden Behandlung von Menstruationsschmerzen vorantreiben und die Vorbereitungen zur präklinischen Erprobung seiner innovativen intra-uterinen Applikation abschließen. Durch die Verwendung einer bewährten Polymer-Technologie wird eine sehr geringe Menge an Schmerzmitteln gezielt in der Gebärmutter freigesetzt, wodurch Periodenschmerzen wirksam bekämpft und systemische Nebenwirkungen vermieden werden. Perspektivisch könnte die innovative Technologie von Meliodays Medical auch bei der Behandlung von Endometriose Anwendung finden. Das Unternehmen hat die Patentrechte bereits in über 150 Ländern gesichert.

CleanTech C1 sichert sich 20 Mio. Euro zur Kommerzialisierung von grünem Menthol

Das 2022 gegründete Berliner CleanTech C1 Green Chemicals AG hat sich 20 Mio. Euro Kapital gesichert, um seine Katalysatortechnik für grünes Methanol zur Marktreife zu bringen. Der Baustart einer Demonstrationsanlage ist für 2025 geplant.

Mit grünem Methanol lassen sich drei Industrien in Richtung CO2-Neutralität transformieren: Schifffahrt, Luftfahrt und kohlenstoffbasierte Chemieproduktion. Gleichzeitig wird durch den Einsatz des zirkulären Rohstoffs die Abhängigkeit von ausländischen Ressourcen erheblich reduziert und die Resilienz der Branchen gestärkt.

C1 hat in Zusammenarbeit mit der CreativeQuantum GmbH und dem Leibniz-Institut für Katalyse e.V. (LIKAT) eine grundlegend neue, homogene Katalyse zur Herstellung von Methanol entwickelt und patentiert. Das C1 Verfahren ist wesentlich selektiver, produktiver und effizienter als die bisher im Einsatz befindliche heterogene Katalyse, welche auf ein Patent aus dem Jahr 1921 zurückgeht. Die Berliner entwickeln und skalieren dabei ausschließlich auf Grundlage von regenerativen Rohstoffen und erneuerbarer Energie. Von den ersten Schritten der Entwicklung eines Produktionsprozesses an werden alle Prozesse so konzipiert, dass ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf möglich ist. Damit unterstützt C1 die Industrie auf ihrem Weg aus der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen wie Öl, Gas und Kohle.

15 Mio. Kapitalerhöhung und 5 Mio. Forschungszulage

15 Millionen Euro kommen aus einer Kapitalerhöhung durch renommierte Investoren, allen voran von denkapparat, dem Family Office der think-cell Gründer Markus Hannebauer und Arno Schödl. Mit dabei sind außerdem Planet A Ventures, Maersk Growth, SquareOne, Prof. Wolfgang Reitzle (vormals CEO von Linde) und Jim Hagemann Snabe (Aufsichtsratsvorsitzender Siemens). Die restlichen 5 Millionen Euro fließen C1 aus bewilligter Forschungszulage zu.

“Bei C1 kommt einfach alles zusammen: Spitzenforschung für ein ökologisch und kommerziell überaus relevantes Problem, pragmatische Gründer mit einer klaren Vision und ein Team mit beeindruckender technologischer und kommerzieller Kompetenz. Genau das Profil, das wir als unternehmerisch geprägte Investoren suchen. Es war sofort klar, dass wir in dieser Runde in den Lead gehen“, sagt Markus Hannebauer von denkapparat.

Next Step: Demonstrationsanlage

Das eingeworbene Kapital will C1 dazu nutzen, die weltweit erste Demonstrationsanlage für homogen katalysiertes Methanol zu errichten. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits auf Hochtouren. Der Startschuss für den Bau soll noch in diesem Jahr fallen.

Mit seinen ambitionierten Plänen konnte C1 in den vergangenen Monaten erfahrene Chemiker, Chemieingenieure, Verfahrenstechniker und Projektmanager von etablierten Unternehmen wie Linde, BASF, Clariant, Shell und Tesla abwerben. Das Berliner Unternehmen entwickelt sich damit zunehmend zum Talentmagneten mit zentraler Rolle in der Transformation der Chemieindustrie.

doinstruct: Compliance-Start-up sichert sich 16,5 Mio. Euro

Die 2021 von Daniel Marinkovic und Charlotte Rothert in Osnabrück gegründete Compliance-Plattform für Mitarbeitendenschulungen doinstruct bietet Schulung gewerblicher Mitarbeitenden mittels einer KI-gestützten Compliance-Plattform.

Die 2021 von Daniel Marinkovic und Charlotte Rothert in Osnabrück gegründete Compliance-Plattform für Mitarbeitendenschulungen doinstruct gibt eine Serie-A-Finanzierung in Höhe von 16,5 Mio. Euro bekannt, die von HV Capital angeführt wird und an der sich bestehende Investoren wie Creandum und der High-Tech Gründerfonds (HTGF) beteiligen.

Die Finanzierung stellt das dritte erfolgreiche Fundraising-Jahr in Folge für das Unternehmen dar, das nun insgesamt 26 Millionen Euro eingesammelt hat, um Firmen aus der Lebensmittelindustrie, Baubranche, Logistik oder dem produzierenden Gewerbe mittels einer KI-gestützten Plattform bei der Bewältigung der wachsenden regulatorischen Komplexität zu unterstützen.

Doinstruct hat sich von einer Schulungslösung zu einer KI-gestützten Compliance-Software entwickelt, die die Einhaltung von Sicherheitsvorgaben und Vorschriften mühelos ermöglicht. Die Plattform bildet die Arbeitsplatzstruktur ihrer Kund*innen nach, identifiziert automatisch Risiken, erstellt Dokumentationen und liefert ansprechende, mundgerechte Schulungsinhalte in den Muttersprachen der Mitarbeitenden – und das alles ohne App-Downloads, Passwörter oder E-Mail-Adressen.

"Unternehmen ersticken in regulatorischen Anforderungen, während sie gleichzeitig mit Personalknappheit und Druck zur Effizienzsteigerung zu kämpfen haben", sagt Charlotte Rothert, CEO und Mitbegründerin von doinstruct. "Gewerblichen Mitarbeitern - egal, ob in der Lebensmittelindustrie, auf dem Bau, im Lager oder in der Fertigung - fehlen die grundlegenden Hilfsmittel, die für Büroangestellte selbstverständlich sind. Fast eine Milliarde dieser Arbeitskräfte kämpfen mit Sprachbarrieren, Verständnisproblemen oder Lese- und Rechtschreibschwäche und müssen sich dennoch täglich mit immer komplexeren Vorschriften auseinandersetzen. Herkömmliche Ansätze lassen sowohl die Arbeitnehmer als auch die Arbeitgeber im Stich und führen zu untragbaren Belastungen für die Unternehmen."

"Wir erleben einen Paradigmenwechsel in der Art und Weise, wie Industrieunternehmen Compliance und operative Exzellenz angehen", sagt Mona Feder, CPO und Geschäftsführerin von doinstruct. "Für viele unserer Kunden ist doinstruct die erste sinnvolle Implementierung von KI. Wir lösen nicht nur Compliance-Herausforderungen - wir demokratisieren den Zugang zu KI für das Rückgrat unserer Wirtschaft.”

Steuereinnahmen durch Glücksspiel

Woran und wie viel verdient Deutschland wirklich am Glücksspiel?

Der Staat generiert seine Einnahmen zu einem großen Teil durch Steuern. Gezahlt werden sie von Unternehmen, aber auch von Bürger*innen. So zahlen Menschen Steuerbeträge, wenn sie Genussmittel wie Zigaretten erwerben, Unternehmen zahlen beispielsweise für Glücksspiele.

Zuletzt sind die Einnahmen aus Glücksspielsteuern nach Jahren des Anstiegs jedoch im Jahr 2023 erstmals gesunken und scheinen den Steuerschätzungen zufolge auch im Jahr 2024 stagniert zu haben. Was könnten die Gründe dafür sein?

Steuereinnahmen im Online-Glücksspiel deutlich gesunken

Die Steuerzahlungen für Online-Glücksspiele und hier insbesondere Spielautomaten im Internet sind im Jahr 2023 erstmals zurückgegangen – so fasst es das Statistische Bundesamt offiziell im Januar 2025 zusammen. Besonders auffällig ist das Minus von 38,5 % bei den virtuellen Automatenspielen. Nur noch 264 Millionen Euro wurden 2023 auf diese Weise erzielt. Die Schätzung für 2024 geht gar nur noch von 213 Millionen Euro aus, sodass sich der Sinkflug der Einnahmen dramatisch fortsetzt.

Inzwischen ist gibt es zudem bereits Steuerschätzungen für das Jahr 2024 aus denen hervorgeht, dass die gesamten Einnahmen aus Glücksspielsteuern in Deutschland bei etwa 2,48 Milliarden Euro gelegen haben. Damit scheint sich die Stagnation fortzusetzen.

Zur Zahlung dieser Steuern sind Glücksspielbetriebe verpflichtet, die eine Lizenz der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder besitzen und somit Steuern direkt an das Land Deutschland abführen. Nicht nur die Steuerabgaben sind gesunken, sondern auch die Einnahmen für die Betriebe selbst.

Angebote in Deutschland müssen bestimmte Voraussetzungen für die Lizenzerteilung erfüllen. So müssen Sie beispielsweise die Einsatzlimits von LUGAS einhalten und sich an die OASIS-Spielersperrdatei anschließen. Casinos, die auf LUGAS verzichten, setzen mehr um, zahlen allerdings in Deutschland meist keine Steuern. Sie haben ihre Firmensitze in der EU und werden von dortigen Behörden (wie z.B. der Malta Gaming Authority) geprüft. Dort müssen dann auch die Steuern entrichtet werden – wenn überhaupt welche erhoben werden.

Viele Spieler*innen scheinen diese Angebote zu bevorzugen, was die steuerlichen Einnahmen in Deutschland schwächt. Es scheint mehrere Gründe zu geben, warum EU-Anbieter ohne deutsche Lizenz oft noch den Vorzug bekommen.

Dazu gehören beispielsweise:

  • Weniger strenge Vorgaben bei Einsätzen
  • Keine Zwangspause nach 60 Minuten Spiel
  • Keine Spindauer von mindestens fünf Sekunden
  • Teilnahmemöglichkeiten an Jackpotauslosungen

Es stellt sich die Frage, ob das Interesse an Glücksspielen im Allgemeinen zurückgegangen ist, oder ob die einbrechenden Steuerzahlungen durch mehr aktive Teilnahme in der EU zu begründen ist. Hier hilft es, einen Blick auf andere Bereiche und Einnahmen des Glücksspiels zu werfen.

Steuereinnahmen durch Lotterien steigen an

Die wohl bekannteste Lotterie in Deutschland ist „6 aus 49“. Wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bekannt gab, war die Lotteriesteuer im Jahr 2023 am einträglichsten. 1,77 Milliarden Euro wurden 2023 eingenommen. Im Jahr 2024 sollen es rund 1,80 Milliarden Euro sein. Damit sind die Steuereinnahmen in diesem Teilbereich des Glücksspiels in Deutschland nicht rückläufig und stellen eine Besonderheit dar.

Einnahmen bei Poker und Sportwetten schwanken

Während die Lotteriesteuer ein Plus in die Staatskasse spülte, sackten Automatenspiele, wie oben beziffert, am stärksten ab. Doch auch andere Glücksspiele wie Sportwetten und Poker brachten weniger Geld in die Kasse.

Seit dem 1. Juli 2021 sind auch die Betreiber*innen von Sportwetten und Poker zur Einhaltung des Glücksspielstaatsvertrags verpflichtet. Auch hier werden die stellenweise strengen Regulierungen kritisiert. So dürfen Sportwettenanbieter beispielsweise keine Live-Wetten anbieten und auch keine Tipps auf E-Sportarten zulassen. Ausländische Anbieter nutzen genau diese Möglichkeiten, um Spieler*innen aus Deutschland zu ködern.

Die Steuereinnahmen aus Sportwetten lagen 2023 bei 409 Millionen Euro und konnten sich im letzten Jahr wieder auf 423 Millionen Euro erholen. Online-Poker verlor 2023 rund 7,5 % der Einnahmen und landete bei 33 Millionen Euro. 2024 sollen es wieder 35 Millionen sein.

Die Steuereinnahmen von Glücksspielen im Zehnjahresvergleich

2023 sanken die Steuereinnahmen aus Glücksspielen erstmals wieder ab, nachdem sie sich in den zehn Jahren zuvor immer weiter erhöht hatten. Für 2024 liegen zwar erst Schätzungen vor, aber die lassen auch keinen starken Anstieg der Einnahmen erwarten.

Der Blick auf die Schwerpunkte zeigt, dass diese Tendenz primär durch das Online-Glücksspiel und hier die Automatenspiele ausgelöst wird. Der Lotteriesektor freut sich hingegen weiterhin über rege Teilnahme und hohe steuerliche Umsätze.

Schauen wir uns den Zehnjahresvergleich an wird klar, dass die Steuereinnahmen aus Glücksspielen seit zehn Jahren konsequent steigen:

  • 2014 erzielte das Land Einnahmen in Höhe von 1,67 Mrd. Euro
  • 2015 wurden Einnahmen in Höhe von 1,71 Mrd. Euro generiert
  • 2016 lagen die Steuererträge bei 1,81 Mrd. Euro
  • 2017 erzielten Glücksspiele 1,84 Mrd. Euro Steuereinnahmen
  • 2018 erzielte das Land Einnahmen in Höhe von 1,89 Mrd. Euro
  • 2019 wurden 1,97 Mrd. Euro an Glücksspielsteuern eingenommen
  • 2020 setzten Glücksspiele im Land 2,04 Mrd. Euro an Steuern um
  • 2021 spülte Glücksspiel 2,33 Mrd. Euro an Steuergeldern in die Kasse
  • 2022 erwirtschafteten Glücksspiele einen Steuerbetrag von 2,57 Mrd. Euro
  • 2023 erzielte man 2,48 Mrd. Euro an Steuereinnahmen durch Glücksspiele
  • 2024 wird mit einem Ergebnis von wieder rund 2,48 Mrd. Euro gerechnet

Trotz der eingetretenen Stagnation ist damit klar, dass Glücksspieleinnahmen für den Staat kontinuierlich angestiegen sind. Selbst während der Corona-Pandemie gab es keine rückläufigen Zahlen, sondern weiterhin ein Plus.

Steuerprobleme im Automatensektor durch Spieleinsatzsteuer verursacht?

Bei grundlegend steigendem Interesse an Glücksspielen stellt sich die Frage, warum der Spielautomatenbereich so stark abweicht und an Einnahmen verliert. Ein Problem könnte die Spieleinsatzsteuer sein, die Deutschland als einziges EU-Land noch immer am Leben hält.

Zum Vergleich: In sämtlichen anderen EU-Ländern zahlen Glücksspielanbieter bei Automatenspielen eine Bruttoumsatzsteuer. Sie entrichten Steuern auf die erzielten Bruttoumsätze.

Deutschland hingegen erhebt 5,3 % Steuern auf die geleisteten Einsätze von Spieler*innen. Das hat für Betreiber*innen zur Folge, dass sie sogar jene Einsätze versteuern müssen, aus denen am Ende ein Gewinn für die spielende Person resultierte und damit ein Verlust für den Anbieter.

Beispiel: Setzen Spieler*innen einen Betrag von 1.000 Euro und gewinnen 5.000 Euro, bedeutet das für das anbietende Unternehmen zunächst einen Verlust. Da nun die 1.000 Euro Einsatz auch noch versteuert werden müssen, steigt der Verlust deutlich.

Beim Angebot von Glücksspielen geht es um Geld und Einnahmen. Die Spieleinsatzsteuer ist ein finanzielles Risiko für die Anbietenden von Glücksspielen und wird indirekt an die Spieler*innen weitergegeben. Man senkt den RTP (Return to Player), um die Auszahlungschancen zu verringern. Das wiederum wirkt auf interessierte Spieler*innen unattraktiv und sie wenden sich EU-Anbietern mit besseren Gewinnchancen zu.

Gibt es einen Lösungsansatz für die Zukunft?

Um die rückläufigen Steuereinnahmen aus Glücksspielen aufzufangen, scheint eine Neuregulierung des Online-Glücksspiels insbesondere in Hinblick auf die Spieleinsatzsteuer, aber auch die Attraktivität des Angebots sinnvoll. 2026 steht die Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrags an, für 2028 ist dann die neue Version geplant. Bleibt abzuwarten, ob sich hier nachhaltig etwas ändert und die Steuereinnahmen dann wieder steigen.