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Startschuss mit Krisenknall

Erfolg hat man, wenn die Zahlen stimmen – doch ausgerechnet im Jahr von Eckerts Amtsantritt stimmten sie nicht. Das lag nicht in erster Linie an der Konkurrenz, die vor allem aus Deutschland und Italien kommt. 2009 war das Jahr der Weltwirtschaftskrise. Und diese ist, wie für die meisten Premiumanbieter, auch für Bulthaup nicht ohne negative Auswirkungen geblieben. „In Europa, USA und Asien haben wir Rückgänge verzeichnet“, sagt Eckert. In den USA und Asien ziehe die Nachfrage wieder an, in Europa dagegen dauere es noch eine Weile, bis das Vor-Krisen-Niveau wieder erreicht werde.

Bulthaup hat auf den Umsatzeinbruch mit Stellenabbau reagiert. Mehr als 100 der einst 550 Mitarbeiter in Aich wurden entlassen. Gern hat Eckert die Leute nicht nach Hause geschickt. Doch die geringere Mitarbeiterzahl habe auch ihr Gutes, sagt der Unternehmer: „Wir sind nun schlanker aufgestellt und können schneller auf die Markterfordernisse reagieren.“

Küche stets neu interpretieren

Die Markterfordernisse, oder besser: das, was die Kunden wollen, stand bei Bulthaup allerdings schon immer an vorderster Stelle. Nicht ohne Grund arbeitet das Unternehmen mit Physiotherapeuten und Wissenschaftlern zusammen, schreibt ergonomische Gestaltung groß und legt wert auf optimale Beleuchtung und Luftfilterung. Allerdings: „Der Kunde heute ist ganz anders als der Kunde vor zehn Jahren“, weiß Eckert. Deshalb sei es eine der größten Herausforderungen, „sich immer wieder neu zu erfinden“. Nicht die Küche könne man neu erfinden, „aber die Interpretation von Küche“.

Und wer wissen will, wie Küche heute interpretiert wird, der muss sich nur einmal moderne Wohnungsgrundrisse anschauen. Da ist die Küche nicht mehr abgetrennt vom Rest der Wohnung, sondern öffnet sich hin zum Wohnzimmer, oder mehr noch: Die beiden Räume werden eins. Eckert begrüßt diese Entwicklung. So müsse sich die Hausfrau, nachdem die Gäste satt sind, nicht ins Kämmerlein verziehen, um den Abwasch zu erledigen. Sie bleibt einfach da, wo es gesellig ist. Und wenn die Gäste nett sind, tragen die ihr Geschirr gleich selbst zur Spülmaschine. Wie sagte Eckert so schön: „Die Küche als Herzstück des Hauses.“

120 Millionen Euro Umsatz

120 Millionen Euro Umsatz

Gut 60 Jahre nach Firmengründung ist aus dem Sägewerk von einst ein modernes, international agierendes Unternehmen geworden. Bulthaup unterhält Tochtergesellschaften in mehreren europäischen Ländern sowie in Hongkong und den USA. In Metropolen wie London oder New York wurden sogenannte Leadshops eröffnet. Mit 120 Millionen Euro Umsatz und insgesamt 1050 Mitarbeitern ist Bulthaup aber immer noch eine mittelständische Firma, ein Familienunternehmen. „Bescheidenheit und Bodenständigkeit sind uns wichtig“, erklärt Eckert. „Mein Großvater hat viel Wert auf ein grundsolides Wachstum gelegt. Und das tun wir heute noch.“

Das alles passe gut zu Bayern, findet Eckert. Hier, am Standort Aich, ist auch nach wie vor die weltweite Produktion angesiedelt, obwohl nur jede vierte Küche in Deutschland verkauft wird. 75 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet das Unternehmen mit dem Export. Es ist noch immer der gute Ruf, der Bulthaup vorauseilt. Die Küchen gelten zu recht als innovativ, hochwertig und funktional. In einer Bulthaup-Küche muss man keine Verrenkungen machen, um das Messer zu greifen, und auch die Gewürzgläser stehen genau da, wo man sie während des Kochens braucht.

Preisgekröntes Küchen-Design

Vor allem aber sind die Küchen perfekt designed. Die vielen Auszeichnungen sprechen für sich. Der 1997 von der Europäischen Kommission verliehene Lifetime Achievement Award, der im gleichen Jahr verliehene Europäische Design-Preis oder der noch ganz junge Designpreis der Bundesrepublik Deutschland sind nur Auszüge aus einer langen Liste mit Verneigungen vor dem Bulthaup-Design. Einem Design, das an Schlichtheit kaum zu übertreffen ist. Doch ein von allem Überflüssigen befreites Design ist keine neue Erfindung im Hause Bulthaup, sondern geht maßgeblich auf das Jahr 1978 zurück.

Damals starb Martin Bulthaup, und sein Sohn Gerd übernahm die Führung des Unternehmens. Gerd Bulthaup hatte das Ziel, das Unternehmen zum Marktführer von designorientierten Küchen auszubauen. Und er hatte den richtigen Mann dafür an der Hand: Otl Aicher, Mitbegründer der „Ulmer Schule“, die wiederum in der Tradition des Weimarer Bauhauses steht. In dem von Aicher veröffentlichten Buch „Die Küche zum Kochen“ beschreibt er eine neue Küchen- und Gestaltungsphilosophie: „Das Streben nach Ehrlichkeit bei Funktion und Material und die Reduktion auf das Wesentliche.“

Premium statt billig

Beruhend auf diesen Grundsätzen machten sich Bulthaup und Aicher an die Arbeit – und brachten in der Folge Innovation um Innovation auf den Markt: Zuerst den „butcher block“, ein in der Raummitte platzierter robuster Arbeitstisch aus massivem Holz. 1982 dann das „system b.“, 1988 die Küchenwerkbank, 1992 das „system 25“, einen flexiblen Baukasten, der mit seinen Modulen und seiner Vielzahl an Einbauelementen aus der „Küchenlösung gleichzeitig eine Wohnlösung“ machte. Zu diesem Zeitpunkt war Aicher zwar schon ein Jahr tot, seine Idee von Design und Gestaltung aber lebte in dieser und in den folgenden Küchenserien fort. „Zeitlosigkeit, Funktionalität und Design“, so beschreibt Eckert die Merkmale einer typischen Bulthaup-Küche.